4 BvQ 1/23 – Erfolgloser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Wahlsache I:L ./. Wagenknecht

  • OBERSTES GERICHT

    – 4 BvQ 1/23 –


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    Im Namen des Volkes



    In dem Verfahren
    über den Antrag,

    im Wege der einstweiligen Anordnung,


    es dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Verwendung von Namensteilen und Kurzbeschreibungen der Partei Internationale Linke (Kurzform: I:L oder Linke), insbesondere des Substantivs "die Linke" einschließlich aller Kasus und deklinierten Formen, zu unterlassen.


    Antragstellerin:
    Internationale Linke,

    vertreten durch Ernesto Beneto Dutschke


    Antragsgegner:

    Frau Susanne Wagenknecht



    hat das Oberste Gericht – Vierter Senat – unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter


    Präsidentin Christ-Mazur,


    Vizepräsident Müller,


    Neuheimer,


    Langenfeld


    am 10. Februar 2023 beschlossen:


    Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.


    Gründe:


    I.


    1. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Verwendung des Namens und Namensteilen der Partei "Internationale Linke" (kurz: "I:L") durch die Antragsgegnerin bei der Wahl des bayerischen Landtages. Dort trat diese mit der Liste "Liste der Linken - Wagenknecht (Liste)" an. Die Antragstellerin macht hierbei einen Verstoß der Antragsgegnerin gegen § 4 Abs. 1 PartG geltend. Demnach sei die Verwendung der Kurzbeschreibung der Antragstellerin durch eine andere Liste oder Partei geeignet, eine personelle Nähe zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin. Die Liste sei daher zurückzuweisen; der Antragstellerin aufzutragen, auf das Führen des Namens und der Namensteile der Antragstellerin zu verzichten.


    2. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag als unzulässig (a), hilfsweise unbegründet (b) zu verwerfen.


    a) Der Antrag sei unzulässig, da die Antragstellerin nicht rechtsschutzbedürftig sei. Die Klägerin könne ihr Begehren mit einem Einspruch beim Bundeswahlleiter einfacher, schneller oder effizienter durchsetzen.


    b) Außerdem sei der Antrag auch unbegründet. § 4 Abs. 1 PartG sei nicht anwendbar, da das Namensrecht der Partei nicht verletzt ist. Die zitierte Norm beziehe sich allein auf Parteien, nicht auf Listen. Die Antragstellerin habe demnach nicht deutlich gemacht, dass es sich bei der Antragsgegnerin um eine Partei im Sinne des Parteiengesetzes handelt.


    Auch wenn man annähme, § 4 abs. 1 PartG sei anwendbar, so wäre das Namensrecht der Antragstellerin nicht verletzt. Nach § 1 der Satzung der Antragstellerin führt diese den Namen "Internationale Linke" oder die Kurzbezeichnung "I:L". Die Bezeichnung "Linke sei daher keine Kurzbezeichnung im Rechtssinne und unterliegt mithin nicht dem Schutz des § 4 Abs. 1 PartG.


    II.


    Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 18 Abs. 1 OGG) ist unzulässig, da der Hauptsacheantrag offensichtlich unzulässig ist.


    1. Nach § 18 Abs. 1 OGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erwiese sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegen die Nachteile abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde der Erfolg aber zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 88, 25 <35>; 89, 109 <110 f.>; stRspr).


    2. Nach diesen Maßstäben ist der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig, weil der Antrag in der Hauptsache offensichtlich unzulässig ist. Das Oberste Gericht ist bereits nicht zuständig.


    a) Für die Organisation von Landtagswahlen ist gemäß § 14 Abs. 2 bis 4 vDGB der Bundeswahlleiter zuständig. Dieser organisiert den gesamten Wahlakt von der Eröffnung der Kandidaturphasen zur Einreichung der Listen über die Eröffnung der Wahllokale bis hin zur Kontrolle und Auswertung der Wahlergebnisse. Diese ausdrücklich in den Spielregeln benannten Aufgaben und Zuständigkeiten des Bundeswahlleiters bilden allerdings keinen abgeschlossenen Aufgabenkatalog. Neben den in den Spielregeln ausdrücklich beschriebenen Aufgaben sind dem Bundeswahlleiter auch solche Aufgaben zugeordnet, die zur Durchführung und Ausführung seiner ausdrücklich in den Spielregeln beschriebenen Aufgaben dienen.


    b) Mit der Zuständigkeit des Bundeswahlleiters für die Vorbereitung und Durchführung von Landtagswahlen gemäß § 14 Abs. 2 bis 4 vDGB geht nach diesen Maßstäben auch die Zuständigkeit zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der eingereichten Wahllisten in formeller und materieller Hinsicht einher. Demnach hat der Bundeswahlleiter sicherzustellen, dass die kandidierenden Wahllisten in formeller und materieller Hinsicht mit geltendem Recht übereinstimmen. Nur dieser ist für Einsprüche und Beschwerden politischer Wettbewerber zuständig. Die Frage nach der Konformität der eingereichten Wahlliste mit den Spielregeln und dem Parteiengesetz ist damit der gerichtlichen Kontrolle entzogen, sofern der Bundeswahlleiter nicht tätig geworden ist. Die Frage, inwiefern die Spielregeln die Anwendbarkeit des Parteiengesetzes sperrt, muss an dieser Stelle dahinstehen.



    III.


    1. Gegen diesen Beschluss ist Widerspruch gemäß § 18 Abs. 3 OGG zulässig. Dieser ist dem Gericht in schriftlicher Form zukommen zu lassen und hat eine Begründung unter Darlegung der Gründe, die für die Aufhebung geltend gemacht werden, zu enthalten.


    2. Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.



    Christ-Mazur | Müller | Neuheimer | Langenfeld

    Vizepräsident des Obersten Gerichts

  • Dr. Helmut Müller

    Hat den Titel des Themas von „4 BvQ 1/23 – I:L ./. Wagenknecht“ zu „4 BvQ 1/23 – Erfolgloser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Wahlsache I:L ./. Wagenknecht“ geändert.