XIII/018: Kleine Anfrage: Position der Bundesregierung / des Bundeskanzlers zum Schutz von Whisteblowern

  • 2022-06-13_19_07_55-Dokument1_-_Word-removebg-preview.png

    Präsidentin des Deutschen Bundestages

    _________________________________________________________________________________________



    Herr Bundeskanzler Jan Friedländer,


    nachfolgende Anfrage ist eingegangen, die Sie bitte innerhalb von 72 Std. zu beantworten vermögen.

  • 60x60bb.jpgDeutscher Bundestag

    13. Wahlperiode



    Drucksache XIII/XXX


    Antwort

    des Bundeskanzlers



    auf die kleine Anfrage auf Drs. XII/018


    Anlage 1


    Position der Bundesregierung / des Bundeskanzler zum Schutz von Whistleblowern



    Der Bundeskanzer beantwortet die Anfrage wie folgt:




    1.


    Menschen, die u.a. aus starken Gewissensgründen diverse Rechtsverstöße und erhebliche Missstände in ihren Firmen aufdecken, sogenannte Whistleblower, erweisen unserer Gesellschaft einen wertvollen Dienst. Sie müssen hierfür nicht nur mehr Wertschätzung, sondern auch Rechtssicherheit erhalten, damit das schützenswerte Offenlegen von Betrügereien und Menschenrechtsverstößen nicht länger kriminalisiert und verfolgt werden. So mancher Skandal an Missbrauch in der Wirtschaft hätte verhindert werden können, wenn Staat und Öffentlichkeit nur früh genug über das notwenige Insider-Wissen verfügt hätten. Seien es die kriminellen Luftbuchungen und Bilanzmanipulationen des Wirecard-Konzerns oder der Diesel-Skandal im Automobilsektor.



    1.1


    Ich verweise an der Stelle an eine neue Richtlinie der Europäischen Union, die sich mit dem Thema auseinandergesetzt hat und die das Spannungsverhältnis zwischen Verschwiegenheit und dem Öffentlichen Interesse zum Gegenstand hat.

    Bei Meldungen von Whistleblowern besteht oftmals ein Spannungsfeld zwischen den Verschwiegenheitspflichten in Bezug auf Geschäftsgeheimnisse und dem Interesse an der Aufdeckung von Fehlverhalten. Natürlich können Verstöße an sich nicht als Geschäftsgeheimnis eingestuft werden. Es besteht aber oft die Frage, wie viele geheimhaltungsbedürftige Inhalte im Rahmen einer Meldung rechtmäßig offengelegt werden dürfen. Ziel der Richtlinie ist es, die Art und Weise, wie damit umgegangen wird, in den jeweiligen Ländern rechtsverbindlich zu klären. Die Bundesregierung wird sich mit dem Thema zu gegebener Zeit befassen und ggf. ein Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen auf den Weg bringen. Ab wann der Punkt erreicht ist, wo das Öffentliche Interesse überwiegt, das werden Gerichte entscheiden. Eine grundlegende Definition dafür kann es unmöglich geben, da jeder Fall einzeln betrachtet werden muss.


    1.2


    Allgemein ist es so, dass in dem Fall und dem Auslieferungsverfahren gegen Julian Assange unterschiedliche Schutzgüter gegeneinander abgewogen werden müssen und ich hier wirklich grundsätzliche Fragen des Schutzes von Meinungs- und Pressefreiheit im Spannungsfeld mit Fragen des staatlichen Geheimschutzes sehen. Die Person Assange sehe ich zwiespältig. Einerseits hat er Menschenrechtsverletzungen aufgedeckt, wofür man ihm dankbar sein muss, auf der anderen Seite hat er Geheimdienstinformationen an die Feinde der USA weitergegeben, die in ihrer Konsequenz in Afghanistan zum Tod von Hilfskräften und deren Familien durch die Taliban geführt haben. Dass er in Russland im russischen Propagandasender Russia Today eine eigene Sendung bekommen hat, spricht meiner Meinung nach ebenfalls nicht für seine Integrität. Aber in wie fern sein Verhalten nun rechtswidrig war, dies zu beurteilen obliegt dem Rechtssystem. Gleiches gilt an der Stelle für Snowden, den ich aber selbstverständlich nicht mit Assange vergleiche. Seine Leaks haben, zumindest nach meinen Informationen, nicht zum Tod unschuldiger Menschen geführt. Es ist Snowden zu verdanken, dass einer der größten Geheimdienstskandale der Welt aufgedeckt worden ist.


    2.


    Dies zu beurteilen ist immer vom konkreten Fall abhängig und im Zweifel gilt was uns unser Rechtssystem aufträgt. Es ist unmöglich hier eine universelle und allgemein gültige Antwort zu liefern.


    2.2


    Die Bundesregierung hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass jeder Mensch in Deutschland ohne Rücksicht auf das Ansehen seiner Person und jenseits etwaiger außenpolitischer Erwägungen das Recht hat, ein ihm möglicherweise zustehendes Asylrecht in einem rechtsstaatlichen Verfahren prüfen zu lassen.





    Der Bundeskanzler



  • Vielen Dank Herr Bundeskanzler.


    Ich habe keine weiteren Fragen.