DEBATTE | XIII/008: Berufung der Kabinettsmitglieder

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    AUSSPRACHE

    Berufung der Kabinettsmitglieder


    Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,


    wir beraten nun über den Antrag des Ministerpräsidenten (siehe Anlage), die Zustimmung über die Berufung der entsprechenden Kabinettsmitglieder durch den Landtag im Sinne des Art. 45f. BayVerf zu erteilen. Den Bestimmungen unserer Geschäftsordnung entsprechend dauert die Debatte über den Antrag des Ministerpräsidenten zweiundsiebzig Stunden, also bis zum 27. August 2022, 11:05 Uhr, an.


    Ich eröffne die Aussprache.


    ***


    gez. Dr. Christ

    - Präsidentin des Bayerischen Landtages -


    Anlage:


  • Frau Präsidentin,

    Herr Ministerpräsident,

    Kolleginnen und Kollegen,


    ohne mir einr Bewertung der Persönlichkeiten zu erlauben, muss ich anmerken, dass sich mir intensive Fragen stellen wie:


    Wie kann Herr Xaver Schwanthaler zum "Staatsminister Europaangelegenheiten und Internationales" werden, wenn dieses Ministerium nicht vorgesehen ist? Wo wäre der Sitz, wessen Sekretär wäre er? Staatskanzlei? Wie wollen Sie dieses Ministerium im Haushalt verfassungskonform aufnehmen, wenn es das - nach der Abgrenzung der Geschäftsbereiche - nicht gibt?


    Und wo ist der Staatsminister im Gesundheitsministerium? Übernimmt die Staatskanzlei dies?


    Es ist natürlich möglich, dass sich ein Fehler - entweder hier - oder in der Abgrenzung der Geschäftsbegrenzung eingeschlichen hat. Das ist natürlich, wir sind alles Menschen. Doch bitte ich dann um Korrektur.


    Vielen Dank.

  • Frau Präsidentin,

    liebe Kolleginnen und Kollegen,

    und nicht zuletzt Herr Kollege Greißberger,


    ich kann Ihnen nur empfehlen in die Bibliothek des Landtages zu gehen und sich dort eine Ausgabe der Bayerischen Verfassung - jedwede Edition seit 1946 hat die entsprechend relevanten Artikel - anzusehen. Aus dieser ergibt sich das Vorgehen des Ministerpräsidenten offensichtlich, was auch mit der Praxis in den letzten Jahren und Monaten übereinstimmt.

    Ich will Ihnen da natürlich auch nicht vorwerfen Sie kennen die Verfassung nicht richtig, wir sind alles Menschen und können nicht alles wissen und können - wie Sie ja am Ende ihrer Rede angesprochen haben.


    Ihre erste Frage bezieht sich auf den Kollegen Schwanthaler, der zum Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales berufen werden soll. Ich verweise auf zwei Verfassungsbestimmungen, Art. 49 S. 1 und Art. 50 S. 1:

    - "Der Ministerpräsident bestimmt die Zahl und Abgrenzung der Geschäftsbereiche (Staatsministerien).". Ein Geschäftsbereich ist also ein Staatsministerium; bezüglich der aktuellen Ausgestaltung verweise ich die andere Drucksache.

    - "Jedem Staatsminister wird durch den Ministerpräsidenten ein Geschäftsbereich oder eine Sonderaufgabe zugewiesen." Dem künftigen Staatsminister Schwanthaler wird also die Sonderaufgabe "Europaangelegenheiten und Internationales" zugewiesen. Daneben wird diesem Staatsminister auch die Sonderaufgabe "Staatskanzlei" zugewiesen, auch wenn sich dies nicht in seiner Bezeichnung widerspiegelt. Er wird zum Leiter der Staatskanzlei ernannt, dies folgt aus der entsprechenden Bekanntmachung, die Teil der Geschäftsordnung der Staatsregierung ist.


    Diese ist noch veraltet und spricht vom "Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien". Inzwischen hat sich aber in der Praxis eingebürgert, nur einen Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales zu benennen. Natürlich könnte ich es dabei belassen, ich möchte das aber dennoch gerne weiter ausführen und erklären, wieso dies auch im hier und jetzt Sinn macht.

    1. Sind Bundesangelegenheiten zweifellos wichtig. Diese sind aber Angelegenheiten der gesamten Staatsregierung in divers zusammengesetzten Koalition auch natürlich der Koalitionspartner. Das Thema der Aktivität im Bundesrat ist natürlich allumfänglich bekannt. Gerade auch deswegen macht es Sinn, der Staatsregierung als gesamtes die Verantwortung zuzuweisen, auch wenn die Staatskanzlei organisatorisch natürlich eine wichtige Rolle spielt, spielen muss. Wenn jedes Mitglied der Staatsregierung sich für Bundesangelegenheiten verantwortlich fühlt, kann und wird eine Interessenvertretung Bayerns im Bund auch möglich sein, die beide - Bayern und der Bund - benötigen.

    2. Sind im Zuge der Eingliederung des Bereichs Digitales in das Kultus- und Kulturministerium, wie es manchmal bezeichne, die Kompetenzen für den Bereich Digitales konzentriert worden. Das erlaubt der Staatsregierung und natürlich der Staatsverwaltung ein effizientes Handeln in diesem Bereich. Dazu gehören nach den internen Absprachen der Staatsregierung im damaligen zweiten Kabinett Holler auch der Bereich der Medien. Man kann und darf Medien und Digitales in einem modernen Staatsgebilde nicht ohne das jeweils andere denken.

    3. Durch die Heraushebung des Bereichs Internationales schafft die Staatsregierung darüber hinaus ein klares Bekenntnis zu ihren internationalen Aktivitäten. Das darf man nicht allein dem Bund überlassen, auch die Länder können und sollten mit ihren kulturellen Eigenheiten helfen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.


    Diese angesprochene Bekanntmachung (StMBBek, BayMBl. 2019 Nr. 2) gibt Antwort auf viele weitere Ihrer Fragen:

    - Erst einmal heißt es in Nr. 1 S. 1: "Der Leiter der Staatskanzlei ist zugleich Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien." Das spiegelt zugleich auch die in der Vereinbarung über die Arbeitsweise getroffene Absprache wieder, dass der Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales auch Leiter der Staatskanzlei ist.

    Das ist - wie oben erwähnt - veraltet. Die Staatsregierung wird diese Bekanntmachungen bei Gelegenheit aktualisieren, dazu wurden auch schon erste Vorarbeiten getätigt. Unter allen bisherigen Vorgängerregierungen - ob unter Beteiligung der SDP, des Forums, der Allianz, der Grünen oder auch meinerseits - gab es zwar niemals irgendwelche Kompetenzstreitigkeiten. Diese wird es auch in der neuen Staatsregierung nicht geben, davon bin ich überzeugt. Aber, meine Damen und Herren, die Staatsregierung hat das Problem erkannt und wird das natürlich angehen.

    - In Satz 3 heißt es weiter: "Der Staatsminister ist organisatorisch der Staatskanzlei eingegliedert." Damit erledigt sich auch die Frage nach der Einstellung im Haushalt, denn der Einzelplan 02 "Ministerpräsident und Staatskanzlei" ist seit langer Zeit Teil unseres Haushaltsplans. Die Anforderungen dazu sind auch nicht gerade hoch. Art. 13 Bayerische Haushaltsordnung schreibt in Abs. 2 S. 1: "Einzelpläne enthalten die Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen eines einzelnen Verwaltungszweigs oder bestimmte Gruppen von Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen." Weitere Regelungen der Verfassung sind nicht zu erkennen. Die Führung eines solchen Staatsministers mit einer oder mehrerer Sonderaufgaben ist also auch bezüglich des Haushalts ohne Bedenken zu bestätigen, und natürlich verfassungskonform.

    - In Satz 5 heißt es weiter: "Sein erster Dienstsitz ist München, sein zweiter Berlin, sein dritter Brüssel." Ich glaube das brauche ich nicht viel zu kommentieren, außer dass die Frage des Dienstsitzes offensichtlich geregelt ist.

    - Sie fragen, wessen Sekretär der Staatsminister wäre. Ich nehme an Sie beziehen sich auf die Staatssekretäre. Wie aus dem Beschlusstext hervorgeht soll der Staatsminister Staatsminister sein und kein Staatssekretär. Er unterstützt folglich keinen Staatsminister, wie es die Staatssekretäre - gäbe es denn welche - nach der Geschäftsordnung tun, deren Reform die Staatsregierung - wie sie auch der Vereinbarung über die Arbeitsweise entnehmen können - auch plant. Natürlich unterstützt der Leiter der Staatskanzlei den Ministerpräsidenten insbesondere. Das folgt auch schon aus Art. 52 der Verfassung: "Zur Unterstützung des Ministerpräsidenten und der Staatsregierung in ihren verfassungsmäßigen Aufgaben besteht eine Staatskanzlei." Dabei ist der Staatsminister wie jedes Mitglied der Staatsregierung natürlich an die vom Ministerpräsidenten festgelegten Richtlinien der Politik gebunden, die - wie für Koalitionen üblich - von allen Partnern in den Grundzügen gemeinsam festgelegt werden.



    Nun denn, ihre zweite Frage bezieht sich auf das Gesundheitsministerium, also Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Vielleicht haben Sie das einfach überlesen, das passiert mir auch mal. Aber diese Frage ist ganz klar geregelt, sogar gleich hier in der Landtagsdrucksache über die wir ja eine Diskussion führen: "Der Ministerpräsident behält sich, gemäß Art. 50 BV, den Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege selbst vor."

    Dazu sei auf den angesprochenen Art. 50 S. 2 verwiesen: "Der Ministerpräsident kann sich selbst einen oder mehrere Geschäftsbereiche vorbehalten oder einem Staatsminister mehrere Geschäftsbereiche zuweisen."

    Ich möchte unterstreichen, dass diese Entscheidung - der Vorbehalt eines Ministeriums, wie auch die generelle Zuweisung der Geschäftsbereiche und Sonderaufgaben an die Mitglieder der Staatsregierung - einzig und allein dem Ministerpräsidenten selbst unterliegt. Der Landtag muss dem nicht direkt zustimmen, kann nur indirekt über die Bestimmung der Geschäftsbereiche mitwirken.

    Dennoch ist es die staatliche Praxis und Übung, dass solche wichtigen Entscheidungen dem Landtag bei der Berufung der Mitglieder der Staatsregierung und der Abgrenzung der Geschäftsbereiche mitgeteilt werden, nicht zuletzt, dass auch die Bürger verstehen wer denn nun verantwortlich ist. Die künftige Staatsregierung hält daran selbstverständlich fest und ist sich sicher, dass das die weiteren nachfolgenden Staatsregierungen auch so machen werden.



    Damit kommen wir zum Abschluss und, wie Sie sehen können, hat sich kein Fehler in die zur Debatte gestellten Vorlagen eingeschlichen hat. Auch wenn ich natürlich nicht zu viel versprechen möchte, wo es doch heißt: "Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben" Eine Korrektur ist folglich nicht von Nöten. Ich bedanke mich aber für ihren kritischen Blick auf die Sache.


    Und letztlich bedanke ich mich natürlich bei den Kolleginnen und Kollegen, die diese Rede ganz angehört haben.

    Vielen Dank

  • erhebt sich vom Platz, nachdem man den Text noch einmal, räuspert sich und meint


    Herr Kollege Kratzer,


    da war ich scheinbar wieder einmal überkritisch - verzeihen Sie mir das. Das ist so eine Eigenheit meiner Person. Jedoch führte dies am Ende auch zur kritischen Auseinandersetzung mit diesem Gegenstand, war also auf der einen oder anderen Weise dennoch von Vorteil. Den unteren Abschnitt, dass der Ministerpräsident diesen Geschäftsbereich übernimmt habe ich im Eifer des ganzen vermutlich überlesen.


    Dann sehe ich dahingehend keinen Grund, diesen Antrag abzulehnen um eine funktionierende Verwaltung zu gewährleisten.


    Vielen Dank.

    Einmal editiert, zuletzt von Lukas Greißberger ()