Alles anzeigenSchwarzfahren entkriminalisieren
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen uns für eine Entkriminalisierung des Schwarzfahrens ein. Etwa 50% der wegen Schwarzfahren Verurteilten stammen aus prekären sozialen Verhältnissen, etwa 20% haben gar kein Einkommen. Das ist auch der Tatsache geschuldet, dass der Betrag, der bei Hartz-IV für den Verkehr gedacht ist, oftmals nicht für ein Monatsticket in Städten reicht. Es betrifft also vor allem Personen, die keine Möglichkeit haben, ein Ticket zu kaufen. Logischerweise ist es ihnen dann auch nicht möglich entsprechende Geldstarfen zu zahlen, wodurch sie eine Ersatzstraftat erhalten. Das stellt nicht nur eine finanzielle Belastung für die Steuerzahler dar, sondern auch eine Belastung für die Justiz, bei der Schwarzfahren ein häufiges Verbrechen ist.
Wenn ich das also richtig verstehe, wollen Sie - anstatt etwas gegen die grundsätzliche Problematik des zu teuren Tickets zu unternehmen - lieber Straftaten erlassen?
Wenn das Erschleichen von Leistungen (Was übrigens kein Verbrechens - sondern ein Vergehenstatbestand ist) nicht mehr unter Strafe gestellt wird, wird in der Zukunft wohl niemand mehr ein Ticket kaufen. Ich könnte mir also vorstellen, dass einige Anbieter von Fern- und Nahverkehr dies anders sehen könnten.
Das Erschleichen von Leistungen muss weiter ein Straftatbestand bleiben, der auch verfolgt wird. Es kann nicht sein, dass Menschen, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind, keine Strafe mehr erfahren, nur weil der Staat es nicht hinbekommt, denen den Kauf eines Tickets zu ermöglichen.
Der Fehler ist nicht im Strafgesetz, sondern in der mangelhaften Sozialpolitik für die Ärmeren der Gesellschaft.
Andersherum könnte ich ich auch sagen: Ich kann mir kein Ticket erster Klasse für die Aida leisten, also fahre ich einfach ohne Ticket mit - gleiches Recht muss für alle gleich sein.
Wenn jemand "schwarz fährt" und erwischt wird, dann muss er das Ticket so oder so bezahlen. Das ist völlig unabhängig vom Delikt der erschlichenen Leistung. Das nennt sich erhöhtes Beförderungsentgelt. Schwierig wird es nur, wenn dieses Entgelt später nicht bezahlt wird. Nicht automatisch jeder Reisende ohne Ticket wird gleich angeklagt und wenn doch, dann enden diese Fälle im Nirwana und der Staat übernimmt alle Kosten. Ich denke unserer Justiz hat dringendere Fälle zu bearbeiten, als solche.
Und ja, das Tickets insgesamt günstiger werden müssen steht zu dieser Forderung ja nicht im Widerspruch. Da muss definitiv mehr passieren.