Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten 2021

  • 0603CF11-3C90-4D9C-B989-D9A85BBDCFFD.png


    Der Bundespräsident wendet sich der Tradition und allgemeinen Staatspraxis entsprechend über alle öffentlich-rechtlichen Kanäle an die Bevölkerung Deutschlands


    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,


    heute feiern wir zusammen das Weihnachtsfest. Dieses Jahr geschieht das allerdings nicht in einem normalen Format, sondern erneut unter dem Einfluss der Pandemie und weitgehenden Einschränkungen und Kontaktbeschränkungen – wie bereits über weite Teile des letzten Jahres schon. Dieses Jahr wurde der deutschen Nation und der gesamten Welt unfassbar viel abverlangt. Erneut mussten wir uns alle weitgehend einschränken, erneut mussten Geschäfte, Restaurants, Museen, Konzerthäuser – oder kurz: das gesamte öffentliche Leben – heruntergefahren und geschlossen werden, erneut ist das Land in einen Ausnahmezustand gerutscht und erneut mussten alle Bürger unseres Landes darauf verzichten, ihre grundrechtlich garantierten Rechte so ausüben zu dürfen, wie es ihnen beliebt. Das hatte nicht nur vernichtende ökonomische, sondern auch gravierende soziale Folgen. Wir erleben eine vollkommene Überlastung nicht nur der Krankenhäuser, sondern auch der Psychiater und Psychologen. Viele Menschen fühlen sich ausgegrenzt, zurückgelassen, wenn nicht gar alleingelassen in ihrer schwierigen Situation. Lasst uns alle in dieser schwierigen Situation als Deutsche, als Menschen zusammenstehen und durch diese schwierige Zeit kommen.


    Es ist nun hoffentlich ein letztes Mal erforderlich, eine letzte nationale Kraftanstrengung aufzubringen, um durch diese schwierigen Zeiten zu kommen – aber lasst uns dabei nicht vergessen, die Schwachen und Überforderten mitzunehmen auf dem Weg aus der Pandemie zurück zu einem normalen Deutschland. Das ist der einzige Weg, um die Pandemie ohne eine gravierende Spaltung des deutschen Volkes zu meistern. Nicht Konfrontation und extreme Polarisierung, sondern Vernunft, Gelassenheit, Verständnis und Nächstenliebe für Ängste und Unsicherheiten anderer müssen nun das Gebot der Stunde sein. Denn es ist nie der Staat, es ist nie das Kollektiv, welches eine so schwere Situation wie eine Pandemie eindämmen kann. Es sind immer Menschen, es sind immer einzelne Individuen, die mit ihrem Handeln den Lauf der Dinge verändern. Es kommt daher auf jeden Einzelnen von uns an, in einer solch schweren Situation seinen Beitrag zu leisten und sich solidarisch zu zeigen mit den Mitmenschen, um diese nicht in Gefahr zu bringen. Wenn wir das schaffen und gleichzeitig im Rahmen eines zivilen Diskurses für andere Meinungen, Unsicherheiten und Ängste Verständnis und Offenheit zeigen können, dann wird unser Land auch diese schwere Krise meistern.


    Den Schluss dieser Ansprache möchte ich den Menschen widmen, die sich täglich für das Gemeinwohl aufopfern und tagtäglich an der Front stehen, um ein Funktionieren des Gemeinwesens zu ermöglichen. Sie alle haben der deutschen Nation nicht nur in den letzten zwei Jahren einen unbeschreiblich großen Dienst erwiesen. Sie waren dazu bereit, sich selbst einzuschränken und sich aufzuopfern, um zu verhindern, dass noch mehr Menschen wegen dieses Virus zu Schaden kommen oder gar sterben. Dafür bin ich, dafür ist Ihnen die gesamte Deutsche Nation Dank und Anerkennung schuldig. Danke, dass Sie da sind. Danke, dass Sie täglich Ihren Dienst für das Gemeinwohl tun.


    Auch in diesem schwierigen Jahr hoffe ich, dass Sie alle bei aller gebotener Vorsicht ein schönes Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Liebsten verbringen können. Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und besinnliche Feiertage.

    Vizepräsident des Obersten Gerichts