Stimmen Sie dem Antrag zu? 13
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Ja (5) 38%
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Nein (7) 54%
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Enthaltung (1) 8%
Sehr geehrte Damen und Herren,
folgender Antrag steht für 72h zur Abstimmung:
Alles anzeigenAlles anzeigenDeutscher Bundestag
Neunte Wahlperiode
Drucksache IX/0xx
Gesetzentwurf
des Abgeordneten Harald Friedrich Rache MdB, Dr. Christian Schenck von Wildungen MdB und der Fraktion des FFDEntwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Gesetz zur Begrenzung der Amtszeit des Bundeskanzlers)
A. Problem
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland enthält keine Regelung zur Begrenzung der Amtszeit des Bundeskanzlers. Als Regierungschef ist der Bundeskanzler – ungeachtet des Staatsoberhauptes Bundespräsident – faktisch die mächtigste Person im Verfassungsgefüge der Bundesrepublik Deutschland. Seine Macht beruht nicht allein auf der unmittelbaren Richtlinienkompetenz und der Verantwortung für die Regierungsführung sowie auf der Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte im Verteidigungsfall. Sie erstreckt sich darüber hinaus durch das Initiativmonopol der Bundesregierung bei der Erstellung des Haushaltsgesetzes (vgl. Art. 110 Abs. 3 GG) auf das Ausgabengebaren von Bundesministerien, nachgelagerten Behörden, Ämtern und Stiftungen. Durch die Finanzzuweisungen des von der Bundesregierung erstellten Haushaltsgesetzes reicht die Regierungsmacht in weite gesellschaftliche, soziale und kulturelle Bereiche. Außerdem verfügt die Bundesregierung mit zahlreichen mittel- und unmittelbaren Bundesbeteiligungen über weitreichenden direkten und indirekten Einfluss auf Unternehmensentscheidungen. Schließlich kann der Bundeskanzler über seine parteipolitischen Verbindungen Einfluss auf Exekutiv- und Legislativentscheidungen der Länder sowie die Verwaltungsentscheidungen der Kommunen nehmen. Es wurde im Grundgesetz versäumt, diese Machtfülle mit einer Befristung zu versehen.
Die fehlende Befristung der Amtszeit hat sich längst als Mangel des Grundgesetzes erwiesen. Die funktionale Verschränkung der Gewalten im parlamentarischen Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, bei der Bundesregierung und Bundestag zusammen die Regierungsgewalt ausüben, trägt ihren Teil zur starken Position des Kanzlers bei: Obwohl die öffentliche Kontrolle der Regierungsmehrheit in parlamentarischen Systemen der Opposition obliegt, kann die reale Einhegung des exekutiven Machtanspruchs nur durch die den Kanzler stützenden Regierungsfraktionen erfolgen. Im System der Gewaltenverschränkung entstehen mit zunehmender Amtsdauer Netzwerke und finanzielle Abhängigkeiten – es sei in diesem Zusammenhang bspw. auf die finanziell lukrativen Posten der Parlamentarischen Staatssekretäre verwiesen –, wodurch die Wirksamkeit der in diesem System der Gewaltenverschränkung angelegten innerfraktionellen Machtbegrenzung des Kanzlers schwindet. Darüber hinaus agiert die Parlamentsmehrheit aufgrund der funktionalen Verschränkung nur selten als Kontrolleurin der Regierung, sondern sie stärkt bevorzugt die Position des Kanzlers, dessen Erfolg maßgeblich für den Wahlerfolg der zugehörigen Parteien ist. Die fehlende Befristung der Amtsdauer des Bundeskanzlers begünstigt lange Amtszeiten des Regierungschefs und trägt so zu einer Monopolisierung der Macht bei. Es hat sich in der Vergangenheit wiederholt gezeigt, dass mit zunehmender Amtsdauer des Kanzlers die Fähigkeit demokratischer Institutionen schwindet, auf veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen zu reagieren. Die unbefristete Amtszeit des Kanzlers schwächt die demokratischen Institutionen, unterminiert die Gewaltenteilung, aber auch die demokratischen Verfahren und führt zu einer schwindenden Legitimation des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland.
Aufgrund dieser Gefahren für die demokratischen Verfahren und die Gewaltenteilung ist eine Amtszeitbegrenzung für den Regierungschef vorzuschreiben. Internationale Vorbilder weisen hierbei den Weg: Seitdem Franklin D. Roosevelt in den USA eine vierte Amtszeit angetreten hatte, befristet der im Jahr 1951 in Kraft getretene 22. Verfassungszusatz die Amtszeit des Präsidenten. Amtszeitbegrenzungen, die häufig in präsidentiellen Systemen anzutreffen sind, besitzen ihre Berechtigung und Notwendigkeit ebenso im parlamentarischen Regierungssystem. Sie sind im Vergleich zu Präsidialsystemen, in denen sich die Gewaltenteilung durch die faktische Trennung von Exekutive und Legislative eher am Idealtypus orientiert, durch die Zusammenarbeit von Parlamentsmehrheit und Regierung in parlamentarischen Systemen von noch größerer Bedeutung.
Eine Begrenzung der Amtszeit des Bundeskanzlers trägt dazu bei, eine zu starke Machtfülle des Bundeskanzlers zu verhindern. Zugleich wird einer Monopolisierung der Macht entgegengewirkt. Solch eine verfassungsrechtliche Begrenzung der Amtszeit des Bundeskanzlers steht nicht im Konflikt mit dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG, das durch die Ewigkeitsklausel des Art. 79 Abs. 3 GG zum änderungsfesten Kern des Grundgesetzes gehört. Im Gegenteil: Aufgrund der schwindenden Legitimität staatlicher Institutionen bei zunehmender Amtsdauer wird eine Begrenzung der Amtszeit als notwendiges Element des Demokratieprinzips erachtet (vgl. Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.): Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 79 Abs. 3 Rn. 187). Eine Begrenzung der Amtszeit des Bundeskanzlers verstößt auch deswegen nicht gegen das Grundgesetz, weil sie mittelbar Einfluss auf die Wähler in ihrer Wahlentscheidung nimmt, welche Partei sie aufgrund des potentiellen Kanzlerkandidaten wählen, oder weil sie die Mitglieder des Bundestages unmittelbar in ihrer Entscheidungshoheit nach Art. 63 GG bindet. Trotz dieser Restriktionen wird das Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 GG nicht verletzt, da die Staatsgewalt weiter vom Volk ausgeht und durch Wahlen ausgeübt wird. Ebenso bleibt das System der Bundestags- und Bundeskanzlerwahl bestehen (vgl. Gutachten WD 3 – 3000 – 068/18, S. 5)
B. Lösung
Die Amtszeit des Bundeskanzlers wird durch eine Änderung des Grundgesetzes geregelt, sodass zukünftig nur noch eine Wiederwahl zulässig ist. In besonderen Situationen können sich die Legislaturperioden verkürzen, sodass die einmalige Wiederwahl die Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers in diesen Fällen einschränken würde. Bei einer erstmaligen Übernahme der Amtsgeschäfte nach Art. 67 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 Satz 2 GG findet die Regelung keine Anwendung.
C. Alternativen
Alternativ könnte die Amtszeit des Bundeskanzlers auf einen festen Zeitraum, beispielsweise 6 Monate, begrenzt werden. Aufgrund der mit solch einer Regelung einhergehenden Komplikationen der Ab- und Übergabe der Regierungsgeschäfte ist die vorfällige, an Wahlperioden gekoppelte Amtszeitbefristung vorzuziehen.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
Kein Erfüllungsaufwand.
F. Weitere Kosten
Keine.