DEBATTE III/09 | Perspektive für den Umgang mit Corona entwickeln

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    Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,


    kommen wir zur Aussprache über den Antrag der Fraktion der Konservativen Partei mit der Drucksache II/09 und der Bezeichnung "Perspektive für den Umgang mit Corona entwickeln" . Die Debatte geht 48 Stunden.


    Anwalt ihres Vertrauens


    Verrückter Vogel

  • Es wird um Verlängerung der Debatte gegeben. Stellungnahme wird fristgerecht erfolgen.

  • Herr Präsident,

    sehr geehrte Kollegen,

    Damen und Herren Staatsminister,


    wieder einmal ist es die KonP-Fraktion, die in diesen bewegten Zeiten aufsteht und sich auf Grund der weitgehenden Gleichgültigkeit, mit der die Staatsregierung dem Souverän gegenüber tritt, genötigt sieht, den Zeigefinger zu erheben. Der Umgang mit der Corona-Pandemie wurde mehrfacht kritisiert und wiederholt konnte oder wollte die Staatsregierung Neuheimer nicht verstehen, dass ihre Infektionsschutzpolitik für die Demokratie, den Rechtsstaat sowie das Vertrauen der Bürger in die Politik schadhaft ist. Nicht zuletzt ist der starke Zuwachs der KonP bei der vergangenen Landtags darauf zurückzuführen, dass wir die notstandsgleiche Politik der Staatsregierung immer wieder und wieder infrage stellen. Damit nehmen wir in der Parteienlandschaft bedauerlicherweise eine Außenseiterrolle ein. Der Parlamentarismus im Jahr 2020 muss sich vorhalten lassen, die Regierungen gewähren und durchregieren zu lassen, sie nicht zu stellen und praktisch keine Oppositionsarbeit zu leisten. Angesichts der massiven Grundrechtseinschränkungen, wenn nicht sogar Verletzungen, und coronabedingten Verwerfungen wäre es höchste Zeit, zu intervenieren und die Entscheidungen über den Infektionsschutz an an das Parlament zu ziehen. Hierzu sind die Länder gem. Art. 80 Abs. 4 GG auch berechtigt.


    Ich gehe sogar noch weiter und stelle die Verpflichtung der Länder zu einer Regelung in den Raum. Zu messen ist diese Fragestellung an den Kriterien, die das Bundesverfassungsgericht zur Wesentlichkeit gesetzlicher Regelungen aufgestellt hat. Wesentlich sind danach insbes. und vor allem solche Regelungen mit hoher Grundrechtssensitivität. Dass die im Streit stehenden Maßnahmen die subjektiven Rechte der Bürger massivst belasten, dürfte unstreitig sein. Insoweit wird mit der Entschließung von der Staatsregierung ein von Verfassung wegen gebotenes Verhalten eingefordert. Kommt die Staatsregierung diesem Entgegenkommen der Opposition nicht nach, wird zu überlegen sein in dieser Angelegenheit den Rechtsweg zu beschreiten. Auf den bisherigen gerichtlichen Entscheidungen sollte sich die Staatsregierung jedenfalls nicht ausruhen, denn es handelt sich fast ausschließlich um Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz, bei der eine Entscheidung über solche Fragen vor dem Hintergrund der öffentlichen Diskussion, wenn auch systemwidrig entgegen von §§ 80 Abs. 5 bzw. 47 Abs. 6 VwGO, bisweilen nicht erfolgt ist.


    Die Vorteile eines Parlamentsgesetz sind aber nicht nur rechtlicher Natur, sondern gehen darüber hinaus. Die Abgeordneten dieses hohen Hauses besitzen die größtmögliche demokratische Legitimation. Wenn ein Organ zur Entscheidung über existentielle Fragen wie Betriebsschließungen, Besuchsverbote für Verwandte und Ähnlichem berufen ist, dann ist es der Landtag! Nicht nur würde dann erstmals im Rahmen eines öffentlichen und damit transparenten Entscheidungsprozess sichtbar gemacht, auf welchen Annahmen, Tatsachengrundlagen und Strategien die einzelnen Maßnahmen aufbauen; dies wurde von der Staatsregierung im Hinblick auf die Schwierigkeiten bei der Entwicklung eines Impfstoffes, wenn überhaupt, nur unzureichend dargelegt. Der Landtag wäre vielmehr auch damit befasst, leider muss man sagen, erstmalig damit befasst, eine kohärente Strategie zur Bekämpfung der Pandemie auszuarbeiten. Was sind unsere kurz -, mittel - und langfristigen Ziele? Der Gesundheitsschutz an sich kann es nicht sein, sondern nur die Auslastung der medizinischen Infrastruktur, denn einen absoluten Lebensschutz kennt unsere Rechtsordnung auch in anderen Bereichen nicht. Was können wir zum Ausbau der medizinischen Infrastruktur unternehmen? Wie können wir wirklich intelligente Konzepte nutzen? Was ist unser Worst-Case-Szenario, wenn es mittelfristig keinen Impfstoff geben wird oder dessen Effektivität unzureichend ist? All diese Fragen verdienen es beantwortet zu werden! Die bayerischen Bürger verdienen es, Antworten zu erhalten!


    Schließen möchte ich mit einer eindringlichen Warnung. Die vergangenen Monate haben gezeigt, wie schnell und teilweise auch leichtfertigt, viele Amtsträger und die breite Öffentlichkeit dazu neigt, auch autoritäre Ausübung hoheitlicher Gewalt zu rechtfertigen, ohne dass eine ernsthafte Diskussion zugelassen oder angestrebt wurde. Die Maßnahmen galten als alternativlos. An die Stelle des Sacharguments tritt der Verweis auf das Robert-Koch-Institut, Herrn Drosten oder andere Autoritäten. Ein gesundes Misstrauen wurde vielfach zu unrecht als Verschwörungstheorie oder Extremismus abgetan, der Staat tritt seinen Bürgern zunehmen paternalisierend in der Rolle eines Erziehungsberechtigten gegenüber, anstatt den Bürger ernst zu nehmen, anstatt sich die Mühe zur umfassenden Rechtfertigung zu machen. Meine Damen und Herren, diese Tendenz ist äußerst beunruhigend, betrachtet man die Akkumulation von Macht auf einem einzigen Kollegialorgan, welche die Verordnungsermächtigung des §§ 32, 28 IfSG eröffnet. Wir waren immer gut beraten damit, die Machtstellung einzelner Personen eher zu hinterfragen, anstatt sie kritiklos hinzunehmen. Auch aus diesem Grunde fordere ich Sie daher auf, mit uns gemeinsam zu verhindern, dass aus den §§ 28, 32 IfSG gleichsam ein neuer Hindenburg-Artikel erwächst, wie es bekannte Staatsrechtsprofessoren bereits von dem neuen § 5 IfSG behaupten.


    Dem Antrag ist zuzustimmen.