Wahlkampfauftritt von Alex Regenborn bei digitalcourage in Bielefeld

  • Der amtierende Bundeskanzler und erneute Kanzlerkandidat der SDP, Alex Regenborn, war heute beim Verein digitalcourage in Bielefeld, um einen Wahlkampfauftritt abzuhalten. Der Verein setzt sich für die Freiheitsrechte von Bürgerinnen und Bürgern insbesondere bei digitalen Themen ein. Anschließend hielt Regenborn eine Rede beim örtlichen Wahlkampfstand.


    "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,


    ich habe heute über ein persönliches Herzensthema von mir gesprochen: Freiheitsrechte und Datenschutz im digitalen Zeitalter. Dies ist ein Thema, welches in der aktuellen Zeit mit den aktuellen Themen wohl noch nie so wichtig war, wie jetzt. Überall in der Welt wird mit Überwachungssoftware und -hardware aufgerüstet. Videoüberwachung droht in jegliche Bereiche unseres Lebens vorzudringen, um falsche Sicherheit zu erzeugen. Die Gefahr einer Staaten, zu Überwachungsstaaten nach chinesischem Vorbild zu werden, war wohl nie so groß wie jetzt. Umso wichtiger ist es, dass Deutschland einen anderen Weg wählt. Einen Weg, der klar und deutlich Richtung Freiheit und weg von Überwachung führt. Dafür treten wir an.


    Ich erwähnte eben das chinesische Vorbild. Doch was mein ich damit, werden sich einige von Ihnen jetzt vielleicht fragen. In China ist eine totale Massenüberwachung bereits Alltag. An jeder Ecke des Landes filmt eine Überwachungskameras alles und registriert jedes kleinste Fehlverhalten. Bei rot über die Ampel gegangen? Nun, jetzt ist dein Gesicht für alle sichtbar auf einer Anzeigetafel und jeder weiß, dass du etwas Falsches getan hast. Doch wäre es lediglich das, könnte man vielleicht noch darüber hinwegsehen. Die Überwachung geht allerdings weiter. China prüft aktuell die Einführung eines sogenannten Sozialkreditsystems. Dieses System registriert alles, was man tut. Wenn eine Videokamera dich dabei filmt, wie du einen Müllsack neben und nicht in den Mülltonne legst, bekommst du "Punkte" abgezogen. Ebenso wenn man über eine rote Ampel läuft, das Regime kritisiert etc.. Für "gute" Taten gibt es wiederum Pluspunkte. Die Anzahl der Punkte entscheidet dann, ob man einen Kredit bekommt, ein Bankkonto oder Zutritt zu kulturellen Gebäuden. Das ist erschreckend, widerlich und unfassbar. China ist ja aber ohnehin ein undemokratischer Staat, bei uns im Westen ist ja alles in Ordnung! Naja, ganz so stimmt das nicht.


    Sicher ist die Lage in Europa und in den USA besser. Diverse Skandale und Whistleblower haben uns allerdings auch offenbart, dass Überwachung in Europa und den USA auf dem Vormarsch ist. Die Geheimdienste in den USA spähen das Smartphone der ehemaligen Bundeskanzlerin aus und Ungarn die Smartphones von Journalistinnen und Journalisten - mit einer Software aus Israel, die auch deutsche Geheimdienste bestellten. Dennoch gibt es hier mutige Personen, die sich dieser Überwachung entgegenstellen und dafür kämpfen, dass die Überwachung nicht Überhand nimmt. Wie die Personen bei digitalcourage. Wogegen sie allerdings keine so mächtigen Mittel haben, ist gegen den Überwachungskapitalismus.


    Der Überwachungskapitalismus. Vereinfacht erklärt beschreibt dieser Begriff den aktuellen Markt im Internet, wo es wenige marktbeherrschende Unternehmen - meistens sind hierbei die Big Five, also Apple, Amazon, Google, Microsoft und Facebook, relevant - gibt, die durch massenhaft gesammelte und schließlich analysierte Daten den Markt kontrollieren. Dabei verfügen diese Unternehmen meist über mehr Daten als es staatliche Stellen tun. Eindrucksvoll fand ich in dem Zusammenhang eine Dokumentation des WDR, die ich letztens sah. In dieser ging es um die Frage, ob und wie genau sich das Leben einer Person in den letzten 5 Jahren alleine durch den Suchverlauf auf Google und dessen Einträge dazu beschreiben lässt. Dabei wurde deutlich, dass Google und Co. einiges über die Person wissen. So konnte man alleine durch den beschriebenen Datensatz herausfinden, unter welchen psychischen Problemen die Person leidet, wann sie wo war, was sie wann gemacht hat und noch vieles mehr. Man konnte in dem Experiment das Leben der Person so nachbauen, dass man mit genauen Kulissen das Leben dieser Person nachspielen konnte. Die Person bekam persönlichste Geschichten von ihr selber von einer anderen, eigentlich fremden Person erzählt.


    Es kam dabei aber nicht nur das heraus, es wurde auch deutlich, wie sehr es Google und Co. um Profitmaximierung geht. Wie sehr sie auf das Leben von Menschen pfeifen. Was für ein Monster einer künstlichen Intelligenz geschaffen wurde. In der Dokumentation hatte die Person Selbstzweifel und fühlte sich dick. Was gab Google ihr als Werbung? Abnehmprodukte, Diätwerbung. Ich möchte ehrlicherweise keine derart personalisierte Werbung, die sich auf meine Psyche individuell angepasst ist. Und es ist eine Schande, dass derartig aggressive Werbung, die ggf. Menschenleben kosten kann, einfach so ausgespielt werden kann und niemand es für nötig hält, dort einzuschreiten.


    Die Überwachung von den persönlichen Interessen einiger Menschen gepaart mit Social Media jedoch, stellt eine noch größere Gefahr für die uns bekannte Welt dar. In Brasilien gibt es Firmen, die Politiker in aller Welt, auch in Europa, zu Social-Media Strategien beraten und die genauen Einstellungsmöglichkeiten bei der Werbung in Facebook und Co. ausnutzen, um die Meinung von Internetnutzern zu beeinflussen. Das geht auch über WhatsApp, beispielsweise in Brasilien selber. Der Präsident höchstpersönlich nutzt derartige Methoden. Nicht nur, um sich selbst zu pushen, sondern auch, um ehemalige Mitstreiterinnen, die sich von ihm abwendeten, als Schwein zu diffamieren und sie mit einer unfassbaren Welle von Hass zu überschütten. Und das ist, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, widerlich.


    Die Sozialdemokratische Partei setzt sich seit einiger Zeit für die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern im digitalen Zeitalter ein. Damit wir das auch weiterhin tun können, brauchen wir Ihre Stimme. Deswegen SDP wählen!


    Danke!"


    Anschließend erschien auf der Leinwand folgendes Plakat:


    BTW09_SDP_Themenplakat-breit_08.png

  • Tach Herr Genosse,


    Schön das sie sich bei mir in Bielefeld verirrt haben:D Hoffentlich können sie die Existenz nun bestätigen8o