Drs. I/005 | Aktuelle Stunde - Zukunft der Elbe - klares Nein zur Elbvertiefung

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    Sehr geehrte Damen und Herren,


    wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Abgeordneten Caroline Kaiser und Fraktion der Sozialdemokratischen Partei in der Hamburgischen Bürgerschaft mit dem Titel "Zukunft der Elbe - klares Nein zur Elbvertiefung" gemäß Geschäftsordnung. Die vereinbarte Debattendauer beträgt 72 Stunden. Das Wort erhält für die Fraktion der SDP die Abgeordnete Frau Caroline Kaiser.

  • tritt vor und nippt am Glas, während Ando Hov sein Platz im Präsidium einnimmt


    Herr Präsident,


    meine Damen und Herren,


    ich halte es für ein wichtiges Signal, dass wir hier in der Bürgerschaft einmal über unsere Positionen, die Position des Senates aber auch die Position der Fraktionen über eine, und weitere mögliche Elbvertiefungen klären.



    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    die Debatte ist nicht neu. Seit Jahren diskutieren wir in der Bürgerschaft über die Frage, ob es weitere Vertiefungen der Elbe bedarf. Für mich ist ganz klar: Nein. Damit widerspreche ich nicht nur dem rot-grünen Vorgänger-Senat sondern auch und explizit dem Ex-Wirtschaftssenator Frank Horch. Die Elbvertiefung ist nicht unverzichtbar. Und es sind nicht nur ökonomische und ökologische Folgen, auch rechtliche Bedenken gibt es bei der sogenannten "Fahrrinnenanpassung".


    Bereits acht Mal ist die Elbe bisher vertieft worden. Die Folgen sind messbar - und sie waren absehbar:

    Je tiefer die Elbe, desto kräftiger die Tide. Dass das nicht folgenlos am Hafen vorbeigeht ist vollkommen klar. Und dass bei einer kräftigeren Tide mehr und mehr Mengen an Schlick in den Hamburger Hafen transportiert werden ist auch eine von vorne herein absehbare Folge gewesen. Um den Hafen wieder vom Schlick zu befreien und auf die von den Befürwortern gewünschte Tiefe zu bringen kostet 100 Millionen Euro - jährlich. Und auch hier gilt: je Tiefer die Elbe, desto höher die Kosten.


    Und nicht nur die Struktur des Flusses wird negativ beeinflusst, auch das Leben im Fluss wird massiv gestört. Tideauwälder, Vogel- und Fischarten. Sie alle vertragen die Verschiebung der Brackwasserzone Richtung Hamburg nicht. Und das ist ein Problem, denn der Schierlingswasserfenchel, eine durch europäisches Recht besonders geschützte Art beispielsweise würde diese durch Flussvertiefungen beförderte Verschiebung nicht überleben. Diverse Fischarten würden durch die in Folge auftretende Sauerstoffarmut verenden. Dies gefährdet den Fischbestand in der Elbe. Die Liste der ökologischen Auswirkungen ist lang. Aber es geht ja noch weiter:


    Meine Damen und Herren, lasst uns gemeinsam kurz auf die HSH Nordbank schauen. Ich will gar nicht darüber reden, was und wie viel da damals schiefgelaufen ist - aber die HSH Nordbank steht doch exemplarisch für zu hohe Erwartungen und zu großzügigen Erwartungen in der Schifffahrt. Die Vorstellungen eines enormen Wachstums im Bereich der Schifffahrt wurden doch bereits 2011 enorm nach unten korrigiert. Seitdem sind die Erwartungen nicht weiter gestiegen. Die Folgen der Elbvertiefung stehen also außer Verhältnis. Diese Botschaft adressiere ich explizit an eine bayerische Landtagsabgeordnete, welche uns vorwarf, wir würden Hamburgs Wirtschaft damit schaden: durch die Elbvertiefung erreichen wir maximal, wenn es gut läuft, ein geringes Wachstum für unseren Hafen. Das jetzt gegengerechnet mit den wiederkehrenden Kosten der ständigen Befreiung vom Schlick und den ökologischen Auswirkungen - da kommt man, denke ich, ganz schnell dahinter, dass das den Aufwand nicht wert ist. Vor der ersten Elbvertiefung hat es doch auch geklappt! Die meisten Reedereien nutzen die gesamte Tiefe nicht einmal! Ohne Elbvertiefung hat sich Hamburg einen Platz an der wirtschaftlichen Spitze gesichert. Wie? Durch unsere Bahninfrastruktur. Der Fokus sollte jetzt hier liegen. Ökologisch unfassbar freundlicher und auch sinnvoller.


    Die Folgen von Vertiefungen, aber auch Begradigungen eines Flusses sind unvorstellbar enorm. Durch solch massive Eingriffe verändern wir die Fließgeschwindigkeit des Flusses. Wenn wir den Fluss jetzt beispielsweise durch Flussbegradigungen den Zugang zu Auen oder kleinen Nebenflüssen abschneiden, sorgt das in Kombination dafür, dass die Schäden einer Flutkatastrophe nicht nur maximiert werden, sie werden auch unvorhersehbarer und plötzlicher. Der Gipfel des Eisberges sind dann Bodenversiegelungen, durch die den Flüssen nochmal Unmengen an Wasser zugespielt werden. Ich erwähnte es bereits und kann mich diesbezüglich nur wiederholen: gesunde und naturnahe Flüsse sind der beste Schutz vor Hochwasser! Wir konnten uns diesbezüglich erst vor kurzem ein eigenes Bild machen. Dies betrifft nicht nur die Elbe.


    Und meine Damen und Herren, was ist eigentlich mit der Wasserrahmenrichtlinie? Auch Deutschland hat sich dazu verpflichtet, die Zustände unserer Gewässer in einen guten Zustand zu überführen. Dass das mit einer Elbvertiefung nicht gelingt, habe ich ausführlich erläutert. Wir würden dem Leben im und am Fluss nachhaltig schaden und das Ökosystem zerstören. Das muss man abwägen, ich jedoch komme ganz einfach zu dem Entschluss, dass es sinnlos ist.

    Deswegen bin ich froh, dass wir als Senat uns einstimmig darauf einigen konnten, dass wir einer weiteren Elbvertiefung nicht zustimmen und prüfen wollen, wie wir den Fluss wieder nachhaltig renaturieren können. Auch der tschechischen Anfrage einer Flussvertiefung der Elbe sind wir bisher nicht nachgekommen. Auch dieses Zeichen ist richtig und wichtig. Für uns ist klar: die ökologischen Folgen überwiegen hier, die ökonomischen Auswirkungen sind kaum spürbar und nach Abwägung der Auswirkungen auf das Leben am und im Fluss erst recht nicht zu rechtfertigen.


    Die Elbvertiefung ist verzichtbar.


    Danke.


    setzt sich in die Reihen der SDP Fraktion


  • tritt vor das Rednerpult


    Meine Damen und Herren,



    als berufene Bürgerin möchte ich natürlich auch etwas zu diesem Thema sagen. Tatsächlich ist die Elbvertiefung ein sehr schwieriges und kontroverses Thema. In dieser Diskussion bin ich aber der Meinung, dass wir Umwelt und Wirtschaft gemeinsam in Einklang bringen müssen. Das geht auch ohne eine Elbvertiefung.


    Aber wie? Ich denke wir haben genügend Alternativen, um dieses Problem zu lösen. Lasst uns hier gemeinsam arbeiten. Es ist ein riesiges Thema, von dem viele Menschen betroffen sind. Da wäre es ein fatales Zeichen gar nichts zu machen. Nachfolgend möchte ich meine Gedanken, auch wenn nur grob skizziert, hier vor die Bürgerschaft bringen:


    1. Kooperation mit Bremerhaven und Wilhelmshaven


    Jahrelang haben sich die Häfen im Norden selber ausgebremst. Und wer hat davon profitiert? Niemand! Wenn wir das Corona-Jahr 2020 rausrechnen, dann sieht man, dass der Gesamtumschlag des Hamburger Hafens stagnierte. Eine ähnliche Entwicklung sieht man in Bremerhaven und Wilhelmshaven. Wir brauchen hier also eine enge Kooperation zwischen den größten Häfen im Norden Deutschlands. Das kann beispielsweise so funktionieren, dass Bremerhaven und insbesondere Wilhelmshaven die größten Container abfertigen und der Rest weiter nach Hamburg fährt.


    2. Hyperloop-Projekt vorantreiben

    Ja, hört sich ganz schön „abgefahren“ an, ist aber heute schon Realität. Die HHLA und HyperloopTT aus den USA haben bereits eine Zusammenarbeit angekündigt und gerade erst auf dem Mobilitätskongress ITS ihr Modell vorgestellt. Zwar nur als Computergrafik, aber die Richtung sollte klar sein. Mit dem Hyperloop können viele Container mit hoher Geschwindigkeit effizienter transportiert werden und würde somit dem „LKW-Problem“ entgegenwirken.



    Meine Damen und Herren,


    es geht hier um die Zukunft Hamburgs. Ich betone es noch einmal: Ich wünsche mir, dass zumindest bei diesem Thema alle politischen Kräfte in Hamburg gemeinsam anpacken, um bei diesem Zukunftsthema endlich Klarheit zu schaffen!


    Vielen Dank.