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Auch hier nochmals der Hinweis dass die Anordnung des Präsidiums gilt, Formvorlagen zu verwenden
Alles anzeigenAntrag zu vorbereitenden Maßnahmen zur Digitalisierung und Modernisierung des Gerichtswesens
Der Landtag hat am ... das folgende Gesetz zur Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen beschlossen:
§ 1
Gerichte, die der Rechtsträgerschaft des Landes Thüringen unterliegen, veröffentlichen alle gerichtlichen Entscheidung in einem online frei zugänglichen Portal. Die Entscheidungen werden anonymisiert und in nicht strukturierter Form veröffentlicht. Hiervon ausgenommen sind
1. im Zivilprozess Verfügungen (§ 160 Abs. 3 Nr. 6 Zivilprozessordnung) sowie Entscheidungen auf Grund der §§ 688 - 703d der Zivilprozessordnung mit Ausnahme derjenigen Entscheidungen, die auf den Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid hin erfolgen;
2. im Strafprozess Strafbefehle (§§ 407 - 412 der Strafprozessordnung).
§ 2
Auf Antrag der Parteien und Beteiligten eines Rechtsstreits soll die Veröffentlichung der Entscheidung unterbleiben, wenn glaubhaft gemacht werden kann, dass ein berechtigtes Interesse an der Zurückhaltung besteht. Gegen die Entscheidungen ist der ordentliche Rechtsweg eröffnet (§ 23 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz).
§ 3
Die Staatsregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen in strukturierter Form vorzuschreiben. Die Staatsregierung regelt hierbei die näheren Anforderungen an strukturierte Daten. Die Staatsregierung kann in Gemäßheit des § 4 nähere Anforderungen an den Zugang zu strukturierten Daten bestimmen.
§ 4
Der Zugang zu strukturierten Daten wird nur auf Antrag gegen Verwaltungsgebühr und nicht vor dem 01.01.2025 gewährt.
Begründung:
Das im Auftrag der Präsidenten der Oberlandesgerichte ausgearbeitete Thesenpapier zur Modernisierung des Zivilprozesses kritisiert mitunter die unregelmäßige Veröffentlichungspraxis von gerichtlichen Entscheidungen aller Art. Bislang wurden und werden lediglich ausgewählte Fälle veröffentlicht, die für die Rechtsentwicklung von Bedeutung zu sein scheinen oder die bisherige Praxis stützen, wobei im letzteren Fall lediglich bundes- und obergerichtliche Entscheidungen, zumeist in Fachzeitschriften, veröffentlicht wurden. Über die Praxis der Amts- und Landgerichte, welche die meisten Verfahren zu bearbeiten haben, erfährt die interessierte Öffentlichkeit in der Regel nur wenig. Dies ist bereits deswegen kritikwürdig, weil die Urteile im Namen des Volkes gesprochen werden. Der Zugang zu jenen Entscheidungen ist notwendig, um die Entscheidungen öffentlich kontrollieren und kritisieren zu können.
Darüber hinaus ermöglicht eine breitflächige Veröffentlichungspraxis erst die Nutzung neuer digitaler Technologien im Rechts- und Justizwesen. Hier stellt und stellte sich vor allem das Problem, dass es an den notwendigen Daten für hinreichend vergleichbare Fälle fehlte. Um bestehende ethische und verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der fortschreitenden Automatisierung der Gerichtsbarkeit hinreichend zu würdigen, werden die Entscheidungen jedenfalls bis zum 01.01.2025 nicht in Form von strukturierter Daten veröffentlicht, welche insbes. die Schaffung intelligenter Systeme (KI) begünstigen würde. Somit besteht bei Bedarf noch genügend Gelegenheit, diese Frage im politischen Diskurs aufzugreifen.
Da es sich um eine Angelegenheit der Justizverwaltung handelt, steht dem Land die Gesetzgebungskompetenz zu.