DEBATTE VII/013 | Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften​

  • 1099-1920px-deutscher-bundestag-logo-svg-png



    DEBATTE ÜBER DRUCKSACHE VII/013

    Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften


    Die Debattendauer beträgt gemäß unserer Geschäftsordnung drei Tage.


  • Herr Präsident,

    werte Herrschaften,

    meine Damen und Herren,


    ich bitte um die Verlängerung dieser Debatte, da ich erst morgen meine Eingangsrede werde halten können!

  • Gemäß Paragraph 16 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung wird dem Antrag stattgegeben! Die Debatte dauert nun bis Mittwoch, 30. Juni, 16:22 Uhr.

    797-lewerentz-signatur-png


    Elias Jakob Lewerentz

    Landtagsabgeordneter für den Saale-Holzland-Kreis I

    Landtagspräsident des Thüringer Landtages

    Stellvertretender Ministerpräsident des Freistaates Thüringen

    Landesminister für Gesundheit und Soziales

    Mitglied der Konservativen Partei (KonP)

  • Herr Präsident,

    werte Herrschaften,

    deutsches Volk,


    in Lehrbüchern zum Strafprozessrecht heißt es häufig, die Staatsanwaltschaft wäre die "objektivste Behörde der Welt". Bei der Wahl dieser Bezeichnung war erkennbar der Wunsch Vater des Gedanken. Mit der Wirklichkeit hat die Zuschreibung leider nichts gemein. Man erinnere sich beispielsweise an die von der Staatsanwaltschaft veranlasste rechtswidrige Hausdurchsuchung bei einer Berlinern, die sich mutmaßlich beleidigend über den Bürgermeister äußerste. Auch die Anfrage einer Grünen-Politikerin in NRW - in dieser fordert sie indirekt die Entlassung einer Oberstaatsanwältin, weil sie persönlich mit ihrer fachlichen Arbeit nicht einverstanden ist - zeigt, dass die Staatsanwaltschaften immer mehr zum Spielball politischer Interessen zu werden drohen. Auch der Europäische Gerichtshof hat festgestellt, dass die deutschen Staatsanwaltschaften nicht hinreichend unabhängig von der Exekutive sind.


    Die Staatsanwaltschaft nimmt im Rahmen der Strafverfolgung eine herausragende Stellung ein. Ihr obliegt es, dem Anfangsverdacht einer Straftat nachzugehen und ggf. Anklage zu erheben. Dabei hat sie nach unserer Strafprozessordnung stets die Pflicht, neben den belastenden auch die entlastenden Umstände zu ermitteln. Schon die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens ist mit erheblichen persönlichen Belastungen für den Beschuldigten verbunden. Ein Ermittlungsverfahren hat unter Umständen eine einschüchternde Wirkung und kann gar dazu führen, den Beschuldigten sozial zu isolieren. Gleichzeitig verfügt die Staatsanwaltschaft über Ermittlungsbefugnisse, die zum Teil tief in grundrechtlich verbriefte Freiheiten eingreifen. Aus alldem folgt die Notwendigkeit, dass die Staatsanwaltschaft unabhängig und fernab von politischen Opportunitätsinteressen arbeitet. Ein Vertrauensverlust in ihre Unabhängigkeit hat das Potenzial, erhebliche gesellschaftliche Zerwürfnisse zu verursachen. Mit der derzeitigen Rechtslage ist all dies nicht in Einklang zu bringen.


    Mit dem vorliegenden Antrag schlägt der BUW vor, das Einzelweisungsrecht der Landesjustizverwaltungen erheblich zu begrenzen und zukünftig nur noch bei rechtswidrigem Verhalten greifen zu lassen. Das Weisungsrecht vollständig abzuschaffen, ist aus unserer Sicht nicht ohne einen Systemwechsel möglich. In eng umgrenzten Einzelfällen müssen Weisungen auch künftig möglich bleiben, um das Gebot der ununterbrochenen demokratischen Legitimationskette (Art. 20 II 1 GG) zu wahren.


    Danke!