[SDP] Bundesbeauftragte Barley zum Wahlkampfabschluss in Hannover

  • Die aktuelle Bundesbeauftragte für den Nahen Osten, Katja Barley, die dem Kabinett Kaiser seit Mitte Mai angehört, war am heutigen Samstagabend zum Wahlkampfabschluss in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover zu Gast und hielt dort eine Rede zur außenpolitischen Schwerpunktsetzung ihrer Partei für die kommende siebte Legislaturperiode des vDeutschen Bundestags. Die Veranstaltung fand unter Einhaltung strenger Hygieneauflagen der Stadtverwaltung statt und wurde aufgrund der derzeitig sehr niedrigen Inzidenz in der Region kurzfristig genehmigt. Neben den wenigen Zuschauern vor Ort fand auch eine Liveübertragung der Rede auf YouTube und Twitter statt.


    "Meine sehr verehrten Damen und Herren,

    liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,


    vielen Dank für die heutige Gelegenheit zu Ihnen allen sprechen zu dürfen, egal ob jetzt hier vor Ort oder vor dem Bildschirm. Ich freue mich sehr heute auch endlich mal wieder ein paar einzelne Live-Zuhörer zu haben, mit denen ich anschließend an meine Skizzierungen ins Gespräch kommen kann, denn wie für die meisten Menschen in diesem Land, ist auch für mich der persönliche Kontakt essentiell für meine Arbeit und meine Lebenszufriedenheit und ich bin froh, dass die aktuelle Corona-Lage endlich wieder vorsichtige, aber auch zu teilen notwendige Lockerungen zulässt.


    Wir alle leben in Zeiten der Krise, in Zeiten des Wandels, der Transformation und der Weiterentwicklung. Aber all diese Prozesse unserer Zeit beziehen sich immer nicht nur auf die nationale Ebene, sondern eben insbesondere auch auf die internationale Ebene. Wir können und dürfen diese Tatsache nicht verleugnen und deswegen warne ich ausdrücklich vor rechtsradikalem, fremdenfeindlichem und nationalistischem Gedankengut, dass sich derzeit leider zunehmend in unserer Republik verbreitet. Diese Menschen versprechen ihnen das Blaue vom Himmel; für alles, was in unserem Land schiefläuft, glauben sie die Quelle allen Übels im Ausland zu finden. Aber wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten meinen es ehrlich mit Ihnen. Diese Art der Politik, diese Art der Denunziation und der Diffamierung, das ist nicht unser Politikstil und das kann auch nicht der Anspruch an uns als Land sein. Es ist so leicht die Schuld immer dem Fremden zuzuschieben, sich alles, was man nicht kennt, zum verhassten Gegner zu machen, aber in Wirklichkeit sind diejenigen die Mutigen unter uns, die das Fremde und Unbekannte nicht scheuen. Ich appelliere an Sie, die Bürgerinnen und Bürger, lasst uns mutig sein, lasst uns nicht auf Populismus und Hetze hereinfallen und lasst uns das Unbekannte wagen, anstatt es zu verabscheuen. Denn nur so können wir als Land weiterhin erfolgreich sein. Keiner kann sich der Globalisierung und der Internationalisierung verschließen, also sollten wir sie als Chance nutzen und nicht als Gefahr abtun.


    Eine der Chancen, über die ich heute sprechen möchte, ist die Europäische Union. Sie ist vielleicht die wichtigste und größte Möglichkeit, die sich Deutschland in den kommenden Jahren bietet, um unseren Erfolgskurs weiterzufahren. Nie hat es in Europa eine solch lange Friedensperiode gegeben, nie einen derartig innigen wirtschaftlichen und kulturellen Austausch, nie ähnliche Freundschaften und Verbundenheit. Das alles wäre ohne die EU nicht möglich geworden. Und trotz allem braucht es Reformen. Reformen, die die demokratischen Institutionen - insbesondere das EU-Parlament - stärken, Transparenz und Möglichkeiten für eine schlagkräftigere Bürgerbeteiligung schaffen und gleichzeitig die Gräben zwischen Ost und West, Süd und Nord, Arm und Reich auf diesem Kontinent überwinden. Es war ein weiter Weg, bis die europäischen Nationen an den Punkt gelangt sind, an dem sie festgestellt haben, dass nur enge Zusammenarbeit und eine tiefe Verbundenheit in grundlegenden Wertvorstellungen das Fundament für eine glorreiche Zukunft bauen können. Dieses Fundament umfasst alle gesellschaftlichen Lebensbereiche: Wirtschaft, Kultur, Literatur, Geschichte, Familie, Studium, Beruf und viele mehr. Ein starkes Europa der Zukunft ist ein Europa, in dem jedem die gleichen Chancen geboten werden, in dem alle voneinander profitieren und in dem Herkunft keine Rolle mehr spielt, sondern nur, wer man ist. Die Sozialdemokratie steht für diese Vision mit ganzem Herzen und wir werden alle nötigen Schritte einleiten, um sie real werden zu lassen.


    Eine weitere Chance sind die transatlantischen Partnerschaften mit den USA und Kanada. Leider waren die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten in den letzten Jahren zum Teil nervenzerfetzend und äußerst fragil, aber nun bietet sich uns die Chance auf einen Neuanfang. Es muss uns gelingen in Amerika und Europa ein Bewusstsein zu erzeugen, dass nur eine starke transatlantische Partner- und Freundschaft Wege und Möglichkeiten eröffnet, die dazu beitragen können, die Welt und das Leben der Menschen Stück für Stück zu verbessern. Gerade angesichts der steigenden Bedrohung durch die Volksrepublik China und den zunehmenden russischen Aggressionen sollten die Demokratien dieses Planeten fest zusammenhalten und gemeinsame politische Leitlinien abstecken. Alles andere wäre ineffizient und sinnfrei. Wir sind auf die Nordamerikaner angewiesen, genauso wie sie es auf uns sind. Unsere wirtschaftliche Kooperation sollte weiter vertieft werden - zu angemessenen und fairen Bedingungen. Gleiches gilt für unsere Anstrengungen gegen den Klimawandel. Als die zentrale Aufgabe der Politik in diesem Jahrhundert müssen die Nationen und Völker dieser Welt an einem Strang ziehen, um einen drohenden langfristigen Temperaturanstieg durch den Treibhauseffekt noch rechtzeitig verhindern. Dies kann nur gelingen, wenn alle dazu bereit sind, ihren Anteil zu leisten. Ich glaube, dass insbesondere die USA und Kanada wichtige Partner in diesem Punkt sind, die gemeinsam mit uns Europäern Vorreiter im Klimaschutz und Fair Trade werden sollten. Je mehr Länder sich unseren zentralen Zukunftsmissionen anschließen, desto größer die Chance, dass sich auch wirklich etwas bewegt in der Welt.


    So, damit bin ich nun am Ende meiner Rede angelangt. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und Ihren (digitalen) Besuch. Sofern noch Fragen zur der Außenpolitik meiner Partei bestehen, dürfen Sie diese gerne anschließend stellen. Dazu melden sie sich einfach. Ich freue mich auf das weitere Gespräch und bitte Sie alle noch einmal eindringlich morgen wählen zu gehen. Jede Stimmen für eine der demokratischen Parteien ist eine Stimmen gegen Extremismus. Das sollten wir nicht vergessen.


    Herzlichen Dank!"


    Im Anschluss an die Rede beginnt die Frage und Diskussionsrunde mit der niedersächsischen Direktkandidatin und Außenpolitikerin, bei der sich ungefähr zwei dutzend Menschen melden; Barley beantwortet alle Fragen ausführlich, bevor die Veranstaltung schließlich endet