ANTRAG VI/013 | Entwurf eines Gesetzes über neue Klimaschutzziele (Neue-Klimaschutzziele-Gesetz – NKZG)

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    Debatte zu Drucksache VI/013

    Die Debatte dauert 3 Tage.



  • tritt von der Regierungsbank ans Rednerpult

    nimmt seine FFP2-Maske mit aufgedrucktem Bundesadler ab

    schlägt sein Manuskript auf


    richtet sich zum Präsidenten...

    Herr Präsident!


    ...und ans Plenum

    Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete!


    Es ist mir eine große Freude und Ehre, hier im Deutschen Bundestag zu stehen und meine erste Rede zum zugleich ersten Gesetzentwurf dieser neuen Bundesregierung halten zu dürfen. Und es ist mir noch eine größere Freude, Ihnen hier und heute die klimapolitische Agenda dieser Bundesregierung anhand dieses Gesetzentwurfs genauer zu erläutern.


    Die Bundesrepublik Deutschland hat sich der Verpflichtung nach dem Übereinkommen von Paris aufgrund der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, wonach der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen ist, angeschlossen. Doch das Bekenntnis der Bundesrepublik Deutschland auf dem Klimagipfel der Vereinten Nationen am 23. September 2019 in New York, Treibhausgasneutralität bis 2050 als langfristiges Ziel zu verfolgen, reicht nicht aus, um der Verantwortung für die schon heute von den Auswirkungen des weltweiten Klimawandels betroffenen Nationen gerecht zu werden.


    Im Jahr 2019 wurde von der damaligen Bundesregierung das Klimaschutzprogramm 2030 ausgearbeitet und beschlossen, im Rahmen dessen das Bundes-Klimaschutzgesetz erlassen. In diesem wurde nicht einmal das eben genannte Bekenntnis zur Treibhausgasneutralität zum Jahr 2050 verbindlich festgeschrieben, sondern nur weiter als Bekenntnis behandelt.


    nimmt einen Schluck Wasser


    Meine Damen und Herren,


    die Bundesregierung steuert hier gegen. Wir fahren einen neuen, 1,5-Grad-kompatiblen Kurs und leiten die notwendigen Schritte für eine echte ökologische Wende ein. Das Neue-Klimaschutzziele-Gesetzes macht hierfür den Anfang. Die Eckpunkte dieses Gesetzes sind:


    1. Das Bundes-Klimaschutzgesetz erhält mit einem neuen § 1a ein neues, oberstes nationales Klimaschutzziel zur Erreichung der Klimaneutralität (Netto-Treibhausgasneutralität) zum Jahr 2045. Mit dieser Zielsetzung wird die Bundesrepublik Deutschland ihrer Verantwortung für die schon heute von den Auswirkungen des weltweiten Klimawandels betroffenen Nationen gerecht. Diese Verantwortung soll im § 1 Absatz 2 verankert werden.


    2. Gleichzeitig werden die bestehenden nationalen Klimaschutzziele in § 3 verschärft. Für das Jahr 2030 gilt nun eine Treibhausgas-Minderungsquote von 65% im Vergleich zu 1990, wodurch die Bundesrepublik als eine Nation, die ausreichend Mittel hat, die notwendige ökologische Transformation zu gestalten, ihren Teil zur Erreichung der neuen EU-Klimaschutzziele beiträgt. Die Bundesregierung wird ermächtigt, diese Klimaschutzziele in § 3 anzuheben, falls dies zur Erfüllung neuer europäischer oder internationaler Klimaschutzziele nötig wird.


    3. § 9 Bundes-Klimaschutzgesetz erhält eine neue Vorschrift, wonach der Klimaschutzplan 2050 und das Klimaschutzprogramm 2030 außerplanmäßig in diesem Jahr fortgeschrieben und aktualisiert werden sollen. Dies ist notwendig, um den veränderten Bedingungen, die durch das Neue-Klimaschutzziele-Gesetz im Bundes-Klimaschutzgesetz entstehen, gerecht zu werden. Über diese Fortschreibung und Aktualisierung wird der Deutsche Bundestag dann von der Bundesregierung unterrichtet. Die Änderungen an Klimaschutzplan und -programm ergeben sich aus Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung sowie auch aus Maßnahmen, die innerhalb eines öffentlichen Konsultationsverfahrens von Gesellschaft, Wirtschaft, usw. an die Bundesregierung herangetragen werden. Diese sogenannte Klimaschutzoffensive 1,5 Grad wird von meinem Hause koordiniert werden. Die Öffentlichkeitsarbeit hat hierzu bereits begonnen, ein Informationsportal wurde auf der Website des Bundesklimaministeriums eingerichtet.


    4. § 14 Bundes-Klimaschutzgesetz stellt künftig klar, dass Klimaschutzgesetze der Länder den Zielen des KSG nicht widersprechen dürfen. Bisher sah § 14 vor, dass die Länder "unbeschadet der Vereinbarkeit mit Bundesrecht" eigene Klimaschutzgesetze erlassen können. Doch um die neuen Zielsetzungen des Bundes-Klimaschutzgesetzes erreichen zu können, müssen alle Länder ihren Beitrag dazu leisten und dieselben Minderungsquoten einhalten. Die Bundesrepublik kann nur dann im Jahre 2045 Treibhausgasneutralität erreichen, wenn auch die Länder im Einzelnen das schaffen.


    5. Im EEG wird das Ziel, dass vor dem Jahr 2050 die gesamte Energieerzeugung und der gesamte Bruttoendenergieverbrauch auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (Bundesgebiet) treibhausgasneutral ist, auf das Jahr 2045 abgesenkt.


    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    kommen Sie mit ins Boot. Mit diesem Gesetz knüpfen wir an gute Ansätze für den Klimaschutz aus den vergangenen Legislaturperioden an, schlagen aber gleichzeitig ein neues Kapitel für eine Klimaschutznation Deutschland auf. Das Kapitel ist bisher leer, aber wir haben die Chance, es so zu schreiben, dass wir unserer Verantwortung für die nächste Generation und die schon heute von den Auswirkungen des Klimawandels betroffenen Staaten gerecht werden.


    Vielen Dank!


    setzt seine FFP2-Maske auf

    nimmt auf der Regierungsbank Platz

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    wenn wir hier heute über ein Gesetz für neue Klimaschutzziele sprechen, dann dürfen wir einem Trugschluss nicht unterliegen: Neue Klimaschutzziele machen noch keinen Klimaschutz. Es bringt auch nichts immer neue Zielvorgaben zu beschließen, die man dann unter Umständen sowieso nicht einhalten kann. Für mich stellt der hier vorgelegte Entwurf mehr Symbolpolitik vor, als echte Symptombekämpfung. Wenn wir das 1,5-Grad-Ziel einhalten wollen, dann brauchen wir vor allem eines: Tatkraft. Wir brauchen innovative Methoden, hochmoderne Technologie und Bioökonomie, wir müssen das Ruder rumreißen, indem wir alle Akteure mit ins Boot holen. Wir brauchen eine Green und Smart Economy, wir brauchen attraktive Forschungsbedingungen für unsere Wissenschaft, wir müssen bereits im Kindesalter mit Sensibilisierung und Bildung für nachhaltige Entwicklung beginnen, wir müssen eine Ernährungswende vorantreiben, die den Fokus auf eine fleischärmere Ernährung stellt, wir sollten an Stellschrauben drehen, um im Verkehrsbereich stärker auf die Schiene setzen zu können. Wir müssen investieren in Zukunftsideen und in vielversprechende Pilotprojekte. Das brauchen wir jetzt alles und das kann man auch gemeinsam angehen. Die sich verschärfende Klimaposition der Weltgemeinschaft lässt sich nicht dadurch bekämpfen, dass wir ständig über neue Klimaschutzziele sprechen. Wir müssen Klimaschutz greifbar und erfahrbar machen. Wir müssen die Bevölkerung mitnehmen und müssen erklären und unterstützen.


    Ich werde den vorgelegten Gesetzentwurf ablehnen. Diese Ablehnung mache ich an drei Faktoren fest.


    Erstens: Wie bereits gesagt, handelt es sich bei dem Antrag um kein konkretes Projekt, keine konkrete Idee, sondern nur eine neue Zielvorgabe. Diese neue Zielvorgabe erreichen wir aber nicht, indem wir uns gegenseitig Mut zusprechen, sondern indem wir über konkretere Maßnahmen sprechen. Es scheint mir zum derzeitigen Moment nicht notwendig eine Zielvorgabe fünf Jahre nach vorne zu korrigieren, ohne einen konkreten Plan vorzulegen. Das Vorgehen hätte genau andersherum erfolgen müssen. Wir hätten erst neue Maßnahmen beschließen müssen. Dann hätten wir sagen können, die Maßnahmen, die wir beschlossen haben, sind ambitioniert genug, um zu sagen: Wir können auch schon 2045 Treibhausgasneutralität erreichen. Das ist ja nicht unmöglich. Wir müssen nur halt darüber sprechen, wie und nicht ob.


    Zweitens: Mir missfällt ganz deutlich, die Rigidität mit der neue Ländergesetze kontrolliert werden sollen. Für mich ist das nicht darstellbar, wie da auch eine konkrete Regelung ausschauen soll. Soll der Bund ab sofort in jedes Ländergesetz eingreifen dürfen, bei dem es glaubt, dass die neuen Klimaschutzziele nicht zu erreichen seien? Warum beschneidet man das Engagement und die Tatkraft der Länder durch neue Überwachungsmechanismen. Länder sollen eigene Gesetze erlassen dürfen, in denen sie den für sie richtigen Weg darlegen. Es hilft doch nichts mit dieser schwammigen Richtlinie eingreifen zu wollen. ich sehe den Mehrwert dieser Regelung nicht und bitte da ausdrücklich noch mal die Regierung den Regelungsbedarf darzulegen. Ich glaube, dass wir mit doktrinärer Politik, die Berlin den Ländern aufoktroyiert nicht weiterkommen. Anstelle den Dialog zu suchen und gemeinsam über geeignete Maßnahmen zu sprechen, soll hier von oben herab kommuniziert werden. Das lehnen wir ab.


    Drittens: Ich finde es gut, dass der Bundesminister mit seinem Informationsportal zum 1,5-Grad-Ziel transparente und bürgernahe Politikkommunikation sicherstellen möchte. Auch finde ich es gut, dass ein Konsultationsprozess gestartet werden soll. Ich möchte aber noch einmal betonen. Wir müssen konkreter werden. Ich hätte mir gewünscht, dass wir da ein bisschen klarere Kommunikation durch den Bundesminister gehabt hätten. Lassen Sie uns also, zeitnah über geeignete Maßnahmen sprechen. Das wäre wirklich geboten.


    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    die Bewahrung unserer Schöpfung ist ein urkonservatives Anliegen. Ich stehe deswegen auch gerne dafür bereit über neue Klimaschutzziele zu sprechen. Viel wichtiger als immer neue Zielvorgaben, sind aber neue und innovative Maßnahmen. Damit sollten wir zügig anfangen. Das wäre sicherlich wünschenswert.


    Herzlichen Dank!

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    Elias Jakob Lewerentz

    Landtagsabgeordneter für den Saale-Holzland-Kreis I

    Landtagspräsident des Thüringer Landtages

    Stellvertretender Ministerpräsident des Freistaates Thüringen

    Landesminister für Gesundheit und Soziales

    Mitglied der Konservativen Partei (KonP)