Raus aus der Krise. Rein in die Zukunft. | Wahlkampfauftritt der Grünen in Weimar

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    Beginn der Veranstaltung ist am heutigen Freitag Nachmittag.

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    Anfragen können hier eingereicht werden.

  • Begibt sich zum Mikrofon und beginnt zu sprechen.



    Geschätzte Damen und Herren,

    Liebe Freundinnen und Freunde,


    nie könnte ich an dieser Stelle stehen, hätte ich nicht eine Schule besucht, wo ich gelernt habe zu Lesen, zu Schreiben, zu Rechnen. Nie könnte ich heute meine eigene Kanzlei betreiben, wäre ich nicht zur Universität gegangen und dort das entsprechende Studium abgeschlossen. Der Bildungssektor ist es, der für unsere Jugend den Grundbaustein, die Basis für ihre Zukunft legt. Das Gute daran ist: Jedes Kind in Deutschland hat ein Recht darauf, eine Schule zu besuchen. Jeder Jugendliche hat ein Recht darauf, selbst durch den Besuch einer weiterführenden Schule oder einer Universität die Basis für seine berufliche Karriere zu legen, soweit er möchte.


    Doch so einfach gestaltet es sich in der Praxis nicht. Die viel thematisierte Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem ist real nicht gegeben. Das fängt schon in den unteren Jahrgangsstufen an: Wer viel Geld hat, der kann sich privaten Nachhilfeunterricht leisten, der kann sich womöglich bessere, qualitativ hochwertigere Lehrmaterialien auch abseits der Schule leisten, der kann sich – und das ist im heutigen digitalen Zeitalter definitiv auch nicht unerheblich – digitale Endgeräte leisten. All dies trägt zur Förderung des Kindes bei. Es erleichtert dem Kind das Verstehen und Veranschaulichen von Inhalten, das Lernen von neuem Stoff. Dieses Privileg bleibt eben jenen verwehrt, die nicht die notwendigen finanziellen Mittel aufbringen können und die nicht nebst Arbeit genügend Zeit haben, ihre Kinder persönlich beim Lernvorgang zu unterstützen und ihnen weitere außerschulische Hilfestellungen zu geben. Dabei unterscheidet sich die Situation dann aber auch noch aufgrund des Bundeslandes, in dem das Kind zur Schule geht: Einige Länder bieten bedürftigen Familien mehr Unterstützung, andere weniger. Kurzum gesagt: Das Bildungssystem in Deutschland ist so nicht gerecht. Man mag jetzt wieder damit argumentieren, unser System sei doch prinzipiell nicht gerecht – und das mag auch so sein. Jedoch muss es in einem hochentwickelten Land wir Deutschland unser Anspruch sein, dass zumindest jede und jeder die Möglichkeit hat, das zu erreichen, was er gerne möchte, auch hinsichtlich des beruflichen Werdeganges. Kinder aus ärmeren Familien dürfen nicht nur deshalb benachteiligt sein, weil sie eben – wofür sie natürlich nichts können – in diese Familien geboren wurden. Entsprechend ist es Aufgabe des Staates, diese Chancengleichheit zu sichern und Kinder aus bedürftigen Familien so weit zu unterstützen, dass sie annähernd die gleichen Möglichkeiten und Chancen haben, als Kinder aus wohlhabenderen Familien. Ich bin kein großer Fan des Bildungsföderalismus, daraus mache ich kein Geheimnis. Ich weiß, die Länder klammern sich so gerne an ihre Kulturhoheit, ist es doch der einzige noch wirklich relevante Bereich, wo die Länder vollumfänglich selbst weitreichende Kompetenzen innehaben. Aber objektiv betrachtet steht die Idee des Bildungsföderalismus den Prinzipien der Chancengleichheit, der Fairness und der Gerechtigkeit zuwider, betrachtet man die bundesweite Gesamtsituation. Auch wenn ich an dieser Stelle nicht für die Abschaffung des Bildungsföderalismus plädieren will, so will ich zumindest das Ziel von uns Grünen verdeutlichen: Wir wollen bundesweit einheitliche bzw. zumindest gleichwertige Regelungen bezüglich der Unterstützung von Schülerinnen und Schülern aus bedürftigen Familien, um so bundesweit Chancengleichheit im Bildungssektor gewährleisten zu können – das ist unser grüner Anspruch.


    So zieht sich der Faden jedoch durch unser gesamtes Bildungssystem. Schauen wir an die Universitäten und Hochschulen: Viele Jugendliche, die gerne studieren würden, haben gar nicht die finanziellen Möglichkeiten, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Machen wir uns nichts vor: Studieren kostet Geld – und zwar viel. Viele Studierende müssen von zu Hause wegziehen, in ein Wohnheim oder eine eigene Wohnung, was schon mal mehrere Hundert Euro pro Monat verschlingt. Dazu kommen die Lebenserhaltungskosten, Kosten für öffentliche Verkehrsmittel, Kosten für Bücher, Lehrmaterialien etc. Auch ein eigener Laptop oder Ähnliches ist heute nahezu Voraussetzung, um ein Studium erfolgreich absolvieren zu können. Viele können sich all dies einfach nicht leisten oder müssen neben Studium teilweise zwei oder drei Nebenjobs annehmen, um trotz BAföG irgendwie über die Runden zu kommen. Viel zu oft geht der Fokus auf das eigentliche Studium da verloren.


    Nicht besser wird die Situation durch die aktuelle Corona-Pandemie, eher im Gegenteil. Viele Studierende können erst gar keine Nebenjobs mehr finden. Viele wissen kaum, wie sie ihre Unterkunft bezahlen sollen. Es ist auch für die Studierenden eine Zeit der Ungewissheit, wobei diese leider auch vom Staat bis dato weit außen vor gelassen worden sind. Die Studierenden ertragen die aktuelle Situation stillschweigend, wohlwissend, dass Universitäten und Hochschulen als letzte aller Bildungseinrichtungen wieder öffnen werden. Und doch sind es gerade diese Studierenden, die in Zukunft Entscheidungsträger unseres Landes werden sollen. Sie sind es, die in Zeiten der Klimakrise ihre Fähigkeit bezüglich des Krisenmanagements unter Beweis stellen werden müssen. Es ist staatliche Aufgabe, die Studierenden auf diese Aufgaben vorzubereiten – auch und gerade aufgrund der derzeitigen Situation.


    Daher werden wir Grüne uns in der kommenden Legislaturperiode auch dafür einsetzen, bedürftige Studierende durch finanzielle Hilfen besser zu unterstützen. Wir wollen den Studierenden zeigen, dass auch sie nicht vergessen werden, dass auch ihre Interessen nicht untergehen in der ganzen Diskussion um Wirtschaftshilfen und Lockerungen. Gleiches soll jedoch auch für Schüler*innen im zweiten Bildungsweg, welche oftmals vergleichbare Ausgaben haben, und auch für Auszubildende gelten. Wir wollen unsere junge Generation diese Krise nicht alleine durchstehen lassen, sondern ihnen unter die Arme greifen, wo es sinnvoll und möglich erscheint.


    In diesem Sinne wünsche ich allen und insbesondere allen Schülerinnen und Schülern, allen Azubis und allen Studierenden schöne und erholsame Osterfeiertage und ich übergebe das Wort damit an Theresa. Bleiben Sie gesund!

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    Anfragen können hier eingereicht werden.

  • Applaudiert und stellt sich im Anschluss an das Mikrophon.


    Liebe Freund:innen,

    mit der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Jahr 2017 hat der Gesetzgeber einen essenziellen Schritt zur Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften vollzogen. Seit 2017 ist zumindest juristisch die Unterscheidung von Liebe damit beendet wurden. Im Vorfeld und Nachgang dieser bahnbrechenden Entscheidung ist vielfach diskutiert wurden, ob damit die Ehe nicht ‚ent-, beziehungsweise abgewertet’ werden würde. Aus damaliger, wie heutiger Betrachtung ist diese Aussage als unbegründet abzuweisen. Dadurch, dass jetzt auch homosexuelle Personen die Ehe vollziehen können, wird heterosexuellen Paaren immerhin nichts weggenommen. Es ist eine Gleichstellung von Liebe erfolgt.


    Doch dass mit der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe die Ressentiments und Diffamierung von Menschen, welche sich nicht der Heteronormativität unterordnen wollen, sich keinen Zwängen hingeben, sondern einfach nur sie selbst sein wollen, und lieben, wen sie lieben, nicht abgenommen haben seitdem. Das meine Freund:innen ist leider die bittere Realität. Wir müssen doch nur einmal genauer hinhören. Dann hören wir, dass Begriffe wie ‚Schwuchtel’ noch immer als pejorativ verwendet werden. Dass Forderungen, auch von höheren politischen Repräsentanten, postuliert werden, die zum Inhalt haben, dass der Paragraph 175a StGB in abgemilderter Form wieder eingeführt werden soll. Da stellt sich doch nur eine Frage „Gehts noch?“.


    All das zeigt auf, dass die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe mit Sicherheit eine Menge an Vorteilen gebracht hat, doch damit der Weg zu einer endgültigen juristischen und gesellschaftlichen Gleichstellung damit nicht getätigt wurde.


    So müssen wir uns doch nur einmal die Unterschiede im Adoptionsrecht anschauen.


    Es ist zwar klar zu konstatieren, dass mit der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe die Anzahl an Regenbogenfamilien zugenommen hat. Auch ist festzumachen, dass in Ehen und Beziehungen zwischen zwei Frauen seitdem immer mehr Kinder geboren werden, auch dies war vor der Einführung der Ehe für alle noch anders. Denn bis dahin sind die Kinder in vorherigen heterosexuellen Beziehungen geboren wurden. Wir erleben eine Vielzahl von Familiengründungen und Familienformen, indem sich homosexuelle Männer und Frauen, als Paare die Verantwortung für ein Kind und damit auch dessen Erziehung teilen. Doch jetzt davon auszugehen, dass dies damit zutun hat, dass rechtliche Nachteile für homosexuelle Ehepaare im Kontext von Familiengründungen abgebaut wurden, wäre falsch.

    Hierfür muss man nur einen Blick in das Abstammungsrecht werfen. Kinder, welche in heterosexuellen Ehen geboren werden, haben die jeweiligen Ehepartner als gesetzliche Eltern, wobei es redundant ist, ob der Vater dies auch aus biologischer Sicht ist. Schaut man sich jetzt jedoch die selbe Familienkonstellation mit zwei Müttern an, sieht dies ganz anders aus. Hier muss die Ehepartnerin der biologischen Mutter erst den langen und sehr mühevollen Weg der sogenannten Stiefkindadoption gehen. Ich kenne die Argumente der Gegner:innen einer Reform, welche dies abschaffen soll. Kinder bräuchten Mutter und Vater. Man wisse nicht, wie sich zwei gleichgeschlechtliche Eltern auf die Entwicklung des Kindes auswirken würden. Nur Mann und Frau dürften Kinder zusammen großziehen, alles andere sei wider der Natur. Vor allem zum letzten, muss ich doch einen spöttischen Kommentar loswerden. Wenn es wider der Natur wäre und eine „Perversion des Menschen“ warum ist dies im Tierreich gang und gebe.


    Wir als Grüne sind der Auffassung, dass mit der Unterscheidung im Abstammungsrecht, ob ein Kind in einer hetero-, oder homosexuellen Beziehungskonstellation hineingeboren wird, eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, welcher sich aus Artikel 3 des Grundgesetzes herleiten lässt, erfolgt und zugleich eine massive Gefährdung des Kindeswohls. Kinder brauchen stabile familiäre Verhältnisse. Kinder brauchen diese schnell.


    Lasst uns zusammen diesen Missstand beheben. Lasst uns zusammen einen weiteren, wichtigen und großen Schritt der Gleichstellung von homosexuellen Lebensgemeinschaften vollziehen. Lasst uns zusammen einer Stigmatisierung entgegentreten.


    Vielen Dank und bleibt gesund!