4 BvQ 2/21 - Teilweise erfolgreicher Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (Liberales Forum ./. Servus Medien GmBH)

  • OBERSTES GERICHT

    – 4 BvQ 2/21 –


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    IM NAMEN DES VOLKES



    Im einstweiligen Verfügungsverfahren



    des Liberalen Forums

    vertreten durch den Parteivorsitzenden Nils Neuheimer


    - Bevollmächtigter: Felix Neuheimer


    g e g e n


    die Servus Medien GmbH
    vertreten durch den Geschäftsführer Alex Regenborn



    über die Anträge


    1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, das von ihm am 16. Januar 2021 veröffentlichte Plakat, welches optisch dem Plakat der Antragstellerin ähnelt, mit sofortiger Wirkung zu entfernen;

    2. es der Antragsgegnerin unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 5.000,00 € vorläufig zu untersagen:

    a) Plakate mit dem Namen der Antragstellerin zu veröffentlichen;

    b) Plakate welche jenen der Antragstellerin optisch ähneln zu veröffentlichen;

    3. der Antragsgegnerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen



    hat das Oberste Gericht – Vierter Senat –

    unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter


    Präsident Brandstätter,


    Vizepräsidentin Baumgärtner,


    Müller



    am 18. Januar 2021 einstimmig beschlossen:


    1. Der Antrag zu 1. sowie der Antrag zu 2., soweit dieser darauf abzielt, es der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, den Plakaten der Antragstellerin optisch ähnelnde Plakate zu veröffentlichen werden zurückgewiesen.


    2. Soweit der Antrag zu 2. darauf abzieht, es der Antragsgegnerin zu untersagen, Plakate mit dem Namen der Antragstellerin zu veröffentlicht, so wird der Antragsgegnerin dies unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 5.000,00 € vorläufig untersagt.


    3. Die Verfahrenskosten fallen Antragstellerin und Antragsgegnerin je zur Hälfte zur Last.




    G r ü n d e :



    Gegenstand des isolierten Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist ein Plakat, welches die Antragsgegnerin am 16. Januar 2021 veröffentlicht hat. Die Antragstellerin begehrt dahingehend die Beseitigung des Plakates, sowie die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruches.



    I.


    1. Die Antragsgegnerin veröffentlicht am 16. Januar 2021 ein Plakat mit dem Wortlaut "Jepf gilpf" sowie "Zahnlos gegen Inhalte". Auf dem Plakat war das Logo der Antragstellerin sowie jenes ihres Spitzenkandidaten abgebildet. Auch in sonstiger Weise sieht das fragliche Plakat zumindest grafisch jenen Wahlplakaten der Antragstellerin zum Verwechseln ähnlich, welche sie im Zuge ihres Wahlkampfes für die fünfte Bundestagswahl verwendet.



    2. Die Antragstellerin sieht in der Veröffentlichung des fraglichen Plakates durch die Antragsgegnerin eine Verletzung des Namensrechts aus § 12 BGB, sowie einen Verstoß gegen das Marken- und Urheberrecht aus §§ 14 Abs. 2, 5 und 6 MarkenG, 14, 15, 23 UrhG.


    a) Die Antragstellerin habe keine Einwilligung zur Nutzung ihres Namens gegeben, weshalb berechtigte Interessen der Namensträgerin verletzt würden. Sowohl das Recht auf freie Meinungsäußerung als auch die Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG als auch die Kunstfreiheit würde durch die Anträge nicht verletzt. Somit sei das Namensrecht verletzt.


    b) Weiter würde das Logo der Antragstellerin verwendet werden, ohne dass diese ihre Zustimmung gegeben hätte. Dazu habe die Antragsgegnerhin hierbei Gewinnerzielungsabsichten. Dies stelle einen Verstoß gegen das Markenrecht dar.


    c) Auch sei durch die nicht genehmigte Bearbeitung und Umgestaltung des Werkes der Antragstellerin eine Verletzung des Urheberrechts zu bejahen, auch weil die Interessen der Antragstellerin gefährdet würden.


    d) Die für die einstweilige Verfügung notwendige Eilbedürftigkeit und Dringlichkeit sei aufgrund der kurz bevorstehenden Bundestagswahl gegeben. Ein schlechteres Abschneiden der Antragstellerin bei der Wahl durch das Suggerieren falscher Tatsachen durch das fragliche Plakat sei zu besorgen.


    e) Auch sei die Wiederholungsgefahr gegeben, da die Antragsgegnerin als Wiederholungstäterin gelte.


    f) Die Antragstellerin versichert gem. § 249 Abs. 1 ZPO die Richtigkeit aller Behauptungen und Angaben an Eides statt.



    3. Die Antragsgegnerin verzichtet auf eine Stellungnahme.




    II.


    1. Die Anträge sind zulässig.


    a) Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sind statthaft. Die Antragstellerin macht Individualansprüche geltend, die nicht auf Geldzahlungen gerichtet sind.


    b) Das Oberste Gericht ist gem. § 20 Abs. 1 S. 1 vDGB, § 6 Abs. 2 OGG i.V.m. § 937 Abs. 1 ZPO für den Antrag zuständig.


    c) Die Antragstellerin ist als politische Partei parteifähig (§ 50 ZPO). Auch die Antragstellerin ist als GmbH parteifähig (§§ 13 Abs. 1 GmbHG, 50 Abs. 1 ZPO).


    d) Es liegt ein behaupteter Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund vor. Ferner ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin gegeben. Sie hat ein berechtigtes Interesse daran, dass das vorliegende streitige Rechtsverhältnis alsbald durch richterliche Entscheidung geregelt wird.




    2. Die Anträge sind auch teilweise begründet. Der Verfügungsanspruch (a) ist hinsichtlich der Anträge zu 1. und 2., der Verfügungsgrund (b) ist hinsichtlich des Antrages zu 2. teilweise gegeben.



    a) Der Verfügungsanspruch der Antragstellerin bezüglich der Anträge zu 1. und 2. ist gegeben.


    aa) Die Antragstellerin begehrt die Wahrung ihres Namensrechtes, des Urheberrechtes, sowie des Markenrechtes. Ob eine tatsächliche Verletzung des Namensrechts, des Urheberrechts und des Markenrechts vorliegt ist jedenfalls in einem Hauptsacheverfahren zu klären. Eine solche Verletzung lässt sich jedoch nicht im Voraus ausschließen. Insoweit ist ein strittiges Rechtsverhältnis gegeben und das Ergebnis im Hauptsacheverfahren als offen anzusehen.


    bb) Sowohl der Antrag zu 1. (Beseitigungsanspruch), als auch der Antrag zu 2. (Unterlassungsanspruch) sind jedenfalls geeignet und statthaft, um die behauptet verletzten Rechte der Antragstellerin vorläufig zu sichern. Insbesondere erfolgt durch die Anträge auch keine Schaffung von vollendeten Tatsachen, wofür eine einstweilige Verfügung ungeeignet ist. Auch wenn das angegriffene Plakat beseitigt werden müsste, so könnte dieses jederzeit, nach der Entscheidung im Hauptsacheverfahren, erneut öffentlich verbreitet werden.



    b) Der Verfügungsgrund bezüglich des Antrages zu 2. ist teilweise gegeben. Dem Antrag zu 1. hingegen mangelt es an der Notwendigkeit der Regelung durch eine einstweilige Verfügung.


    aa) Einstweilige Verfügungen sind im Zivilprozess zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 940 ZPO).


    bb) (1) Dem Antrag zu 1. fehlt es an der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendigen Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit. Da die Antragsgegnerin selbst als Satiremedium bekannt ist und auch das Plakat, womöglich auch ohne dieses Wissen, zumindest im Ansatz als Satire erkennbar ist, sind schwere Schäden für die Antragstellerin nicht hinreichend zu besorgen. Auch entbehrt ein Wahlplakat einer Partei, welche sich selbst als inhaltslos darstellt, jeglicher Logik, was bereits ein Zweifeln des Betrachters an der Ernsthaftigkeit des Plakates zu Folge haben könnte. Die Wahrscheinlichkeit, dass Teile der Bevölkerung das fragliche Plakat tatsächlich wörtlich nehmen und die Antragstellerin fortan als inhaltslose Partei ansehen und dieser allein aus diesem Grund die Stimme bei der anstehenden Bundestagswahl verwehren, ist als sehr gering anzusehen. Auch ist der Zeitpunkt, der zwischen Veröffentlichung des Plakates und insbesondere Vollstreckung der Entscheidung zum vorliegenden Antrag und dem Beginn der Bundestagswahl so gering, dass ein Verhindern von etwaigen Schäden für die Antragstellerin bezüglich der Wahl, wenn überhaupt, nur in sehr geringem Maße umsetzbar wäre. Weitere Gründe, die für eine besondere Dringlichkeit des Antrages zu 1. sprechen können, gibt die Antragstellerin nicht an. Ein Entstehen von schweren und irreversiblen Schäden für die Antragstellerin erscheint insofern als sehr unwahrscheinlich. Als noch unwahrscheinlicher erscheint es indes, dass solche Schäden durch Beseitigung des fraglichen Plakates aufgrund eines Erlasses einer einstweiligen Verfügung überhaupt wirksam verhindert werden könnten.


    (2) Hinsichtlich des Antrages zu 2. ist der Verfügungsgrund teilweise gegeben.


    Da insbesondere eine Verletzung des Namensrechts und des Markenrechts durch das fragliche Plakat möglich erscheint, hat die Antragstellerin ein berechtigtes Interesse daran, dass keine weiteren Plakate durch die Antragsgegnerin veröffentlicht werden, die ebenso möglicherweise gegen die besagten Rechte der Antragstellerin verstoßen könnten. Eine hinreichende Besorgnis der Wiederholung eines ähnlichen potentiellen Verstoßes ist somit gegeben und das Stattgeben des Unterlassungsantrages bezüglich Verwendung des Namens der Antragstellerin gerechtfertigt. Insoweit ist es in der Sache dienlich, es der Antragsgegnerin vorerst zu untersagen, Plakate mit dem Namen der Antragstellerin zu veröffentlichen.


    Bezüglich des Antrages, es der Antragsgegnerin zu untersagen, "optisch ähnelnde Plakate der Antragstellerin" zu veröffentlichen, fehlt es jedoch an der hinreichenden Spezifikation und dem Vortrag, welche Plakate hierbei überhaupt als ähnlich anzusehen wären. Eine derart allgemeine Unterlassungsverfügung ist regelmäßig unzulässig. Es bedürfte, auch zur Schaffung von Klarheit für die Antragsgegnerin, jedenfalls einer geeigneten Beschreibung, welche Plakate überhaupt als ähnlich zu werten wären. Auch ist nicht ersichtlich, inwieweit eine solche Unterlassungsverfügung zur Sicherung der Rechte der Antragstellerin überhaupt dienen könnte. Es wird nicht hinreichend dargelegt, ob und inwieweit eine Veröffentlichung lediglich ähnlicher Plakate die Antragstellerin in ihren Rechten verletzen könnte.


    Die Höhe des beantragten anzudrohenden Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden.



    c) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.



    3. Auf Antrag des Antragstellers und aufgrund der besonderen Dringlichkeit wird gem. § 937 Abs. 2 ZPO auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.




    Brandstätter | Baumgärtner | Müller

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    Administrator


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    Einmal editiert, zuletzt von Andreas Brandstätter ()