Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten

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    Der Bundespräsident wendet sich mit der Weihnachtsansprache, die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk übertragen wird, direkt an die Bevölkerung.


    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,


    die Weihnachtszeit steht wie kaum eine andere für gemeinsame Tage mit der Familie. Millionen von Menschen, ob religiös oder nicht, besinnen sich in dieser Jahreszeit auf das Miteinander mit den Menschen, die ihnen im Leben am wichtigsten sind. Nachdem das Weihnachtsfest in diesem Jahr unter so ungewöhnlichen und widrigen Vorzeichen stattfindet, wie es seit Gründung der Bundesrepublik noch nie der Fall gewesen ist, möchte ich zuerst all denjenigen mein tiefes Mitgefühl aussprechen, die in diesem Jahr einen Menschen verloren haben, den sie gerade an diesem Familienfest schmerzlich vermissen.


    Auch den Frauen und Männern in den systemrelevanten Berufen will ich an dieser Stelle erneut meinen Dank und höchste Anerkennung aussprechen. In dieser Zeit sind sie es, die auch an den Feiertagen für die schwer erkrankten Menschen sorgen, den Betrieb wichtiger Einrichtungen aufrechterhalten und es nicht zuletzt durch die Umsetzung der strengen Sicherheitsmaßnahmen möglich machen, dass speziell ältere Menschen in Wohnheimen ein wenig Weihnachtsbesuch von ihren Verwandten empfangen können.


    So mühsam, anstrengend und verunsichernd dieses Jahr für jeden Einzelnen, für die Familien und auch für zahlreiche Unternehmer gewesen ist: Die gemeinsame Anstrengung zur Überwindung der Pandemie ist auf dem richtigen Weg. Lassen Sie uns hoffnungsvoll auf die kommenden Wochen schauen, in denen die Impfungen beginnen werden. Lassen Sie uns die Vorfreude auf kontrollierte, aber spürbare Schritte zurück zur Normalität im Laufe des Jahres 2021 in die Motivation umwandeln, bis dahin weiterhin durch Abstandhalten und das Tragen unserer Masken Verantwortung zu übernehmen und zur Bekämpfung des Virus beizutragen. Die Aussicht auf das Ende der Pandemie, das durch die Zulassung von Impfstoffen greifbarer geworden ist, darf nicht zum Leichtsinn führen, sehr wohl aber zu ernsthafter Zuversicht.


    Abschließend möchte ich auch diejenigen Entwicklungen nicht unerwähnt lassen, die sich in unserem Land seit Anfang des Jahres politisch vollzogen haben. Die Entstehung einer neuen Parteienlandschaft im Frühjahr hat gezeigt, dass sich Zeiten ändern können, dass politische Mehrheiten und Organisationen einem Wandel unterliegen. Nicht geändert hat sich dabei jedoch eines: die unangefochtene Stellung und erneut bewiesene Stärke unseres Grundgesetzes, das all diese politischen Veränderungen in geregelte Bahnen gelenkt hat. Auch durch die Pandemie stand unser freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen in diesem Jahr vor einer erheblichen Herausforderung, die von den politisch Verantwortlichen jedoch bewältigt werden konnte, ohne das Vertrauen der Bevölkerung einzubüßen. Dieses wechselhafte und krisenreiche Jahr zeigt uns so eindrücklich wie wenig Vorangegangenes den oft mit Worten gelobten, aber doch nur selten so persönlich gefühlten Wert unserer Demokratie, die uns nicht von Natur aus gegeben ist, sondern über Jahrhunderte von vielen Menschen erkämpft wurde und von jeder Generation aktiv zu bewahren ist, um sie an die nächste unbeschadet weiterzugeben.


    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,


    ich möchte mich mit dieser Ansprache auch von Ihnen verabschieden, da meine Amtszeit als Bundespräsident bereits in wenigen Wochen zu Ende gehen wird. Ich nehme aus dieser Zeit eine Zuversicht mit, die ich mit Ihnen teilen möchte: das Vertrauen in unser modernes, demokratisches Deutschland. Ich wünsche Ihnen – ganz gleich, ob und woran Sie glauben – von Herzen frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr.