Sebastian Fürst | Rede auf dem Münchner Marienplatz zum ersten Mai

  • begibt sich zum Rednerpult, nachdem der letzte Ton der Internationale verklungen ist


    Sehr geehrte Damen und Herren,

    werte Genossinnen und Genossen,

    liebe Freunde,


    und wieder ist ein Jahr vergangen, in dem wir den Unterschied gemacht haben. Mit unserer Beharrlichkeit und keiner Scheu vor dem Arbeitskampf haben ist es uns gelungen, die Löhne in vielen Bereichen zu steigern. Besonders hervorzuheben ist hier der sensationelle Tarifabschluss mit der Deutschen Bahn, wo es uns gelungen ist einen Inflationsausgleich von 2.850 Euro, eine Lohnerhöhung von 420 Euro und eine Senkung der Wochenarbeitszeit auf 35 h bis 2029 zu erwirken. Dieses großartige Ergebnis soll den Gewerkschaftsmitgliedern Mut zum Arbeitskampf geben, denn beharrlicher Arbeitskampf zahlt sich aus und es soll Angst bei all jenen Unternehmern in diesem Land auslösen, die die Gewerkschaften und somit die Stimme der Arbeiterschaft für eine lästige Fliege halten und sie mit ihrer Faust erschlagen wollen, denn für uns ist klar, dass wir keinen Kosten und Mühen scheuen werden, wenn es darum geht für gerechte Löhne und gute Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Wer nicht mit uns kooperiert, der soll den starken Arm der Arbeiterschaft zu spüren bekommen.


    Liebe Freunde,

    wie wichtig unsere Gemeinschaft und notwendig unsere Präsenz ist, hat sich erst gestern wieder bei Thyssenkrupp Steel gezeigt. Dort konnte man gestern mit eigenen Augen sehen, was passieren würde, wenn man das Feld dem Unternehmertum überlassen würde. Als Ergebnis ist das totale Übergehen der Arbeiterschaft und die Verramschung unserer Arbeitsplätze zu konstatieren. Der Konzernchef von Thyssenkrupp Steel Lopez will einen neuen Investor an Land ziehen, welcher vermutlich die Stahlsparte abwickeln will, ohne ein Wort mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaftern abzusprechen. Auch Lopez musste erfahren, was es heißt, wenn man die Autorität der Arbeiterschaft untergräbt. Unsere Genossen von der IGM haben beachtliches geleistet und spontan eine große Kundgebung vor dem Hauptsitz von Thyssenkrupp Steel in Duisburg organisiert, um eindrucksvoll zu demonstrieren, dass man die Arbeiterschaft nicht übergehen kann. Möge es Lopez eine Lehrer gewesen sein. Auf das er nie wieder versuchen wird, die Arbeiterschaft zu übergehen. Jetzt müssen wir aber erstmal abwarten, wie die Umstrukturierungsmaßnahmen eigentlich aussehen sollen, sobald es aber um die Arbeitsplatzsicherheit oder Arbeitsbedingungen geht, werden wir erneut gemeinsam in Feld ziehen, um solidarisch für einander einzustehen und den bestmöglichen Deal zu verhandeln.


    Entscheidend ist aber auch, dass wir nicht die internationale Solidarität aus den Augen verlieren, denn wir müssen auch solidarisch mit unseren Genossen weltweit sein. Es muss auch unser Wille, dass wir all jenen Arbeiterinnen und Arbeitern auf dieser Welt unterstützen, die keine fairen Löhne und keine guten Arbeitsbedingungen haben. Es kann nicht sein, dass Menschen vom realexistierenden Kommunismus in China, Vietnam oder Nordkorea ausgebeutet werden. Die Arbeiterschaft muss voll und ganz vom diktatorischen oder theokratischen Wahnsinn befreit werden. Ich möchte all jenen unterdrückten Arbeiterinnen und Arbeitern heute meine Stimme geben, damit sie nicht vergessen werden und um klar zu machen, dass wir nicht alleine auf dieser Welt für das gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen kämpfen, sondern dass es viele Menschen auf dieser Welt gibt, die den gleichen Kampf führen, wie wir das tuen.


    Lasst uns für einander einstehen und lasst uns gemeinsam mit unseren Brüdern und Schwestern in aller Welt für ein besseres Morgen kämpfen!


    Vielen Dank!