Sebastian Fürst | Rede auf der Augsburger Einzelhandel Kundgebung

  • Ist nach Augsburg gereist, um an der Vedikundgebung für den Einzelhandel teilzunehmen


    Liebe Verkäuferinnen,

    liebe Händlerinnen,

    liebe Kassiererinnen,


    ich bin froh, dass ihr mich heute auf eure Kundgebung eingeladen habt und mich freut es, dass auch ein paar eurer männliche Kollegen den Weg zu dieser Kundgebung gefunden haben.


    Ihr seit heute hier, um der ganzen Welt zu zeigen, dass Frauen nach wie vor weniger verdienen als Männer. Besonders in euerer Branche, in der rund 70 % der Beschäftigten Frauen sind, ist das natürlich ein Thema. Es ist ungerecht, dass eine Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk nach dem Entgeltatlas im Median pro Monat nur 2.400 Euro Brutto, während Verkäufer rund 2.800 Euro Brutto verdienen.


    Ich frage mich, welcher Grund rechtfertigt den Unterschied von 400 Euro im Monat? Ich empfinde, wenn ich solche unerklärliche Unterschiede in der Bezahlung von Männern und Frauen sehe, ein Gefühl der Enttäuschung, weil es uns in den mittlerweile 160 Jahren nach der Gründung des allgemeinen deutschen Frauenvereins im Jahre 1865 nicht gelungen ist, diese schreiende Ungerechtigkeit zu beseitigen, und ich empfinde eine bestimmte Wut, weil es nach wie vor Unternehmer gibt, die Frauen offensichtlich als minderwertige Arbeitskräfte betrachten, ansonsten hätten wir schon längst gleiche Löhne für Männer und Frauen, wie es sich in einem Land gehört, das seine Frauen achtet und wertschätzt.


    Bei vollem Gehalt müsst ihr nicht nur einen Gehaltsunterschied von 400 Euro erdulden, sondern ihr könnt oft nicht mehr als eine Teilzeitstelle wahrnehmen, weil ihr euch um eure Töchter und Söhne oder eure Eltern kümmern müsst oder weil euch einfach nicht mehr angeboten wird als eine Teilzeitstelle. 45 % in euerer Branche arbeiten Teilzeit im Vergleich zum Durchschnitt von 29 %. Ihr bekommt also nicht nur weniger Geld, weil ihr Frauen seid, sondern auch weil ihr mit einer reduzierten Stundenzahl vorlieb nehmen müsst.


    Das ganze Ausmaß dieser Ungerechtigkeit zeigt sich deutlich in dem Fakt, dass 84 % der in Teilzeit befindlichen Arbeitskräfte Frauen sind.


    Sehenden Auges werdet ihr so von den Unternehmen ins Unglück geführt, denn bei den eh schon geringen Löhnen kommt man bei der Inflation der letzten Jahre eh nur noch gerade so über die Runden. Wer aber dann zusätzlich nur eine Teilzeitstelle bekleidet, der muss im Winter entscheiden, ob er heizen möchten oder ob er was Vernünftiges im Magen haben möchte.


    Für die Menschen, die Vollzeit arbeiten kommt dann das böse Erwachen spätestens, wenn sie eines Tages in Rente gehen und dann feststellen, dass ihre Rente Hinten und Vorne nicht reicht, um ein anständiges Leben in Würde führen zu können.


    Sehr geehrte Damen und Herren,


    aber heute sind wir alle hier, um den Unternehmen zu zeigen, dass es so nicht weiter gehen kann. Heute senden wir gemeinsam ein Zeichen der Stärke und Einheit an all jene, welche glauben, dass man euch mit miserablen Löhnen und unchristlichen Arbeitszeiten unterbuttern kann, an all jene welche glauben, dass es sich nicht lohnt, für bessere Löhne und Arbeitszeiten zu kämpfen, und an all jene, welche nach wie vor glauben, dass Frauen nicht das gleiche Gehalt verdient haben, wie die männlichen Kollegen.


    Aber genau zu diesem Zwecke haben wir uns zusammengeschlossen, denn gemeinsam sind wir stark. Die Parole „alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will“ hat ihre Gültigkeit bewahrt. Der starke Arme wird unsere Interessen gegenüber den Unternehmen durchsetzen und zu einem starken Schlag ausholen, wenn die Löhne nicht angehoben werden, wenn die Arbeitsbedingungen nicht verbessert werden und wenn die Frauen nicht als vollwertige Arbeitskraft anerkannt werden.


    Jeder Einzelne, der heute hier ist, verstärkt die Wucht des Arms. Lasst uns also unser Engagement verstärken, damit der starke Arm in der Lage ist unsere Interessen mit einem K-O-Schlag in der ersten Runde durchzusetzen!


    Vielen Dank!


    Bleibt nach seiner Rede vor Ort, um den anderen Rednerinnen zu zuhören und um sich mit den Streikenden zu unterhalten

  • Hallo,


    ich habe da ein, zwei Fragen:


    1. Woher stammt die Information, dass Frauen im Nahrungsmittelhandwerk im Monat 400 Euro weniger als ihre Kollegen verdienen? Werden etwaige Unterschiede bei der Arbeitszeit und Arbeitserfahrung berücksichtigt?


    2. Warum finden Sie es ungerecht, dass mehrheitlich Frauen in Teilzeit arbeiten? Schließen Sie aus, dass dem eine souveräne Entscheidung der Frauen zugrunde liegt und, wenn ja, wie kommen Sie darauf?