Verletzt die Bundespräsidentin Ihre Neutralität?

Bielefeld - 22.02.2021 [keine Ergänzung]


Felix Neuheimer schrieb am 19. Februar auf vTwitter: "Was machen eigentlich die Koalitionsverhandlungen im Bund? Die künftige Koalition ist schon jetzt gescheitert. Wir sollten ernsthaft über Neuwahlen nachdenken.". Er dürfte wohl ein Freund der Bundespräsidentin sein, die nach dem Nachrichtenwechsel, der der Ostwestfälischen Allgemeinen Zeitung vorliegt, ebenfalls unbedingt Neuwahlen erreichen will. Die OWAZ klärt im Zuge der Diskussionen nach einer Pressemitteilung der Grünen zu dem Kanzlervorschlag der Bundespräsidentin auf.

Nach wochenlangem Stillstand der Bundespräsidentin, ist diese total geschockt von den immer noch andauernden Koalitionsverhandlungen und möchte am 16. Februar endlich was dagegen tun. Sie entscheidet sich die Parteivorsitzenden der Parteien anzuschreiben und zu fragen, wie es mit den Verhandlungen läuft. Ein wichtiger Schritt, der auch nötig war, um etwas Druck auszuüben. Sollte eine zeitnahe Regierungsbildung nicht möglich sein, müsse man sich über Neuwahlen unterhalten, so Yersin.


Der Parteivorsitzende der SDP, Charly Roth, erklärt die Situation und bittet um Zeit bis Freitag, danach könne man über Neuwahlen sprechen. Als am Freitag die Frist verstreicht, wird die Bundespräsidentin deutlich. Yersin will nun Neuwahlen und sieht das als einzige Option. Anders als Maria Cortez, die nun erneut die Situation erklärt und um Aufschiebung der Frist bis Sonntag bittet. Die Behauptung der Bundespräsidentin, sie würde nicht ausreichend informiert, stimmt nicht, so erklärte Cortez außerdem, dass die Koalitionsverhandlungen "in den letzten Zügen des Prozesses sind und eigentlich nur noch die Unterschriften der Partner fehlen". Yersin erwähnte die Frist am Freitag, Cortez hält dagegen und erwähnt, dass drei gescheiterte Wahlgänge für Neuwahlen nötig seien und diese das letzte seien, was Deutschland gerade brauche.


Die Bundespräsidentin schreibt anschließend von einer "Zwangsehe". Damit meint sie wohl die Koalition zwischen SDP und KonP, dessen inhaltliche Profile sich stark unterscheiden. Weiter heißt es in dem Schreiben, dass sie die Regierungserfahrung der KonP als "begrenzt" bezeichnen würde. Während diese ersten Zeilen noch keine offene Abneigung gegenüber der SDP zeigen, geht die Bundespräsidentin danach auf "machtpolitische Ambitionen" ein und appelliere an den "gesunden Menschenvorstand, sofern vorhanden.". Innerhalb einer erweiterten Vorstandssitzung der SDP soll es dabei zu großem Entsetzen über die passiv-aggressive Nachricht gekommen sein. Auch Anmerkungen an den äußerst schmutzigen Kampf um die Bundespräsidentenwahl fehlten nicht.


Charly Roth zeigt erst noch höflich Verständnis, als die Bundespräsidentin dann jedoch auch von einem Wortbruch und einem unmöglichen Vertrauen in das Wort Roths schreibt, kritisiert Roth den ausfallenden Ton der Bundespräsidentin, der unangemessen und nicht sinnvoll sei. Auch kritisiert nach einigen weiteren Nachrichten die scheinbar fehlende Neutralität der Bundespräsidentin. Yersin hält dagegen, zeigt gleichzeitig aber auch Ihr Nichtinteresse an einer Verbesserung der Kommunikation und eines höflicheren und neutraleren Umgangston.


Die Bundespräsidentin scheint eine enorme Ablehnung gegenüber der SDP, insbesondere Tom Schneider und Charly Roth, zu hegen. Auch eine Bevorzugung ihrer eigenen Partei, dem Forum, das nicht an der Koalitionsbildung beteiligt ist, wäre denkbar. Immerhin schlug Yersin nicht etwa Tom Schneider vor, dessen Koalition sich sowieso auf Zielkurs befindet, sondern Nils Neuheimer, der schon seit etwas längerer Zeit keinerlei Gespräche mehr führt und weder personell noch mehrheitstechnisch eine von Yersin geforderte stabile Regierung bereitstellen kann. Das ist unverantwortlich und nicht einer neutralen Beobachtung geschadet.


Doch wie steht es eigentlich um die Koalitionsverhandlungen, die hier das konfliktsauslösende Thema sind? Diese gingen in den letzten Tagen nach Aussagen des SDP-Generalsekretärs Alex Regenborn gut voran, wie er uns auf Anfrage erzählte: "Also große Schwierigkeiten gibt es mittlerweile nicht mehr, wir sind da wirklich in einer Endphase. Die Verträge sind eigentlich mit minimalen Ausnahmen fertig. Wir dürften die Gespräche in Kürze endlich abschließen können.". Ob es sinnvoll wäre, die fast stehende Regierung durch Neuwahlen zu verhindern, und damit die alte, inaktive Regierung noch länger im Amt zu halten, nur damit es erneut lange Koalitionsgespräche gibt, ist fraglich. Das ist aber eine Frage, die die Bundespräsidentin und die Parteivorsitzenden selbst beantworten müssen.


Ergänzungen:

keine

    Kommentare 5

    • Die Bundespräsidentin hat Bedenken, weil die KonP noch nicht regiert hat? Sollte sich das bewahrheiten, wäre das ein absolutes Unding.

      • Werter Herr Lewerentz,


        der genaue Wortlaut des Satzes, aus dem wir die Bedenken ableiten, lautet wie folgt: "Das letzte was wir brauchen ist eine Zwangsehe bestehend aus einer Partei, deren Regierungserfahrung ich als begrenzt bezeichnen möchte.". Da sowohl Grüne als auch SDP schon häufig (auch auf Bundesebene) Regierungserfahrung gesammelt haben, nehmen wir an, dass damit die KonP gemeint ist. Ob die Bedenken gerechtfertigt sind, ist ein anderes Thema.


        Mit freundlichen Grüßen,

        die OWAZ Redaktion.

    • Ich habe in dieser Sachlage Verständnis für beide Seiten (Sim Off). Die Bundespräsidentin hat die stärkste Fraktion mit der Bildung der Regierung beauftragt, dies ist ihr gutes Recht und keine Verletzung der Neutralität.

      Die SDP hat mit KonP und Grünen noch verhandelt und sich eben länger Zeit gelassen um ein Ergebnis zu konzipieren. Ebenfalls das Recht der Koalitionäre. Ich sehe hier von beiden Seiten kein Fehlverhalten. (ebenfalls SIM Off)

    • Also wenn man drei Tage für eine Unterschrift braucht, gute Nacht

      • Sagt derjenige, der zum Copy&Pasten mehr als 2 Wochen benötigt....