Thema des Tages: Die Allianz: eine Partei am Rande des Absturzes - Von der Selbstversenkung einer Volkspartei

patrick-j-adams-suits-featured.jpg


Ryan Davis: Chef einer schwer angeschlagenen Partei


21,1 Prozent bei der Bayernwahl - zu mehr hat es für die Allianz nicht gereicht. Von 50,0 Prozent auf 21,1 Prozent - eine herbe Klatsche und ein dramatischer Absturz von sage und schreibe 28,9 Prozentpunkten für die Allianz. Jetzt dürfte auch NRW-Innenminister und Allianz-Generalsekretär Friedrich Augstein keinen Grund mehr für inhaltsleere Durchhalteparolen a la "Die Umfragen sind nicht repräsentativ" oder "Die einen gewinnen Umfragen, die anderen die Wahlen" haben. Eine schwere Niederlage, die nur das bestätigt, was sich anderswo bereits längst gezeigt hat: In Nordrhein-Westfalen, wo in zwei Wochen gewählt wird, steht man bei den Meinungsumfragen zwischen 21 und 23,5 Prozent. Verluste von vier bis fünf Prozentpunkten, selbst, wenn diese nicht so dramatisch, wie in Bayern scheinen, sind durchaus möglich. 21,1 Prozent bei der Landtagswahl in Bayern - kein guter Auftakt für den Bundestagswahlkampf. Glaubt man den Meinungsforschern, die den Absturz der Allianz in Bayern bereits korrekt vorhergesagt haben, so droht der Allianz im Bund ebenfalls großes Unheil: Drei unabhängig voneinander arbeitende Meinungsforschungsinstitute, die in den letzten Wochen Umfragewerte geliefert haben, sehen die Allianz bei konsequent unter 20 Prozentpunkten. Die letzten Umfragen haben ihr nur 15 bis 17 Prozentpunkte bescheinigt. Dabei hatte es einst doch so gut angefangen.


Im Sommer war die Liberal-Konservative Allianz im Rahmen von Ryan Davis' Initiative "Es geht um unser Land" gegründet worden. Viele eher als liberal und konservativ einzuordnende Politiker*innen haben sich daraufhin der Allianz angeschlossen und man konnte Hochburgen vor allem in Bayern (57,1 Prozent und 50,0 Prozent bei den ersten beiden Landtagswahlen) sowie Nordrhein-Westfalen (27,8 Prozent und 25,0 Prozent) errichten. Im Bund hat man bei den letzten beiden Bundestagswahlen stets um die dreißig Prozentpunkte herum erreichen können. Man hatte FORUM und die damalige KonP jeweils fast vollständig geschluckt und auch Mitglieder aus dem rechtspopulistischen BUW (heute: FFD) für sich gewinnen können. Es lief gut - man hat es sogar nach der Bundestagswahl im Oktober 2021 geschafft, mit der SDP einen GroKo-Vertrag auszuhandeln. Zu dieser Zeit hat man auch in Thüringen an Stimmanteil zulegen können. Es lief also wirklich gut für diese Partei, auch, wenn man es nie geschafft hat, einen eigenen Bundeskanzler stellen zu können.


Doch seitdem die GroKo nach nur zwei Tagen des Bestands zerbrochen war, ging es kontinuierlich bergab mit der Allianz: Aufgekommen waren Debatten über mangelnde Abgrenzung zu rechtsextremistischen Positionen und sogar ein eigener Rechtsextremismusskandal um Ex-Bundeswirtschaftsminister Frédéric Bourgeois kam auf. Bis zu diesem Zeitpunkt lagen die Umfragewerte für die Allianz stabil um 24 Prozent herum. Danach stürzten sie bis auf 15 Prozentpunkte ab. Ein Zusammenhang ist zu behaupten. Dazu Paul Fuhrmanns Fackelmarschäußerung im Bayerischen Landtag. Nach den Ereignissen rund um die GroKo und angesichts der mangelnden Abgrenzung zum Rechtsextremismus, unter anderem auch das Kokettieren mit dem FFD, scheuen sich vor allem die Grünen, eine Zusammenarbeit mit der Allianz einzugehen. Und ob die SDP, zumal für SDP-Verhältnisse als links geltende Politiker*innen wie Edelgard Fischer, Niclas Liebknecht und Alex Regenborn wieder die politische Bühne betreten haben, wieder eine Große Koalition, vermutlich nach der Wahl eher eine Kleine Koalition, mit der Allianz eingehen würde - fraglich. Die Bündnisfähigkeit der Partei ist massiv in Frage gestellt - eine Zusammenarbeit mit dem rechtsextremen FFD, dem Christian von Wildungen und Harald Rache vorstehen, würde für die Partei vermutlich ein endgültig besiegeltes Dauerdasein in der Opposition bedeuten, wäre nahezu politischer Suizid. Zudem: Kathrin Hirsch, Felix Schwalbenbach, Heinzel Knoller - nur einige der Namen von Allianzmitgliedern, die die politische Bühne verlassen haben und für die kaum noch neue Politiker*innen nachgerückt sind. Stattdessen schafft es die CDSU viel besser, Neumitglieder an Land zu ziehen und an sich zu binden - gutes Beispiel ist Helmut Kohle (CDSU - Thüringen). Außerdem ist nicht zu vergessen, dass die Allianz kein plakatives Oberthema hat, das man unmissverständlich mit der Allianz verbindet. Das haben die Grünen in Bayern verstanden, die sich Fortschritt und Modernisierung zu ihrem Leitthema im Bayerischen Landtagswahlkampf gemacht haben. Wo ist das eine unmissverständliche Allianzthema? Viel zu viele Deckungsgleichheiten mit dem FFD (z. B. Zuwanderung begrenzen) und der CDSU - zu wenig eigenes Profil. Und angesichts der Querelen der letzten Tage würden sich viele sicherlich lieber für CDSU oder FFD, je nach dem, entscheiden.


Hinzu kommen Anzeichen eines Macht- beziehungsweise Flügelkampfes in der Allianz: Paul Fuhrmann, der zum rechten Flügel der Allianz gezählt wird, hatte vor einiger Zeit geäußert, er könne sich niemand besseres als Bundeskanzler vorstellen als Frédéric Bourgeois. Wo bleibt dabei Ryan Davis, der in der K-Frage bislang eine äußerst unglückliche Rolle gespielt hat, hat er die Allianz zweimal zu - für ein neues politisches Projekt - überragenden Ergebnissen geführt und dabei zweimal den Kampf um das Kanzleramt verloren - beim letzten Mal nach vierfach gescheiterten Versuchen, Verhandlungen für eine Koalition aus Allianz, CDSU, Grünen und Piraten herbeizuführen? Ob er unangefochtene Nummer Eins bleibt - nach dem politischen Bankrott und der dramatischen Wahlniederlage in Bayern und zwei Niederlagen im Kanzlerduell wohl eher weniger. Zudem hat erst kürzlich Paul Fuhrmann auf der Social-Media- und Kurznachrichtenplattform Twitter Bundestagspräsident von Gröhn öffentlich widersprochen. Der nationalkonservative Flügel um Paul Fuhrmann trifft sicherlich oft auf die Interessen des liberalen Flügels um William McKenzie. Das ist schwierig miteinander zu vereinbaren - doch, wenn die Allianz wieder Erfolg haben will, sollten solche - zumindest Anzeichen von - Flügelkämpfe unterbleiben, das eigene politische Profil sollte unbedingt geschärft werden, Neumitglieder sollten generiert werden und eine klare Abgrenzung vom FFD - etwa in Form eines Kooperationsverbotes - sollte, allein schon aus Gründen der Bündnisfähigkeit erfolgen. Sonst würde die Selbstversenkung der Allianz ungebremst fortgesetzt.

    Kommentare 5

    • Bemerkenswert, dass ein gewisses Maß an Meinungspluralität in einer Partei dieser als Nachteil ausgelegt wird. Gerade weil es an plebiszitären Einflussmöglichkeiten fehlt, müssen auch politische Parteien ein Ort der Diskussion sein.

    • Die Behauptung, es käme zu einem Machtkampf zwischen mir und Ryan, ist das absurdeste, was ich jemals in diesem linken Schundblatt lesen musste.

      • Meines Wissens nach besteht ein großer Unterschied zwischen "Anzeichen von" und "Das gibt es definitiv - ersteres ist der Fall. Wenn dem nicht so ist, umso besser für die Allianz.

      • Wann wurde das Thema denn bereits angesprochen? ich habe davon bislang noch nichts gelesen.