Holt die SDP Thüringen die absolute Mehrheit?

Bielefeld. Die Bürgerinnen und Bürger sind zur Wahl aufgerufen. Das nahm sich die Forschungsgruppe Mierscheid zum Anlass, um eine repräsentative Umfrage unter den thüringischen Wählerinnen und Wählern durchzuführen. Dabei zeigen sich mehrere spannende Entwicklungen im historisch wechselhaften Thüringen, das noch vor ein paar Monaten dem FFD - damals noch unter dem Namen BUW - einen Wahlerfolg mit fast absoluter Mehrheit ermöglichte und nun der SDP einen noch größeren Wahlerfolg mit absoluter Mehrheit ermöglichen könnte.


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Auf die Frage, welche Partei die Thüringer bei der Landtagswahl wählen würden, antworteten etwa 51%, sie würden die SDP wählen. Damit hätte die SDP eine absolute Mehrheit. Bei der Wählerwanderung zeigt sich, dass ehemalige Wähler:innen der UPS, die zu dieser Landtagswahl nicht erneut antrat, geschlossen SDP wählten. Außerdem sind das Zugewinne von etwa 15,7%, womit die SDP am meisten gewinnt. Zweitstärkste Kraft wäre das FFD, das mit 23,5% und 5,9% Zugewinnen als einzige Partei neben der SDP zweistellig ist. Sowohl die Grünen als auch das Forum und die Allianz würden sich den dritten Platz mit mäßigen 6,5% teilen. Bei den Grünen wäre das immerhin ein Zugewinn von 0,7%, wobei man sich wohl gerade bei der Schwäche der SDP in der letzten Legislaturperiode mehr erhofft hatte. Für das Forum würde das Ergebnis eine Halbierung der Wählerschaft bedeuten, mit 5,3% würde man kräftig verlieren. Die Wählerwanderung zeigt außerdem, dass einige ehemalige Wähler des Forums zum FFD übergelaufen sind. Die Allianz würde, wie die neue Wählerverinigung Vox Populi, die 6% ergattern kann, erstmals in den Landtag einziehen. Doch mit der knappen absoluten Mehrheit ist es laut der Sonntagsfrage für die SDP nicht getan, denn sie kommt nur auf exakt 50% der Sitze:


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Das FFD käme wiederum auf 3 Sitze, die restlichen Parteien jeweils auf einen Sitz. Die Prognose für die Sitzverteilung und das Wahlergebnis werden wegen des komplexen Wahlsystems getrennt berechnet, weshalb das Ergebnis bei den Sitzen nicht exakt dem entspricht, was das Wahlergebnis aussagt.


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Anhand der Sitzverteilung ergeben sich obige Koalitionsoptionen. Kurz gesagt: Die SDP hat die Qual der Wahl. Theoretisch ist eine Koalition mit allen Parteien und der Wählereinigung möglich, wobei eine Koalition mit dem BUW ausgeschlossen und eine Koalition mit der Allianz für sehr unwahrscheinlich empfunden werden kann. Auch die Koalitionsoption zwischen SDP und Forum hat nicht die besten Karten, schaut man sich an, was aus der letzten Rot-Gelben Koalition unter der Leitung von William McKenzie passiert ist. Dort trat das Forum nach einem Streit über die Corona-Maßnahmen im Freistaat aus. Es wird wohl bei den Grünen und bei der VP auf die Inhalte ankommen, diese beiden Optionen scheinen jedenfalls am realistischsten.

Werfen wir, bevor wir mit dem nächsten Teil der Umfrage weiter machen, einen Blick auf die historischen Wahlergebnisse in Thüringen, wobei das Ergebnis dieser Landtagswahl logischerweise noch nicht dabei ist.


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Auffällig sind die vielen Schwankungen, die teils sehr heftig sind. Bei der ersten Landtagswahl ergatterten noch die Grünen die absolute Mehrheit, die mittlerweile bei unter zehn Prozent liegen und einen krachenden Abwärtstrend hinter sich haben. Die SDP ist dagegen die wohl stabilste Kraft in Thüringen und erlebt seit einigen Wahlen einen Aufwind. Forum und FFD bzw. BUW bzw. UWL [SimOff: Sollte es jemals noch ne Umbenennung geben, werd ich die ignorieren.] sind neben der SDP auch relativ stabil gewesen, auch wenn sich bei der Wahl im April 2021 ein Ausreißer nach oben zeigt.



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Doch wie sah es in der letzten Legislaturperiode mit den Landtagsfraktionen aus? Wie wurden diese wahrgenommen - positiv oder negativ? Nunja, äh, negativ. Sehr negativ. Bei den Umfragen der FGM kommt es in der Regel nicht vor, dass das FFD auch nur irgendwo halbwegs weit oben eingeordnet wird. Im thüringischen Landtag gibt es da allerdings eine Ausnahme, die die Regel bestätigt. Das FFD ist mit Abstand die am besten bewertete Landtagsfraktion. Im Durchschnitt wurden etwa 2,88 [SimOff: 88, hihi] Punkte vergeben, das ist etwa die Hälfte des Möglichen. Auf dem zweiten Platz radelt die Landtagsfraktion der Grünen, die durchschnittlich 2,64 Punkte bekam. SDP und UPS bekamen im Durchschnitt jeweils 2,25 Punkte. Nur das Forum und die KonP schnitten mit durchschnittlich 1,88 bzw. 1,63 Punkten noch schlechter ab.


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Zwar ist kein FFD Politiker der beliebteste im Land, jedoch sind die FFD Politiker in der Umfrage nicht wie üblicherweise das Schlusslicht, sondern ordnen sich weiter vorne bzw. mittig ein. Wie gesagt, Ausnahmen bestätigen die Regeln. Ernst Haft schafft es in Thüringen mit durchschnittlich 2,75 Punkten zum beliebtesten Politiker. Zum Vergleich: in der letzten Bundesumfrage hatte der beliebteste Politiker eine Durchschnittsbewertung von 3,26. Generell lagen drei der 9 Politiker über dem Wert 2,75. Aber zurück nach Thüringen, wo der Spitzenkandidat der SDP, Dr. Dominick Gwinner, eine Durchschnittsbewertung von 2,63 erhält. Die Bronzemedaille erhält Harald F. Rache, der mit 2,50 Durchschnittspunkten deutlich über den vierten Plätzen landet. Bronze passt auch zur Parteifarbe ganz gut. Den undankbaren Platz neben dem Treppchen teilen sich der Allianz Politiker und ehemalige Ministerpräsident William McKenzie, der Bundesaußenminister Jan Rütt und der Bundesvorsitzende des FFD Christian von Wildungen mit im Durchschnitt jeweils 1,75 Punkten. Die amtierende Ministerpräsidenten landet mit durchschnittlich 1,5 Punkten abgeschlagen noch hinter Wildungen. Richard Solms rette sich mit im Durchschnitt 1,38 Punkten vor dem letzten Platz, den Claudius Weißenfels mit 1,25 Durchschnittspunkten einnimmt


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Wir haben die Wähler:innen auch gefragt, wie Sie die Spitzenkandidaten Solms und Gwinner in unterschiedlichen Kategorien einschätzen. Dabei zeigte sich ein einseitiges Bild: Gwinner triumphiert in drei Kategorien, in einer liegt er gleichauf mit Solms. Generell scheinen die Wähler:innen aber oft keine Unterschiede zwischen den beiden Kandidaten zu sehen.


Auf die Frage, ob die Landesregierung eine gute Arbeit macht, wurde überwiegend mit "Nein" geantwortet.



In eigener Sache

Wir wurden, wie immer, darum gebeten, mehr Umfragen zu machen. Haben wir verstanden, danke für die Hinweise. Wir planen aktuell monatliche Bundesumfragen und Umfragen vor Landtagswahlen, wie diese Umfrage es zum Beispiel ist. Für mehr Umfragen fehlen uns derzeit die Kapazitäten, die Sie, sofern sie arbeitslos sind oder einfach so einen Job suchen, gerne aufstocken können. Wir freuen uns immer über Mitarbeiter:innen, die uns engagiert unterstützen wollen. Die politische Gesinnung ist uns dabei egal, auch wenn wir keine Wildungens nehmen. Bei uns gibt es dann auch Freibier.



Veröffentlicht am 18.09.2021 um 22:30 Uhr

Zuletzt geändert: 18.09.2021, 22:30 Uhr


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    Kommentare 9

    • Mir erschließt sich nicht, warum meine Person mit Herrn Gwinner verglichen wird. Das Forum hat keinen "Spitzenkandidaten" in dieser Weise benannt. Sie kommen auch klar zum (vorhersehbaren) Schluss, dass meinem Landesverband keine Regierungsambitionen nachgesagt werden sollten.

      • Wir haben Sie ausgewählt, da in einer vorherigen Einschätzung das Forum als zweitwahrscheinlichste Regierungspartei gesehen wurde, da das FFD ohnehin von einer Regierung augeschlossen ist. Im Nachinein wäre es aber wohl besser gewesen, trotzdem einen FFD-Kandidaten als Vergleichsperson zu nehmen. Sie konkret wurden als Person vom Foum ausgewählt, da Sie die Liste eingereicht haben.

    • Woher wusste das Institut, dass Herr Gwinner als Spitzenkandidat für die SDP Thüringen antritt und wieso wurde neben Herrn Gwinner nach Herrn Solms gefragt?


      Ich wohne zwar nicht in Thüringen, aber der einzige mir bis heute bekannte Spitzenkandidat war Herr Rache, und eventuell noch Herr Hammerschmidt.

      • Herr Gwinner hat die Landesliste der SDP eingereicht, was angesichts vergangener Landtagswahlen bei der SDP in der Regel immer vom Spitzenkandidaten getan wird. Des Weiteren löagen uns entsprechende interne Informationen vor. Selbiges bei Herrn Solms, wobei Sie dort auch die Antwort auf seinen Kommentar lesen können.

    • Unsere Parteifarbe ist blau und nicht braun. Außerdem ist das Blatt hier nicht neutral, sondern stark parteiisch. Es ist einfach unverschämt, dass hier massiv Unwahrheiten über meine Partei verbreitet werden.

      • Ich habe den Eindruck, die Öffentlichkeit assoziert ihre Partei sehr mit der Farbe braun. Scheint sich deswegen in der Berichterstattung etabliert zu haben.

      • Herr Rache, das "Blatt" hat jedes Recht dazu, einseitig zu berichten - das Stichwort lautet: Tendenzfreiheit.

      • Die Allianz hat als relevantere Partei die Parteifarbe blau inne, das Blau des FFD ähnelt dem zu sehr. Zur Übersichtlichkeit nehmen wir daher diese Farbe, wie es bereits in Vergangenheit von anderen Medien getan wurde. Damit erkennt man Ihre Partei trotzdem noch.

        Eine abolute Neutralität ist ein theoretisches Konstrukt, das selbstverständlich nicht eingehalten werden kann. Uns sind keine Unwahrheiten über Ihre Partei in unserem Text bekannt. Sofern Sie uns da mit konkreten Beispielen aufklären würden, würden wir den Artikel bei entsprechenden Fehlern korrigieren. Auch für die angeblich stark parteiische Berichterstattung finden wir selbst keine Hinweise.

    • Sehr spannend!