Über die notwendige Saudi-Arabisierung Deutschlands

Ein Beitrag von Lucifer Media


Man ist zwar völlig im Recht, das saudi-arabische Regime zu kritisieren, man denke nur an die dortige Lage in Bezug auf Menschenrechte, den Mord am Journalisten Jamal Kashoggi, oder an die Unterdrückung kritischer Stimmen durch die Regierung. Dennoch, auf manchen Gebieten kann und sollte Deutschland von Saudi-Arabien lernen, denn unter der Herrschaft Mohammed bin Salmans hat sich die Außenpolitik des Landes zu einem regelrechten Powerhouse – um einen passenden englischen Ausdruck zu verwenden – gemausert. Pragmatisch, neutral und erfolgreich.


Unter der Herrschaft von MBS gab es bereits drei amerikanische Präsidenten welche ungeachtet extremer ideologischer Differenzen doch eines gemeinsam hatten: Ein Eintreten für einen Rückzug der USA aus dem arabischen Raum oder zumindest für eine drastische Reduktion des US-Engagements im Land und der Region. Als logische Konsequenz wurde es für die Saudis zu einer Priorität, sich in Sachen Sicherheits- und Außenpolitik aufzuraffen und selbstständiger und unabhängiger zu werden. Daran kann sich die Bundesrepublik ein Beispiel nehmen, denn in den kommenden amerikanischen Präsidentschaftswahlen kommt es wohl zu einem Showdown zwischen Joe Biden – wir taufen ihn hier mal „der letzte Transatlantiker“ – und, betrachtet man die realistischen Optionen, entweder Donald Trump oder Ron DeSantis. Die Chancen für letztere Kandidaten – die der Republikaner – stehen nicht schlecht, alle Umfragen sehen sie gleichauf mit oder sogar vor Joe Biden. Man kann sich also wohl darauf einstellen, dass künftig von der anderen Seite des großen Teichs aus ein Ruf nach mehr europäischer Eigenständigkeit in Bezug auf Sicherheitspolitik und verwandte Felder zu vernehmen sein wird.


Wie aber hat es Saudi-Arabien geschafft, sich in diesen Bereichen eigenständig zu positionieren? Nun, beispielsweise hat man sich geweigert, beim Sanktionsspektakel des Westens gegenüber der Russischen Föderation – anlässlich des Ukrainekrieges – mitzuspielen, stattdessen importiert man nun sogar mehr russische Energieträger als zuvor. Besonders angesichts der neuesten Erkenntnisse rund um die Sprengung der Nordstream-Pipeline würde dies auch für die europäischen Länder und insbesondere für Deutschland wohl kein allzu schlechter Weg sein, kann man augenscheinlich doch nicht einmal mehr seinen eigenen „Freunden“ über den Weg trauen. Denn zumindest eines ist klar: Auch wenn die Ukraine nicht dahinterstecken sollte, die Geheim- und Nachrichtendienste der Vereinigten Staaten wussten garantiert über die bevorstehende Aktion Bescheid, scheinen Europa allerdings nicht davor gewarnt zu haben.


Und schweift man mit dem Blick ab, vom nahezu omnipräsenten russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, und wendet sich dem „großen Ganzen“ der Außen- und Sicherheitspolitik zu, so kann man erkennen, dass die Saudis begonnen haben, sich allgemein breiter aufzustellen. Natürlich macht man in Riad keinen Hehl daraus, dass die Beziehungen zu den USA von großer Wichtigkeit sind und beibehalten werden sollten, doch erkennt man auch, dass man nicht immer Unterstützung von diesem Land erwarten kann, was ein Erweitern des diplomatischen Horizonts notwendig macht. So wurde etwa vom damaligen Präsidenten Donald Trump nichts unternommen, als 2019 durch iranische Anschläge auf saudische Ölfelder nahezu die gesamte Ölproduktion beziehungsweise Förderung des Landes temporär gelähmt war. Trump – ein generell als eher Saudi-freundlich anzusehender Mann – hatte nichts unternommen. Wer garantiert also, dass es bei einer Sicherheitskrise in den NATO- und/oder EU-Staaten abseits vom Ukrainekrieg nicht auch so sein wird?


Niemand kann es den Saudis folglich verübeln, ihre außenpolitischen Perspektiven diversifiziert und erkannt zu haben, dass man sich für effektive Sicherheitspolitik nicht allzu sehr auf ausländische Partner verlassen kann. Vor allem bringt besagte Diversifizierung viel Gutes mit sich, nicht nur für das Land Saudi-Arabien selbst, sondern sogar für die geschassten Amerikaner. So haben etwa die Lockerungen der Beziehungen Saudi-Arabiens zum Iran – die Volksrepublik China hat hier eine wichtige Vermittlerrolle gespielt – nicht nur eine bessere Sicherheitslage für Saudi-Arabien erreicht, nein, durch den wachsenden Einfluss Chinas in der Region des Nahen Osten und der Zurückdrängung beziehungsweise dem Zurückziehen der Amerikaner werden für letztere Ressourcen frei, welche im Kampf gegen eben dieses China im indopazifischen Raum eingesetzt werden können (ein solch gravierendes Problem wie die Chinesen packt man am besten an der Wurzel) und China selbst bindet seine eigenen in anderen Gebieten. Gut für Saudi-Arabien und auch gut für den Westen, trotz einer augenscheinlichen Abkehr von diesem.


Fazit: In Sachen Außen- und Sicherheitspolitik kann sich die Bundesrepublik an Saudi-Arabien ein Beispiel nehmen und soll versuchen, sich loszulösen, von der Omnipräsenz der Vereinigten Staaten auf diesen Gebieten (Falsch wäre jedoch, diese als Verbündeten komplett aufzugeben, die Kooperation etwa in Form der NATO und des freien Handels ist enorm wichtig und hat durchaus ihre Daseinsberechtigung.). Denn damit hilft man nicht nur sich selbst, sondern – so ironisch es klingen mag – auch den Amerikanern. Und damit dem Westen, der Demokratie und der Freiheit. Mehr Saudi-Arabien wagen, eine Devise welche sich die deutsche Bundesregierung in Bezug auf Außen- und Sicherheitspolitik also zu Eigen machen sollte.


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