Erklärung des Bundesvorstands der Sozialdemokratischen Partei zu den Ereignissen der vergangenen Tage.
Aufgrund
der zahlreichen Ereignisse der vergangenen Tage sieht sich der
Bundesvorstand der Sozialdemokratischen Partei dazu gezwungen, eine
gemeinsame Erklärung zu den Thematiken abzugeben. Im Vorhinein
möchten wir klar stellen, dass das Ziel der Sozialdemokratischen
Partei, wie bei allen anderen demokratischen Parteien auch, zu diesem Zeitpunkt
ist, schnellstmöglich eine stabile Regierung zu bilden. Dafür sehen
wir Neuwahlen als das geeignetste Mittel an, um dieses Ziel zu
erreichen. Zur weiteren Erklärung des Vorgehens der SDP in den
vergangenen Tagen, möchten wir wie folgt formulieren:
Das in den letzten Wochen hergestellte, zumindest grundlegend
funktionale und produktive Arbeitsverhältnis zwischen den beiden
Parteien Allianz und SDP war ein ernsthaftes Anliegen des
SDP-Vorstandes und hat zur Beendigung der Blockade bei der
Richterwahl, zur Aushandlung einer für beide Parteibasen
mehrheitlich angenommenen Koalition und zur Einrichtung eines
gemeinsamen Kommunikationskanals zwischen den Parteivorständen
geführt. Es bestand zu keinem Zeitpunkt die Absicht, die Allianz in
irgendeiner Weise zu täuschen.
Der Parteivorstand war und ist den Mitgliedern der SDP
verpflichtet, die den Koalitionsvertrag in einem demokratischen Votum
mehrheitlich angenommen hatten, und hat sich daher um ein
erfolgreiches Zustandekommen der Koalition bemüht. Jedwede
pauschalisierten Vorwürfe, die gegen die SDP als Gesamtpartei in
Zusammenhangen wie der Fristsetzung oder der kurzfristigen
Aufkündigung der Koalition, erhoben wurden oder werden, weisen wir
als Verantwortungsträger zurück.
Wir erkennen an, dass die Allianz nach Bedenkzeit von der
Aufstellung Ihres Ministers Borgeois wieder abgesehen hat, empfinden
den Umgang mit dieser Personalie aber zu unkritisch und hätten uns
eine deutliche Distanzierung zu dessen Verhalten gewünscht.
Die faktische Auflösung der Koalition durch den Bundeskanzler war
zu keinem Zeitpunkt mit der Partei oder dem Vorstand abgesprochen.
Wir hätten uns eine kommunikativere Lösung der Probleme zwischen
der Sozialdemokratischen Basis sowie Bundeskanzler und der Allianz
gewünscht. Angesichts der gescheiterten Kooperation mit der Allianz
aufgrund des massiven Vertrauensverlustes in die Koalition innerhalb
und außerhalb der Sozialdemokratischen Partei ist der Parteivorstand
der Ansicht, dass nur eine Neuwahl des Deutschen Bundestages der
aktuellen Situation gebührend Rechnung tragen kann.
Das kurfristig getroffene Manöver des Bundeskanzlers hatte
schwerwiegende Gründe, die zu keinem Zeitpunkt ausreichend mit dem
Vorstand der Allianz besprochen wurden. Innerparteilich hat sich nach
Bildung des Bundeskabinettes und dem Aufkommen der Debatte um die
Causa Bourgeois massiver Druck aufgebaut - angesichts zahlreicher
äußerst kritischer Kommentare bezüglich der Koalition war davon
auszugehen, dass der innerparteiliche Rückhalt für die Koalition
massiv geschwunden ist. Zudem war angesichts kritischer Äußerungen
Vertreter inhaltlich verwandter Parteien davon auszugehen, dass die
Grundlage für entsprechende zukünftige Kooperationen gefährdet
war. Dies hätte die Handlungsfähigkeit der Parlamente auf längere
Zeit minimieren und so größeren Schaden anrichten können, als ein
vorrübergehender Bruch mit der Großen Koalition im Bund. Dennoch
distanzieren wir uns als Bundesvorstand deutlich von der Art und
Weise, wie in dieser Phase Entscheidungen durch den Bundeskanzler
getätigt und gegenüber den Parteien und Vorständen kommuniziert
wurden sind.
Dazu stellvertretetender Parteivorsitzender Mijat Russ:
"Innerparteilich habe ich mich seit Vollendigung gegen den
Koalitionsvertrag und eine Aufnahme der Koalition ausgesprochen.
Inhaltlich war dieser Vertrag ein Reibungspunkt und ein Kompromiss an
sich. Daher stand die Koalition unter keinem guten Stern. Gerade die
AKW-Laufzeiten hätte ich in einer möglichen Funktion als
Bundesminister nicht mittragen können und habe mich gegen eine
persönliche Beteiligung am Kabinett entschieden. Dennoch empfinde
ich den Umgang mit der schwierigen innerparteilichen Lage als falsch
und kann die Situation der Allianz-Mitglieder verstehen. Genauso ist
es ein massives Problem, dass es nach wie vor scheinbar keine
ernsthafte Kritik an der Personalie Borgeois gibt und er nun
widerstandslos Bayerischer Ministerpräsident wird. Wir sollten -
alle demokratischen Parteien miteinander - intensiv daran arbeiten,
dass eine solche Situation nicht erneut auftritt und das gegenseitige
Vertauen wächst. Daher werde ich mich auch noch stärker um einen
gemeinsamen Austausch mit der Grünen Partei bemühen."
Den Vorstand der Sozialdemokratischen Partei erreichte am
gestrigen Abend außerdem die Pressekonferenz des Vorsitzenden der
Allianz, Ryan Davis. Wir bedanken uns für das ausgesprochene
Vertrauen, trotz der Ereignisse der vergangenen Tage eine Regierung
zu bilden. Jedoch sind wir der Meinung, da der Kanzler bereits die
Vertrauensfrage stellte und diese Regierung eindeutig das Vertrauen
der Bürgerinnen und Bürger verloren hat, dass eine erneute Aufnahme
der GroKo nicht sinnvoll und mit den aktuellen personellen und
inhaltlichen Richtungsentscheidungen nicht machbar ist. Auch eine
Übergangsregierung sehen wir nicht als erstrebenswert an, wie dem
Parteivorsitzendem Davis bereits in einem gemeinsamen Gespräch mit
dem Bundeskanzler mitgeteilt wurde. Wir streben schnellstmögliche
Neuwahlen an, die noch vor den Weihnachtsfeiertagen beendet sein
sollten. Darum bitten wir den stellvertretenden Präsidenten des
Bundestagses um eine baldige Einleitung der Abstimmung zur
Vertrauensfrage nach Fristablauf.