Beiträge von Richard Solms

    Ich habe durchaus Geduld. Ich habe diesen Brief ja bewusst dafür genutzt, der Bundespräsidentin eine Kabinettsliste zukommen zu lassen. Um, in Ihrem Sinne, denn Sie prangern ja die lange Regierungsbildung an, nicht unnötig weitere Zeit verstreichen zu lassen.

    Das hätte man aber auch eleganter, beispielsweise durch eine Pressemitteilung, bekanntgeben können. In dieser Form könnte man fast man meinen, dass hier dem Ruf der Frau Bundespräsident geschadet werden soll.

    Tatsächlich kann ich deine Bedenken durchaus teilen. Es ist schon sehr schade, dass die politische Diskussion hier oftmals sehr in den Hintergrund rückt. Ich finde aber, das liegt durchaus nicht nur daran, dass die "juristische Komponente" zu überwiegend ist. Es ist halt so, dass die Koalitionsverhandlungen im Bund z. T. sehr lange dauern, wodurch kaum Anträge und Anfragen im Bundestag eingebracht werden, auch weil viele eben mit Verhandlungen beschäftigt sind. Hat man sich dann auf 30 Punkte im Koalitionsvertrag geeinigt, so bleibt meist nur noch wenig Zeit diese umzusetzen. Die Umsetzung erfolgt dann eben so schnell wie irgend möglich, weil sonst hieße es ja, man habe nichts geschafft in dieser LP. Viele nehmen sich dann nicht mal mehr die Zeit ihre Gesetze zu begründen, weil sie müssen ja schon am nächsten Gesetz arbeiten. Selbiges gilt in den ohnehin chronisch inaktiven Landtagen. Natürlich ist das Schreiben von juristisch halbwegs korrekten Gesetzen zeitaufwändig, aber es gibt bestimmt in jeder Sim-Regierung Leute, die da behilflich sein können. Gleich verhält es sich mit den Parteien intern.

    Was die Koalitionsverhandlungen und ihre Folgen angeht: Kann ich nicht beurteilen. Mich stört hier allerdings die Selbstverständlichkeit. Stell dich doch einfach den Standpunkt, du wärest jemand der, mit dem formal korrekten Gesetze struggeln würde. Dann fühlt sich der Satz plötzlich nicht mehr nach Spaß, sondern nach einer Klausuraufgabe an. Es macht mir persönlich so gar keinen Spaß juristisch korrekt zu formulieren und für für mein Anliegen alle relevanten Gesetze rauszusuchen, um die dann an den korrekten Stellen zu ändern. Dass wie Selbstverständlich angenommen wird, dass auf jeder Ebene (Parteien, Regierungen) überall Leute sind, welche einem bei dieser Sache helfen: Das finde ich höchstproblematisch:

    • Da ich nicht daran glaube. Wäre dem so, dann würden mir nicht so viele zustimmen und würden nur auf die bereits vorhandenen Angebote verweisen.
    • Weil es ein Informationsdefizit erzeugt: Die betroffenen Mitspieler müssen zunächst wissen, dass es die Hilfe gibt und wo sie diese bekommen. Das herauszufinden ist bereits Aufwand, wodurch die Sim zusätzlich verlangsamt / gehemmt wird. Falls der Aufwand für die Informationsbeschaffung nicht klar ist: Stell dir vor, du hast einen Betrieb, welcher pandemiebedingt geschlossen ist. Sagen wir in der Gastronomie. Jetzt willst du herausfinden, welche Fördermöglichkeiten und Hilfen du wegen der Pandemie und der pandemiebedingten Schließung hast. Wenn du das ohne Aufwand hinbekommst: Mein Respekt. Der Aufwand für den Neuling ist nicht in der Dimension vergleichbar, aber das Grundsatzproblem bleibt: Es gibt Hilfe für die Formulierung meines Gesetzes? Aha! Wo? Aha! Das will rausgefunden werden.
    • Es wird daneben auch ein Informationsvorsprung generiert: Es gilt klar das Prinzip: "Unter den Blinden ist der Einäugige der König". Ich halte es für extrem problematisch, wenn einige Wenige der restlichen Spielerschaft erklären, wie ihr anliegen jetzt Umzusetzen ist, warum es (angeblich) nicht geht usw. Das geht so weit, dass ich, sollte mir jemand bei der Formulierung eines Gesetzes helfen, nicht bemerken würde, wenn ich in einem Nebensatz von Juristensprech quasi nebenbei gleich noch mit Alkohol verbiete oder ein Tempolimit einführe. Man degradiert jene, für welche die Ausformulierung von Gesetzen zu komplex ist (warum sei mal dahingestellt) auf diese Weise schlicht zu Spielern zweiter Klasse.


    Die Frage, ob politische Vorhaben mit geltendem Recht in Einklang zu bringen sind, ist aber dennoch zwingend. Wir haben ja den Anspruch hier, die Bundesrepublik Deutschland zu simulieren. Entsprechend müssen die Gesetze hier halt auch mit geltendem Recht vereinbar sein. Das ist jetzt nichts, was in meinen Augen dramatisch ist, weil der juristische Aspekt zwingender Bestandteil der Politik ist, weil die Politik eben nicht machen kann was sie will.


    Die erste Frage ist: Wer soll adressiert werden und was soll entsprechend umgesetzt werden. Dementsprechend stellt sich die Frage welcher Aspekt der Bundesrepublik soll mit welcher Tiefe simuliert werden? Ich bin der klaren Meinung, dass die Politik, d.h. der Wettstreit über Ideen und Konzepte von der Frage juristischer Umsetzungen durchaus getrennt betrachtet werden kann. Man kann sich durchaus darüber streiten, welche Konsequenzen die anzustrebende Änderung hat und ob die Änderung erlaubt ist, kann man von mir aus prüfen lassen. Nur: Prüfungen auf Rechtskonformität sind alles andere als Trivial. Für derartige Vorabprüfungen werden Kanzleien sehr gut bezahlt und es gibt viele langer erfahrene und gut bezahlte Richter, welche ebenfalls damit befasst sind. Das als nicht dramatisch hinzustellen halte ich schon für gewagt.


    Kurzfassung: Wenn man wollen würde, könnte man den Jura-Fokus der Sim auch komplett entfernen, oder absenken. Frage ist nur, ob man will.

    Natürlich könnte man das. Man kann auch als Antrag zB hinschreiben:

    "Ab 2030 ist der Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren verboten. Die Automobilhersteller werden hierfür entschädigt."


    Das funktioniert bestimmt auch und man kann auch darüber diskutieren, aber das hat halt dann auch tatsächlich nur sehr wenig Tiefe, weil ich ja schon auch gerne darüber streiten würde, wie man so was ungefähr umsetzt und das aus dem Antrag ja gar nicht hervorgeht. Nebenbei beginnen dann mit ziemlicher Sicherheit im Nachgang die Streitereien, weil man dann "erfinden" muss, wie die politischen Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden und das führt mit 100%iger Sicherheit ebenfalls zu Spannungen.


    Jup genauso hat es #damals mal funktioniert.

    Die Frage nach der Spieltiefe will ich so nicht stehen lassen. Wir kamen durch diese Antragsfreiheit schnell dahin, dass wir alle möglichen crazy Konzepte damals alle möglichen crazy Konzepte beschlossen haben: Mindestlohn (gab es dann 2008 noch nicht), Mehrwertsteuersenkung auf 16%, Einführung alternativer Sozialversorgungskonzepte aka negative Einkommenssteuer bzw. Bürgergeld, wie sie es damals nannten. Ab dem Punkt, an dem es Mindestlohn in der Sim gab (und in der Realität noch) nicht, gab es enorme Spannungen und Diskussionen: Es stand die Frage im Raum, können wir uns das neu angedachte Gesetz überhaupt noch leisten oder ist die Wirtschaft abgeschmiert? Und dann wurde argumentiert mit Studien zum Kosten bzw. Nutzen des Mindestlohns. Also es bleibt bei Spieltiefe, aber die geht in eine inhaltliche Ebene hinein.

    Was die Spannungen bezüglich juristischer Umsetzung angeht. Da habe ich andere Erfahrungen gemacht, aber vermutlich hat sich die Sim in diese Richtung weiter entwickelt.


    Ich verstehe komplett, dass man größere und komplexere Vorhaben in der Art, wie wir das ganze derzeit handhaben nur recht schwer umsetzen kann. Aber andererseits finde ich es halt auch doof, wenn man dann für einen Antrag wie eine Bahnreform zB, nur 5 Sätze schreibt und man sich alles andere irgendwie zusammendenken muss, wie das denn funktionieren könnte.

    Streiche schwer. Es geht nicht. Um beim Beispiel Bahnreform zu bleiben: Damit sind erfahrene und gut bezahlte Fachanwälte auf Jahre beschäftigt - nur damit später doch noch eine Klage kommt. So etwas können wir hier mit ein paar wenigen Hobbyanwälten - weder in Umsetzung noch im Rechtsweg abbilden. Es sei denn du schraubst an dem juristischen Anspruch - aber dann gilt: Welche Grenze wird wo gezogen.


    Wir haben in der Sim auch in den Landtagen regelmäßig Anträge, die in keiner Weise irgendetwas mit juristisch korrekten Gesetzen am Hut haben, die aber dennoch angenommen werden. Und wenn es mal Kritik an der handwerklichen Umsetzung gab (zB bei dem Gesetz auch Thüringen wegen irgendwas mit Bio), dann wurde der Antrag dann auch im Hintergrund nochmal überarbeitet und er ist dann trotzdem durchgekommen. Ich glaube tatsächlich nicht, dass es hier für Neueinsteiger schwierig ist, die gewünschten politischen Vorhaben umzusetzen, weil man sich in den Parteien (zumindest in denen wo ich bisher war) gegenseitig geholfen hat und hilft. Und wenn mal jemand nicht das nötige Wissen hat, ein etwas komplexeres Thema in Gesetzesform zu gießen, dann macht das halt ein anderer für ihn und er begründet dann einfach den Antrag im Landtag. Ich sehe hier die große Hürde tatsächlich nicht.


    Die Hürde entsteht an der Stelle, wenn ein Mitspieler bemerkt: Es braucht eine juristische Form - Shit kann ich nicht. Ich lasse es. Die Anträge die das mal Ignorieren. Cool. Aber das ist ein klassisches Problem des Sichtfeldes (bzw. des Survivorship Bias) - du siehst halt auch nicht, welche Anträge im Voraus durch die (scheinbaren) Anforderungen wieder abgewürgt wurden.


    Ich verstehe tatsächlich nicht, wie man sich hier beklagen kann, der Sim fehle es an politischer Diskussion, weil der Jura-Faktor so hoch sei. [...]

    Tatsächlich kam im Thema sogar gut raus, warum das ein diskussionshemmendes Problem ist. Fakt ist doch, dass es Arbeit macht und nicht trivial ist, die Ideen und Gedanken noch einmal "vernünftig" in ein Gesetz hinein zu formulieren. Jetzt hat niemand von uns ein unbegrenztes Budget an Zeit für diese Sim - Entweder verwende ich also meine Energie zur Formulierung eines Gesetzes und Gestalte, oder ich recherchiere Argumente und diskutiere die Ideen (erst?) aus. Meist läuft es offenbar auf Gestaltung hinaus. Das hast du ganz am Anfang allerdings auch bei den Ausführungen zu in der Koalitionsverhandlungen so auch selbst umrissen.


    Der formaljuristische Anspruch ist bei größeren Vorhaben ein echtes Hemmnis. Gleichzeitig bieten diese allerdings den meisten Anlass für Diskussionen. Platt gesagt: Ich kann an einer Bahnreform deutlich mehr diskutieren als bei der jährlichen Anpassung der Rentenhöhe.


    Vorgebliche Hilfsangebote sind nicht sichtbar und / oder werden nicht werden nicht wahrgenommen. Das erzeugt eine nicht sichtbare Hürde überhaupt Anträge zu schreiben. Ergänzung von mir: Das beschränkt sich nicht auf Anträge. Wenn mir nicht bewusst ist, dass ich bei der Umsetzung Hilfe bekomme, dann lasse ich bei der Programmentwicklung für die nächste Wahl das Thema Bahnreform gleich weg. Das ist für mich technisch ja nicht realisierbar.


    Ergänzung von mir: Die alternativen Instrumente zum Anstoß parlamentarischer Diskussionen sind entweder für kleinere Anliegen gedacht oder auf Tagespolitik ausgerichtet. Du willst mir doch nicht erzählen, dass man eine Bahnreform mit einem Beschlussantrag anschiebt ?!


    Und noch tangente am Ende: Mein Gott, der Solms, ich hab mich noch gefragt, was aus dir geworden ist, und ob du noch irgendwo in Sims rumschleichst :D

    Irgendwann war die reale Politik interessanter als die virtuelle ;).

    Das halte ich für eine sehr interessante Idee. Mein Rechtsaccount PREUß & Partner ist ja leider nicht so gut angekommen, jedenfalls haben wir bisher exakt 0 Anfragen erhalten. Warum dann nicht einfach mal diese Methode ausprobieren?


    Naja auch mein oben genannter Ansatz ist nicht perfekt. Du weisst ja bereits darauf hin, dass das Angebot einer Kanzlei nicht gut angenommen wurde - es gab also offenbar (bedenke, ich bin ein Beobachter mit sehr beschränktem Horizont, was die aktuelle Sim angeht) keinen Bedarf oder mangelnde Akzeptanz.

    Die wenigen (ich kann mir nicht vorstellen, dass die Juristen die Mehrheit stellen), würden dann auch sehr viel mehr zutun bekommen. Abgesehen davon verlangsamt es noch einmal den Bundestag.


    Nachtrag: Noch während ich schreibe werden durch Andreas Brandstätter ähnliche Bedenken geäußert.


    Moin Moin,


    ich habe angefangen mit vDeutschland 2007 - ein halbes Jahr nach Erscheinen und war zuletzt vor vielen Jahren hier aktiv (2013?) . Ich habe mich jetzt hier ein wenig durch das Forum gelesen und wenn ich (abseits von Regeländerungen) die wichtigsten Änderungen von #damals zu heute benennen müsste, dann ist das die Diskussionskultur bzw. der "Spielinhalt". Die Simulation hat sich weg entwickelt davon, dass rein vorrangig politische Ideen diskutiert und "umgesetzt" werden. Ich habe das damals so erlebt, dass wir politische Konzepte erarbeitet, diskutiert und beschlossen haben. Es war #damals ausdrücklich Teil der Regeln, dass die Gesetze zu dem Beschluss der umzusetzenden politischen Idee bzw. des politischen Konzeptes sich im Hintergrund "automatisch" mit ändern. Das kann auf lange Sicht nicht gut gehen - zumal das Prinzip auch schnell "vergessen" wurde. Fakt ist allerdings: Dieses Prinzip machte das Spiel enorm zugänglich bzw. einsteigerfreundlich.


    Heute beobachte ich die umgekehrte Situation. Jeder Beschluss - jede Diskussion verlangt eine korrekte juristische Form. Mit jeder Debatte schwingt die Frage mit: Wie und ob ist das in geltendem Recht umzusetzen. So ist mein Gefühl. Die Diskussion wird von den politischen Inhalten auf die juristische Umsetzung weg orientiert. Das geht so weit, dass ich die politische Diskussion in meiner realen Partei ungezwungener als hier führen kann - denn dort besteht die rein juristische Auseinandersetzung nicht in dieser dominanten Form. Zumindest habe ich das nie so wahrgenommen. Ich halte im Augenblick die Sim entsprechend für wenig einsteigerfreundlich - zumindest wenn man nichts mit Jura zutun hat.


    Ich könnte mich, Stand jetzt, realistischerweise auch nicht an der Simulation beteiligen. Dafür reicht mein Semester Einführung in das Recht (= Grundrechte) von vor 10 Jahren schlicht nicht aus, um das in einem schaffbaren Zeitrahmen zu halten.


    So viel zur Vorrede.


    Ich schlage daher vor, dass die Jura-Simulation von dem politischen Aspekt "getrennt" wird. Das würde die Zugänglichkeit und den Zeitaufwand für Nichtjuristen deutlich verbessern.

    Dazu müsste in den Parlamenten (zunächst) nur die Idee bzw. die Zusammenfassung des zu ändernden Sachverhaltes diskutiert werden. Ist klar, was erreicht werden soll, würde dieser Beschluss an einen Rechtsausschuss übergehen, welcher den Sachverhalt konkret umsetzt bzw. in Gesetzesform gießt. Ist diese Umsetzung final, geht der jetzt feststehende Gesetzesentwurf in den Bundestag zum Beschluss zurück. Das Verfahren ist prinzipiell heute schon so in der Realität anerkannt, wenngleich es dort eher um die fachliche Ausgestaltung und nicht um die juristische Umsetzung geht.


    Daneben würde ich mir Kanzleien, Beratungsunternehmen wünschen, welche Parteien / Politiker beraten, ob eine Idee in der Form prinzipiell machbar ist, bzw. welche Dinge dafür Notwendig sind usw., sodass man nicht plötzlich auf unliebsame Überraschungen trifft und feststellt - Burkaverbot stimmt da war ja was mit Religionsfreiheit. Verdammt. Kann ich die Abschaffen? Nein - Noch mehr Verdammt.

    Sollte sich dennoch jemand berufen fühlen zu klagen: Den Weg will ich nicht versperren. Ich hätte nur gern Anwälte - und eine Vorsorge durch Juristische Beratung, sodass dieser Fall weniger oft auftritt.


    Das ist in dieser Form natürlich nur Umsetzbar, wenn man für die wenigen Juristen Doppelaccounts zulässt bzw. regelt. Sonst kriegen wir schnell ein Personalproblem.