Stimmen Sie dem Antrag zu? 8
-
Ja (3) 38%
-
Nein (5) 63%
-
Enthaltung (0) 0%
ABSTIMMUNG ÜBER DRUCKSACHE III/021
Wir kommen zur Debatte. Sie dauert gemäß Geschäftsordnung drei Tage.
Alles anzeigenDeutscher Bundestag
Dritte Wahlperiode
Drs. III/021
GESETZENTWURF
der Fraktion der VORWÄRTS! und des Abgeordneten Jan Friedländer
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mindestlohngesetzes
Anlage 1
Jan Friedländer und Fraktion
Begründung
Die Einführung des Mindestlohns in Deutschland war eine hart erkämpfte Maßnahme. Neoliberale politische Kräfte haben den Untergang der Deutschen Wirtschaft an die Wand gemalt. sollte es jemals so weit kommen, dass wir in Deutschland einen Mindestlohn haben. Heute müssten auch diese Vertreter eine gänzlich andere Meinung haben. Der Mindestlohn war erfolgreich. Er zeigt Wirkung! Studien und alle arbeitsmarktpolitischen Untersuchungen verweisen mehrheitlich darauf, dass die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns die Lohnentwicklung insgesamt verbessert, die Ungleichheit in der Lohnentwicklung verringert und keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung hat. Gleichzeitig sind negative Effekte ausgeblieben. Doch wir wissen auch, der aktuelle Mindestlohn schützt noch immer nicht vor Altersarmut. Obwohl er grundsätzlich positiv zu bewerten ist, liegt er auch 5 Jahre nach seiner Einführung immer noch unterhalb der Niedriglohnschwelle. Rund 7,7 Millionen und damit mehr als 1/5 aller Beschäftigten in Deutschland verdienten im Jahr 2018 weniger als 11,40 Euro brutto je Arbeitsstunde und arbeiteten damit im Niedriglohnsektor. Der Mindestlohn liegt auch heute noch unterhalb dieser Grenze. Er führt Menschen also nicht aus der Armut. Menschen, die zum Mindestlohn arbeiten, sind immer noch stark armutsgefährdet im Alltag und später im Alter. Seit der Deutschen Wiedervereinigung ist der Niedriglohnsektor um gut 60 Prozent gewachsen – in keinem anderen europäischen Land mit vergleichbarer Wirtschaftsleistung nimmt der Niedriglohnsektor ein solches Ausmaß an. Inzwischen haben einige Branchen ihr Geschäftsmodell auf niedrigen Löhnen aufgebaut. Besonders stark betroffen sind davon die ostdeutschen Bundesländer.
Das größte Problem dabei ist, für zu viele Menschen ist dieser Niedriglohnsektor eine Sackgasse. Eine Studie hat das wissenschaftlich untersucht und folgende Ergebnisse zu Tage gebracht. Für die Hälfte der Niedriglohnbeschäftigten hat sich die Hoffnung eines Aufstiegs in besser bezahlte Tätigkeiten für die nicht erfüllt. Etwa 50 Prozent von ihnen verharrten auch vier Jahre nach Beginn des Beobachtungszeitraums noch im Niedriglohn, jeder Zehnte wurde arbeitslos oder war nicht mehr am Arbeitsmarkt aktiv. Lediglich 27 Prozent gelang der Sprung über die Niedriglohnschwelle.
Ein weiterer wichtiger Punkt muss in diesem Zusammenhang noch angesprochen werden, über den die deutsche Politik mal grundsätzlich debattieren müsste. Dazu ein Zitat aus der Studie:
Zitat von Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung
"Der Niedriglohnsektor hat die Arbeitslosigkeit reduzieren können. Allerdings zu einem hohen Preis: Niedrige Löhne dienen nicht mehr dem bloßen Einstieg in den Arbeitsmarkt, sondern sind häufig ein Dauerzustand. Sie sind dann kein Sprungbrett, sondern eine Sackgasse."
Und damit kommen wir zur aktuellen Situation. Die Coronakrise hat die größten Probleme offenbart. Berufe, die wir im Frühjahr als "systemrelevant" beklatscht haben, sind zum Großteil Tätigkeiten aus diesem Niedriglohnbereich. Im Jahr 2018 waren immerhin mehr als die Hälfte der Niedriglohnbeschäftigten im Groß- und Einzelhandel, in der Transport- und Nahrungsmittelindustrie sowie in den Bereichen Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen tätig. Wir haben sie im Frühjahr beklatscht und gefeiert, aber mehr als warme Worte hatten wir bis heute nicht für sie übrig. Das falsch und unmoralisch. Es ist unehrlich. Es wird Zeit, dass den warmen Worten auch endlich Taten folgen und deshalb wird es Zeit, für eine signifikante Erhöhung des Mindestlohns auf 13 Euro je Arbeitsstunde. Damit sagen wir dem Niedriglohnsektor den Kampf an und bauen gegen Altersarmut vor. Die Verkäuferin und der Busfahrer, sie seien nur stellvertretend genannt, sie haben mehr verdient als sie bisher erhalten haben. Wir werden zeigen, das Land und die Politik stehen an eurer Seite.