Berliner. | Friedländers SDP im Umfrageloch - kommt jetzt Bundeskanzlerin Liebermann? - Sonntagsfrage vom 02. Oktober 2022

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    Sonntagsfrage anlässlich der Bundestagswahl

    Friedländers SDP im Umfrageloch - kommt jetzt Bundeskanzlerin Liebermann?


    Berlin. Deutschland durchlebt stürmige Zeiten. Kreml-Diktator Wladimir Putin hat im Zuge einer bizarr anmutenden Propagandaveranstaltung die völkerrechtswidrige Annexion weiter Teile der Ukraine bekanntgegeben, nachdem "Referenden" einen Anschluss an die russische Föderation angeblich legitimieren sollen. Die Inflation im Monat September betrug 10,0 Prozent - so hoch wie seit den 1950ern nicht mehr - und Ökonomen sagen Deutschland für das Jahr 2023 eine Rezession voraus. Inflation und Rezession sind eigentlich typische Themen für die Sozialdemokratie, doch diese stürzt wieder in das Umfrageloch, aus dem Bundeskanzler Jan Friedländer (SDP) sie einst herausgeholt hatte. Kein gutes Omen für die nächste Bundestagswahl, für die der Wahlkampf kurz bevorsteht. Wenn am Sonntag gewählt würde, käme das folgende Ergebnis heraus:


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    Wenn am nächsten Sonntag gewählt würde, würde die Allianz mit 31,0 Prozent wieder das beste Ergebnis ihrer Zeit (das ebenfalls bei 31 Prozent beim ersten Bundestagsantritt der Partei lag) erzielen und damit um 7,5 Prozentpunkte zulegen können. Auch die Grünen um Vizekanzlerin Christ, die am heutigen Abend ihren Rückzug aus der Politik bekanntgegeben hat, können zwei Prozentpunkte gut machen und auf 20,5 Prozent kommen. Die Kanzlerpartei, die SDP, würde hingegen gleich 17,0 Prozentpunkte verlieren und mit 10,5 Prozentpunkte ihr schlechtestes Ergebnis aller Zeiten einfahren. I:L, Piratenpartei und CDSU würden allesamt auf 10,5 Prozent zulegen. Letztere wäre überdies wieder als direkt in den Bundestag gewählte Partei wieder im Parlament vertreten. Das rechtsextreme FFD, dem erst kürzlich vom Obersten Gericht um Gerichtspräsidentin Christ-Mazur eine demokratiefeindliche Grundausrichtung bescheinigt wurde, und das Forum um Fabian Leybrock, Janett Wissler und Oscar Pilarow - nicht zuletzt bekannt für seine Auseinandersetzungen mit Grünen und I:L in letzter Zeit - würden mit jeweils 3,5 Prozent aus dem Parlament fallen.


    Die Gründe?


    Um zu verstehen, warum es zu diesen Verschiebungen gekommen ist, lohnt sich ein Blick auf die Zufriedenheitswerte der Bundesregierung, Bundeskanzler Friedländer persönlich und der einzelnen Partei von R2G. Zwar befindet sich die Bundesregierung insgesamt bereits im Keller, doch Friedländers Zufriedenheitswerte sind unterdurchschnittlich im Vergleich zu denen der Bundesregierung:


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    Während sich 31 Prozent mit der Bundesregierung insgesamt zufrieden zeigen, ist dies für Bundeskanzler Friedländer bei nicht mal einem Viertel der Befragten der Fall. Dies hängt sicherlich einerseits damit zusammen, dass schon in der Vergangenheit für Bundeskanzler Friedländer eher schlechte persönliche Werte ausgewiesen wurden, andererseits aber damit, dass die Ministerinnen und Minister in relevanten Funktionen, etwa Wirtschaftsministerin Barley, Verteidigungsminister Greißberger oder Justizminister Herzinger, kaum oder gar nicht sichtbar sind, während etwa Finanzministerin Christ, die erst kürzlich einen Gesetzentwurf zur Senkung der Umsatzsteuer auf Gas vorgelegt hat, besonders in den Parlamenten sichtbar ist und die öffentliche Debatte keineswegs scheut. Dies zeigt sich auch an den Zufriedenheitswerten der einzelnen Parteien in der Bundesregierung: die Grünen können die beste Wertung mit einer Note von 3,38 verzeichnen, während die SDP nur mit einer Note von 3,52 bewertet wird. Die Internationale Linke, die sich selbst als linke Partei versteht, kommt - wenig überraschend bei dem Selbstverständnis - nur auf eine Note von 3,9. Die schlechten Umfragewerte für die SDP und die außerordentlich guten Umfragewerte für die Allianz hängen aber auch mit dem Überlauf vieler verschiedener Mitglieder zur Allianz zusammen, die nunmehr fest in der Gesellschaft verwurzelt ist. Die SDP hingegen hat bereits eine Woche nach der Bundestagswahl in ihrer einstigen Hochburg Nordrhein-Westfalen, die selbst in schlechteren Tagen - etwa unter Herzinger - in SDP-Hand war, eine krachende Niederlage gegen die Allianz unter der nunmehrigen charismatische Ministerpräsidentin Anastasya Liebermann hinnehmen müssen. Das zeigt den gravierenden Schwund an der Basis der Sozialdemokratie, der an das Mark der Partei geht, sehr gut auf, während die Grünen seit einigen Monaten über etwa ein Fünftel der Wählerinnen und Wähler als Stammwählerschaft verfügen. Zwar hat die SDP in Hamburg gewinnen können, was aber nicht zuletzt an der eher sozialliberal orientierten Wählerschaft in Hamburg liegt.


    Wie könnte denn aber nun eine neue Bundesregierung nach der Bundestagswahl aussehen?


    Die Antwort auf diese Frage hängt sicherlich auch von der Kandidatenwahl der Parteien ab. Es zeigt sich, dass die Chancen der Allianz, die nächste Bundestagswahl zu gewinnen, mit der als vielfach in der Bevölkerung als sympathisch empfundenen Anastasya Liebermann überaus deutlich erhöht sind. Im Falle einer direkten Kanzlerwahl bekäme Marko Kassab 48 Prozent der Stimmen, Anastasya Liebermann hingegen 72 Prozent der Stimmen. Irina Christ (Grüne) und Jan Friedländer (SDP) haben deutlich weniger gute persönliche Werte. Im Einzelnen:


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    Am Ende wären noch Koalitionen zu bilden. Vielfach wurden Koalitionen aus Allianz und Forum sowie Allianz und CDSU durch die Befragten ins Spiel gebracht. R2G (wahlweise mit oder ohne Piraten) wurde weniger häufig genannt. Eine große Koalition aus Allianz und SDP - ob sie denn bei den Ergebnissen auf Grund der Schwäche der SDP überhaupt noch groß wäre, darf mit Recht bezweifelt werden - findet hingegen den geringsten Anklang. Bevor es jedoch an den Koalitionspoker gehen kann, müssen die Bürgerinnen und Bürger den neuen Bundestag erwählen. Der Wahlkampf steht erst vor der Tür, entsprechend sind noch einige Schwankungen möglich - ein verfrühtes Urteil somit töricht. Es bleibt spannend.