Bundesrat
Liebe Kolleg:innen ( Lando Miller Kai Baum Felix Schwalbenbach ),
wir kommen nun zur Debatte über folgenden, vom Bundestag beschlossenen, Gesetzesentwurf. Die Debatte geht drei Tage und endet am Donnerstag, den 23. September 2021 um 14:52Uhr.
Alles anzeigenBundesrepublik Deutschland
Der Bundeskanzler
An die
Präsidentin des BundesratesFrau Ministerpräsidentin
Ricarda Fährmann
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Klima, Umwelt, Energie und Landwirtschaft.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Merz
Bundeskanzler
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Bundesrat
Drucksache BR/XXX
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes
A. Problem und Ziel
Die Gesetzesänderung dient dazu, den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 (1 BvR 2656/18; 1 BvR 78/20; 1 BvR 96/20; 1 BvR 288/20) umzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass § 3 Absatz 1 Satz 2 und § 4 Absatz 1 Satz 3 Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 in Verbindung mit Anlage 2 mit den Grundrechten unvereinbar sind, soweit eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Regelung über die Fortschreibung der Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 fehlt. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2022 die Fortschreibung der Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 zu regeln. Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen weist das Bundesverfassungsgericht in der Begründung der Entscheidung generell – und damit auch für die Minderungsziele bis zum Jahr 2030 darauf hin, dass Klimaschutzmaßnahmen, die gegenwärtig unterbleiben, in Zukunft unter möglicherweise noch ungünstigeren Bedingungen ergriffen werde müssten und dann Freiheitsbedürfnisse und -rechte weit drastischer beschneiden würden.
B. Lösung
I. Der Entwurf ändert die nationalen Klimaschutzziele. Für das Jahr 2040 gilt ein neues nationales Klimaschutzziel von mindestens 90 Prozent Reduktion im Vergleich zu 1990. Für die Jahre 2030, 2040 und 2045 wird zudem festgelegt, welche Beiträge im Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft erreicht werden sollen.
II. Die im Bundes-Klimaschutzgesetz bereits festgelegten Jahresemissionsmengen der Sektoren nach § 4 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 2 werden für die Jahre 2023 bis 2030 neu festgelegt, um die Erreichung des ambitionierten nationalen Klimaschutzziels von mindestens 65 Prozent im Jahr 2030 sicherzustellen. Für die Jahre von 2031 bis 2040 werden in Anlage 3 sektorübergreifende jährliche Minderungsziele festgelegt. Aus diesen ergibt sich, wie vom Bundesverfassungsgericht nahegelegt, ein konkreter Minderungspfad bis zum Jahr 2040. Spätestens im Jahr 2032 wird die Bundesregierung einen Gesetzgebungsvorschlag vorlegen, um auch die weiteren jährlichen Minderungsziele bis zur Netto-Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 gesetzlich festzulegen. Die sektorübergreifenden jährlichen Minderungsziele bilden den Rahmen für die nachfolgende Festlegung der sektorscharfen Jahresemissionsmengen durch Rechtsverordnung im Jahr 2024 (für die Jahresemissionsmengen von 2031 bis 2040) und im Jahr 2034 (für die Jahresemissionsmengen von 2041 bis 2045).III. Zahlreiche Länder haben sich selbst ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt und eine Klimaneutralstellung der eigenen Verwaltung und des Landes in den eigenen Klimaschutzgesetzen festgehalten. Diese sehen teilweise vor, nicht vermeidbare Treibhausgasemissionen der staatlichen Behörden durch geeignete Klimaschutzmaßnahmen zu kompensieren. Der Vorteil von Kompensationsprojekten im eigenen Land, beispielsweise durch Renaturierung bewirtschafteter Feuchtgebiete (Moore), Nutzung von Wäldern und Böden, besteht insbesondere darin, dass sie im Unterschied zu Maßnahmen in Drittländern nicht Gefahr laufen, als Green Washing diskreditiert zu werden. Diese direkt im Land durchgeführten Kompensationsmaßnahmen werden durch entsprechende Landnutzungsänderungen als werthaltige Zertifikate der Klimaneutralstellung der Verwaltung oder des Landes angerechnet. Gleichzeitig fallen diese Projekte jedoch auch in den Geltungsbereich von Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/841 und sind verpflichtend im Rahmen der nationalen Berichterstattung an die EU als Treibhausgasemissionsminderung zu melden. In der Folge kommt es zu einer Doppelzählung. Zum einen reklamieren die Länder die Emissionsminderung im Rahmen der klimaneutralen Staatsverwaltung für sich und zum anderen verbucht der Bund die Emissionsminderung bei der nationalen Berichterstattung im Rahmen der Verordnung (EU) 2018/841.
Als Lösung wird eine zentrale Registrierung von Emissionsminderungen der Länder, die in den Geltungsbereich der Verordnung (EU) 2018/841 fallen, und die Löschung von europäischen Emissionsrechten in gleicher Höhe durch den Bund, vorgeschlagen. Der Bund könnte entweder einen Teil der Emissionszuweisungen aus dem Non-ETS Sektor oder Emissionsberechtigungen aus dem ETS Sektor löschen und der freiwilligen Minderungsaktivität zuschreiben. Ein Vorteil dieser Lösung wäre, dass Klimaschutzprojekte in den Ländern, die in den Geltungsbereich der Verordnung (EU) 2018/841 fallen, ohne Gefahr einer Doppelzählung durchgeführt werden könnten
IV. Darüber hinaus wird die Rolle des Expertenrats für Klimafragen gestärkt.
V. Indem das Gesetzgebungsvorhaben schon kurz- bis mittelfristig zu mehr Klimaschutzmaßnahmen führen wird, verhindert es eine unverhältnismäßige Verlagerung der Treibhausgasminderungslasten und damit einhergehenden Freiheitseinbußen in die Zukunft und auf spätere Generationen. Die frühzeitige Festlegung von nationalen Klimaschutzzielen, Jahresemissionsmengen und jährlichen Minderungszielen sorgt zugleich für mehr Klarheit, wie sich die nach Artikel 20a des Grundgesetzes notwendige Reduktion von Treibhausgasemissionen bis hin zur Netto-Treibhausgasneutralität über die Zeit verteilen wird. Damit bietet das Gesetzgebungsvorhaben für Gesellschaft und Wirtschaft mehr Orientierung und Planungssicherheit für die erforderlichen Entwicklungs- und Umsetzungsprozesse.
C. Alternativen
Keine. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber verpflichtet, die Fortschreibung der Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 zu regeln. Die weiteren im Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen stehen hiermit in unmittelbarem Zusammenhang.
D. Kosten
Der Gesetzentwurf begründet weder unmittelbaren zusätzlichen Haushaltausgaben ohne Erfüllungsaufwand noch andere Erfüllungsaufwände. Infolge des Gesetzes entstehen gegenüber dem Klimaschutzgesetz 2019 für die Treibhausgasminderungspflichten zusätzliche rechnerische Gesamtkosten für die Volkswirtschaft für die Jahre 2023 bis 2035 von 12.819 Millionen EUR. Für den Bereich LULUCF betragen die Kosten bis 2030 etwa 3.540 Millionen Euro.
Anlage 1
Begründung
siehe Vorblatt