[Debatte|Stellungnahme] BR/043 | Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes

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    Geschätzte Kolleginnen und Kollegen,



    ich eröffne hiermit die Debatte über diesen Antrag auf Drs. BR/043, einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, zu welchem der Bundesrat Stellung nehmen kann.


    Die Debattendauer beträgt drei Tage.


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    Anfragen können hier eingereicht werden.

  • Werte Damen und Herren,


    der Freistaat Bayern möchte von seinem mündlichen Fragerecht an die Bundesregierung nach § 10 Abs. 1 der Geschäftsordnung gebrauch machen, und bittet den federführenden Bundesminister Jan Friedländer um die Beantwortung folgender Frage:


    1.

    In der Problemschilderung wird von "staatlichen Hilfsangeboten" zur Sanierung und Finanzierung der überschuldeten Unternehmen gesprochen. Welche staatlichen Hilfsangebote seitens des Bundes gibt es hierfür zurzeit?


    2.

    Vorbemerkung: Bei der Aussetzung der Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrages wird nicht zwischen Unternehmen mit unterschiedlich hoher Überschuldung differenziert. Viel mehr geht § 1 Abs. 1 COVInsAG pauschal davon aus, dass die Insolvenzreife von Schuldnern, die am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig waren, auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist und allein deshalb schon die Möglichkeit bestünde, eine etwaige Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Nicht näher wird in dem geltenden Gesetz oder dem vorliegenden Entwurf auf die Überschuldung eingegangen, weshalb angenommen werden muss, dass für dieselbe gleiches gilt. Realistisch betrachtet ist bei einer übermäßig hohen Überschuldung wohl regelmäßig davon auszugehen, dass die Insolvenzerklärung endlich nur aufgeschoben wird und nach Beendigung der Aussetzung der Insolventantragstellungspflicht mit einer regelrechten Insolvenzwelle gerechnet werden muss.


    2.1 Wie steht die Bundesregierung zur Definition einer Überschuldungsobergrenze, ab derer die Aussetzung der Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrages nicht mehr gelten?

    2.2 Plant die Bundesregierung Maßnahmen oder hat sie Ideen, wie einer angesprochene Insolvenzwelle bei Auslaufen des zu ändernden Gesetzes entgegengewirkt werden kann?

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    Anfragen können hier eingereicht werden.

  • Herr Präsident,

    Herr Ministerpräsident,

    werte Damen und Herren,


    gerne beantworte ich Ihre Fragen:


    1. Hilfen des Bundes


    • Die Überbrückungshilfen I+II. An einer dritten Überbrückungshilfe arbeitet das Wirtschaftsministerium aktuell noch. Die Höhe der Überbrückungshilfe richtet sich nach den betrieblichen Fixkosten. Diese können in Abhängigkeit vom Umsatzrückgang bis zu 100 Prozent erstattet werden.
    • Bürgschaften und Garantien für größere Unternehmen, Familienunternehmen und Mittelständler aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Mit einem Gesamtvolumen von bis zu 600 Milliarden Euro. soll der Wirtschaftsstabilisierungsfonds dabei helfen, Unternehmen zu unterstützen, die vor der Corona-Pandemie gesund und wettbewerbsfähig waren. Dies vor allem in Form von Garantien und Bürgschaften zur Stärkung ihrer Kapitalbasis und zur Überwindung von Liquiditätsengpässen.
    • Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau für Unternehmen:
      • KfW-Kredit für Unternehmen,
      • KfW-Schnellkredit für den Mittelstand,
      • KfW-Schnellkredit für Soloselbstständige und kleine Unternehmen
    • Kurzarbeitergeld, verlängert bis Ende 2021
    • Förderung der Gastronomie- & Kulturszene bei Corona-Bedingten Schließungen mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Euro
    • geplant sind weiterhin sogenannte Härtefallhilfen. Über weitere Details dazu wird mein Haus noch rechtzeitig informieren.


    Des Weiteren diverse Hilfsprogramme der Länder.


    2.1. Das Gesetz unterscheidet sehr wohl, zwischen Unternehmen, die zum 31.12.2019 zwar zahlungsunfähig waren, aber dennoch Aussicht auf Beseitigung dieser Zahlungsunfähigkeit steht und solchen Unternehmen, bei denen das nicht der Fall ist. Deren Zahlungsunfähigkeit weder bedingt war durch die Pandemie, noch das überhaupt eine realistische Chance bestünden, diesen Umstand noch abzuwenden, hätte es keine Pandemie gegeben. Man geht also davon aus, erst genannte Unternehmen hätten also ohne der Pandemie vielleicht noch eine Chance gehabt, ihre Probleme zu beheben. Eine pauschale Aussetzung gibt es hier nicht. Warum jetzt die Verlängerung? Das Bedürfnis für eine Verlängerung der Aussetzung der Antragspflicht wegen Überschuldung resultiert daraus, dass die Überschuldungsprüfung im Wesentlichen auf einer Fortbestehensprognose beruht, die sich auf einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren bezieht. Unter den gegenwärtigen Bedingungen können entsprechende Prognosen aber kaum verlässlich erstellt werden, da sie mit Unsicherheiten behaftet sind, die aus der Ungewissheit in Bezug auf den weiteren Verlauf der Pandemie und deren Auswirkungen auf das Wirtschaftsgeschehen resultieren. Diese Unsicherheiten sollen nicht zu einer Insolvenzantragstellung zwingen

    2.2 Die Bundesregierung versucht mit den Hilfsprogrammen, welche ich unter Punkt 1 aufgeführt habe, die vollständige Zahlungsunfähigkeit der Unternehmen abzuwenden. Nur damit können wir eine Pleitewelle verhindern, das ist der Kern der deutschen Wirtschaftspolitik. Wir lassen unsere Unternehmen und ihre Angestellten nicht im Stich.





  • Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Ich hätte noch eine Nachfrage:


    1. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, Unternehmen die Möglichkeit zu geben, sich unter Inanspruchnahme von staatlichen Hilfeleistungen zu sanieren. Die Pandemie dauert mittlerweile über ein Jahr an und wie Sie bereits schildern, gibt es bereits staatliche Hilfeleistungen. Warum gilt die Aussetzung der Insolvenzantragsstellungspflicht auch für diejenigen Unternehmen fort, die bisher keine staatlichen Hilfeleistungen in Anspruch genommen haben und wie steht der Bundesminister zur Einführung eines entsprechenden Vorbehaltes?


    2. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht resultiert unweigerlich auch in einer teils undurchsichtigen Situation, welche zahlungsunfähigen oder überschuldeten Unternehmen nun insolvenzantragspflichtig sind und welche (noch) nicht. Bei einer Verzögerung der Insolvenzantragstellung, womöglich aufgrund dieser undurchsichtigen Situation, haften nach § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB die Vorstandsmitglieder, denen dieses Verschulden zur Last fällt für dem den Gläubigern entstehenden Schaden persönlich als Gesamtschuldner. Auch Strafen wegen Insolvenzverschleppung drohen, schließlich ist die Frist zur Pflicht der Stellung des Insolvenzantrages aus § 15a InsO mit drei Wochen eher knapp bemessen. Ist die derzeitige Gesetzeslage in den Augen des Bundesministers noch transparent genug, um es den Geschäftsführern zuzumuten, sich eigenständig, rechtzeitig und fortlaufend über die sich aus dem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten zu informieren? Strebt die Bundesregierung etwaige Maßnahmen, etwa eine Informationskampagnie an, um in verständlicher Weise über die geltende Lage zu informieren?



    Gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 unserer Geschäftsordnung beantragt der Freistaat Bayern überdies die Verlängerung der Debatte. Herzlichen Dank.

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    Anfragen können hier eingereicht werden.


  • Die Debatte wird damit um 72 Stunden verlängert.

    Der Bundesminister der Finanzen und für Wirtschaft Jan Friedländer wird gebeten, die Fragen zu beantworten.

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    Anfragen können hier eingereicht werden.

  • Herr Präsident,

    Herr Ministerpräsident,

    meine Damen und Herren,


    gerne beantworte ich auch Nachfragen.


    1. Unternehmen, die keine staatlichen Hilfeleietungen in Anspruch nehmen, obwohl sie theoretisch darauf angewiesen werden, kenne ich leider nicht. Sie konstruieren hier Situationen, die mit der Realität nichts zu tun haben. Wir schaffen hier auch keine neue Rechtslage, sondern setzen nur eine bereits bestehende Rechtslage weiter fort, da wir mitten in der Pandemie keine weiteren Unsicherheiten schaffen wollen.


    2. Als Geschäftsführer sollten einem Unternehmer Rechte und Pflichten bekannt sein. Wer darüber hinaus dennoch Bedarf hat, solche Dinge zu erörtern, der hat vielerorts Ansprechpartner der Länder, der Kommunen und des Bundes. Ich traue den Unternehmen durchaus zu, sich im Sinne ihrer eigenen Haftung entsprechend verantwortungsvoll zu verhalten.


    Vielen Dank.


  • Damit ist die Debatte beendet und der Bundesrat verzichtet auf eine Stellungnahme.



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    Anfragen können hier eingereicht werden.