Private Chats geleakt: FFD und Allianz auf Kuschelkurs

Private Chats geleakt: FFD und Allianz auf Kuschelkurs



Schon länger munkelte man im politischen mitte-links Lager, dass die Liberal Konservative Allianz von einer Kooperation mit dem Freiheitlichen Forum Deutschlands (FFD) gar nicht so abgeneigt ist, wie sie öffentlich immer zu tun scheint. Die Allianz stritt das bisher immer ab, allen voran Stroma Kater - Kandidat für den Posten des bayerischen Ministerpräsidenten und im ersten Wahlgang, passend zum aktuellen Bild der Allianz in Bayern, gescheitert. In den Führungskreisen der Partei hält man sich zu dem Thema FFD gerne bedeckt. Klare Distanzierungen von der Parteispitze rund um Ryan Davis und Friedrich Augstein sucht man vergebens.

Doch lassen Sie uns am Anfang beginnen: Das FFD ging aus dem "Bund Unabhängiger Wähler" hervor. Eine Partei mit und rund um Christian von Wildungen - dem wohl umstrittensten Politiker Deutschlands und gefühlt schon ewig im Bundestag vertreten; zuletzt immer als Einzelkämpfer, nun sogar in Fraktionsstärke. Wildungen war der BUW und der BUW war Wildungen, so kann man die ehemalige Partei wohl am besten beschreiben. Was Wildungen sagte war Gesetz für den BUW. Als entsprechend problematisch stellten sich verschiedenste Aussagen des Parteiführers dar. So fiel Wildungen beispielsweise durch die Diskriminierung Homosexueller im Bundestag auf und wurde dafür sogar einmal von der Sitzung ausgeschlossen. Auch sonst ist Wildungen nicht gerade das, was er immer behauptet zu sein: Ein Kämpfer für Grundrechte und unsere Verfassung. So wünscht sich Wildungen etwa eine "Demokratie der Besitzenden", ein Null-Flüchtlings-Politik, Religionsfreiheit nur für Christen, Juden und Atheisten und ein Verbot linker Zeitungen. In Thüringen rief er nach Ministerpräsident McKenzies Rücktritt eine "Parallelregierung" aus. Geflüchtete bezeichnet er als nutzlose, arbeitsunwillige Dahergelaufene, die sich nur am deutschen Geld bereichern wollen würden. Heinzel Knoller - ehemaliges BUW-Mitglied, nun zur Allianz übergelaufen - berichtete von fehlender Satzung und fehlenden Vorstandswahlen innerhalb des BUW, welche von Gesetzes wegen erforderlich sind. Alles zusammen brachte das Fass schließlich irgendwann zum Überlaufen, sodass der Bundesrat einstimmig beschloss, ein Parteiverbotsverfahren gegen den Bund Unabhängiger Wähler einzuleiten. Das Verfahren ist am Obersten Gericht anhängig, der Ausgang ungewiss. Als Vorantreiber dieses Verfahrens gelten vor allem die Sozialdemokratische Partei und die Grünen. Doch zuletzt äußerte sich auch das Liberale Forum und forderte ein Verbot der Partei. Und wenn eine liberale Partei ein Verbot fordert, dann muss es ernst sein. Von der Allianz hingegen gibt es kein Statement. Ihre Haltung kann nur gemutmaßt werden. Prominenter Gegner des Verfahrens ist Paul Fuhrmann, der dem BUW seinerzeit Unterstützung zugesichert hat.


Auch das anhängige Verbotsverfahren hinderte Herrn Harald Friedrich Rache, hauptberuflich Erfinder abwertender Spitznamen für SDP-Politiker, nebenberuflich Mitglied des Bundestages und Generalsekretär des FFD, nicht daran, dem BUW beizutreten und die Partei in ihrer Außendarstellung signifikant zu verändern. Aus BUW wurde FFD. Rache hat die Partei medial fit gemacht und Struktur in die Partei gebracht. Er selbst fällt durch weniger Radikalität als der Parteivorsitzende Wildungen auf, macht aber keinen Halt davor, mediale Hetzkampagnen gegen SDP-Politiker zu starten oder mit populistischen Reden seinen Anhängern einzuheizen. Distanzierungen von den verfassungsfremden Ansichten des Vorsitzenden sucht man auch bei Rache vergebens. Dennoch behauptet er, die Partei stehe auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Selbst stellt man sich gerne als Hüter der Verfassung und der Grundrechte und die "einzig wahre" Volksvertretung dar. Die Fakten sagen etwas anderes - aber Fakten spielen in den Sphären, in denen sich das FFD bewegt, nur eine untergeordnete Rolle.


Gründe gäbe es also genug, von einer Koalition oder einer Zusammenarbeit mit dem FFD Abstand zu halten, möchte man meinen. Doch während das bei Forum, SDP, Grünen, Piraten und Linken gut klappt, ist man sich im bürgerlichen Lager, bei der CDSU und insbesondere der Allianz, uneinig. Rache selbst behauptet immer wieder, man pflege "freundschaftliche Kontakte" zu Vertretern der Allianz. Kürzlich setzte Rache einen Tweet mit folgendem Inhalt ab: „Es wird Zeit, dass unser Hinterzimmer aufgelöst wird und wir nun auch offiziell Seite an Seite stehen. Die rote Allmacht muss in die Knie gezwungen werden. Allianz und FFD können diesen Spuck endlich beenden!“ Die Existenz eines solchen „Hinterzimmers“ wurde von dem stellvertretenden Vorsitzenden der Allianz, Friedrich Augstein, implizit abgestritten.


Besonderes interessant wurde es jedoch, als sich Stroma Kater auf Twitter dazu zu Wort meldete. Interessant nicht, weil Herr Kater einen Tweet absetzte, denn in das Verfassen von Tweets investiert der künftige Ministerpräsident Bayerns bisher mehr Zeit als in sein politisches Schaffen, sondern, weil auch er behauptet, ein solches Hinterzimmer gäbe es nicht. vBild liegen nämlich Ausschnitte von geleakten Chatverläufen zwischen Vertretern der Allianz und des FFD vor, an welchen etwa auch Stroma Kater beteiligt war. Initiiert wurde das Ganze von Harald F. Rache selbst. Sein Schreiben wirkt mehr wie ein wie eine Beschwerde über aktuelle Zustände in der Bundesrepublik. Rache schreibt dabei, er habe mit der Parteiführung der Allianz schon seit längerem Kontakt aufgebaut. Er hebt dabei besonders ein „sehr freundschaftliches Verhältnis“ zwischen ihm, Herrn Kater und Frau Kathrin Hirsch, der bayerischen Innenministerin, hervor. Er beschwert sich über das Machtmonopol der SDP und den Stillstand in den Parlamenten und den Regierungen. Danach folgt Kritik an der Bundesregierung. Abschließend formt er den Beschwerdetext dann doch zu einer freundlichen Einladung zu Zusammenarbeit. So offen präsentiert Rache die Frage jedoch nicht, viel mehr fragt er nach „Vorschlägen, wie wir diese Missstände zukünftig vermeiden können?“. Die Botschaft jedoch ist klar. Mit „wir“ meint Rache Allianz und FFD.


In weiteren Ausschnitten des geleakten Verlaufs melden sich dann Stroma Kater und Marko Kassab zu Wort. Kater wirft der SDP vor, durch „halbseidene Machenschaften“ Wählerstimmen zu erhalten. Auch Kassab spricht von merkwürdigen Gebaren rund um die Wahlen. Verdachtsfälle für Wahlmanipulation gebe es an allen Ecken und Enden. Er klingt dabei jedoch fast schon resignierend, nahezu verzweifelt.


Der weitere Chat-Verlauf bleibt uns leider verborgen. Klar ist, die gemeinsamen Gespräche liefen zumindest bis Anfang November fort, das geht aus den uns vorliegenden Unterlagen hervor. Einzig Friedrich Augstein hat sich als Teilnehmer der Chat-Gruppe ausgeklinkt. Warum, wissen wir leider nicht.


Jedenfalls beweisen diese Chat-Verläufe, dass es das von Rache beschriebene „Hinterzimmer“ sehr wohl gab und dass die Allianz zumindest in regem Austausch mit dem FFD stehen. Kathrin Hirsch und Stroma Kater pflegen wohl sogar eine freundschaftliche Beziehung zu Rache.


Geeint in dem Glauben, die SDP manipuliere Wahlen, nähern sich Allianz und FFD also im Geheimen Stück für Stück an. An dieser Stelle muss man sich schon fragen, warum die Gespräche von den Allianz-Vertretern so vehement geleugnet wurden. Stroma Kater ist anscheinend dicker Kumpel von Harald Rache, auf Twitter jedoch streitet er alles ab. Glaubwürdig ist das nicht – und hilfreich für das Vertrauen der bayerischen Bevölkerung wohl auch nicht. Der künftige Ministerpräsident des Freistaates pflegt innige Beziehungen zu einem Populisten aus einer vermeintlich verfassungsfeindlichen Partei. Ob das gut ankommt bei der Bevölkerung, darf man in Zweifel ziehen.


Die Allianz dagegen, das ist allgemein bekannt, will im Bund unbedingt regieren. Sollte es in dieser Legislaturperiode nicht mehr funktionieren, dann vielleicht in der nächsten. Der Wille ist offenbar so groß, dass man eine Koalition mit dem Freiheitlichen Forum nicht nur ablehnt, sondern sich eine solche insgeheim vielleicht sogar wünscht. Noch ist die Hemmschwelle zu groß, dies öffentlich zu machen. Wie lange noch, ist die Frage.


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