Beiträge von Dr. Viktoria Christ-Mazur

    OBERSTES GERICHT

    – 3 BvQ 1/23 –


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    Im Namen des Volkes


    In dem Verfahren
    über den Antrag

    auf Erlass einer einstweiligen Anordnung



    Antragstellerin:
    Frau Emilia von Lotterleben


    hat das Oberste Gericht – dritter Senat – unter Mitwirkung der Richter


    Präsidentin Christ-Mazur,


    Vizepräsident Müller,


    am 04. Juli 2023 folgenden Beschluss gefasst:


    Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.


    I.


    Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 03. Juli 2023 das Oberste Gericht angerufen, sich mit der Wahl des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland und dem damit einhergegangenen, am gleichen Tage durch Bundesratspräsident Theo Pahlke nach Artikel 63 Abs. 1 GG ausgesprochenen Wahlvorschlag, näher zu befassen. Es müsse dem Bundesratspräsidenten vor dem Hintergrund der unklaren Bestimmungen des Grundgesetzes für seine Rolle als Vertreter des Bundespräsidenten in Bezug auf die Bestimmung des Bundeskanzlers und vor dem Hintergrund der Gewaltenteilung untersagt werden, einen Wahlvorschlag für die Wahl des Bundeskanzlers auszusprechen.


    II.


    1. Nach § 18 Abs. 1 OGG kann das Oberste Gericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Organstreitverfahren bedeutet einen erheblichen Eingriff des Bundesverfassungsgerichts in Autonomie und originäre Zuständigkeit anderer Verfassungsorgane. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 OGG ist daher grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 55, 1 <3>; 104, 23 <27>; 108, 34 <41>; 118, 111 <122>; 132, 195 <232 Rn. 86>; 140, 211 <219 Rn. 13>; 140, 225 <226 f. Rn. 7>).


    Der Erlass kann allein der vorläufigen Sicherung des strittigen organschaftlichen Rechts der Antragsteller dienen, damit es nicht im Zeitraum bis zur Entscheidung der Hauptsache durch Schaffung vollendeter Tatsachen überspielt wird (vgl. BVerfGE 89, 38 <44>; 108, 34 <41>; 118, 111 <122>). Bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die in der Hauptsache begehrte Feststellung oder der in der Hauptsache gestellte Antrag erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 89, 38 <43 f.>; 103, 41 <42>; 118, 111 <122>; 140, 225 <226 Rn. 7>; stRspr). Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens muss das Oberste Gericht die Folgen abwägen, die eintreten würden, wenn einerseits eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Antrag in der Hauptsache aber Erfolg hätte, und andererseits die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, dem Antrag in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 105, 365 <371>; 106, 351 <355>; 108, 238 <246>; 125, 385 <393>; 126, 158 <168>; 129, 284 <298>; 132, 195 <232 f. Rn. 87>; stRspr).


    Zwar ist nicht erforderlich, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits ein Verfassungsbeschwerdeverfahren in der Hauptsache anhängig ist; ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann auch isoliert und im Vorgriff auf eine noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde gestellt werden (vgl. BVerfGE 105, 235 <238>; 113, 113 <119 f.>; stRspr)


    2. Nach diesen Maßstäben ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig, weil ein etwaiger Hauptsacheantrag offensichtlich unzulässig wäre. Sowohl ein Organstreitverfahren (a) als auch eine Verfassungsbeschwerde (b) oder Popularklage (b) ist unzulässig.


    a) Grundsätzlich ist jeder Bürger klageberechtigt, sofern ihm nicht durch Gesetz die Klageberechtigung entzogen wird, § 8 OGG. Im Organstreitverfahren ist die Antragsberechtigung nach § 26 Abs. 1 OGG auf die Obersten Bundesorgane und die durch das Grundgesetz oder die Geschäftsordnung des Bundestages oder Bundesrates mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile dieser Organe beschränkt. Diese Anforderungen erfüllt die Antragstellerin nicht; mithin ist sie im Organstreitverfahren weder antragsberechtigt, noch wäre sie in Ermangelung eines Verfassungsrechtsverhältnisses im Zuge der Kanzlerwahl antragsbefugt.


    b) Auch eine etwaig erhobene Verfassungsbeschwerde oder Popularklage ist unzulässig, weil die Antragstellerin weder eine Verletzung ihrer Grundrechte noch Vereinbarkeit eines Rechtsakts mit dem Grundgesetz oder Bundesrecht rügt.


    III.


    1. Richterin Langenfeld und Richter Neuheimer haben auf Grund von Verhinderung nicht am Verfahren teilgenommen.


    2. Die Entscheidung erging einstimmig und ist unanfechtbar.


    Christ-Mazur | Müller


    Leitsätze


    zum Beschluss der zweiten Kammer vom 09. April 2023


    - OG D 3/22 -


    Von § 3 I vDGB geht bei der Bewertung, ob ein polemischer Angriff gegen den SimOn-Charakter oder auf die dahinterstehende Person gerichtet ist, eine widerlegliche Indizwirkung aus: grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Beitrag im SimOn-Bereich des Forums auch an den SimOn-Charakter adressiert ist. Diese Vermutung kann durch die Art und Weise, wie sich ein Beitrag im kontextuellen Zusammenhang darstellt, widerlegt werden.


    2. Ein Beitrag kann nur auf Grund einer Beleidigung nach § 13 I ModAdminGG sanktioniert werden, sofern sich für einen objektiven Dritten darstellt, dass die Sinnrichtung eine entehrende ist, da nur vorsätzliches Handeln oder Unterlassen nach § 5 III ModAdminGG i. V. m. § 15 StGB bestraft werden kann; überspitzte rhetorische Antworten, die sich für den objektiven Dritten als solche darstellen, fallen demnach nicht unter den Tatbestand der Beleidigung.


    3. Aus dem Simulationsprinzip aus § 1 I, II vDGB (vgl. hierzu grundlegend 1 OGE 3,30) ergibt sich bereits, dass die freie Rede für eine Politiksimulation einen großen Stellenwert hat. Vor diesem Hintergrund sind Erwägungen, ein Mitspieler hätte sich weniger überspitzt äußern können, bei der Überprüfung des Tatbestandes der Beleidigung (§ 13 I ModAdminGG) als regelwidrig und damit unzulässig zu erachten.


    OBERSTES GERICHT

    – OG D 3/22 –



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    Im Namen der Spielerschaft



    In dem Einspruchsverfahren festzustellen:



    1. Die Verwarnung durch die Moderation vom 20. November 2022 wird aufgehoben.
    2. Die Moderation wird dazu verpflichtet, die festgesetzten Strafpunkte zu löschen.
    3. Hilfsweise: Die Verwarnung wird aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an die Moderation zurückverwiesen.


    Antragsteller: Herr Nathan Lefévre, vertreten durch sich selbst;


    Antragsgegner: Moderation der vBundesrepublik, vertreten durch Frau Kathrin Hirsch;


    hat das Oberste Gericht - zweite Kammer - unter Mitwirkung der Richterin und der Richter


    Berenson,


    Christ-Mazur,


    Kratzer,


    von Schöneberg


    am 09. April 2023 beschlossen:


    1. Die Verwarnung gegen den Widerspruchskläger vom 20. November 2022 wird aufgehoben.


    2. Die Widerspruchsbeklagte wird verpflichtet, die festgesetzten Strafpunkte zu löschen.



    Gründe:


    Der Widerspruchskläger hat die zweite Kammer des Obersten Gerichtes und um Rechtschutz mit dem Ziel, die Aufhebung der ihm am 20. November 2022 durch die Widerspruchsbeklagte erteilten Verwarnung auf Grund einer vermeintlichen Beleidigung sowie die Löschung der mit ihr festgesetzten Strafpunkte zu erwirken.


    I.


    Zum Sachverhalt ist wie folgt vorzutragen:


    1. Im Zuge einer Debatte hat der Charakter Oxana Koslowska die Verwendung der Parole "Deutschland, Du mieses Stück Scheiße" missbilligt. Daraufhin hat der Charakter Enrico Meier - verneinend - rhetorisch gefragt, was daran denn bedenklich sein solle. Daraufhin hat der Widerspruchskläger mit der Aussage "Gut, wenn das so ist... Enrico Meier, du mieses Stück Scheiße! Laut Ihnen ist das ja nicht schlimm, also fühlen Sie sich jetzt bloß nicht angegriffen." repliziert. Daraufhin wurde der Antragsteller durch die Antragsgegnerin mit einer Verwarnung von vier Strafpunkten belegt. Die Moderation hat die Verwarnung in der dem Sanktionsbescheid beigefügten Begründung mit dem Verweis auf das behauptete Vorliegen einer Beleidigung begründet, da er geeignet sei, den Charakter Enrico Meier verächtlich zu machen. Überdies sei die sanktionierte Aussage mit der "neutralen Sache" Deutschland als Adressaten nicht mit "einer direkten und gezielten Anrede an eine Person" zu vergleichen.


    2. Mit Schriftsatz vom 06. Dezember 2022 hat der Moderator Dr. Sascha Ende den Vortrag der Moderation wie folgt ergänzt: "Ich würde gerne noch zum Kollegen Dutschke ergänzen, dass uns als Mod-Team die Aussage des Satzes um den es hier in Bezug auf die Sanktionierung geht, soweit im Kontext vertraut oder zumindest bekannt ist, aber darum geht es nur sekundär in unserem Beschluss. Ließt man sich ein wenig nach hinten und vorne die Diskussion durch, gibt selbst der Kontext der Diskussion keinen Grund, wieso ausgerechnet mit so einem Beispielsatz als Reaktion geantwortet wurde. Oder anders ausgedrückt, für einen Antwortsatz zum Inhalt dieser Debatte, hätte man auch von Inhalt und Wortschatz her, einen niederschwelligen Beispielsatz nutzen können. Nachher kann man sich immer versuchen zu rechtfertigen, aber es bleibt im Gesamtbild leider klar zu erkennen, dass es hier gegen die Person ging und weniger um den wirklichen Debatteninhalt, wenn man bei dieser Debatte überhaupt von Inhalten reden kann. Das Merkmal der Beleidigung ist vom Standpunkt eines Außenstehenden klar zu erkennen und als Außenstehender will und muss ich mich hier zu zählen und war daher zu sanktionieren. Danke sehr."


    3. Der Widerspruchskläger hat nach Hinweis durch das Gericht (vgl. OG, Hinweisbeschluss der Zweiten Kammer vom 28. November 2022 - OG D 3/22) eine Begründung nachgereicht. Die Verächtlichmachung, falls denn überhaupt eine solche vorliege, habe sich nur auf den Charakter Enrico Meier bezogen, die Verächtlichmachung von Mitspielern könne sich nur auf Person beziehen; zudem sei eine Spielflussstörung nicht zu erkennen. Überdies liege keine potenziell beleidigende Aussage vor; der Antragsteller habe nur als Ironie bzw. reductio ad absurdum logisch weiterspinnen wollen, jemanden / etwas als "mieses Stück Scheiße" zu betiteln, um darzulegen, weshalb die Verwendung der Parole "Deutschland, Du mieses Stück Scheiße" abzulehnen sei, was sich dadurch untermauern ließe, dass unter Begrifflichkeiten für Nationen auch deren Einwohner fielen. Der Tatbestand des § 13 I ModAdminGG sei somit jedenfalls nicht erfüllt.


    II.


    Die zulässige (1.) Widerspruchsklage ist begründet (2.) Die streitgegenständliche Verwarnung ist materiell rechtswidrig und unterliegt daher jedenfalls der Aufhebung.


    1. Die Widerspruchsklage ist zulässig. Der Rechtsweg ist nach § 4 III Nr. 2 ModAdminGG eröffnet; die Form- und Fristerfordernisse aus § 19 ModAdminGG sind gewahrt.


    2. Die Widerspruchsklage ist auch begründet; die streitgegenständliche Entscheidung der Widerspruchsbeklagten vom 20. November 2022 ist materiell rechtswidrig. Die materielle Rechtmäßigkeit einer Sanktionierungsentscheidung ist immer dann strittig, wenn in Rede steht oder es möglich erscheint, dass die Moderation als Sanktionierungsinstanz entweder sachliche Umstände außer Acht gelassen beziehungsweise verkannt hat oder das geltende Recht fehlerhaft angewandt hat.


    a) Die zweite Kammer des obersten Gerichtes fungiert im Verfahren der Widerspruchsklage als Revisionsinstanz zu Moderation und Administration und prüft daher ob ihres umfassenden Prüfungsauftrages (§ 19 IV ModAdminGG) auch die materielle Rechtmäßigkeit einer Sanktion. Vorliegend ist angesichts augenscheinlich mangelhafter Auseinandersetzung der Moderation mit der Sach- und Rechtslage erweiterter Prüfungs- und Eingriffsspielraum gegeben (2).


    aa) Grundsätzlich ist die Kammer angesichts der durch das Recht vorgenommenen Gewaltenteilung darauf beschränkt, nur evident mangelhafte Entscheidungen zu revidieren (aa), was jedoch keineswegs absolut gilt; Abweichendes kann in einigen Konstellationen gelten (bb).


    (1) Grundsätzlich ist die Kammer jedoch darauf beschränkt, nur evident mangelhafte Entscheidungen zu revidieren. Dies erscheint vor dem Hintergrund dessen, dass das Oberste Gericht nur eine Revisionsinstanz darstellt, angemessen und sachdienlich (vgl. hierzu 1 OGE 2, 141 <145>). Eine Entscheidung ist immer dann evident mangelhaft, wenn sachliche Umstände außer Acht gelassen wurden, sodass eine angemessene Ausübung des Ermessens, das einer Sanktionsentscheidung zu Grunde liegt, als ausgeschlossen zu betrachten ist. Sie ist aber auch dann evident mangelhaft, wenn die Rechtsauslegung, die einer Sanktionsentscheidung zu Grunde liegt, in jedem Falle nicht mehr von dem rechtlichen Rahmen, der durch die demokratisch legitimierten Spielregeln gesetzt wird, gedeckt ist.


    (2) Dies gilt jedoch nicht absolut. In bestimmten Konstellationen eröffnet sich der Kammer ein erweiterter Prüfungs- und Einschätzungsspielraum, hinter dem dann das Vorrecht der Moderation, über den Erlass von Sanktionen zu befinden, zurückzutreten hat. Insbesondere dann ist dies der Fall, wenn aus Sicht eines unabhängigen Dritten festzustellen ist, dass sich die Moderation im Vorfeld einer Sanktionsentscheidung nur in einem unzureichenden Maße mit einem Sachverhalt und der einschlägigen Rechtslage auseinanderzusetzen vermocht hat (vgl. hierzu 1 OGE 2, 141 <146>). Dies wird regelmäßig durch eine nur unzureichende oder unterbleibende Beantwortung geeigneter Fragen im Laufe des Verfahrens, durch eine unzureichende oder unterbleibende Begründung einer Sanktionsentscheidung beziehungsweise durch eine unzureichende Darstellung der Erwägungen, die zu einer Sanktionsentscheidung zu führen vermocht haben, indiziert. Hat sich die Moderation nur unzureichend mit dem Sachverhalt und der Rechtslage vor dem Erlass einer Sanktion auseinandergesetzt, so kann diese das ihr durch die Spielregeln gegebene Ermessen nicht angemessen ausüben, sodass sich in diesem Falle der Ermessensspielraum der Moderation verkürzt und der der Kammer erweitert.


    bb) Nach diesen Maßstäben ist der Weg eines erweiterten Prüfungs- und Eingriffsspielraums des Obersten Gerichtes eröffnet. Die Widerspruchsbeklagte hat es nicht vermocht, den Erlass der Sanktion hinreichend zu begründen. Wenngleich der scharfe Charakter der streitgegenständlichen Äußerung evident sein dürfte, so ist das Erkennen auf Beleidigung immer an den tatbestandlichen Voraussetzungen, die sich aus den Spielregeln, vor allem § 13 ModAdminGG, zu messen. Die Moderation trägt jedoch nur vor, die Sanktionierung sei gerechtfertigt, weil sich die streitgegenständliche, polemisch gefasste, Aussage gegen ein Individuum - und nicht, wie in der in der linksradikalen Szene verbreiteten Parole "Deutschland, Du mieses Stück Scheiße" gegen eine Nation - richte, verweist auf die Möglichkeit einer weniger polemischen Fassung der streitgegenständlichen Aussage und wiederholt die Tatbestandsdefinition aus § 13 I ModAdminGG. Eine hinreichend tiefe Auseinandersetzung mit der Sach- und Rechtslage lässt die Moderation jedoch nicht erkennen, sodass von einem erweiterten Prüfungs- und Eingriffsspielraum der zweiten Kammer des Obersten Gerichtes auszugehen ist.


    b) Entgegen der Auffassung der Widerspruchsbeklagten - der Moderation - ist der Tatbestand der Beleidigung nach Auffassung der Kammer nicht erfüllt.


    aa) Als Beleidigung im Sinne des § 13 I ModAdminGG ist dabei objektiv eine Aussage zu werten, die in ihrem Kern darauf abzielt (!), die Ehre einer anderen Person anzugreifen, eine andere Person herabzuwürdigen oder verächtlich zu machen. Üblicherweise erfolgt dies durch Beschimpfungen. Ob eine Aussage jedoch tatsächlich als Beleidigung zu werten ist, kommt regelmäßig auch auf die kontextuelle Gesamtdynamik an, in der die streitgegenständliche Aussage gefallen ist. Insbesondere kann eine möglicherweise beleidigende Äußerung dann nicht sanktionierungswürdig sein, wenn sie als Reaktion auf eine schon provozierende Aussage oder im Kontext einer heftigen Diskussion erfolgt ist und nicht besonders schwer wiegt. Eine Aussage ist auch dann nicht als Beleidigung zu werten, wenn sich für einen objektiven Dritten zeigt, dass diese nicht auf den Angriff der Ehre einer Person abzielt, sondern Mittel zum Zweck für politische Kommunikation ist. Die Ehrverletzung muss dabei grundsätzlich auch auf die Person hinter dem SimOn-Charakter abzielen, oder jedenfalls so schwer wiegen, dass ein Durchschlag in das SimOff-Feld möglich erscheint. Ein reiner und nicht schwerwiegender Angriff des SimOn-Charakters ist indes regelmäßig nicht als Beleidigung im Sinne des Gesetzes über die Moderation, Administration und SimOff-Gerichtsbarkeit in der vBundesrepublik zu werten.


    bb) Nach Auffassung der Kammer ist die der streitgegenständlichen Verwarnung zu Grunde liegende Aussage als Angriff auf den SimOn-Charakter Enrico Meier zu werten. Diese Annahme lässt sich einerseits auf § 3 I vDGB stützen, da die Äußerung in einem SimOn-Bereich den Forums getätigt wurde. § 3 I vDGB kommt hierbei indizielle Wirkung zu; grundsätzlich besteht die widerlegliche Vermutung, dass ein im SimOn-Bereich des Forums verfasster Beitrag auch an einen SimOn-Charakter adressiert ist. Diese Vermutung kann durch den kontextuellen Zusammenhang und der Art und Weise, wie sich eine Aussage einem objektiven Dritten darstellt, widerlegt werden. Hierzu hat es die Widerspruchsbeklagte jedoch nicht vermocht, vorzutragen, noch konnte die Indizwirkung anderweitig widerlegt werden.


    cc) Entsprechend könnte die Aussage des Widerspruchsklägers nur unter den Voraussetzungen des § 13 I Satz 2 Halbsatz 2 ModAdminGG sanktioniert werden. Entsprechend müsste sich für einen objektiven Dritten zeigen, dass eine Aussage bewusst darauf ausgelegt ist, Empörung hervorzurufen, oder, dass eine Aussage den Simulationsfluss nach Art, Ausmaß und Häufigkeit in erheblichem Maße stört. Von Letzterem geht das Gericht indes nicht aus; vielmehr ist die Aussage des Widerspruchsklägers ein einmaliger polemisch gehaltener Angriff mit verhaltenen Reaktionen, sodass mitnichten von einer schweren Störung des Spielflusses gesprochen werden kann. Entsprechend kann dem Widerspruchskläger auch nicht unterstellt werden, er habe bewusst Empörung hervorrufen wollen, sodass unter diesem Gesichtspunkt auch nicht davon auszugehen ist, dass der polemisch gehaltene Angriff justiziabel ist. Zudem lässt sich die Aussage des Widerspruchsklägers dem Kontext nach als rhetorische Antwort auf die Aussage Enrico Meiers, er könne an dem Ausspruch "Deutschland, du mieses Stück Scheiße!" nichts Verwerfliches erkennen, einordnen, zumal ihr eine Diskussion über extremistische Strömungen vorausging. Zwar erkennt die Kammer an, dass möglicherweise auch eine abwertende Sinnrichtung der Aussage vorliegt, jedoch lässt sich dies nicht abschließend klären.


    dd) Nach alledem ist die Aussage des Widerspruchsklägers nicht als sanktionswürdig einzuordnen. Weder liegt eine eindeutig abwertende Sinnrichtung vor, noch lässt sich dem Widerspruchskläger unterstellen, er habe bewusst Empörung hervorrufen oder den Spielfluss in erheblichem Maße stören wollen. Damit sind die Anforderungen, die an eine Sanktion zu stellen sind, als nicht erfüllt anzusehen - auch vor dem Hintergrund der freien Rede für eine Politiksimulation (vgl. hierzu grundlegend 1 OGE 3,30). Auf Grund dessen sind, hierauf weist die Kammer nochmals gesondert hin, Erwägungen, ein Mitspieler hätte sich weniger überspitzt äußern können, verfehlt. Die Möglichkeit zur Überspitzung muss, vor allem in einer Politiksimulation, gegeben sein.


    III.


    Die Entscheidung erging mit 3 : 1 Stimmen und ist unanfechtbar.


    Berenson | Christ-Mazur | Kratzer | von Schöneberg


    OBERSTES GERICHT

    – OG D 4/22 –



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    Im Namen der Spielerschaft



    In dem Einspruchsverfahren festzustellen:



    1. Die Verwarnung durch die Moderation vom 11. Dezember 2022 wird aufgehoben.
    2. Die Moderation wird dazu verpflichtet, die festgesetzten Strafpunkte zu löschen.
    3. Hilfsweise: Die Verwarnung wird aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an die Moderation zurückverwiesen.


    Antragsteller: Herr Nathan Lefévre, vertreten durch sich selbst;


    Antragsgegner: Moderation der vBundesrepublik, vertreten durch Frau Kathrin Hirsch;


    hat das Oberste Gericht - zweite Kammer - unter Mitwirkung der Richterin und der Richter


    Berenson,


    Christ-Mazur,


    Kratzer,


    von Schöneberg


    am 19. Februar 2023 beschlossen:


    1. Die Verwarnung durch die Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2022 wird aufgehoben.

    2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die festgesetzten Strafpunkte zu löschen.

    3. Die Sache wird an die Antragsgegnerin zurückverwiesen.


    Gründe:


    Der Antragsteller hat die zweite Kammer des Obersten Gerichts angerufen und um Rechtsschutz mit dem Ziel, die Aufhebung einer durch ihm durch die Antragsgegnerin erteilten Verwarnung in Höhe von zehn Strafpunkten auf Grund von Trolling und Diskriminierung sowie die Löschung der festgesetzten Strafpunkte zu erwirken, ersucht.


    A.


    I.


    Zum streitgegenständlichen Sachverhalt ist grundlegend wie folgt auszuführen:


    1. Der Antragsteller hat einen Account auf vTwitter, dem damaligen Twitter-Äquivalent der Politiksimulation vBundesrepublik, betrieben. Am 11. und 12. Oktober 2022 hat er sich dort im Zuge einer dort stattfindenden Debatte über Transsexualität und dem politischen Umfang mit jener Angelegenheit wie folgt zu äußern vermocht. Am 11. Oktober 2022 hat er sich um 23:53 Uhr wie folgt geäußert: "Psychiatrische Gutachten für psychische Störungen sind durchaus sinnvoll. Weiters finde ich Ihre Wahl von 'trans' als Adjektiv zur bewussten Normalisierung solcher entarteten Lebensentwürfe einfach nur erbärmlich. Bei den Erkrankten handelt es sich um sog. Transmenschen nicht trans Menschen." Am 12. Oktober 2022 hat sich dieser um 00:32 Uhr wie folgt geäußert: "Was ist bitte daran menschenverachtend, psychische Erkrankungen therapieren zu wollen, anstatt die Betroffenen in ihren Vorstellungen zu bestärken? Man sagt doch auch nicht zu einem paranoiden Schizophreniker, die Stimmen seien real." Schlussendlich hat der Antragsteller am 12. Oktober 2022 um 21:32 Uhr mit "Sie haben absolut recht. Männer, die sich Perücken aufsetzen und behaupten, sie seien jetzt Frauen, sind lächerlich. Trotzdem gehört ihnen geholfen, was sie ja verhindern wollen." die letzte der streitgegenständlichen Verwarnung zu Grunde liegende Äußerung getätigt.


    2. Daraufhin hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Verwarnung in Höhe von zehn Strafpunkten erteilt. Sowohl der Tatbestand des Trollings i. S. v. § 8 I Nr. 2 i. V. m. § 9 ModAdminG a. F. als auch der Tatbestand der Diskriminierung i. S. v. § 8 I Nr. 4 i. V. m. § 11 II ModAdminG a. F. seien erfüllt. Wegen der besonderen Schwere der behaupteten Verstöße sei auf 10 Strafpunkten zu erkennen gewesen.


    II.


    Der Antragsteller hält seine Anträge für zulässig und begründet und beantragt, die fragliche Verwarnung aufzuheben. Diese sei schon formell rechtswidrig, da sich die Begründung in der Wiederholung der vermeintlich einschlägigen Tatbestände erschöpfe. Zudem sei zu bezweifeln, ob die Moderation überhaupt Beiträge auf vTwitter sanktionieren könne; es lägen weder Trolling noch Diskriminierung vor.


    III.


    Da sich die Begründung der Moderation im Wesentlichen auf die wiederholte Nennung der vermeintlich einschlägigen Tatbestände ohne konkreten Bezug auf die der Verwarnung zu Grunde liegenden Äußerungen beschränkt, hat die Kammer am 14. Februar 2023 einen Hinweisbeschluss erlassen, mit dem nähere Informationen über die konkreten Aspekte, die die Antragsgegnerin zum Erkennen auf den Tatbestand des Trollings i. S. v. § 8 I Nr. 2 i. V. m. § 9 ModAdminG a. F. und den Tatbestand der Diskriminierung i. S. v. § 8 I Nr. 4 i. V. m. § 11 II ModAdminG a. F. sowie zur Zumessung des Höchststrafmaßes von 10 Strafpunkten verleitet haben, eingeholt werden sollten. Eine Erwiderung ist ebenso wenig wie ein Antrag auf Gewährung einer Fristverlängerung zur Stellungnahme erfolgt; auch sonst blieb der Sachverhalt durch die Antragsgegnerin unkommentiert.


    B.


    Die Anträge sind zulässig. Der Rechtsweg ist nach § 4 III Nr. 2 ModAdminGG eröffnet; die Form- und Fristerfordernisse aus § 19 ModAdminGG sind gewahrt.


    C.


    Die Anträge sind auch begründet. Die angegriffene Verwarnung ist schon formell rechtswidrig.


    I.


    1. Die formelle Rechtmäßigkeit bei Entscheidungen der Moderation ist dann strittig, wenn die Zuständigkeit der Moderation für die Entscheidung über einen möglicherweise zu sanktionierenden Sachverhalt strittig ist, oder möglicherweise Verfahrensvorschriften des Gesetzes über die Moderation, Administration und SimOff-Gerichtsbarkeit nicht eingehalten wurden. So liegt es hier, da durch den Antragsteller die Begründung insoweit gerügt wird, als dass sie sich in der Begründung der vermeintlich einschlägigen Tatbestände erschöpfe.


    2. Im Verfahren ist eine hinreichende Auseinandersetzung der Moderation mit einem Sachverhalt unerlässlich; diese muss diese spätestens im gerichtlichen Verfahren erkennen lassen. Nach § 9 II Sätze 1 und 4 ModAdminGG ist die Entscheidung über die Verhängung einer Sanktion "kurz zu begründen", wobei die "wesentlichen tatsachenbezogenen und normativen Grundlagen" und "welche wesentlichen Gesichtspunkte zur Strafzumessung geführt haben" erkennen zu lassen sind. Demgemäß ist es nicht erforderlich, dass die Moderation Ausführungen zur Prüfung aller Verbotstatbestände in ihre Begründung einer Sanktion aufnimmt. Spätestens jedoch im gerichtlichen Verfahren hat die Moderation sämtliche Erwägungen, die in die fragliche Entscheidungsfindung eingeflossen sind, offenzulegen; andernfalls würde es dem Obersten Gericht verunmöglicht, den Sachverhalt zweifelsfrei von Amts wegen, zu prüfen, ob die Sanktion materiell rechtmäßig ist, und, ob die Moderation ermessensfehlerhaft gehandelt hat. Dieser Fall ist daher mit einer unterlassenen Begründung i. S. v. § 19 VII Satz 2 Nr. 1 ModAdminGG gleichzusetzen und im Sinne des Antragstellers (vgl. 1 OGE 2, 155 <158>; OG, Beschluss der zweiten Kammer vom 23. Januar 2023 - OG D 2/22) auszulegen.


    II.


    Diesen Maßstäben genügt die Begründung der streitgegenständlichen Entscheidung nicht. Diese erschöpft sich nämlich in der Wiederholung der vermeintlich einschlägigen Tatbestände und in das Aufstellen von Behauptungen, ohne konkret auf die durch den Antragsteller getätigten Aussagen abzustellen. Im gerichtlichen Verfahren hat sich die Antragsgegnerin nicht zu äußern vermocht, womit es dem Gericht verunmöglicht wird, die Erwägungen der Antragsgegnerin, die zur Strafzumessung geführt haben, nachzuvollziehen. Somit ist es nicht möglich, Ermessensfehlerhaftigkeit auszuschließen.


    III.


    Die Sache wird an die Antragsgegnerin zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.


    1. Die Kammer kann bei Verfahrensmängeln die Entscheidung ohne Prüfung der materiellen Rechtswidrigkeit aufheben und zurückverweisen, sofern die materielle Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich ist. Dabei ist die Bewertung, ob eine erneute und einem rechtmäßigen Verfahren zugrundeliegende Bewertung und Entscheidung zielführend ist, entscheidend (vgl. 1 OGE 2, 155 <158>; OG, Beschluss der zweiten Kammer vom 23. Januar 2023 - OG D 2/22).


    2. Nach diesen Maßstäben ist die Sache an die Moderation zurückzuverweisen. Bei dem Nichterfüllen der Begründungserfordernisse handelt es sich um einen Verfahrensfehler (§ 19 VII Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 ModAdminGG). Eine erneute Entscheidung ermöglicht der Moderation die erneute Prüfung der Tatbestandsmerkmale unter Berücksichtigung der von dem Einspruchsführer in seinem Schriftsatz geäußerten materiellen Bedenken. Sie ist demnach vorliegend zweckmäßig.


    D.


    1. Auf eine mündliche Verhandlung wurde nach § 17 IV ModAdminGG verzichtet.


    2. Die Entscheidung ist im Ergebnis einstimmig ergangen und ist unanfechtbar.


    Berenson | Christ-Mazur | Kratzer | von Schöneberg

    OBERSTES GERICHT

    – 4 BvQ 1/22 –


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    Im Namen des Volkes



    In dem Verfahren
    über die Anträge,

    im Wege der einstweiligen Verfügung,


    1. es dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, sich wie nachstehend wiedergegeben zu äußeren beziehungsweise äußern zu lassen: "Es werden bevorzugt Mandanten mit korrekter ideologischer Gesinnung angenommen. Eine rechtliche Erstberatung, sowie die Vertretung von Personen mit einem Bruttomonatsgehalt von unter 4000 Euro werden gratis vorgenommen.", wie in dem Kanzleiauftritt vom 25.11.2022, abrufbar unter Anwaltskanzlei Roter Stern, geschehen.


    2. dem Antragsgegner die Kosten des Verfahren aufzuerlegen,


    Antragstellerin:
    Kanzlei von Gierke und Partner PartG mbB


    - Prozessbevollmächtigter: Herr Rechtsanwalt Roland von Gierke


    Antragsgegner:

    Herr Rechtsanwalt Rainer Maria Mielke



    hat das Oberste Gericht – Vierter Senat – unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter


    Präsidentin Christ-Mazur,


    Vizepräsident Müller,


    Neuheimer,


    Langenfeld


    am 10. Februar 2023 beschlossen:


    1. Dem Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, sich im Wortlaut oder dem Sinne nach wie folgt zu äußern oder äußern zu lassen: "Es werden bevorzugt Mandanten mit korrekter ideologischer Gesinnung angenommen. Eine rechtliche Erstberatung, sowie die Vertretung von Personen mit einem Bruttomonatsgehalt von unter 4000 Euro werden gratis vorgenommen.".


    2. Dem Verfügungsbeklagten wird für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1. ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro angedroht.


    3. Der Antrag auf Androhung einer Ordnungshaft bei Zuwiderhandlung wird als unzulässig abgewiesen.


    4. Der Streitwert wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.


    5. Der Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.


    Gründe:


    A.


    Die Verfügungsklägerin, eine Rechtsanwaltskanzlei, wendet sich mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den öffentlich einsehbaren Kanzleiauftritt des Verfügungsbeklagten, der selbst ebenfalls als Rechtsanwalt tätig ist und somit in Wettbewerb zu der Verfügungsklägerin steht. Sie macht gegenüber dem Verfügungsbeklagten wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 03. März 2010 (BGBl. I S. 254), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 18. April 2019 (BGBl. I S. 466) geltend.


    I.


    Am 25. November 2022 hat sich der Verfügungsbeklagte, mithin als Rechtsanwalt tätig, mit Informationen über seine Tätigkeit als Rechtsanwalt an die Öffentlichkeit gewandt. Auf jenem Kanzleiauftritt hat der Verfügungsbeklagte sich wie folgt geäußert oder äußern lassen: "Es werden bevorzugt Mandanten mit korrekter ideologischer Gesinnung angenommen. Eine rechtliche Erstberatung, sowie die Vertretung von Personen mit einem Bruttomonatsgehalt von unter 4000 Euro werden gratis vorgenommen."


    II.


    1. Der Verfügungskläger macht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 3a UWG, § 8 I UWG, § 8 III Nr. 1 UWG geltend. Zur Begründung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung führt er im Wesentlichen aus, das Sachlichkeitsgebot aus § 43b BRAO sowie das grundsätzliche Verbot des Verlangens niedrigere Gebühren, als durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorgesehen - dies sei nur im EInzelfall zulässig -, stünden der Art und Weise der Ansprache potenzieller Mandanten durch den Verfügungsbeklagten über dem Kanzleiauftritt entgegen. Der Verfügungsgrund sei nach § 12 I UWG im Zuge der widerleglichen Dringlichkeitsvermutung ex ante als gegeben anzusehen.


    2. Nach Auffassung des Verfügungsbeklagten sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzulehnen, habe dieser nämlich die streitgegenständlichen Äußerungen im Kanzleiauftritt doch entfernt. Der Verfügungskläger hat dem widersprochen; Ausräumen der Wiederholungsgefahr sei grundsätzlich nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung möglich. Nach weiterem Schriftverkehr gab der Verfügungsbeklagte eine einseitige Unterlassungserklärung ab, der der Verfügungskläger jedoch mit Verweis auf auf Provokation gerichtete Polemik und die Begrenzung des Tenors auf wortgleiche Verstöße widersprach.


    3. Der Verfügungskläger beantragt, den Anträgen stattzugeben. Der Verfügungsbeklagte hingegen beantragt, das Verfahren wegen Erledigung einzustellen.


    III.


    Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte verwiesen.


    B.


    Die überwiegend zulässigen Anträge (I.) sind begründet (II.)


    I.


    1. Das Oberste Gericht ist nach § 20 II Nr. 3 vDGB, § 6 II OGG und § 937 I ZPO zuständig. Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sind statthaft. Die Antragstellerin macht Individualansprüche geltend, die nicht auf Geldzahlungen gerichtet sind. Die Antragstellerin ist nach § 50 I ZPO und § 7 II PartGG in Verbindung mit § 124 I HGB parteifähig; der Antragsgegner ist nach § 50 I ZPO und § 1 BGB parteifähig.


    2. Es liegen behaupteter Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund vor; die Antragstellerin hat hinreichend dargelegt, möglicherweise in ihren subjektiven Rechten verletzt zu sein und ist damit antragsbefugt (Möglichkeitstheorie). Ferner ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin gegeben. Sie hat ein berechtigtes Interesse daran, dass das vorliegende streitige Rechtsverhältnis alsbald durch richterliche Entscheidung geregelt wird.


    3. Der Antrag auf ersatzweise Androhung einer Ordnungshaft ist jedoch unzulässig, da diese nicht sinnvoll simuliert werden kann. Das Oberste Gericht ist nämlich dazu gehalten, staatliches Recht im Einklang mit den in der Simulation gegebenen Befindlichkeiten anzuwenden (vgl. 1 OGE 3, 11 <15>; 3, 30 <37f.>; 3, 95 <99>; 3, 106 <109>; 3, 131 <191, 194>; 2 OGE 1, 19 <23> m. w. N.; stRspr.). Mit einer Ordnungshaft ginge im SimOff eine zwangsläufige Einschränkung der Freiheit einer Person durch entsprechende Vollzugsbehörden einher, die jedoch in der Realität der Simulation nicht einschlägig greifen. Die einzig theoretisch denkbare Möglichkeit wäre das Verhängen einer Sperre, die ihre gesetzlichen Grundlagen jedoch nicht im SimOn-Recht findet. Entsprechend ist der Antrag auf ersatzweise Androhung einer Ordnungshaft unzulässig.



    II.


    1. Nach § 18 I OGG, § 12 I UWG kann das Oberste Gericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile - etwa die Vereitelung oder Erschwerung der Verwirklichung des in der Hauptsache geltend zu machenden Rechts -, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Voraussetzungen sind einerseits ein Verfügungsanspruch, der auf die vorläufige Befriedigung des Verfügungsklägers gerichtet ist, andererseits ein Verfügungsgrund (3.). Diese sind vorliegend gegeben.


    2. Der Verfügungsanspruch ist gegeben.


    a) Wiederholungsgefahr ist gegeben.


    Die Gefahr der erneuten Begehung einer rechtsverletzenden Handlung - die Begehungsgefahr ist Voraussetzung eines jeden Unterlassungsanspruches - ist bereits durch das erstmalige Vornehmen der streitgegenständlichen Äußerungen indiziert und konnte vorliegend nicht ausgeräumt werden. Der Umstand, dass der Verfügungsbeklagte die streitgegenständlichen Äußerungen aus seinem Kanzleiauftritt entfernt hat, begründet nicht das Ausräumen der Wiederholungsgefahr. Hieran müssen höhere Anforderungen gestellt werden.


    aa) Durch die Aufgabe des rechtsverletzenden Verhaltens entfällt die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht. Die aus einem früheren rechtswidrigen Handeln erfahrungsgemäß abgeleitete ernsthafte Besorgnis, dass der Verletzer auch weiterhin in gleicher Weise handeln wird, endet daher im Allgemeinen nicht aufgrund der Aufgabe der Betätigung, in deren Rahmen die Verletzung erfolgt ist (vgl. BGH, Urteil vom 02.10.2012, I ZR 82/11, Tz. 58 - Völkl, m. w. N.). Solange nicht auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme ähnlicher Tätigkeiten durch den Verletzer beseitigt ist, ist das Fortbestehen der Wiederholungsgefahr indiziert. Regelmäßig kann die indizierte Wiederholungsgefahr nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (vgl. BGH, Urteil vom 16.01.1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 f. = WRP 1992, 314 - Jubiläumsverkauf, m. w. N.).


    bb) Gleichwohl ist die durch den Verfügungsbeklagten abgegebene "Unterlassungserklärung", die jener, nachdem der Verfügungskläger seine Rechtsauffassung, dass nur durch eine solche die Wiederholungsgefahr ausgeräumt werden könne, dargelegt hat, nicht geeignet, das Ausräumen der Wiederholungsgefahr zu begründen.


    (1) (aa) Nach ständiger Rechtsprechung kann der Verletzer die durch einen Wettbewerbsverstoß begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr grundsätzlich nur dadurch ausräumen, dass er gegenüber dem Gläubiger des Unterlassungsanspruchs eine uneingeschränkte, bedingungslose und durch ein Vertragsstrafeversprechen angemessen zu sichernde Unterlassungsverpflichtung eingeht (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.1987, Az. I ZR 153/8, GRUR 1987, 748, 749 = WRP 1987, 724, 725 – Getarnte Werbung II; stRspr.). Eine vom Schuldner abgegebene einseitige strafbewehrte Unterlassungserklärung lässt, wenn sie ernsthaft ist, inhaltlich auch den an eine solche Erklärung zu stellenden Anforderungen entspricht und auf das Vorhandensein eines Rechtsbindungswillens schließen lässt, die Wiederholungsgefahr unabhängig von einer Annahmeerklärung des Gläubigers und daher gegebenenfalls auch schon vor einer solchen entfallen.


    (bb) Ob ein Rechtsbindungswille vorhanden ist, ist nicht nach dem nicht in Erscheinung getretenen inneren Willen des Leistenden zu beurteilen, sondern danach, ob der Leistungsempfänger unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste. Es kommt darauf an, wie sich dem objektiven Beobachter das Handeln des Leistenden darstellt (§ 157 BGB).


    (2) Nach diesen Maßstäben ist die Frage, ob dem Verfügungsbeklagten im Zuge des Abgebens seiner "Unterlassungserklärung" ein Rechtsbindungswille zuzurechnen ist, zu verneinen. Diese ist polemisch gehalten und evident auf Provokation gerichtet; dem Verfügungskläger wird implizit unterstellt, er richte sich gegen das sogenannte "Menschenwohl". Zudem stellt die abgegebene Erklärung nicht auf vergleichbare Verstöße ab, sondern nur die durch den Verfügungsbeklagten bei Erstverstoß verwendete Formulierung. Insoweit ist nicht davon auszugehen, dass der Verfügungsbeklagte gewillt ist, sich ernsthaft zur Unterlassung zu verpflichten; die Wiederholungsgefahr bleibt somit nach wie vor indiziert.


    b) Nach vorläufiger summarischer Prüfung der Sachlage steht der Verfügungsklägerin ein Unterlassungsanspruch aus § 8 I UWG, § 8 III Nr. 1 UWG, § 3 UWG, § 3a UWG in Verbindung mit § 4 RVG, § 43b und § 49b BRAO zu.


    aa) Der Kanzleiauftritt des Verfügungsbeklagten ist auf den Gewinn von Mandanten gerichtet und stellt somit eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 I Nr. 2 UWG dar. Hinweise des Verfügungsbeklagten, es würden grundsätzlich kostenlose rechtsanwaltliche Dienstleistungen für bestimmte Einkommensgruppe angeboten, sind mit § 49b BRAO nicht zu vereinbaren; § 49b I Satz 2 BRAO erlaubt Unterschreitungen der normierten Mindestsätze hinsichtlich der Gebühren für rechtsanwaltliche Dienstleistungen nur im Einzelfall (!) - ein dem zuwiderlaufendes allgemeines Angebot kostenloser rechtsanwaltlicher Dienstleistungen für Personen bestimmter Einkommensgruppen ist somit evident unzulässig; nichts anderes ergibt sich aus § 4 RVG. Ferner liegt auch ob der umgangssprachlichen, preisbezogenen Ansprach ("gratis") ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot aus § 43b BRAO vor.


    bb) Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) sind Normen, die im Sinne von § 3a UWG wettbewerbssteuernd wirken und die Stellung des Rechtsanwalts als "unabhängiges Organ der Rechtspflege" (§ 1 BRAO) sichern sollen. Wie der Verfügungskläger zutreffend ausführt, steht dem ein Weg "ungezügelten Preiswettbewerbs nach unten", wie in der Verfügungsbeklagte beschreiten wollte, entgegen Der Verfügungsbeklagte hat nach summarischer Prüfung der Sachlage gegen die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften verstoßen, was nach §§ 3a UWG, 3 I UWG unzulässig ist. Der Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers ergibt sich aus §§ 8 I UWG, 8 III Nr. 1 UWG.


    3. Darüber hinaus liegt auch ein Verfügungsgrund vor.


    Ein Verfügungsgrund ist nicht schon deshalb gegeben, weil die Gefahr besteht, dass die zu unterlassen beantragte Handlung wiederholt werden könnte. Ein Verfügungsgrund ist nur dann festzustellen, wenn das Begehren des Verfügungsklägers dringlich ist und es ihm nicht zugemutet werden kann, den Weg des Hauptsacheverfahrens einzuschlagen und in diesem auf den Erlass eines Vollstreckungstitels zu warten. Ausnahmsweise ist das Darlegen dieser besonderen Eilbedürftigkeit nicht notwendig, wenn der Gesetzgeber vermutet, dass diese ex ante gegeben ist, was nach § 12 I UWG im Wettbewerbsrecht der Fall ist (vgl. insoweit auch OLG Celle, Urteil vom 31.07.2008, Az. 13 U 69/08). So liegt es hier.


    C.


    1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 II Satz 1 ZPO.


    2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO, § 51 II GKG.


    3. Gegen diesen Beschluss ist der Widerspruch nach § 18 III OGG zulässig. Dieser ist dem Gericht in schriftlicher Form zukommen zu lassen und soll eine Begründung unter Darlegung der Gründe, die für die Aufhebung geltend gemacht werden, enthalten. Eine Frist ist nicht einzuhalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.


    4. Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.



    Christ-Mazur | Müller | Neuheimer | Langenfeld

    OBERSTES GERICHT

    – OG D 4/22 –

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    Im Namen der Spielerschaft



    In dem Einspruchsverfahren



    des Herrn Nathan Lefévre


    gegen den Beschluss der Moderation vom 11. Dezember 2022


    hier: Richterablehnungsgesuch



    hat das Oberste Gericht - Zweite Kammer - unter Mitwirkung der Richterin und der Richter


    Berenson,


    Christ-Mazur,


    Kratzer,


    von Schöneberg


    am 08. Februar 2023 beschlossen:


    Das Ablehnungsgesuch gegen Richter Friedländer wird verworfen.


    Gründe:


    Das Ablehnungsgesuch gegen den Richter Friedländer ist als unzulässig zu verwerfen, da der Richter vor Beginn der Beratungen des vorliegenden Verfahrens durch die zweite Kammer des Obersten Gerichtes seine Tätigkeit an der zweiten Kammer des Obersten Gerichtes bereits beendet hat. Mit der Beendigung der Tätigkeit als Richter der zweiten Kammer am Obersten Gericht erledigt sich auch das Richterablehnungsgesuch.


    Die Entscheidung ist unanfechtbar.



    Berenson | Christ-Mazur | Kratzer | von Schöneberg

    715-logo-klein-png



    BEKANNTMACHUNG



    Nach dem Rücktritt von Richter Neuheimer als Vizepräsident des Obersten Gerichts erging am heutigen Tage, dem 04. Februar 2023, folgender einstimmiger Beschluss des Plenums:


    1. Dr. Viktoria Christ-Mazur verbleibt Präsidentin des Obersten Gerichtes.

    2. Dr. Helmut Müller wird zum Vizepräsidenten des Obersten Gerichtes bestimmt.


    Christ-Mazur | Müller | Neuheimer | Langenfeld

    715-logo-klein-png



    BEKANNTMACHUNG



    Nach dem Ausscheiden des ehemaligen Vizepräsidenten des Obersten Gerichtes, Prof. Dr. Robert Geissler, aus dem Amt des Obersten Richters und Vizepräsidenten des Obersten Gerichts erging am heutigen Tage, dem 31. Januar 2023, folgender einstimmiger Beschluss des Plenums:


    1. Dr. Viktoria Christ-Mazur verbleibt Präsidentin des Obersten Gerichtes.

    2. Nils Neuheimer wird zum Vizepräsidenten des Obersten Gerichtes bestimmt..


    Christ-Mazur | Neuheimer | Langenfeld

    Ja, ich habe tatsächlich etwas geschlampt beim Schreiben^^. Die §§ 10 bis 16, die die Verbote regeln, dürften aber i. O. sein, da habe ich gerade nachgeguckt.


    Das ganze Gesetz für nichtig zu erklären, sehe ich aber nicht, weil es m. E. kein übergeordnetes SimOff-Recht hierzu gibt. Ohne die Rechtslage genauer überprüft zu haben, gilt aber das Bestimmtheitsgebot aus § 5 III ModAdminGG, § 1 StGB.

    OBERSTES GERICHT

    – 4 BvQ 2/22 –


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    Im Namen des Volkes



    In dem Verfahren
    über die Anträge,

    im Wege der einstweiligen Verfügung,


    1. es dem Antragsgegner – besonderer Dringlichkeit wegen, ohne mündliche Verhandlung – auf dem Wege der Einstweiligen Verfügung aufzugeben, die – bei Meidung ist für jeden Fall der Zuwiderhandlung durch das Gericht ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren festzusetzen – Behauptung und/oder Verbreitung der falschen Tatsache, der Antragssteller sei Nationalsozialist, zu unterlassen;


    2. dem Antragsgegner die Kosten des Verfahren aufzuerlegen;


    Antragsteller:
    - Herr Nathan Lefévre, vertreten durch die eigene Person;


    Antragsgegner:

    - Frau Ella von Angern, vertreten durch die eigene Person;



    hat das Oberste Gericht – Vierter Senat – unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter


    Präsidentin Christ-Mazur,


    Vizepräsident Geissler,


    Neuheimer,


    Langenfeld


    am 03. Januar 2023 beschlossen:


    1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.


    2. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Verfahrens.


    Gründe:


    I.


    1. Die Verfügungsbeklagte äußerte sich am 25. Dezember 2022 wie folgt auf der Social-Media-Plattform Twitter: "Was macht ein Nationalsozialist, der mit seiner Landesregierung Arbeitslager für Migranten schafft, in der LIBERAL-KONSERVATIVEN Allianz?" Daraufhin widersprach der Verfügungskläger noch am gleichen Tage, äußerte, es würden keine Arbeitslager für Migranten geschaffen und warf der Verfügungsbeklagten Verharmlosung des Nationalsozialismus' vor. Die Verfügungsbeklagte replizierte wie folgt: "Nö, ich merke nur an, das [sic!] Sie einer sind."


    2. Der Verfügungskläger nimmt die Verfügungsbeklagte auf einstweilige Unterlassung in Anspruch und beantragt, "es dem Antragsgegner [...] auf dem Wege der Einstweiligen Verfügung aufzugeben, die – bei Meidung ist für jeden Fall der Zuwiderhandlung durch das Gericht ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren festzusetzen – Behauptung und/oder Verbreitung der falschen Tatsache, der Antragssteller sei Nationalsozialist, zu unterlassen". Die Bezeichnung des Verfügungsklägers als "Nationalsozialist" stelle eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, die geeignet sei, ihm und seinem Ruf schweren Schaden zuzufügen.


    3. Die Verfügungsbeklagte rechtfertigt die Bezeichnung des Verfügungsklägers als "Nationalsozialist" mit Verweis auf sein Handeln und Wirken als Politiker und Mitglied der Bayerischen Staatsregierung sowie mit Verweis auf seine im Zuge dessen getätigten Äußerungen. Dies beträfe insbesondere seine Haltung zu Transsexualität und das behauptete Errichten von Arbeitslagern für Migranten.


    4. Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte verwiesen.


    II.


    Der zulässige Antrag ist unbegründet. Ein Verfügungsanspruch ist nach vorläufiger Prüfung der Sachlage gegeben (2.); jedoch ermangelt es an dem Verfügungsgrund (3.).


    1. Die Hauptsache wird durch den Antrag nicht vorweggenommen. Bei unterstelltem Bestehen des Unterlassungsanspruchs wäre die Verfügungsbeklagte verpflichtet, die streitgegenständliche Äußerung zu unterlassen. Dieser zukunftsbezogener Anspruch trägt den Charakter einer absoluten Fixschuld, weil ein Unterlassen per se nicht nachgeholt werden kann. Somit droht bei der Wiederholung der beanstandeten Äußerungen der Anspruch zeitanteilig unmöglich im Sinne von § 275 I BGB zu werden. Damit geht es vorliegend um die Sicherung eines Anspruchs und nicht dessen vorläufige Erfüllung; das Begehren ist somit als Sicherungsverfügung einzuordnen.


    2. Ein Verfügungsanspruch ist gegeben. Nach vorläufiger Prüfung der Sachlage steht dem Verfügungskläger möglicherweise ein Unterlassungsanspruch nach §§ 1004 I BGB, 823 II BGB, §§ 186 f. StGB zu. Der Verfügungskläger begehrt die Wahrung seines Persönlichkeitsrechtes. Ob eine tatsächliche Verletzung dieses Persönlichkeitsrechtes des Verfügungsklägers durch die Verfügungsbeklagte vorliegt, ist jedenfalls in einem Hauptsacheverfahren zu klären. Eine solche Verletzung lässt sich jedoch nicht ex ante ausschließen. Insoweit ist ein strittiges Rechtsverhältnis gegeben und das Ergebnis im Hauptsacheverfahren als offen anzusehen. Der vorliegende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist jedenfalls geeignet und statthaft, um die behauptet verletzten Rechte der Antragstellerin vorläufig zu sichern.


    3. Ein Verfügungsgrund ist jedoch nicht gegeben.


    a) Ein Verfügungsgrund ist nicht schon deshalb gegeben, weil die Gefahr besteht, dass die zu unterlassen beantragte Handlung wiederholt werden könnte. Ein Verfügungsgrund ist nur dann festzustellen, wenn das Begehren des Verfügungsklägers dringlich ist und es ihm nicht zugemutet werden kann, den Weg des Hauptsacheverfahrens einzuschlagen und in diesem auf den Erlass eines Vollstreckungstitels zu warten, weil ansonsten die Verwirklichung des Rechts der verfügungsklagenden Partei wesentlich erschwert oder verunmöglicht würde (§ 935 ZPO). Es kann weiter an einem Verfügungsgrund fehlen, wenn die Verfügungsklägerin ihre Rechte einstweilen selbst gewahrt hat oder hätte wahren können. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn ihm eine Gegenäußerung möglich ist oder war und er somit sein schutzwürdiges Interesse durch eine Gegenäußerung geltend machen kann oder hätte machen können.


    b) Nach diesen Maßgaben legt der Verfügungskläger das Vorliegen des für die Stattgabe des Antrages notwendigen Verfügungsgrund nicht hinreichend dar. Er zeigt nicht schlüssig auf, warum dieser gegeben sein soll, zumal nicht ersichtlich wird, dass durch den Nichterlass der einstweiligen Verfügung eine wesentliche Erschwerung oder Verunmöglichung des geltend gemachten Rechts folgen wird; die bloße Behauptung mit dem Verweis auf den evident ehrrührigen Charakter der Bezeichnung als "Nationalsozialist", dass ein Rufschaden irgendwann eintreten könne und der Verweis auf eine zeitliche Nähe zu irgendwelchen nicht näher bestimmten Wahlen ist jedenfalls nicht hinreichend geeignet zur Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes nach § 920, 935 ZPO. Die Notwendigkeit des Erlasses der einstweiligen Verfügung wird nicht aus den Ausführungen des Verfügungsklägers ersichtlich. Dazu war es ihm nach Auffassung des Gerichts durch eine Gegenäußerung grundsätzlich möglich und zumutbar, seine Rechte in hinreichendem Umfang vorerst selbst zu wahren.


    III.


    1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO (Antrag zu 2.).


    2. Auf Antrag des Verfügungsklägers und der Dringlichkeit wegen wurde nach § 937 II ZPO auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.


    3. Gegen diesen Beschluss ist der Widerspruch nach § 18 III OGG zulässig. Dieser ist dem Gericht in schriftlicher Form zukommen zu lassen und soll eine Begründung unter Darlegung der Gründe, die für die Aufhebung geltend gemacht werden, enthalten. Eine Frist ist nicht einzuhalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.


    4. Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.



    Christ-Mazur | Geissler | Neuheimer | Langenfeld

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    BEKANNTMACHUNG



    Es wird bekanntgegeben, dass für Frau Dr. Simone Langenfeld keine Nachwahl hat gemäß § 5a II vDGB in Verbindung mit § 3 III OGG durchzuführen ist. Die Inaktivitätsmeldung durch den Bot ist vorliegend nachweislich fehlerhaft; eine vierzehntägige Inaktivität konnte widerlegt werden. Entsprechend bleibt Frau Dr. Simone Langenfeld weiterhin im Amt.


    Karlsruhe, 25. Dezember 2022.


    Christ-Mazur | Geissler | Neuheimer