Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Frau
Bundeskanzlerin,
mit erschrecken muss
ich nach der Rede der Bundeskanzlerin feststellen, dass die aktuell
anhaltende Wirtschaftskrise nicht im geringsten im Blickfeld der
Bundesregierung liegt. In der gesamten Regierungserklärung ist
kein Wort darüber zu finden, welche Investitionen getätigt werden
sollen, um die Wirtschaft zu stimulieren. Ich kann mich außerdem dem
Eindruck nicht erwehren, dass die Bundesregierung die
Wirtschaftskrise gar leugnet, denn wer von Steuersenkungen und
Schuldenabbau spricht, braucht nach dem in der Volkswirtschaft
gängigen Prinzip des antizyklischen Handels eine florierende
Wirtschaft. Wie uns die führenden Wirtschaftsinstitute vor kurzem
vorgerechnet haben, wächst unsere Wirtschaft lediglich um 0,1 % bis
zum Ende dieses Jahres. Eine florierende Wirtschaft würde ich das
nicht nennen! Nimmt man die Rezession aus dem vergangenen Jahr mit
dazu, dann kann man mit Fug und Recht von einer Wirtschaftskrise
sprechen.
Wenn die Wirtschaft
schwächelt, muss investiert werden, damit sich die Wirtschaft wieder
erholen kann. Es sind also Investitionen notwendig und es gibt
genügend Möglichkeiten zu investieren. Alleine wenn man sich den
Zustand unserer Straßen, unserer Bahnanlagen, unserer Schulen und
unseres Sozialsystem anschaut, fällt auf, dass es in all diesen
Bereichen an Investitionen fehlt. Wenn diese Bereiche keine weiteren
Investitionen bekommen, dann werden die Mängel immer größer und
Investitionen müssen im größer ausfallen, um die Mängel zu
beheben. In der aktuellen Situation kommen also zwei für die
Wirtschaft äußerst negative Faktoren zusammen. Zum einen erleben
wir eine Wirtschaftskrise und zum anderen verrottet die Infrastruktur
und die staatlichen Einrichtungen. Weil die marode Infrastruktur sich
nicht einfach von selbst verbessern wird, wird sich bei keinen
weiteren Investitionen die Wirtschaft nicht erholen, sondern im
Gegenteil immer weiter abschmieren. So viele Steuern kann die
Bundesregierung gar nicht senken, um diesen immer größer werdenden
Wettbewerbsnachteil wieder ausgleichen zu können. Wir stehen also am
Anbeginn eines Teufelskreises, wenn jetzt nicht in die Wirtschaft,
Infrastruktur und staatliche Einrichtungen investiert wird.
Dass die
Bundesregierung sich in einer anderen Realität befindet, zeigen auch
die Äußerungen zur Migrationspolitik. Die Bundesregierung stellt
sich nämlich vor alle Menschen ohne Aufenthaltstitel abzuschieben.
Menschen ohne Aufenthaltstitel sind nämlich auch geduldete, die
formal keine Aufenthaltstitel haben. Aber Geduldete sind eben Menschen,
die nicht abgeschoben werden können, weil es menschenrechtliche
Bedenken gibt oder weil es schlicht keine Vertrag mit dem Land gibt,
in das abgeschoben werden soll. Abgesehen davon beruhen die
Regelungen zur Migrationspolitik auf dem im Grundgesetz verankerten
Recht auf Asyl und der unantastbaren Menschenwürde, die die
Gründungsmütter und Väter unserer Republik für alle Ewigkeit im
Grundgesetz verankert haben. Diese zwei Grundrechte kann uns deshalb
die Allianz auch nicht entreißen.
Es stellt sich auch
die Frage, wie man den alle „Illegalen“ erfassen möchte, denn
was will man tun, wenn sich bestimmte Menschen einfach in den
Untergrund flüchten, wenn absehbar ist, dass eine Abschiebung droht?
Deshalb ist es viel wahrscheinlicher, dass man bereits in Deutschland
verwurzelte Familien abschiebt, weil diese eben schon soweit in die
Gesellschaft eingebunden sind, dass es schnell auffällt, wenn Kinder
nicht in der Schule erscheinen oder Erwachsene nicht bei der Arbeit.
Währenddessen kann eine nicht wirklich verwurzelte Person einfach
verschwinden, weil sie nirgendwo vermisst wird. In der Praxis werden
also Menschen abgeschoben, die hier bereits zu einem gewissen Maße
integriert sind und nicht diejenigen, die sich nicht integrieren. In
seiner all umfassenden Gnade belohnt der deutsche Staat die bereits
erbrachten Integrationsleistungen mit der Abschiebung. Willkommen in
der Bananenrepublik Deutschland!
Eine
Migrationspolitik, die auf reine Abschreckung und auf Abschiebungen
aufgebaut ist, ist eine reine Propagandaveranstaltung, weil sich
Migrationströme in einem Rechtsstaat, der auf Menschenrechten
beruht, nicht lenken lassen. Es handelt sich also um eine weitere
Kuh, die durchs Dorf getrieben wird. Um die Migrationsströme
verringern zu können, müssen also die Fluchtursachen bekämpft
werden.
Mit ihrer
bedingungslosen Unterstützung von Israel schafft die Bundesregierung
aktuell nämlich neue Fluchtursachen. Der Gazastreifen versinkt immer
mehr im Chaos, sodass eine humanitäre Hilfeleistung nicht mehr
möglich ist. Zum einen kommt Israel seiner Pflicht als
Besatzungsmacht in den neu besetzten Gebieten in Gaza nicht nach und
zum anderen werden Hunger und Durst in den südlichen Landesteilen
immer größer, da diese Region mehr oder weniger eingekesselt sind.
Hilfsorganisationen werden nur spärlich durch gelassen und in Gaza
kostet das Kilo Linsen umgerechnet 42 Euro. Die Menschen ernähren
sich nur noch von Gras. Seit vielen Wochen warne ich bereits vor der
Gefahr einer Hungersnot und vor dem Ausbruch von Seuchen und jetzt
tritt die humanitäre Katastrophe vor unseren Augen ein und die
Bundesregierung sieht es nicht einmal ein den völkerrechtlich
bindenden Beschluss einer humanitären Feuerpause des UN
Sicherheitsrats zu unterstützen. Wir können nicht zulassen, dass
vor unseren Augen Hunderttausende eingekesselt von der Ägyptischen
Grenze und den israelischen Truppen dem Tode geweiht werden.
Ich rufe alle
Mitglieder dieses Hauses und die Bundesregierung dazu auf wenigstens
die Resolution des UN Sicherheitsrats mitzutragen und sich für eine
humanitäre Feuerpause im Gazastreifen einzusetzen, damit Gaza nicht
länger die Hölle auf Erden ist.
Lassen sie mich die
Vorhaben der Regierung nun zum Abschluss noch einmal zusammenfassen.
Man ignoriert eine Wirtschaftskrise und unternimmt nichts um das zu
ändern. Man gibt vor die Migration bekämpfen zu wollen und
unterlässt es dabei Fluchtursachen zu bekämpfen, indem man Israel
eine Freifahrtschein ausstellt, obwohl sich maßgeblich wegen Israel
eine humanitäre Katastrophe im Gazastreifen ereignet. Die
Bundesregierung baut ein Kartenhaus, welches in naher Zukunft von
allein in sich zusammenfallen wird und bevorzugt den Teufelskreis vor
dem Engelskreis.
Hoffen wir also,
dass die Agenda der Bundesregierung nicht Wirklichkeit wird und dass
unsere Wirtschaft wie durch ein Wunder von den Toten auferstehen
wird!
Vielen Dank!