Heute war Tom Schneider, Kanzlerkandidat der Sozialdemokratischen Partei, in Köln. Dort besuchte er am frühen Morgen die Kölner Tafel und traf sich aufgrund der Corona-Pandemie alleine mit der ersten Vorsitzenden Karin Fürhaupter. Diese führte Schneider in den Räumlichkeiten der Tafel herum und unterhielt sich mit ihm über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Tafel und über die Arbeit, die sie verrichtet. Fürhauptner berichtete, dass in der Corona-Pandemie die Zahl der Hilfebedürftigen, die von der Tafel versorgt werden, gestiegen sei und dass dies die Tafel vor neue Herausforderungen stelle. Schneider, der Mitglied der Tafel ist, notierte sich alles genaustens und sicherte seine Unterstützung zu. Am Nachmittag dann traf Schneider am Roncalliplatz vor dem Kölner Dom ein. Dort waren wie schon in Hannover Stände mit Wahlkampfmaterial aufgebaut, es gab Abstandsmarkierungen und Ordner, die die Einhaltung der Corona-Regeln durchsetzten. Schneider betrat eine kleine Bühne, die auf dem Platz aufgebaut war, und sprach, während die Veranstaltung live im Internet gestreamt wurde, zu den Menschen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitbürger*innen,
"Wir für alle" - das ist das Motto der Sozialdemokratischen Partei zur kommenden Bundestagswahl, und das ist der Grund warum ich, Tom Schneider, SDP-Kanzlerkandidat, heute hier in Köln bin. Und nun denken Sie sich wahrscheinlich "nicht schon wieder so ein Politiker, der nicht arbeitet und keine Ahnung hat, wie es mir geht". Ihnen möchte ich sagen, dass genau das der Grund ist, wieso ich in die Politik gegangen bin - eben weil ich weiß, wovon ich spreche. Ich komme aus einer Familie, die es nicht leicht hatte im Leben: Ich bin in einem sozialen Wohnviertel aufgewachsen, mein Vater erst Tischler, dann arbeitslos, dann Leiharbeiter und jetzt kürzlich fest angestellter Fluggerätemechaniker. Meine Mutter hatte zwar einen anerkannten Abschluss als Diplom-Ingenieurin, musste aber erst die Sprache lernen und fand dann keine Arbeit, obwohl dieser Beruf so dringend gebraucht wird. Ich selbst habe lange Sonntagszeitungen ausgetragen, weil ich nur so ein Taschengeld hatte. Ich weiß, dass wir in Deutschland prekäre Arbeit haben und deswegen sage ich: Schluss damit! Es muss endlich vernünftige Arbeitsbedingungen geben! Ich werde als Kanzler dafür sorgen, das der Mindestlohn steigt, damit der Lohn zum Leben reicht- Für alle!
Applaus brandete auf, während online kommentiert und geliked wurde.
Aber damit wir in Deutschland gute Arbeitsbedingungen haben, muss nicht nur der Lohn steigen - wir brauchen auch bessere Arbeitsbedingungen. Die Arbeit muss zu den Lebensumständen und Lebensrealitäten passen. Eine Alleinerziehende Mutter beispielsweise muss zuhause bleiben können, wenn ihr Kind krank ist. Jemand, der seine Eltern pflegt, muss das mit seiner Arbeit vereinbaren können. Und Pendler, die jeden Tag eine weite Strecke zur Arbeit zurücklegen, müssen, wenn das in ihrem Beruf möglich ist, auch vorn zuhause aus arbeiten können. Das alles möchte meine Sozialdemokratische Partei, möchte ich als Kanzler, mit Familienarbeitszeit, der Abschaffung der Begrenzung der Kinderkrank-Tage und dem Recht auf Homeoffice möglich machen: Als Kanzler werde ich für gute Arbeit sorgen - Für alle!
Tom Schneider nahm einen Schluck Wasser, während applaudiert, geliked und geherzt wurde.
Nun gibt es auch Menschen, die wie mein Vater zwischenzeitlich oder wie meine Mutter keine Arbeit finden. Und das nicht weil sie nicht wollen, sondern weil sie partout keine Arbeit bekommen. Ich weiß aus Erfahrung, dass die wenigsten Arbeitslosen auf der faulen Haut liegen, vielmehr beschäftigen Sie sich oft den ganzen Tag damit, Bewerbungen zu schreiben, Angebote in Supermärkten rauszusuchen, um möglichst viel Geld zu sparen, zur Tafel zu gehen, die ich heute besuchen durfte und die leider gerade wieder alle Hände voll zu tun hat, oder sich mit dem Jobcenter auseinanderzusetzen, dass ihnen Steine in den Weg legt. In Deutschland Hartz-IV zu beziehen bedeutet wirklich arm zu sein. Ich weiß, dass die Sozialdemokratie das eingeführt hat, aber ich weiß auch, dass wir es wieder abschaffen und durch ein Bürgergeld ersetzen wollen, welches höher ist, mehr Chancen für Weiterbildung bietet, den Besitz stärker schützt, sodass man nicht sofort sein Haus verliert wenn man arbeitslos wird und dass sich stärker am Menschen orientiert. Ich will als Kanzler die Armut durch Arbeitslosigkeit abschaffen - Für alle!
Schneider machte eine kurze Pause.
Doch nicht nur Arbeitslosigkeit führt in Deutschland zur Armut, oft ist es auch die Rente. Viele Rentner, so ließ ich mir heute Morgen bei der Tafel erzählen, sind auf deren Hilfsangebot angewiesen und sammeln nebenbei noch Flaschen. Das ist traurig. Jemand, der sein Leben lang gearbeitet hat, muss einen guten Lebensabend verbringen können. Gleichzeitig sehen wir in Österreich, wie es anders gehen kann: Alle zahlen in die Rentenkasse ein, die Rentenkasse ist besser gefüllt und so können bessere Renten ausgezahlt werden. Das brauchen wir in Deutschland auch: Warum zahlen nicht Beamte, Anwälte, Künstler, Politiker, Freiberufler und Selbstständige auch in die Rentenkasse ein? Damit können wir nämlich nicht nur Geringverdiener vor Altersarmut schützen, sondern auch Freiberufler, Künstler und Selbstständige. Mit mir als Kanzler wird es eine Rentenreform geben, damit die Rente zum leben reicht - Für alle!
Es wurde applaudiert, geliked, kommentiert und geherzt.
Nun will ich Köln, DIE Stadt der queeren Community, nicht verlassen, ohne etwas zu den Dingen gesagt zu haben, die die Community bewegen. Sollte ich Kanzler werden, wäre ich der erste schwule Bundeskanzler in der deutschen Geschichte und damit auch der erste Kanzler, der der Community angehört. Entsprechend wichtig sind mir queere Themen. Ein gewisser Herr Wildungen spricht sich ja gerne für die deutsche Familie aus. Er merkt aber nicht, dass die deutsche Familie heutzutage nicht mehr so aussieht wie 1850 - und das ist auch gut so. Heute können die Menschen zumindest in großen Teilen so sein wie sie sind, und das will ich weiter forcieren. Das Transsexuellengesetz von 1980 gehört abgeschafft und durch ein modernes Sebstbestimmungsgesetz abgelöst. Das Blutspendeverbot für MSM ist nicht haltbar, überholt und gehört abgeschafft, damit helfen wir vor allem jenen, die dringend auf eine Blutspende warten. Und Konversionstherapien - nein, gestörte Menschen, die Homosexualität angeblich heilen wollen - das muss verboten werden! Ich werde ein Kanzler für alle sein - auch für euch!
Tom Schneider trank einen Schluck Wasser während zustimmend geklatscht und online geliked, geherzt und kommentiert wurde, wobei leider auch massenhaft Hatespeech zu lesen war.
Und nun will ich euch noch kurz meine Frage-und-Antwort-Runde ans Herz legen, die ich heute Abend wieder online anbiete. Vielen Dank, das ich hier sprechen durfte!
Nach einem abschließenden Applaus führte Schneider noch seine online Frage-und-Antwort-Runde durch, wobei diesmal auch viele Fragen aus dem Bereich LGBTIQ* gestellt wurden.