BR010 Abstrakte Normenkontrolle: Verordnung zum Verbot des Verkaufes pyrotechnischer Gegenstände im Jahreswechsel 2020/2021 der Bayerischen Landesregierung

Heute wurde vom Obersten Gericht folgender Antrag zur Stellungnahme durch den Bundesrat eingereicht.

Die Debatte wird vorerst auf 48 Stunden festgesetzt.

Zitat von Andreas Brandstätter

An
die Bundesregierung
den Deutschen Bundestag
den Bundesrat
die Bayerische Staatsregierung
den Bayerischen Landtag

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler N. Neuheimer,

sehr geehrter Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers Schneider,

sehr geehrter Herr Bundestagspräsident F. Neuheimer,

sehr geehrter Herr Stellvertreter des Bundestagspräsidenten Friedländer,

sehr geehrte Frau Stellvertreterin des Bundesratspräsidenten Mechnachanov,

sehr geehrter Herr Ministerpräsident Schaal,

sehr geehrter Herr Stellvertreter des Ministerpräsidenten Blücher,

sehr geehrter Herr Landtagspräsident Fürst,

sehr geehrter Herr Stellvertreter des Landtagspräsidenten Schmidt,

folgender Antrag des Herrn Dr. Konrad Wolff zur verfassungsrechtliche Prüfung erreichte das Oberste Gericht am heutigen Tage:

Zitat von Dr. Konrad Wolff

An das

Oberste Gericht

Schloßbezirk 3

76131 Karlsruhe

Erfurt, 16.12.2020

Az: neu

In Sachen

des Herrn Dr. Konrad Wolff

-Antragsteller-

gegen

die Verordnung des Landesministers des Inneren und der Justiz zum Verbot des Verkaufs pyrotechnischer Gegenstände im Jahreswechsel 2020/2021

-Antragsgegenstand-

wegen: Normenkontrolle

beantrage ich:

1. Es wird festgestellt, dass der Antragsgegenstand mit Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG unvereinbar und nichtig ist.

2. Der Antragsgegenstand wird im Wege der einstweiligen Anordnung außer Vollzug gesetzt.

I.

Der Antragsteller ist antragsberechtigt, was sich aus §§ 6 Abs. 1 Nr. 6, 7, 20 GOG ergibt. Nach diesen Vorschriften ist der Kreis der Antragsteller ausdrücklich nicht auf den Bundestag, die Bundesregierung oder eine Landesregierung beschränkt. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG ist insoweit lediglich als Mindestenumeration und nicht als abschließende Regelung zu verstehen. Letztlich entspricht die Anerkennung der Popularklage auch dem historischen Willen des Gesetzgebers. Dass dies nicht nur ein Redaktionsversehen ist, ergibt sich aus einer systematischen Zusammenschau der übrigen Verfahrensvoraussetzungen. Beispielhaft dafür stehen die §§ 6 Abs. 1 Nr. 7, 21 GOG.

II.

Art. 80 Abs. 1 GG ermöglicht es dem Bundestag als Gesetzgebungsorgan, seine Gesetzgebungsbefugnisse auf die Exekutive zu delegieren. Soweit eine Verordnungsermächtigung - in Betracht kommen hier nur die §§ 28, 32 IfSG - ausgeübt wird, muss die Verordnung indes die Rechtsgrundlage benennen, Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG. Dieses Zitiergebot ist zwingend. Der Verstoß ergibt sich unproblematisch aus der streitgegenständlichen Verordnung, die zum Zeitpunkt der Antragstellung folgenden Wortlaut hat:

"Verordnung des Landesminister des Innern und der Justiz

Verordnung

zum Verbot des Verkaufes pyrotechnischer Gegenstände im Jahreswechsel 2020/2021

vom 16. Dezember 2020

§1 Verbot

Der Verkauf von pyroteschnichen Gegenständen an den letzten drei Werkstagen des Jahres 2021 wird den Händlern untersagt.

§2 Außnahmen

Dies gilt nicht für pyroteschniche Gegenstände der Stufe Kat. F1 ("Kleinstfeuerwerk") gemäß der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz.

§3 Ordnungswiedrigkeiten

Jeder Verstoß gegen die in der Verordnung genannten Verbote oder Gebote stellt eine Ordnungswiedrigkeit dar und hat entsprechend geahndet zu werden.

§4 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Die Verordnung tritt am 17.12.2020 inkraft. Sie tritt am 2.01.2021 außerkraft."

III.

Lediglich hilfsweise wird darauf hingewiesen, dass Adressat der Verordnungsermächtigung der §§ 28, 32 IfSG nur eine Landesregierung als Kollegialorgan sein kann. Die streitgegenständliche Verordnung wurde, ohne die hierfür erforderliche Delegation durch Rechtsverordnung (§ 32 Satz 2 IfSG), durch einen einzelnen Minister erlassen.

IV.

Auch der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet. Es greift kein Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache, denn der Antrag zu 2 entspricht nicht dem Rechtsschutzziel des Hauptantrags, sondern ist ein aliud. Ferner würde eine Entscheidung in der Hauptsache möglicherweise zu spät kommen, um das Verkaufsverbot zu Silvester zu verhindern, so dass mit dem Hauptantrag kein ausreichender Rechtsschutz gewährleistet ist (vgl. zu dieser Formel zuletzt BVerfGE 151, 152 (160).

Was die Begründetheit anlangt, ist grundsätzlich von der Doppelhypothese auszugehen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn sich die Hauptsache als offensichtlich begründet erweist. In diesen Fällen wäre ein weiteres Zuwarten auf eine Entscheidung bloße Förmelei. Zudem ist ein schwerer Nachteil gegeben, wenn das Oberste Gericht eine Regelung, trotz offensichtlicher Verfassungswidrigkeit, nicht außer Vollzug setzt. Es ist mithin antragsgemäß zu entscheiden.

Dr. Konrad Wolff

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Gem. § 12 Abs. 2 i.V.m. § 20 Abs. 1 und 3 Nr. 1 OGG haben Gelegenheit eine Stellungnahme abzugeben:

a) die Bundesregierung;

b) der Deutsche Bundestag;

c) der Bundesrat;

d) die Bayerische Staatsregierung;

e) der Bayerische Landtag.

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf die Abgabe einer Stellungnahme verzichten kann.

Die Stellungnahme, sofern eine abgegeben wird, ist binnen 31.12.2020, 22:00 Uhr beim Präsidenten des Obersten Gerichts abzugeben.

In Erwartung einer baldigen Antwort verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Dr. Andreas Brandstätter

Präsident des Obersten Gerichts

Unterschrift_AndreasBrandstätter(klein).png

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Der Bundesrat hat keine Stellungnahme zum o.g. Antrag genommen.