DNN Wochenbriefing (KW10)

Hamburg:

"Klarer Kurs in stürmischen Zeiten" ist das Motto, unter dem die neue Deutschland-Koalition in der Hansestadt regiert. Die neue Erste Bürgermeisterin, Anni Rosenthal (SDP) trat ihr Amt am Wochenende an. Die Bestätigung Ihres geplanten Senats aus Paola Vasileiou (SDP), Erik Bar (CDSU) und Toni Kamm (FORUM) wird im Verlauf dieser Woche erwartet. Nach Monaten des Stillstandes hat Hamburg also endlich wieder eine intakte Regierung, die Ihre Projekte im Verlauf der Woche in einer Regierungserklärung vorstellen wird. "Endlich wieder Wind nach langer Flaute" würde als Regierungsmotto sicherlich auch funktionieren.


Thüringen:

In Thüringen hat die Liechtenstein-Koalition ihre Arbeit aufgenommen; vergangene Woche verkündete Ministerpräsidentin Friedrich (Allianz) das erste beschlossene Gesetz, auch wenn der Beschluss durch den Landtag bereits weit vor Ihrer Zeit im April 2022 erfolgte. Der Antrag wurde damals von ihrem Parteikollegen Ernst Haft eingebracht, durch den Landtag beschlossen, aber niemals rechtskräftig ausgefertigt und verkündet. Offenbar hat Friedrich im Archiv der Staatskanzlei etwas aufgeräumt. Interessant wird allerdings, ob sie mit derselben Konsequenz auch die seinerzeit beschlossenen Anträge auf Ausbau des Glasfasernetzes und auf Anschaffung von Bodycams für die Polizei - beide eingebracht vom damaligen Staatsminister Kretschma (Grüne) - ausfertigt und verkündet, oder ob sie sich auf den Antrag der eigenen Partei beschränken wird.


NRW:

Am Rhein wurde auch in der vergangenen Woche nur über den Dauerbrenner, Gendern im WDR diskutiert. Wie üblich wurde es dabei hitzig und emotional. Und wie üblich warfen sich beide Seiten vor, aus Nichtigkeiten Großes zu machen. (siehe DNN Wochenbriefing 09 Anm. d.R.)

Jetzt wo Ministerpräsidentin Haßelmann (Grüne) nicht mehr länger geschäftsführende Präsidentin des Bundesrates ist, könnte die Hoffnung wieder wachsen, dass ihre Landesregierung auch in die Arbeit kommt. Angesichts der nächste Woche anstehenden Landtagswahlen wäre das die letzte Gelegenheit, noch Projekte umzusetzen. Vielleicht nutzt die Opposition die Situation auch noch, um den Druck vor der Landtagswahl noch zu erhöhen. Für Haßelmann könnte es in Zukunft enger in NRW werden; als Präsidentin des Bundesrates a.D. hat sie sich zwar ein gewisses Image als Staatsfrau erarbeitet, jedoch auch mit zu ihrer Heimatpartei konträren Entscheidungen für Irritationen und Kritik von SDP und I:L gesorgt. Die bundesweite Wiederbelebung der Sozialdemokraten und die Rückkehr von Löwenstein-Boum (I:L) in die Landespolitik dürfte Haßelmann in Zukunft noch mehr in Zugzwang bringen, ob sie sich eher zum linken oder zum bürgerlichen Lager bekennt.


Bayern:

In Bayern ist die Situation nahezu unverändert. Noch immer gibt es keine stabile Regierung um Ministerpräsident Wolf (CDSU) und auch in der Bevölkerung mehrt sich eine gewisse apathische Frustration. In den vergangenen Tagen kam es immer wieder zu Demonstrationen vor der bayerischen Staatskanzlei und vor dem Landtag mit der Forderung nach einer Regierungsbildung. Angesichts der auch bereits in zwei Wochen startenden Landtagswahl in Bayern besteht allerdings bei vielen schon eine ernüchternde Vermutung, dass die CDSU die Zeit einfach absitzen wird. Ob man mit solch einem Verhalten allerdings bei der Wahl an Vertrauen gewinnen wird, kann bezweifelt werden. Auch im Landtag kam es zu kuriosen Situationen; so reichte Julia Stern (SDP) den Antrag auf ein konstruktives Misstrauensvotum mit sich selbst als Alternativkandidatin ein, jedoch ohne sich vorher als Unterzeichner die benötigte Zahl an einem Viertel der Abgeordneten zu sichern, weshalb der Antrag auch vom Präsidium abgewiesen wurde. Dabei hätte Stern in den Reihen der Opposition zweifelsohne genug Unterstützer gefunden, hat man doch im Vorfeld sogar ein gemeinsames oppositionelles Arbeitsprogramm vorgestellt. SDP, Grüne, IL, vPiraten und Liste Wagenknecht kommen gemeinsam auf 6 Abgeordnete was ohne Probleme die nötigen 25% erreicht. Auch ist sehr überraschend, dass der Antrag nach Abweisung durch das Präsidium nicht in einer neuen Fassung mit mehr Unterstützern erneut eingereicht wurde. Für diese Woche erwarten wir aller Erfahrung nach allerdings auch keine weiteren Entwicklungen.


Bund:

Die Bundesregierung arbeitet routiniert ihr Programm ab. Diese Woche geht es vor allem um Verteidigungsausgaben und Neubeschaffungen für die Ukraine. Auch ein Gesetzentwurf der Grünen zur Verbesserung der Cybersicherheit steht auf der Tagesordnung. Nach dem sehr polarisierenden Start hat man sich dort eingespielt, es gibt ordentliche und relativ sachorientierte Debatten.

Interessanter ist da der Blick in den Bundesrat. Nachdem Haßelmann (Grüne) nicht länger die Geschäfte des Bundesratspräsidiums führt - wobei dies auch in einer robotisch-neutralen Art geschah bei der die Gesetzentwürfe meist ohne Stellungnahmen zurückkamen - und den Neuzugängen Friedrich (Allianz) aus Thüringen und Rosenthal (SDP) der Bundesrat endlich wieder Entscheidungskompetenzen wahrnehmen kann kommt auch frischer Wind herein. Es ist eine echte Wohltat zu sehen, dass der Bundesrat wieder mehr inhaltliche Arbeit leisten kann. Wir können uns auch hier auf kritische Fragen und spannende Sachdebatten freuen.

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