Die Zerstörung der Demokratie zur Rettung der Welt

Ob in Berlin oder München, die Straßenblockaden der sogenannten "letzten Generation" stellen die Sicherheitsbehörden vor neue Herausforderungen. In Bayern werden die Aktivisten gar in Präventivhaft genommen, während in Berlin gegen die Krawallaktivisten gar wegen fahrlässiger Tötung ermittelt wird. Von den Aktivisten heißt es dramatisch, man kämpfe um das Überleben des Planeten - ein Totschlagargument, mit dem sich wohl auch noch schwerere Straftaten moralisch rechtfertigen ließen. Zustimmung erfahren die Retter der Welt nur vom linken Rand der Gesellschaft. Schaut man sich in den sozialen Netzwerken um, so lernt man schnell, wie man Straftaten relativieren kann. Man müsse von zivilem Ungehorsam reden, der eine lange Tradition in unserer Demokratie habe. Damit offenbart sich ein grundsätzlich falsches Verständnis der Aktionen dieser Klimakleber. Sogenannter ziviler Ungehorsam hat keine Tradition in unserer Demokratie. Er ist zwar ein Teil der bundesdeutschen Geschichte, im Kern aber zutiefst antidemokratisch.


Die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes haben entschieden, dass Deutschland den Weg einer parlamentarischen Demokratie beschreiten wird. Ungeachtet der sicher diskutablen Forderung nach mehr direktdemokratischer Partizipation der Bürger ist der Parlamentarismus eine einzige Erfolgsgeschichte. Alle vier Jahre entscheiden die Bürger über ihre Abgeordneten und beauftragen sie mit der Vertretung ihrer Interessen. Im Bundestag werden die grundsätzlichen Weichenstellungen der deutschen Politik getroffen, legitimiert durch ein Votum der Wähler. Die Entscheidungen muss der Einzelne dabei keineswegs gutheißen. Ein wesentlicher Teil der Demokratie ist die öffentliche Auseinandersetzung mit den Entscheidungen der Volksvertreter. Man darf sie ablehnen und für einen Kurswechsel in aller Öffentlichkeit demonstrieren. Insofern sind die "Klimaproteste" eines (kleinen) Teils der Jugend - Fridays for Future genannt - ein legitimer Ausdruck der Unzufriedenheit mit der deutschen Klimapolitik. Würde sich die "letzte Generation" auf derartige Demonstrationszüge beschränken, könnte dieser Beitrag hier enden. Diese Aktivisten fühlen sich jedoch - wodurch auch immer legitimiert - zu drastischeren Maßnahmen berufen: Zur Sachbeschädigung und auch zur Gewalt gegen Autofahrer. Damit drücken sie nicht weniger als ihre offene Verachtung des demokratischen Prozesses zum Ausdruck. Wenn es keine demokratische Mehrheit für ihre Forderungen gibt, müssen diese eben zwanghaft durchgesetzt werden. Ein gefährlicher Irrweg, der sich bei fast jedem politischen Thema beschreiten lässt. Befürworter dieses demokratiefeindlichen Aktivismus müssen sich die Frage gefallen lassen, ob es künftig auch legitim sein soll, wenn rechte Aktivisten Flüchtlingsunterkünfte blockieren. Der Zweck kann keine antidemokratischen Mittel rechtfertigen. Ziviler Ungehorsam kann kein Teil des demokratischen Diskurses sein. Dieser Tage sind alle Demokraten aufgefordert, sich den Angriffen der "letzten Generation" geschlossen entgegenzustellen. Wir alle müssen gemeinsam unsere Demokratie verteidigen.

    Kommentare 4

    • Sicherlich nicht verkehrt, das zu thematisieren. Ich finde das Vorgehen der sog. „Letzten Generation“ auch für zumindest fragwürdig. Schade nur, dass es in diesem Artikel sachliche Fehldarstellungen gibt. Fridays for future ist nicht gleich „Letzte Generation“. Das sind zwei unterschiedliche Gruppen, eben weil Fridays for future sich gegen derartige Praktiken entschieden hat. Diese Undifferenziertheit zeigt einmal mehr auf, dass dies ein Meinungsblatt ist, das mit reiner Berichterstattung nichts zu tun hat. Ein rechtes Meinungsblättchen eben. Denn zu den Vorkommnissen in Bayern beispielsweise schweigen Sie.

      • Sehr geehrter Leser, in dem Beitrag wird klar zwischen der Gruppe "Letzte Generation" und "Fridays for Future" differenziert. Welche Vorkommnisse in Bayern meinen Sie?

    • Ich denke es ist wichtig das Thema anzusprechen. Ich kann die Motivation der "letzten Generation" sicher nachvollziehen, dürften sie Ausdruck der Verzweiflung sein, dass die Politik ihrer Ansicht nach zu wenig gegen den Klimawandel unternimmt und entsprechend die Zukunft der Protestierenden gefährden könnte. Bei allem Verständnis für die Motive ist es dennoch nicht zu akzeptieren, dass die Protestierenden für ihre Proteste die Zivilbevölkerung in Anspruch nehmen und möglicherweise Rechtsverletzungen begehen. Demokratie lebt von Protest - aber dennoch gibt es auch im Rahmen des Protestes Regeln, an die man sich zu halten hat. Entsprechend ist ein konsequentes Durchgreifen der Sicherheitsbehörden angezeigt. Ich würde aber auch davor Abstand nehmen, den Protestierenden mehr öffentliche Bühne zu geben als notwendig. Keinesfalls soll und darf dieses Modell des Protests Schule machen.

    • Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen, Herr Dr. Dregger! Weiter so!