Beiträge von Prof. Dr. Robert Geissler

    OBERSTES GERICHT

    – 5 BvQ 1/22 –


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    In der Verwaltungsstreitsache,
    über die Anträge,

    im Wege der einstweiligen Anordnung,



    1. dem Antragsgegner aufzugeben, aus allen öffentlich einsehbaren Veröffentlichungen des Antragsgegners Textpassagen einstweilen zu entfernen, wo behauptet wird

    - die Antragstellerin habe in der Vergangenheit ihre Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols und des Demokratie- wie Rechtsstaatsprinzips deutlich gemacht oder ihre Akzeptanz für diese - für die freiheitliche demokratische Grundordnung essentiellen - Prinzipien in Frage gestellt,
    - die Antragstellerin habe eine Ausrichtung, welche nicht mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu vereinen sei,

    2. dem Antragsgegner bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 € anzudrohen,

    3. dem Antragsgegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen.



    Antragstellerin:
    Internationale Linke, Landesverband Bayern,
    vertreten durch Frau Kaja Sembrant, MdL


    - Prozessbevollmächtigter: Marius Wexler -



    Antragsgegner und Widerspruchsführer:

    Bayerisches Staatsministerium für Volksbildung und Volkserziehung,
    Salvatorstraße 2, 80333 München,
    vertreten durch die Staatsministerin, Frau Dr. Oxana Koslowska, MdL



    h i e r : Widerspruch gegen den Beschluss des Fünften Senats vom 25. November 2022 - 5 BvQ 1/22 -



    hat das Oberste Gericht – Fünfter Senat –

    unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter


    Vizepräsident Geissler,


    Neuheimer,


    Langenfeld



    am 27. November 2022 einstimmig beschlossen:


    Der Widerspruch wird verworfen.


    G r ü n d e :


    I.


    Der Widerspruchsführer wendet sich mit seinem Widerspruch nach § 18 Abs. 3 OGG gegen den Beschluss des Fünften Senats des Obersten Gerichts vom 25. November 2022 im einstweiligen Verfügungsverfahren 5 BvQ 1/22. Er führt aus, dass sich das Gericht bei seiner Ablehnung einer mündlichen Verhandlung nicht auf § 18 Abs. 2 Satz 1 OGG berufen könne, da § 15 Abs. 1 Satz 2 OGG als lex posterior vorgehe.



    II.


    Der Widerspruch wird verworfen, weil er offensichtlich unbegründet ist.


    1. § 18 Abs. 2 Satz 1 OGG sieht ausdrücklich vor, dass eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Nachträgliche Änderungen des Gesetzes über das Oberste Gericht hinsichtlich der allgemeinen Regeln zur Durchführung mündlicher Verhandlungen tangieren die spezielleren Vorschriften zum Verfahren im Eilrechtsschutz offensichtlich nicht.


    2. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Widerspruchsverfahren setzt einen zulässigen und jedenfalls nicht offensichtlich unbegründeten Widerspruch voraus. Ist der Widerspruch offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Senat befugt, den Widerspruch zu verwerfen (§ 14 Abs. 4 Satz 1 OGG). So liegt es hier. Die Begründungen des Widerspruchsführers geben nicht ansatzweise eine Veranlassung, die einstweilige Verfügung aufzuheben.


    3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 14 Abs. 4 Satz 2 OGG abgesehen.


    Die Entscheidung ist unanfechtbar.



    Geissler | Neuheimer | Langenfeld

    Betritt mit Richter Neuheimer und Richterin Langenfeld den Verhandlungssaal.



    Guten Morgen, geschätzte Damen und Herren!



    Ich eröffne hiermit die Verhandlungen

    in dem Verfahren 5 BvT 1/22


    in der Verwaltungsstreitsache


    der Internationalen Linken, Landesverband Bayern,
    vertreten durch Frau Kaja Sembrant, MdL
    - Klägerin -

    und den Prozessbevollmächtigten Marius Wexler


    g e g e n


    das Bayerische Staatsministerium für Volksbildung und Volkserziehung,
    vertreten durch die Staatsministerin, Frau Dr. Oxana Koslowska, MdL

    - Beklagter -


    w e g e n


    Verbot von Zurschaustellung von Parteilogos in Schulen.





    Sehr geehrte Damen und Herren,

    geschätzte Vertreterinnen und Vertreter der klagenden und beklagten Partei,


    wie das Gericht in seinem Beschluss vom 25. November 2022 ausführte, wurden die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche in einem einstweiligen Verfügungsverfahren abgetrennt, da es sich bei den entsprechenden Anträgen ersichtlicherweise um eine Anfechtung des streitgegenständlichen Erlasses des Beklagten vom 14. November 2022 handelt. Entsprechend war die Abtrennung dieser Ansprüche sachdienlich.


    Die heutige Verhandlung beschäftigt sich nun also mit einer Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO. Die beiden Parteien haben in mehreren Schriftsätzen bereits den jeweiligen Standpunkt dargestellt. Diese Verhandlung soll zur weiteren Vertiefung dieser Ausführungen sowie zur Klärung von Rückfragen durch das Gericht dienen.


    Insbesondere möchte ich auf die folgenden Punkte eingehen:

    1. Vorliegen eines Verwaltungsaktes

    2. Gesetzliche Grundlage für den streitgegenständlichen Erlass

    3. Verletzung der Rechte der Klägerin

    4. Verhältnismäßigkeit der Rechtsverletzung


    Ich darf nun zunächst die Klägerin um das Eingangsplädoyer bitten.

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    Das Oberste Gericht gibt bekannt:



    Die mündliche Verhandlung,

    in der Verwaltungsstreitsache


    Internationale Linke, Landesverband Bayern,
    vertreten durch Frau Kaja Sembrant, MdL


    - Klägerin -


    - Prozessbevollmächtigter: Marius Wexler -



    g e g e n



    Bayerisches Staatsministerium für Volksbildung und Volkserziehung,
    Salvatorstraße 2, 80333 München,
    vertreten durch die Staatsministerin, Frau Dr. Oxana Koslowska, MdL


    - Beklagter -



    w e g e n



    Verbot von Zurschaustellung von Parteilogos in Schulen



    beginnt am Samstag, 26. November 2022 um 11:00 Uhr.



    Geissler | Neuheimer | Langenfeld

    OBERSTES GERICHT

    – 5 BvQ 1/22 –


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    IM NAMEN DES VOLKES


    In der Verwaltungsstreitsache,
    über die Anträge,

    im Wege der einstweiligen Anordnung,



    1. dem Antragsgegner aufzugeben, aus allen öffentlich einsehbaren Veröffentlichungen des Antragsgegners Textpassagen einstweilen zu entfernen, wo behauptet wird

    - die Antragstellerin habe in der Vergangenheit ihre Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols und des Demokratie- wie Rechtsstaatsprinzips deutlich gemacht oder ihre Akzeptanz für diese - für die freiheitliche demokratische Grundordnung essentiellen - Prinzipien in Frage gestellt,
    - die Antragstellerin habe eine Ausrichtung, welche nicht mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu vereinen sei,

    2. dem Antragsgegner bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 € anzudrohen,

    3. dem Antragsgegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen.



    Antragstellerin:
    Internationale Linke, Landesverband Bayern,
    vertreten durch Frau Kaja Sembrant, MdL


    - Prozessbevollmächtigter: Marius Wexler -



    Antragsgegner:

    Bayerisches Staatsministerium für Volksbildung und Volkserziehung,
    Salvatorstraße 2, 80333 München,
    vertreten durch die Staatsministerin, Frau Dr. Oxana Koslowska, MdL



    hat das Oberste Gericht – Fünfter Senat –

    unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter


    Vizepräsident Geissler,


    Neuheimer,


    Langenfeld



    am 25. November 2022 einstimmig beschlossen:



    1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, aus seiner Veröffentlichung vom 14. November 2022 jene Aussagen zu entfernen, wo behauptet wird

    - die Antragstellerin habe in der Vergangenheit ihre Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols und des Demokratie- wie Rechtsstaatsprinzips deutlich gemacht oder ihre Akzeptanz für diese - für die freiheitliche demokratische Grundordnung essentiellen - Prinzipien in Frage gestellt,

    - die Antragstellerin habe eine Ausrichtung, welche nicht mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu vereinbaren sei.


    2. Der Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes bei Zuwiderhandlung wird abgewiesen.


    3. Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsgegner zu 3/4 und die Antragstellerin zu 1/4.



    G r ü n d e :


    A.


    I.


    Am 14. November 2022 hat der Antragsgegner einen Erlass mit dem Titel "Erlass zur Wahrung des Schulfriedens und Eindämmung von verfassungsfeindlicher Propaganda an Bayerischen Schulen" veröffentlicht. Der Erlass dient der Anweisung aller Schulen im Freistaat Bayern, die Zurschaustellung von verschiedenen, der behauptet linksextremen Szenen zuzuordnenden Symbolen sowie des aktuellen sowie vorherigen Parteilogos der Antragstellerin zu unterbinden.


    Begründet wurde der Erlass im Wesentlichen damit, dass die vorstehenden Symbole Vereinigungen, Parteien, Strömungen oder Zusammenschlüssen zuzurechnen seien, deren Ausrichtung mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu vereinen sei, da sie das staatliche Gewaltmonopol sowie des Demokratie- und Rechtsstaatlichkeitsprinzips ablehnten. Der Erlass diene zur Wahrung eines freiheitlich-demokratischen Wertverständnisses in den bayerischen Schulen. Eine sachlich-informative Auseinandersetzung sei hiervon unberührt.



    II.


    1. Die Antragstellerin ist der bayerische Landesverband der bundesweit agierenden und im Bayerischen Landtag vertretenen Partei "Internationale Linke" (I:L), deren aktuelles und vorheriges Logo vom Erlass des Antragsgegners betroffen ist. Sie wendet sich mit dem Antrag einer einstweiligen Verfügung an das Oberste Gericht und begehrt die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners, die angegriffenen öffentlich einsehbaren Äußerungen, die sie im Wesentlichen als verfassungsfeindlich darstelle, zu entfernen.



    2. Die Antragstellerin hält die Anträge für zulässig (a) und begründet (b) und führt im Wesentlichen aus:


    a) Der Antrag sei zulässig.


    Das Oberste Gericht sei nach § 123 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung über die Anträge berufen. Die Zuständigkeit ergebe sich auch aus § 6 Abs. 2 OGG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG. Dass das Oberste Gericht ausweislich des Wortlauts des § 6 Abs. 2 OGG nur für Angelegenheiten der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuständig sei, sei eine planwidrige Regelungslücke, die mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren sei.



    b) Der Antrag sei auch begründet.


    aa) Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleiste den Parteien das verfassungsrechtlich zuerkannte Recht auf eine gleichberechtigte Teilnahme am politischen Wettbewerb. Dies umschließe die Möglichkeit einer freien Willensbildung ohne Eingreifen des Staates. Staatliche Organe seien daher zu strikter Neutralität gegenüber den Parteien verpflichtet, da eine negative Äußerung derselben über (Konkurrenz-)Parteien eine andere Wirkung entfalte als im Kontext parteipolitischer Auseinandersetzungen.


    (1) Die angegriffenen Äußerungen und Veröffentlichungen seien staatlicher Natur und richteten sich zielgerichtet gegen die Antragstellerin. Sie seien geeignet, das öffentliche Ansehen der Antragstellerin nachhaltig zu schädigen und ihre Stellung im politischen Wettbewerb erheblich zu verschlechtern. Den Äußerungen sei zu entnehmen, dass es tatsächliche Verdachtsmomente gäbe, dass die Antragstellerin verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge. Der Antragsgegner belege diese Anschuldigungen jedoch nicht. Es würden keine stichhaltigen Beweise präsentiert, die eine verfassungsfeindliche Ausrichtung der Antragstellerin belegten. Es gebe auch kein gegenläufiges Urteil des Obersten Gerichts. Die vorgebrachten Einwände des Antragsgegners seien viel mehr subjektiver Natur und teilweise nicht auf das Wirkungsgebiet der Antragstellerin beschränkt.


    (2) Es bestehe die Gefahr, dass breite Teile der Bevölkerung den Behauptungen, dass die Antragstellerin verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge, Glauben schenken. Insbesondere durch negative Werturteile durch staatliche Organe entstünden irreparable Schäden für das Ansehen der Antragstellerin. Damit einhergehend drohe ein massiver Verlust an politischen Partizipationsmöglichkeiten. Das streitgegenständliche Verhalten des Antragsgegner greife daher in die Parteienfreiheit der Antragstellerin aus Art. 21 Abs. 1 GG ein.


    bb) Der Eingriff sei nicht gerechtfertigt. Es fehle an einer geeigneten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, sodass ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes vorliege. Insbesondere könne der Antragsgegner sein Verhalten nicht auf Art. 84 Abs. 3 BayEUG stützen. Über entsprechende Verbote habe die Schulleitung zu entscheiden. Dies entspreche dem Wortlaut sowie dem Zweck der Norm, welche einen Missbrauch entsprechender Verbote durch staatliche Organe und eine entsprechende staatliche Parteinahme verhindern solle. Es würden auch keine stichhaltigen Beweise für die verfassungsfeindliche Ausrichtung der Antragstellerin vorgelegt; vorgelegte Befunde seien allenfalls subjektiver Natur. Viel mehr sei die Antragstellerin weiterhin eine demokratisch legitimierte Partei innerhalb des Grundgesetzes.


    cc) Der Antragstellerin stünde daher ein öffentlich-rechtlicher Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch zu. Dieser ergebe sich unmittelbar aus Art. 21 Abs. 1 GG (vgl. VG Berlin, 22.02.2021 - 1 L 127/21 -, Rn. 16) und Art. 20 Abs. 3 GG. Die öffentliche Gewalt sei verpflichtet, rechts- oder verfassungswidriges Verhalten zu unterlassen und einen gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus Art. 20 Abs. 3 GG - ggf. i. V. m. mit Art. 28 Abs. 1 GG -, nach dem die vollziehende Gewalt an Recht und Gesetz gebunden ist. Eine Wiederholungsgefahr sei durch das erstmalige rechtswidrige Verhalten indiziert.


    dd) Die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO lägen ebenso vor. Der Anordnungsgrund sei gegeben, da die rechtswidrigen Handlungen des Antragsgegners die Antragstellerin erheblich beschwerten. Sie werde fortlaufend in ihrer öffentlichen Achtung herabgesetzt. Bereits jetzt sei ein irreparabler Schaden für das Ansehen der Partei entstanden. Der Verlust des politischen Partizipationsvermögens sei ein schwerer Nachteil i. S. d. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO.




    III.


    Der Antragsgegner beantragt mit Schriftsatz vom 17. November 2022


    die Anträge als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.


    Er führt in besagtem und nachfolgenden Schriftsätzen im Wesentlichen aus, dass die Anträge auf Beseitigung der streitgegenständlichen Äußerungen unbegründet seien.


    1. Durch die einstweilige Anordnung dürfe die Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Eine solche Vorwegnahme sei nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn die Entscheidung in der Hauptsache möglicherweise zu spät käme oder Rechtsschutz auf andere Weise nicht gewährt werden könne. Es liege hier jedoch eine zumindest zeitlich-tatsächliche Vorwegnahme der Hauptsache vor, da die Anträge auf eine Entfernung bestimmter öffentlich einsehbarer Textpassagen ziele. Die Antragstellerin gehe nicht darauf ein, inwiefern es zu einer irreversiblen Vereitelung ihrer Rechte bei Nichterlass der einstweiligen Anordnung käme, sodass eine Vorwegnahme der Hauptsache nicht ausnahmsweise zulässig sei.


    2. Es werde zwar in die Rechte der Antragstellerin aus Art. 21 Abs. 1 GG eingegriffen, jedoch mit Rechtfertigung. Eine Regierung eines Bundeslandes sei nicht daran gehindert, verfassungsfeindliche Bestrebungen als solche zu benennen (vgl. NStGH, U. v. 24.11.2020 - StGH 6/19, S. 18. m. w. N.). Vielmehr dürfen diese als solche benannt und thematisiert werden – dies sei von der betroffenen Partei zu erdulden (vgl. BVerfGE 138, 102 <116>; ThürVerfGH, U. v. 3.12.2014 - VerfGH 2/14 -, S. 16 f.), sofern nicht sachfremde Erwägungen zu dieser Annahme geführt haben (vgl. BVerfGE 138, 102 <116>). Es bedürfe auch keines die Verfassungswidrigkeit der Antragstellerin feststellendes Urteils des Obersten Gerichts zur Rechtfertigung.


    3. Zur behaupteten Verfassungsfeindlichkeit führt der Antragsgegner aus:


    Die Antragstellerin habe auf vTwitter geäußert, dass die Rote Armee "Befreierin" sei. Diese Verherrlichung stelle eine Missachtung der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG dar. Weiter habe ein Parteimitglied in seiner Funktion als Hamburger Innensenator behördliche Ressourcen missbraucht, um die Umsetzung von Gesetzen zu vereiteln, was eine Verletzung des Prinzips der Volkssouveränität, mithin des Demokratieprinzips aus Art. 20 Abs. 1 und 2 GG darstelle. Dazu habe ein Parteimitglied in seiner Funktion als Innenminister in Nordrhein-Westfalen die Beobachtung der Allianz angeordnet, was einem erheblichen Eingriff in den vertikalen Willensbildungsprozess gleichkäme. Insgesamt seien Tendenzen zu beobachten, die mit den Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht in Einklang stünden.



    B.


    Die Anträge sind zulässig (I.) und, soweit sie auf den Beseitigungsanspruch zielen, auch begründet (II.). Der Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes ist hingegen unbegründet (III.)



    I.


    Die Anträge sind zulässig.


    Das Oberste Gericht ist für die Anträge zuständig. Zwar fehlt die Zuständigkeit des Obersten Gerichtes für Verwaltungsstreitigkeiten in der Auflistung des § 6 OGG, jedoch nimmt § 7 Abs. 3 OGG die Zuständigkeit für Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit an, indem das Einrichten eines Senates für Verwaltungssachen vorgesehen wird. Vor dem Hintergrund, dass jedem Bürger in Art. 19 Abs. 4 GG die Möglichkeit des Rechtswegs ermöglicht wird, entstünde bei Nichtgewährung der Möglichkeit eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine unzumutbare Rechtsschutzlücke (vgl. OGE 2, 162 <167>). Mithin ergibt sich die Zuständigkeit des Obersten Gerichts für verwaltungsgerichtliche Verfahren schon aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 vDGB.


    Die Anträge sind gem. § 123 Abs. 1 VwGO statthaft. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Sie legt plausibel dar, dass sie in eigenen Rechten verletzt sein könnte.



    II.


    Die zulässigen Anträge sind, soweit sie auf einen Beseitigungsanspruch in Bezug auf die streitgegenständlichen Äußerungen gerichtet sind, begründet.


    Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (OGE 2, 162 <167>). Anordnungsanspruch (1.) und Anordnungsgrund (2.) sind von der Antragstellerin glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).


    1. Der Anordnungsanspruch für die begehrte Löschung der Äußerungen folgt aus dem öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch. Greift der Staat durch schlichtes Verwaltungshandeln in verfassungsrechtlich geschützte Positionen ein, kann der Betroffene gestützt auf das berührte Recht Unterlassung verlangen. Rechtsgrundlage für den Unterlassungsanspruch ist hier Art. 21 Abs. 1 GG mit der darin verfassungsrechtlich gewährleisteten Parteienfreiheit in Form der Betätigungsfreiheit als politische Partei und der Chancengleichheit im politischen Wettbewerb(vgl. VG Berlin, Beschl. v. 22.02.2021 - 1 L 127/21 -, Rn. 21).


    a) Um die verfassungsrechtlich gebotene Offenheit des Prozesses der politischen Willensbildung zu gewährleisten, ist es unerlässlich, dass die Parteien, soweit irgend möglich, gleichberechtigt am politischen Wettbewerb auf Bundes- und Landesebene teilnehmen. Art. 21 Abs. 1 GG garantiert den politischen Parteien deshalb nicht nur die Freiheit ihrer Gründung und die Möglichkeit der Mitwirkung an der politischen Willensbildung, sondern auch, dass diese Mitwirkung auf der Basis gleicher Rechte und gleicher Chancen erfolgt (vgl. BVerfGE 44, 125 <139>; 138, 102 <110>, 148, 11 <24>). Das Recht politischer Parteien, gleichberechtigt an dem sich permanent in vielfältiger und tagtäglicher Wechselwirkung vollziehenden Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes teilzunehmen, wird deshalb verletzt, wenn Staatsorgane durch besondere Maßnahmen in amtlicher Funktion zu Gunsten oder zu Lasten einer politischen Partei oder zu Gunsten oder zu Lasten von deren Wahlbewerbern auf die politische Willensbildung des Volkes einwirken (vgl. BVerfGE 44, 125 <141, 146>; 136 <323, 333>; 138, 102 <110 f.>; 148, 11 <25>). Staatsorgane haben als solche allen Bürgerinnen und Bürgern zu dienen und sich neutral zu verhalten (vgl. BVerfGE 44, 125 <144>; 138, 102 <111>; 148, 11 <25>). Einseitige Parteinahmen, unabhängig davon, ob sie während des Wahlkampfes oder außerhalb von Wahlkampfzeiten erfolgen, verstoßen mithin gegen das Gebot staatlicher Neutralität (vgl. BVerfGE 140, 225 <227>; 148, 11, <25 f.>) und verletzen die Integrität der Willensbildung des Volkes durch Wahlen und Abstimmungen (vgl. BVerfGE 44, 125 <144>; 136, 323 f.; 138, 102, <110 f.>; 148, 11, <26 ff.>).


    Eine Verletzung dieser Rechte kann, wie vorliegend, insbesondere auch dadurch erfolgen, dass staatliche Organe negative Werturteile über die Ziele und Betätigungen der Partei äußern (VGH München, U. v. 22. Oktober 2015 - 10 B 15.1609 -, juris Rn. 19; VG Berlin, Beschl. v. 22.02.2021 - 1 L 127/21 -, Rn. 21). Der Antragsgegner hat, wie er selbst zugibt, durch die beanstandeten Äußerungen in die nach Art. 21 Abs. 1 GG geschützte Parteienfreiheit der Antragstellerin eingegriffen, indem er öffentlich und unter Zuhilfenahme staatlicher Ressourcen behauptete, die Ausrichtung der Antragstellerin sei nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu vereinbaren und sie habe in der Vergangenheit ihre Ablehnung bzgl. des staatlichen Gewaltmonopols und des Demokratie- und Rechtsstaatlichkeitsprinzips deutlich gemacht. Die Antragstellerin wird in der entsprechenden Veröffentlichung des Antragsgegners direkt angesprochen, sodass ein Eingriff in ihre Rechte aus Art. 21 Abs. 1 GG auf der Hand liegt.



    b) Eingriffe in den Grundsatz der gleichberechtigten Teilhabe der Parteien an der politischen Willensbildung bedürfen einer verfassungsrechtlicher Rechtfertigung (vgl. BVerfG, U. v. 15. Juni 2022 - 2 BvE 4/20 -, Rn. 72). Gründe, die Ungleichbehandlungen rechtfertigen und der Regierung eine Befugnis zum Eingriff in die Chancengleichheit der Parteien verleihen, müssen durch die Verfassung legitimiert und von einem Gewicht sein, das dem Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien die Waage halten kann (vgl. insoweit zum Grundsatz der Gleichheit der Wahl BVerfGE 6, 84 <92 f.>; 95, 408 <418>; 129, 300 <320>; 130, 212 <227 f.>; 135, 259 <286 Rn. 51>; zum Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl BVerfGE 42, 212 <340 f.>; 132, 39 <48 Rn. 25>; 151, 1 <19 Rn. 43>). Dabei ist jedenfalls den Grundsätzen der Geeignetheit und Erforderlichkeit zur Erreichung der verfassungsrechtlich legitimierten Zwecke Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, U. v. 15. Juni 2022 - 2 BvE 4/20 -, Rn. 92; BVerfGE 135, 259 <287 Rn. 53>).


    Eine Rechtfertigung von Eingriffen in den Gewährleistungsbereich von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich aus der Befugnis der Bayerischen Staatsregierung im Ganzen sowie des Ministerpräsidenten und der Staatsministerinnen und Staatsminister zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit ergeben. Die der Staatsregierung und ihren Mitgliedern gemeinsam mit dem Landtag obliegende Aufgabe der Staatsleitung schließt als integralen Bestandteil eine solche Befugnis ein (vgl. für die Bundesregierung: BVerfGE 20, 56 <100>; 44, 125 <147>; 63, 230 <243>; 105, 252 <270>; 105, 279 <304 f.>; 138, 102 <114>; 148, 11 <27>). Informations- und Öffentlichkeitsarbeit ist nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern notwendig, um den Grundkonsens im demokratischen Gemeinwesen lebendig zu erhalten und die Bürgerinnen und Bürger zur eigenverantwortlichen Mitwirkung an der politischen Willensbildung sowie zur Bewältigung vorhandener Probleme zu befähigen (vgl. BVerfGE 44, 125 <147>; 105, 252 <269>; 105, 279 <302>). So liegt es hier.


    Die Staatsregierung ist ferner auch nicht daran gehindert, sondern sogar verpflichtet, für die Grundsätze und Werte der Verfassung einzutreten (vgl. BVerfGE 113, 63 <78>; VerfGH Berlin, U. v. 20. Februar 2019 - 80/18 -, juris, Rn. 42; VerfGH Saarland, U. v. 8. Juli 2014 - Lv 5/14 -, juris, Rn. 40). Im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hat sie sich auch mit verfassungsfeindlichen Parteien zu befassen. Aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG folgt deshalb nicht, dass die Staatsregierung daran gehindert wäre, verfassungsfeindliche Bestrebungen politischer Parteien als solche zu bezeichnen und darauf in angemessener Weise zu reagieren. Dabei vorgenommene Einschätzungen politischer Parteien als verfassungsfeindlich sind, soweit sie sich im Rahmen von Gesetz und Recht halten, Teil der öffentlichen Auseinandersetzung; die betroffene Partei muss sich dagegen mit den Mitteln des öffentlichen Meinungskampfes zur Wehr setzen (vgl. BVerfGE 40, 287 <293>; 138, 102 <116 Rn. 47>).


    Der Antragsgegner kann die angegriffenen, öffentlich getätigten Äußerungen daher vorliegend auf seine Befugnis zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit stützen. Es ist im Grundsatz auch nicht zu beanstanden, dass er für die Grundsätze und Werte der Verfassung eintritt und eine öffentliche Einschätzung bzgl. der Verfassungsfeindlichkeit der Antragstellerin abgibt. Die Preisgabe dieser Einschätzung ist zumindest auch geeignet, den vom Antragsgegner verfolgten verfassungsrechtlich legitimierten Zweck, die Informations- und Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich der möglichen Verfassungswidrigkeit der Antragstellerin zum Schutz der Grundsätze und Werte der Verfassung, zu erreichen.



    c) Der Eingriff in die Rechte der Antragstellerin ist jedoch nicht erforderlich.


    aa) Jenseits der Frage einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage verbietet es das Recht politischer Parteien auf Chancengleichheit der Staatsregierung, eine nicht verbotene politische Partei in der Öffentlichkeit nachhaltig verfassungswidriger Zielsetzung und Betätigung zu verdächtigen, wenn ein solches Vorgehen bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass es auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 133, 100 <108>; früher bereits BVerfGE 40, 287 <293>). Es ist der Staatsregierung, auch wenn sie von ihrer Befugnis zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit Gebrauch macht, von Verfassungs wegen versagt, sich mit einzelnen Parteien zu identifizieren und die ihr zur Verfügung stehenden staatlichen Mittel und Möglichkeiten zu deren Gunsten oder Lasten einzusetzen (vgl. BVerfGE 44, 125 <141 ff.>; 138, 102 <115 Rn. 45>). Der Grundsatz der Chancengleichheit aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG lässt es nicht zu, dass die Regierung die Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit nutzt, um Regierungsparteien zu unterstützen oder Oppositionsparteien zu bekämpfen (vgl. BVerfGE 44, 125 <148 ff.>; 63, 230 <243 f.>; 138, 102 <115 Rn. 46>). Auch sind Einschätzungen bzgl. einer Verfassungsfeindlichkeit von Parteien dann unzulässig, wenn sie auf sachfremden Erwägungen beruhen und damit den Anspruch der betroffenen Partei auf gleiche Wettbewerbschancen willkürlich beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 40, 287 <293>; 138, 102 <116 Rn. 47>). Jedenfalls dann, wenn die betreffende Partei gute Wahlchancen hat, führt eine unzutreffende Extremismus-Etikettierung zu einer schwerwiegenden Verzerrung des demokratischen Wettbewerbs (Murswiek, Verfassungsschutz und Demokratie, S. 22; vgl. zur Schmälerung der Wahlchancen auch VG Köln, Beschl. v. 26. Februar 2019 - 13 L 202/19, juris Rn. 61; VG Berlin, Beschl. v. 22.02.2021 - 1 L 127/21-, Rn. 22).


    bb) Nach diesen Maßstäben sind die angegriffenen Aussagen, bei vorläufiger Würdigung der bisher vorgetragenen Gründe für die angeblich verfassungsfeindliche Bestrebung der Antragstellerin, nicht gerechtfertigt.


    (1) Der Antragsgegner führt in seiner Begründung zur Rechtfertigung der Aussagen drei Beispiele auf, die eine verfassungsfeindliche Bestrebung der Antragstellerin belegen sollen.


    Soweit der Antragsgegner auf einen Tweet der Vertretungsberechtigten der Antragstellerin abstellt, in dem eine Verherrlichung der kommunistisch regierten Sowjetunion begründet sein soll, sind diese Ausführungen zur Begründung einer verfassungswidrigen Bestrebung der Antragstellerin offensichtlich ungeeignet. Eine derart aus dem Kontext gerissene Aussage eines einzelnen Mitglieds der Antragstellerin vermag keinen Rückschluss darauf zu rechtfertigen, ob die Antragstellerin dieses Regime tatsächlich "verherrlicht".


    Auch der Vortrag, dass der ehemalige Innenminister Hamburgs, mithin Mitglied der Internationalen Linken, verfassungsfeindlich agiert hätte, ist nicht hinreichend substantiiert. Der Antragsgegner führt nicht aus, inwiefern die Antragstellerin behördliche Ressourcen für die Vereitelung der Umsetzung von Gesetzen missbraucht hätte. Ein dahingehender Rechtsverstoß wurde bisher auch nicht festgestellt.


    Schließlich handelt es sich auch bei der Behauptung, dass die durch ein Mitglied der Internationalen Linken angeordnete Beobachtung der Allianz NRW verfassungsfeindlich sei, um eine bloße Annahme des Antragsgegner. Er führt nicht aus, inwieweit tatsächlich ein Rechtsverstoß vorgelegen haben soll.


    (2) Insgesamt betrachtet trägt der Antragsgegner im Wesentlichen unsubstantiiert und lediglich überschlagsartig vor, warum die Ausrichtung der Antragstellerin tatsächlich nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu vereinen sei. Keine der jeweils nur knapp begründeten Ausführungen ergeben, dass die Antragstellerin tatsächlich offensichtlich verfassungsfeindlich gesinnt ist. Der Antragsgegner führt auch nicht aus, inwiefern die Antragstellerin in Bayern selbst durch verfassungsfeindliche Tätigkeiten aufgefallen sei. Auch seinen beanstandeten, öffentlich getätigten Aussagen hat der Antragsgegner keine Begründung beigefügt, warum er zu dem Entschluss gekommen sei, dass die Antragstellerin die freiheitliche demokratische Grundordnung ablehne. In Summe beruhen die Annahmen des Antragsgegners teils auf sachfremden und teils auf unsubstantiiert vorgetragenen Erwägungen und stellen demnach eine, nach bisherigem Informationsstand, unzutreffende Extremismus-Etikettierung der Antragstellerin dar. Der Eingriff in die Rechte der Antragstellerin aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG ist daher nicht erforderlich und somit nicht gerechtfertigt.



    2. Die Antragstellerin hat darüber hinaus auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Dieser setzt voraus, dass es der Antragstellerin unter Berücksichtigung ihrer Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten (vgl. Buchheister, in: Wysk, VwGO, 3. Auflage 2020, § 123, Rn. 20). So liegt es hier. Die beanstandete Äußerung ist nicht gelöscht, der nach jetzigem Stand nicht zu rechtfertigende Eingriff in die nach Art. 21 Abs. 1 GG geschützte Parteienfreiheit dauert an. Die Antragstellerin hat auch schlüssig dargelegt, dass der andauernde Eingriff in ihre Rechte wahrscheinlich mit einem, womöglich irreparablen, Verlust ihres politischen Partizipationsvermögens und ihres Ansehens einhergeht. Zur vorübergehenden Wahrung ihrer Rechte ist das Entfernen der streitgegenständlichen und wahrscheinlich rechtswidrigen Äußerungen erforderlich..



    3. Hinsichtlich einer möglichen Vorwegnahme der Hauptsache bestehen keine Bedenken.


    a) Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht nach § 123 Abs. 1 VwGO grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einer Antragstellerin nicht schon in vollem Umfang dasjenige gewähren, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Dieses Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache gilt allerdings im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG dann nicht, wenn die gerichtliche Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, weil die Antragstellerin sonst Nachteile zu erwarten hätte, die für ihn unzumutbar wären, und das Begehren in der Hauptsache schon aufgrund einer summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten bei Anlegung eines strengen Maßstabs erkennbar Erfolg haben muss (vgl. OGE 2, 162 <167>; BVerfG, Beschl. v. 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 -; BVerwG, Beschl. v. 13. August 1999 - 2 VR 1.99 -).


    b) Bei der Anordnung einer einstweiligen Entfernung der streitgegenständlichen Aussagen handelt es sich um keine tatsächlich Vorwegnahme der Hauptsache, da es sich lediglich um eine temporäre Regelung in Bezug auf das strittige Rechtsverhältnis handelt. Der Antragsgegner ist nicht gehindert, die angegriffenen Textpassagen nach einem Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu seinem Gunsten erneut zu veröffentlichen (vgl. grundlegend OGE 2, 29 <31>). Es ist auch nicht ersichtlich, dass es der Antragstellerin lediglich um eine eilige Entscheidung über die im Hauptsacheverfahren angegriffenen Maßnahmen geht, da sie die Eilbedürftigkeit schlüssig darlegt und ihr hinreichender Rechtsschutz auf andere Weise nicht gewährt werden kann. Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes ist der Erlass der einstweiligen Anordnung erforderlich, da der Antragstellerin bei Nichtgewährung unzumutbare Nachteile entstünden, die sich, auch im Hinblick auf die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, nicht rechtfertigen ließen.



    4. Nach alledem sind die Anträge hinsichtlich der begehrten vorläufigen Entfernung der beanstandeten Äußerungen, soweit sie auf die Veröffentlichung des Antragsgegners vom 14. November 2022 zielen, begründet. Soweit die Antragstellerin die Entfernung solcher Äußerungen aus anderen Veröffentlichungen begehrt, legt sie nicht dar, wo diese Äußerungen noch getätigt worden sind. Soweit die Antragstellerin die Entfernung der Aussagen aus weiteren Veröffentlichungen begehrt, hätte eine gesonderte, den jeweiligen Umständen der getätigten Aussage Rechnung tragende, Prüfung erfolgen müssen.



    III.


    Der Antrag zur Androhung eines Ordnungsgeldes war abzuweisen. Es kann dabei offenbleiben, ob § 890 ZPO i.V.m. § 167 VwGO vorliegend anwendbar ist, da die Voraussetzungen dieser Regelung gar nicht erfüllt sind.


    Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Vollstreckung - auch im Verwaltungsprozessrecht - grundsätzlich nach dem Inhalt des zu vollstreckenden Titels richtet. Somit ist zur Abgrenzung der einzelnen in §§ 887, 888 und 890 ZPO geregelten Fallgruppen auf den Kern der nach dem Vollstreckungstitel geschuldeten Leistung des Schuldners abzustellen (BayVGH Beschl. v. 30.3.2006 - 15 C 05.2757 -, juris Rn. 10; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl. 2016, § 887 ZPO Rn. 2). Demnach ist nur dann, wenn der Titel auf ein Unterlassen beschränkt ist, auch der in der Aufrechterhaltung des Zustands liegende Verstoß gegen den Titel nach § 890 ZPO zu vollstrecken; ist dagegen dem Schuldner ausdrücklich aufgegeben, den Zustand zu beseitigen, kommt insoweit nur die Handlungsvollstreckung nach §§ 887 f. ZPO in Frage. Voraussetzung für die Anwendung des § 890 ZPO ist mithin, dass der zu vollstreckende Anspruch auf Unterlassung einer Handlung gerichtet ist oder dazu verpflichtet, die Vornahme einer Handlung zu dulden (vgl. VG Bayreuth, Beschl. v. 07.03.2027 - B 5 V 17.17-, Rn. 18). Eine solche Fallkonstellation liegt vorliegend aber gerade nicht vor, da der Antragsgegner nur zur vorübergehenden Löschung der angegriffenen Aussagen verpflichtet ist.



    C.

    1. Von einer mündlichen Verhandlung wird nach § 18 Abs. 2 Satz 1 OGG abgesehen. Die mündliche Verhandlung war, trotz Antrag des Antragsgegners, auch nicht gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe b OGG durchzuführen, da § 18 Abs. 2 Satz 1 OGG eine speziellere Ausprägung der Regelung bzgl. mündlicher Verhandlungen für einstweilige Verfügungsverfahren darstellt. Nichts anderes ergibt sich aus § 123 Abs. 4 i. V. m. § 101 Abs. 3 VwGO.


    2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.



    Geissler | Neuheimer | Langenfeld

    OBERSTES GERICHT

    – 5 BvQ 1/22 –

    – 5 BvT 1/22 –


    742-bverfgf-png


    IM NAMEN DES VOLKES



    I. In der Verwaltungsstreitsache,

    über die Anträge,

    im Wege der einstweiligen Anordnung,



    1. dem Antragsgegner aufzugeben, den Vollzug des ‘‘Erlass[es] zur Wahrung des Schulfriedens und Eindämmung von verfassungsfeindlicher Propaganda an Bayerischen Schulen‘‘ abzubrechen und außer Kraft zu setzen,

    2. dem Antragsgegner aufzugeben, den Erlass vom 14. November 2022 außer Vollzug zu setzen,

    3. dem Antragsgegner aufzugeben, aus allen öffentlich einsehbaren Veröffentlichungen des Antragsgegners Textpassagen einstweilen zu entfernen, wo behauptet wird

    - die Antragstellerin habe in der Vergangenheit ihre Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols und des Demokratie- wie Rechtsstaatsprinzips deutlich gemacht oder ihre Akzeptanz für diese - für die freiheitliche demokratische Grundordnung essentiellen - Prinzipien in Frage gestellt,
    - die Antragstellerin habe eine Ausrichtung, welche nicht mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu vereinen sei,

    4. dem Antragsgegner bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 € anzudrohen,

    5. dem Antragsgegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen.



    Antragstellerin:
    Internationale Linke, Landesverband Bayern,
    vertreten durch Frau Kaja Sembrant, MdL


    - Prozessbevollmächtigter: Marius Wexler -



    Antragsgegner:

    Bayerisches Staatsministerium für Volksbildung und Volkserziehung,
    Salvatorstraße 2, 80333 München,
    vertreten durch die Staatsministerin, Frau Dr. Oxana Koslowska, MdL


    - 5 BvQ 1/22 -


    II. In der Verwaltungsstreitsache



    Internationale Linke, Landesverband Bayern,
    vertreten durch Frau Kaja Sembrant, MdL


    - Prozessbevollmächtigter: Marius Wexler -



    g e g e n



    Bayerisches Staatsministerium für Volksbildung und Volkserziehung,
    Salvatorstraße 2, 80333 München,
    vertreten durch die Staatsministerin, Frau Dr. Oxana Koslowska, MdL



    w e g e n



    Verbot von Zurschaustellung von Parteilogos in Schulen


    - 5 BvT 1/22 -



    hat das Oberste Gericht – Fünfter Senat –

    unter Mitwirkung der Richter


    Vizepräsident Geissler,


    Neuheimer,


    Langenfeld



    am 25. November 2022 einstimmig beschlossen:


    Die in den Anträgen zu I. 1. und 2. erhobenen Ansprüche werden vom Verfahren 5 BvQ 1/22 abgetrennt und ihre Verhandlung unter dem Aktenzeichen 5 BvT 1/22 fortgesetzt.




    G r ü n d e :


    I.


    1. Mit Hinweisbeschluss vom 21. November 2022 hat der Fünfte Senats des Obersten Gerichts die Antragstellerin, unter Verweis auf die Pflicht des Gerichts zur Ermittlung des prozessualen Begehrens, im Verfahren 5 BvQ 1/22 darauf hingewiesen, dass die Anträge zu I. 1. und 2. im Wesentlichen auf die Außerkraftsetzung des streitgegenständlichen Erlasses zielen. Ferner wurde die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass sie mitteilen möge, ob sie die Anträge zu I. 1. und 2. demnach abtrennen und als eigenständige Anfechtungsklage fortsetzen wolle.


    2. Die Antragstellerin hält ausweislich des Schriftsatzes vom 22. November 2022 an der Verwaltungsaktqualität des streitgegenständlichen Erlasses fest und begehrt die Auslegung der Anträge zu I. 1. und 2. als eigenständige Anfechtungsklage.


    3. Mit Schriftsatz vom 23. November führt der Antragsgegner im Verfahren 5 BvQ 1/22 aus, dass es sich bei der Auslegung der Anträge zu I. 1. und 2. als eigenständige Anfechtungsklage um eine unzulässige Klageänderung handle. Es ermangele der Klageänderung an der notwendigen Zustimmung des Beklagten nach § 91 VwGO und das Gericht könne sich auch nicht auf § 88 VwGO stützen; das vorgebrachte Parteivorbringen rechtfertige dies hinsichtlich des tatsächlichen Begehrens nicht. Die Klageänderung sei auch nicht ausdrücklich beantragt worden, indem sich die Antragstellerin mit der Abtrennung der Anträge zu I. 1. und 2. als eigenständige Anfechtungsklage einverstanden erklärte. Der Antragsgegner beantragt demnach weiterhin,


    die Anträge zu I. 1. und 2. als unzulässig zu verwerfen.



    II.


    1. Die durch die Anträge zu I. 1. und 2. erhobenen Ansprüche sind vom Verfahren 5 BvQ 1/22 abzutrennen und ihre Verhandlung als eigenständige Anfechtungsklage unter dem Aktenzeichen 5 BvT 1/22 fortzusetzen.


    a) Soweit der Antragsgegner im Verfahren 5 BvQ 1/22 darauf abstellt, dass es sich um eine Klageänderung nach § 91 VwGO handle, steht der Zulässigkeit der Klageänderung nicht entgegen, dass der Antragsgegner dieser Klageänderung nicht zugestimmt hat, da das Gericht die Klageänderung jedenfalls für sachdienlich hält. Viel mehr hat das Gericht nach § 86 Abs. 3 VwGO durch den Hinweisbeschluss vom 21. November 2022 gerade darauf hingewirkt, dass dieser sachdienliche Antrag gestellt wird. Das Gericht ist nach § 93 Satz 2 VwGO auch ausdrücklich dazu befugt, eine Trennung von in einem Verfahren erhobenen Ansprüchen vorzunehmen und diese Ansprüche in getrennten Verfahren zu verhandelt.


    b) Auch ist die Ausführung der Antragstellerin, dass sie sich mit der beabsichtigte Abtrennung der Anträge zu I. 1. und 2. als eigenständige Anfechtungsklage einverstanden erklärt, ein hinreichend konkreter und auch absichtlich gestellter Antrag zur sachdienlichen Auslegung der vorgenannten Anträge.


    c) Die Klageänderung lässt sich auch im Hinblick auf das tatsächliche klägerische Begehren rechtfertigen, mithin ist sie auch sachdienlich. Die Antragstellerin im Verfahren 5 BvQ 1/22 begehrt ausweislich der Anträge zu I. 1. und 2. ausdrücklich die Außervollzugsetzung bzw. Außerkraftsetzung des streitgegenständlichen Erlasses. Dieses Rechtsschutzziel ist, soweit man unterstellt, dass es sich bei dem steitgegenständlichen Erlass um einen Verwaltungsakt handelt, lediglich im Wege der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zu erreichen. Das Gericht geht auch nicht, wie vom Antragsgegner behauptet, über das Klagebegehren hinaus (§ 88 VwGO), da dieses gerade in der Außervollzugsetzung bzw. Außerkraftsetzung des streitgegenständlichen Erlasses liegt.



    2. Die Erhebung der Anfechtungsklage im Verfahren 5 BvT 1/22 hat nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung.




    Geissler | Neuheimer | Langenfeld

    OBERSTES GERICHT

    – 5 BvQ 1/22 –


    742-bverfgf-png


    IM NAMEN DES VOLKES


    In dem Verfahren
    über die Anträge,

    im Wege der einstweiligen Anordnung,



    1. dem Antragsgegner aufzugeben, den Vollzug des ‘‘Erlass[es] zur Wahrung des Schulfriedens und Eindämmung von verfassungsfeindlicher Propaganda an Bayerischen Schulen‘‘ abzubrechen und außer Kraft zu setzen,

    2. dem Antragsgegner aufzugeben, den Erlass vom 14. November 2022 außer Vollzug zu setzen,

    3. dem Antragsgegner aufzugeben, aus allen öffentlich einsehbaren Veröffentlichungen des Antragsgegners Textpassagen einstweilen zu entfernen, wo behauptet wird

    - die Antragstellerin habe in der Vergangenheit ihre Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols und des Demokratie- wie Rechtsstaatsprinzips deutlich gemacht oder ihre Akzeptanz für diese - für die freiheitliche demokratische Grundordnung essentiellen - Prinzipien in Frage gestellt,
    - die Antragstellerin habe eine Ausrichtung, welche nicht mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu vereinen sei,

    4. dem Antragsgegner bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 € anzudrohen,

    5. dem Antragsgegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen.



    Antragstellerin:
    Internationale Linke, Landesverband Bayern,
    vertreten durch Frau Kaja Sembrant, MdL


    - Prozessbevollmächtigter: Marius Wexler -



    Antragsgegner:

    Bayerisches Staatsministerium für Volksbildung und Volkserziehung,
    Salvatorstraße 2, 80333 München,
    vertreten durch die Staatsministerin, Frau Dr. Oxana Koslowska, MdL



    h i e r : Gegenvorstellung


    hat das Oberste Gericht – Fünfter Senat –

    unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter


    Vizepräsident Geissler,


    Neuheimer,


    Langenfeld



    am 22. November 2022 einstimmig beschlossen:


    Die Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Fünften Senats des Obersten Gerichts vom 21. November 2022 wird abgewiesen.



    G r ü n d e :


    1. Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Obersten Gerichts vom 21. November 2022 (Az.: 5 BvQ 1/22), der auf eine sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Obersten Gerichts vom 20. November 2022 (Az.: 5 BvQ 1/22) ergangen ist.



    2. Die Gegenvorstellung ist abzuweisen.


    a) Richter Geissler und Richterin Langenfeld waren nicht daran gehindert, an der Entscheidung über die sofortige Beschwerde mitzuwirken. Die sofortige Beschwerde warf in materieller Hinsicht lediglich Fragen grundsätzlicher Natur auf. Der Antragsgegner trägt in seiner sofortigen Beschwerde offensichtlich keine hinreichenden Gründe vor, die den angegriffenen Beschluss tatsächlich in materieller Hinsicht rechtswidrig erscheinen lassen. Hinweise darauf, dass sich der Antragsgegner mit der Begründung des Gerichts nicht einverstanden zeigt, reichen dafür offenkundig nicht aus. An konkreten, auf das Ablehnungsgesuch gegen den Richter Geissler und die Richterin Langenfeld bezogene Fragen, fehlte es der sofortigen Beschwerde. Richter Geissler und Richterin Langenfeld wären zwar an der Mitwirkung an der Entscheidung gehindert gewesen, wenn Richter Neuheimer zu dem Entschluss gekommen wäre, dass die sofortige Beschwerde in materieller Hinsicht tatsächlich einlassungsfähig war. So liegt es hier jedoch nicht.


    b) Die Ausführungen des Antragsgegners zur im angegriffenen Beschluss zitierten Entscheidung OGE 2, 59 sind fehlerhaft, da sich die dortige Feststellung der außerordentlichen Beschlussfassung offensichtlich nicht, wie vom Antragsgegner ausgeführt, auf § 18 Abs. 6 OGG a. F. stützte. Es ist nicht erkennbar und auch nicht dargetan worden, dass die vorliegende Feststellung der außerordentlichen Beschlussfähigkeit des Senats nicht zur Aufrechterhaltung seiner Handlungsfähigkeit erforderlich gewesen wäre.


    c) Hinsichtlich der Frage, ob ein "Liken" oder "Disliken" eines Beitrages die Befangenheit eines Richters oder einer Richterin begründen kann, trägt der Antragsgegner erneut lediglich allgemeine, für ein erfolgreiches Ablehnungsgesuch offensichtlich unzureichende Gründe vor. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, warum eine tatsächliche Voreingenommenheit in rechtlicher Hinsicht bestehen soll, lässt der Antragsgegner weiterhin vermissen. Der Antragsgegner verkennt nach wie vor, dass eine lediglich inhaltliche Missbilligung keine wie von § 10 Abs. 1 OGG geforderte Beteiligung an der Sache darstellt.



    Die Entscheidung ist gem. § 35 Abs. 1 Satz 4 OGG unanfechtbar.



    Geissler | Neuheimer | Langenfeld

    OBERSTES GERICHT

    – 5 BvQ 1/22 –


    742-bverfgf-png


    IM NAMEN DES VOLKES


    In dem Verfahren
    über die Anträge,

    im Wege der einstweiligen Anordnung,



    1. dem Antragsgegner aufzugeben, den Vollzug des ‘‘Erlass[es] zur Wahrung des Schulfriedens und Eindämmung von verfassungsfeindlicher Propaganda an Bayerischen Schulen‘‘ abzubrechen und außer Kraft zu setzen,

    2. dem Antragsgegner aufzugeben, den Erlass vom 14. November 2022 außer Vollzug zu setzen,

    3. dem Antragsgegner aufzugeben, aus allen öffentlich einsehbaren Veröffentlichungen des Antragsgegners Textpassagen einstweilen zu entfernen, wo behauptet wird

    - die Antragstellerin habe in der Vergangenheit ihre Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols und des Demokratie- wie Rechtsstaatsprinzips deutlich gemacht oder ihre Akzeptanz für diese - für die freiheitliche demokratische Grundordnung essentiellen - Prinzipien in Frage gestellt,
    - die Antragstellerin habe eine Ausrichtung, welche nicht mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu vereinen sei,

    4. dem Antragsgegner bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 € anzudrohen,

    5. dem Antragsgegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen.



    Antragstellerin:
    Internationale Linke, Landesverband Bayern,
    vertreten durch Frau Kaja Sembrant, MdL


    - Prozessbevollmächtigter: Marius Wexler -



    Antragsgegner:

    Bayerisches Staatsministerium für Volksbildung und Volkserziehung,
    Salvatorstraße 2, 80333 München,
    vertreten durch die Staatsministerin, Frau Dr. Oxana Koslowska, MdL



    h i e r : sofortige Beschwerde


    hat das Oberste Gericht – Fünfter Senat –

    unter Mitwirkung der Richter


    Vizepräsident Geissler,


    Neuheimer,


    Langenfeld



    am 21. November 2022 einstimmig beschlossen:


    Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Fünften Senats des Obersten Gerichts vom 20. November 2022 wird abgewiesen.



    I.


    Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde nach § 54 VwGO i.V.m. § 46 ZPO gegen den Beschluss des Obersten Gerichts vom 20. November 2022 (Az.: 5 BvQ 1/22).


    Der Beschluss sei formell rechtswidrig, da die Beschlussfähigkeit des Senats nach § 12 OGG nicht gegeben gewesen sei. Dazu sei der Beschluss auch materiell rechtswidrig, da der Verweis auf das Trennungsgebot nicht trage und das Gericht nicht substantiiert dargelegt habe, inwieweit ein "Like" oder "Dislike" nicht ausreichen solle, um die Besorgnis der Befangenheit einer Richterin oder eines Richters zu begründen.



    II.


    Die zulässige sofortige Beschwerde ist zurückzuweisen. Der angegriffene Beschluss ist weder formell (1.) und materiell (2.) rechtswidrig.



    1. Der angegriffene Beschluss ist nicht formell rechtswidrig.


    Die außerordentliche Beschlussfähigkeit des Senats war, abweichend von § 12 OGG, gegeben, da das gesetzlich vorgeschriebene Quorum überhaupt nicht erreicht werden konnte. Zur Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit des Senates, ist die Feststellung der außerordentlichen Beschlussfähigkeit in diesem Falle gerechtfertigt und durch das Oberste Gericht anerkannt (vgl. OGE 2, 59 <67>). Nichts anderes ergibt sich aus der zweckgemäßen Anwendung des § 45 Abs. 3 ZPO aufgrund des offenkundigen Mangels eines im Rechtszug höheren Gerichts.



    2. Der Beschluss ist auch nicht materiell rechtswidrig.


    Selbst wenn man, wie der Beschwerdeführer, zu dem Schluss käme, dass ein Verweis auf das Trennungsgebot den Tenor des angegriffenen Beschlusses nicht tragen würde, so fehlte es dem Ablehnungsgesuch dennoch an einem hinreichend substantiierten Vortrag, warum durch ein "Like" oder "Dislike" eine Vorfestlegung auf eine bestimmte Rechtsauffassung begründet sein soll. Der Beschwerdeführer hätte stichhaltig begründen müssen, warum eine solche Vorfestlegung ohne die Möglichkeit zur gedanklichen Lösung hiervon tatsächlich zu besorgen sei. Eine allgemeine, inhaltliche Missbilligung reicht für die Ablehnung einer Richterin oder eines Richters erkennbar nicht aus. Diesen grundsätzlichen Erwägungen trägt der angegriffene Beschluss, insbesondere im Ergebnis, hinreichend Rechnung.



    Die Entscheidung ist gem. § 35 Abs. 1 Satz 4 OGG unanfechtbar.



    Geissler | Neuheimer | Langenfeld

    Zur Kenntnisnahme


    An

    die Präsidentin des Deutschen Bundestages | Frau Dr. Irina Christ

    den Präsidenten des Bundesrates | Herr Leon Mus



    Sehr geehrte Damen und Herren,


    ich mache hiermit darauf aufmerksam, dass die Richterinnen und Richter


    - Präsidentin Christ-Mazur (8. August 2022)

    - Vizepräsident Neuheimer (24. Juli 2022)

    - Siebert (6. Juli 2022)


    in den letzten Wochen mindestens ein mal durch das nicht erfolgte Verfassen eines Sim-On-Beitrages innerhalb von 14 Tagen die Voraussetzungen für die Feststellung der Inaktivität nach § 5a Absatz 1 des vDeutschen Gesetzbuches erfüllen. Demnach geht mit der Feststellung der Inaktivität auch der Verlust des Amtes einher. Der Zeitpunkt des Eintretens der Inaktivität ist jeweils vermerkt.


    Durch den Verlust des Amtes wird entsprechend eine Neuwahl erforderlich. Entsprechen sind


    - durch den Bundesrat zwei Richterinnen oder Richter sowie

    - durch den Deutschen Bundestag eine Richterin oder ein Richter


    zu wählen.



    Ich bitte darum, die entsprechenden Wahlen sehr zeitnah einzuleiten.



    Mit freundlichen Grüßen


    Prof. Dr. Robert Geissler

    Richter am Obersten Gericht



    OBERSTES GERICHT

    – 3 BvT 3/22 –


    742-bverfgf-png


    IM NAMEN DES VOLKES



    In dem Verfahren
    zur verfassungsrechtlichen Prüfung,
    über den Antrag festzustellen,



    dass § 166 StGB in der Fassung des Artikel 19 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469) mit Artikel 103 Absatz 2 GG unvereinbar und nichtig ist.


    Antragstellerin:

    Frau Dr. jur. Irina Christ MdB,

    97078 Würzburg-Versbach


    hat das Oberste Gericht – Dritter Senat –

    unter Mitwirkung der Richter


    Vizepräsident Neuheimer,


    Geissler



    am 25. September 2022 einstimmig beschlossen:



    § 166 StGB in der Fassung des Artikel 19 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469) ist mit Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes vereinbar.



    G r ü n d e :


    A.


    Die Popularklage der in Würzburg wohnhaften Antragstellerin, die zugleich Mitglied des Deutschen Bundestages ist, wendet sich gegen § 166 des Strafgesetzbuches (StGB). Die Antragstellerin rügt dabei einen Verstoß der angegriffenen Norm gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG.


    I.


    1. Der Wortlaut der Norm, gegen die sich die Popularklage wendet, lautet wie folgt:


    㤠166 StGB РBeschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen


    (1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    (2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.“



    II.


    Die Antragstellerin hält die Klage mit ihrem Schriftsatz vom 21. August 2022 für zulässig (1.) und begründet (2.).


    1. Art. 103 Abs. 2 GG gewährleiste, dass nur eine Tat bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tatbegangen wurde. Dies verpflichte den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so genau zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände für den Normadressaten schon aus dem Gesetz selbst zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln und konkretisieren lassen (vgl. BVerfGE 73, 206 <234>; 75, 329 <340>; 78, 374 <381 f.>; 105, 135).


    Es müsse einzig und allein vom Handeln der Bürgerinnen und Bürger - und nicht etwa von den Strafgerichten - abhängen, ob eine Tat strafrechtlich zu verfolgen sei. Art. 103 Abs. 2 GG sorge dafür, dass allein der Gesetzgeber abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheiden könne (BVerfGE 75, 329 <341>; 78, 374 <382>; 95, 96 <131>; 105, 135). Dieser sei deshalb von Verfassungs wegen verpflichtet, die Grenzen der Strafbarkeit selber zu bestimmen.



    2. Unter Anwendung dieser Maßstäbe verstoße § 166 StGB gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG.


    a) Schon der Term "beschimpfen" werde den Anforderungen des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebotes nicht gerecht, da nicht ersichtlich sei, wann ein Beschimpfen eine hinreichende Qualität aufweise, um den Tatbestand der angegriffenen Norm zu erfüllen. Dies hinge im Einzelfall von der Bewertung des Gerichts ab. Es würde den Bürgerinnen und Bürgern somit unmöglich gemacht, ihre Äußerungen so auszurichten, dass eine Strafverfolgung unterbleibt.


    b) Auch die Formulierung "öffentliche[r] Frieden" sei zu vage, da es von der Interpretation des Begriffes abhänge, ob der Tatbestand des § 166 StGB im Einzelfall erfüllt sei und der Begriff des "öffentliche[n] Friedens" keiner eindeutigen Definition zugänglich sei.


    c) Die angegriffene Norm sei daher verfassungswidrig und für nichtig zu erklären. Eine bloße Unvereinbarkeitserklärung komme nicht in Betracht, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben seien, da die Nachteile, die durch das Außerkrafttreten der Norm entstünden nicht eindeutig gegenüber den Nachteilen eines befristeten Weitergeltens der angegriffenen Norm überwögen.



    III.


    Zur Stellungnahme berechtigt waren § 34a Abs. 2 Nr. 1 OGG der Deutsche Bundestag und der Bundesrat. Beide zur Stellungnahme berechtigten Organe verzichteten auf eine solche.



    B.


    Der Antrag ist zulässig.


    1. Das Oberste Gericht ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 17 OGG für die Popularklage zuständig. Der Antrag genügt auch den Begründungsanforderungen. Die Norm, die verletzt sein soll, ist bezeichnet und die behauptete Rechtsverletzung substantiiert dargelegt worden.


    2. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Sie zweifelt die sachliche Vereinbarkeit der angegriffenen Norm mit dem Grundgesetz an. Weiter hält sie die angegriffene Norm für nichtig. Dies indiziert das besondere objektive Klarstellungsinteresse (BVerfGE 6, 104 <110>; 52, 63 <80>; 88, 203 <334>; 96, 133 <137>; 100, 249 <257>; 101, 1 <30>; 103, 111 <124>; 106, 244 <250 f.>; 108, 169 <178>; 110, 33 <44 f.>; 113, 167 <193>; 119, 394 <409 f.>; 127, 293 <319>; 128, 1 <32>; st. Rspr.). Ein solches Interesse liegt schon dann vor, wenn der Antragsteller von der Unvereinbarkeit der Norm mit höherrangigem Recht überzeugt ist (vgl. OGE 2, 3 <6>; 17 <20>; 80, <95>; st. Rspr.).



    C.


    § 166 StGB ist mit dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar.


    I.


    1. a) Art. 103 Abs. 2 GG verpflichtet den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Diese Verpflichtung dient einem doppelten Zweck. Einerseits geht es um den rechtsstaatlichen Schutz des Normadressaten: Jedermann soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist. Anderseits soll sichergestellt werden, dass nur der Gesetzgeber über die Strafbarkeit entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, über die Voraussetzungen einer Bestrafung selbst zu entscheiden (vgl. BVerfGE 71, 108 <114>).


    Das schließt nicht eine Verwendung von Begriffen aus, die in besonderem Maße der Deutung durch den Richter bedürfen. Auch im Strafrecht steht der Gesetzgeber vor der Notwendigkeit, der Vielgestaltigkeit des Lebens Rechnung zu tragen. Müsste er jeden Straftatbestand stets bis ins Letzte ausführen, anstatt sich auf die wesentlichen Bestimmungen über Voraussetzungen, Art und Maß der Strafe zu beschränken, bestünde die Gefahr, dass die Gesetze zu starr und kasuistisch würden und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten (vgl. BVerfGE 126, 170 <195>; 143, 38 <54 f. Rn. 40>; 153, 310 <341 Rn. 76>). Das Bestimmtheitsgebot bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber gezwungen wäre, sämtliche Straftatbestände ausschließlich mit unmittelbar in ihrer Bedeutung für jedermann erschließbaren deskriptiven Tatbestandsmerkmalen zu umschreiben. Es schließt die Verwendung wertausfüllungsbedürftiger Begriffe bis hin zu Generalklauseln im Strafrecht nicht von vornherein aus (vgl. BVerfGE 92, 1 <12>; 126, 170 <196>; 143, 38 <55 Rn. 41>; 153, 310 <341 Rn. 77>). Wegen der Allgemeinheit und Abstraktheit von Strafnormen ist es ferner unvermeidlich, dass in Grenzfällen zweifelhaft sein kann, ob ein Verhalten schon oder noch unter den gesetzlichen Tatbestand fällt oder nicht. Dann genügt, wenn sich deren Sinn im Regelfall mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden ermitteln lässt und in Grenzfällen dem Adressaten zumindest das Risiko der Bestrafung erkennbar wird (vgl. BVerfGE 41, 314 <320>; 71, 108 <114 f.>; 73, 206 <235>; 85, 69 <73>; 87, 209 <223 f.>; 92, 1 <12>).


    b) Welchen Grad an gesetzlicher Bestimmtheit der einzelne Straftatbestand haben muss, lässt sich nicht allgemein festlegen (vgl. BVerfGE 126, 170 <196>; 143, 38 <55 Rn. 41>; 153, 310 <341 Rn. 77>). Deshalb ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung möglicher Regelungsalternativen zu entscheiden, ob der Gesetzgeber seinen Verpflichtungen aus Art. 103 Abs. 2 GG im Einzelfall nachgekommen ist. Zu prüfen sind die Besonderheiten des jeweiligen Straftatbestands einschließlich der Umstände, die zu der gesetzlichen Regelung führten (vgl. BVerfGE 28, 175 <183>), wobei der Gesetzgeber die Strafbarkeitsvoraussetzungen umso genauer festlegen und präziser bestimmen muss, je schwerer die von ihm angedrohte Strafe ist (vgl. BVerfGE 75, 329 <342>; 126, 170 <196>; 153, 310 <341 Rn. 75>).



    2. a) Ein Rückgriff des Strafgesetzgebers auf den „öffentlichen Frieden“ als Tatbestandsmerkmal ist nicht aus sich heraus verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Tatsache, dass der öffentliche Friede bei hinreichend begrenztem Verständnis ein geeignetes Schutzgut der Strafgesetzgebung sein kann, besagt noch nicht, dass auf diesen Begriff ohne weiteres auch als Tatbestandsmerkmal zurückgegriffen werden darf. Verstanden als Tatbestandsmerkmal, das eigenständig strafbegründend wirkt, wirft der Begriff des öffentlichen Friedens vielmehr Zweifel hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgebot auf. Er ist vielfältig offen für unterschiedliche Deutungen, die auf ein schwer zu fassendes subjektives Kollektivgefühl der Unsicherheit abstellen und dabei anfällig sind für ein Verständnis, das der grundlegenden Bedeutung der Freiheitsrechte in der grundgesetzlichen Ordnung nicht hinreichend Rechnung trägt. Entsprechend steht die Literatur dem strafrechtlichen Rückgriff auf den öffentlichen Frieden weithin kritisch gegenüber (vgl. Fischer, Öffentlicher Friede und Gedankenäußerung, 1986, S. 630 ff.; Enders/Lange, JZ 2006, S. 105 <108>; Hörnle, Grob anstößiges Verhalten, 2005, S. 90 ff., 282 ff.; Junge, Das Schutzgut des § 130 StGB, 2000, S. 26 ff.). Als allein strafbegründendes Tatbestandsmerkmal oder als ergänzendes Tatbestandsmerkmal in Straftatbeständen, die nicht schon durch andere Tatbestandsmerkmale grundsätzlich tragfähige und hinreichend begrenzte Konturen erhalten, kann dessen Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG Bedenken ausgesetzt sein (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 04. November 2009 - 1 BvR 2150/08 -, Rn. 93).


    b) Demgegenüber bestehen gegen das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Friedens dann keine Bedenken, wenn die vom Gesetzgeber als strafwürdig beurteilte Störung des öffentlichen Friedens durch andere, ihrerseits hinreichend bestimmte Tatbestandsmerkmale konkret umschrieben wird, die bereits für sich die Strafandrohung jedenfalls grundsätzlich zu tragen vermögen. Wird in einem solchen Fall der öffentliche Friede als zusätzliches Tatbestandsmerkmal herangezogen, lässt sich dessen Inhalt aus einem solchen Kontext inhaltlich näher bestimmen. Der öffentliche Friede ist dann als ein Tatbestandsmerkmal zu verstehen, dessen Inhalt sich aus dem jeweiligen Normenzusammenhang je eigens bestimmt. Es hat dabei nur noch die Funktion eines Korrektivs. Grundsätzlich begründet bereits die Verwirklichung der anderen Tatbestandsmerkmale die Strafbarkeit, bei deren Erfüllung auch die Störung des öffentlichen Friedens (beziehungsweise die Eignung hierzu) vermutet werden kann. Eigenständige Bedeutung hat es nur in atypischen Situationen, wenn diese Vermutung aufgrund besonderer Umstände nicht trägt. Bei dem öffentlichen Frieden handelt es sich insoweit nicht um ein strafbegründendes Tatbestandsmerkmal, sondern um eine „Wertungsformel zur Ausscheidung nicht strafwürdig erscheinender Fälle“ (vgl. Fischer, StGB, 56. Aufl. 2009, § 130 Rn. 14b). Es ist damit ein Korrektiv, das es insbesondere erlaubt, auch grundrechtlichen Wertungen im Einzelfall Geltung zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 04. November 2009 - 1 BvR 2150/08 -, Rn. 94).



    II.


    Nach diesen Maßstäben bestehen gegen die Bestimmtheit des § 166 StGB hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale des Beschimpfens (1.) und der Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens (2.) keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.



    1. Das Tatbestandsmerkmal der "Beschimpfung" steht mit dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG im Einklang.


    a) Es ist schon von seiner sprachlichen Fassung her hinreichend deutlich und begrenzt, um im Sinne der Anforderungen der Rechtsprechung auslegungsfähig zu sein. Die Frage, wie eng oder weit dieser Begriff im Kontext der Norm auszulegen sind, ist eine Frage ihrer Anwendung. Die Norm selbst ist hinsichtlich dieses Merkmals nicht in einer Weise offen, dass sie die Strafbarkeit insoweit ohne vorgegebenes Maß in die Hände der Strafjustiz legen würde. Die Einschätzung, ob eine Aussage tatsächlich als Beschimpfung im Sinne des § 166 StGB zu werten sein könnte, ist dem mündigen Bürger im Regelfall zuzutrauen. Jedenfalls aber, kann er im Wissen über das Bestehen der angegriffenen strafrechtlichen Norm, im Zweifelsfall das Risiko einer Bestrafung erkennen und sein Handeln demnach ausrichten.


    Zwar mag der Begriff der Beschimpfung, wie die Antragstellerin ausführt, grundsätzlich einer besonders weiten Auslegung zugänglich sein. Jedoch entspricht eine solche erkennbar nicht dem Regelungswillen des Gesetzgebers. Dies zeigt sich schon dadurch, dass die Beschimpfung geeignet sein muss, den öffentlichen Frieden zu stören. Eine lediglich kritisierende oder geringfügig abschätzige Bemerkung reicht hierfür offenkundig und für jedermann erkennbar nicht aus.


    b) Zur Wahrung des Bestimmtheitsgebotes ist es insbesondere gerade nicht erforderlich, dass der Gesetzgeber eine konkrete Qualität der Beschimpfung normativ erfasst. Die Beurteilung, ob eine Aussage als Beschimpfung zu werten ist, muss oftmals unter Berücksichtigung der Umstände, in denen diese getätigt wurde, vorgenommen werden. Nur bei korrekter Würdigung der Begleitumstände kann abschließend ermittelt werden, ob eine Äußerung tatsächlich als beschimpfend zu qualifizieren ist. Weiter konkretisiert der Gesetzgeber die Grenze zur Beschimpfung dahingehend, dass diese zur Störung des öffentlichen Friedens geeignet sein muss; die Beschimpfung muss entsprechend eine gewisse, nicht nur geringe Qualität aufweisen. Das Festschreiben einer noch konkreteren, zur Erfüllung des Tatbestandes erforderlichen Qualität der Beschimpfung würde den realen Lebensumständen nur unzureichend Rechnung tragen und im Zweifelsfalle dazu führen, dass das eigentliche Ziel des Gesetzgebers verfehlt würde. Es begegnet dabei auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass das Tatbestandsmerkmal der Beschimpfung, wie dargestellt, im konkreten Einzelfall in beträchtlichem Maße von der Deutung der Richterin oder des Richters abhängen wird (siehe I. 1. a); dies lässt sich vorliegend aufgrund der vorzunehmenden Abstraktion schwerlich vermeiden.



    2. Auch das Tatbestandsmerkmal der Störung des öffentlichen Friedens ist im Kontext des § 166 Abs. 1, 2 StGB mit dem Bestimmtheitsgebot vereinbar.


    a) Das Tatbestandsmerkmal der Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens bedarf zwar in Bezug auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG einer näheren Konkretisierung durch die weiteren Tatbestandsmerkmale (vgl. BVerfGE 124, 300 <339 ff.>). Der Gesetzgeber durfte jedoch schon die Beschimpfung des Inhaltes eines religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses an sich als eine strafwürdige und hinreichend bestimmt erfasste Störung des öffentlichen Friedens ansehen (siehe 1.). Aus diesem Kontext heraus wird die Störung des öffentlichen Friedens auch als Tatbestandsmerkmal bestimmbar: Sie besteht in einem Absenken der Schwelle der Gewaltbereitschaft und in der bedrohenden Wirkung, die solchen Äußerungen vor dem speziellen Hintergrund der weltweit bestehenden zwischenreligiösen Konflikte und der Gefahr gewalttätiger oder terroristischer Taten aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen, wie sie in der Vergangenheit vorgekommen sind, in der Regel zukommt.


    b) Die Wahrung des öffentlichen Friedens ist indes als Gewährleistung von Friedlichkeit zu verstehen. Ziel ist der Schutz vor Äußerungen, die ihrem Inhalt nach erkennbar auf rechtsgutgefährdende Handlungen hin angelegt sind. Die Wahrung des öffentlichen Friedens bezieht sich insoweit auf die Außenwirkungen von Meinungsäußerungen etwa durch Appelle oder Emotionalisierungen, die bei den Angesprochenen Handlungsbereitschaft auslösen oder Hemmschwellen herabsetzen oder Dritte unmittelbar einschüchtern (vgl. BVerfGE 124, 300 <335>). Eine Störung ist etwa dann anzunehmen, wenn ein verbreiteter Inhalt (§ 11 Abs. 3 StGB) über die Überzeugungsbildung hinaus mittelbar auf Realwirkungen angelegt ist und etwa in Form von Appellen zum Rechtsbruch, aggressiven Emotionalisierungen oder durch Herabsetzung von Hemmschwellen rechtsgutgefährdende Folgen unmittelbar auslösen kann (vgl. BVerfGE 124, 300 <333>). Eine solche Wirkung kann schon grundsätzlich bei Verwirklichung der weiteren Tatbestandsmerkmale vermutet werden. Das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Friedens gemäß § 166 Abs. 1, 2 erlaubt es dabei jedoch, atypischen Situationen im Sinne der Meinungsfreiheit Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 04. November 2009 - 1 BvR 2150/08 -, Rn. 95).



    D.


    Präsidentin Christ-Mazur und Richterin Siebert haben sich nach § 11 Abs. 1, 3 OGG selbst abgelehnt und waren daher nicht an der Entscheidungsfindung beteiligt.


    Die Entscheidung ist unanfechtbar.



    Neuheimer | Geissler

    OBERSTES GERICHT

    – 3 BvT 3/22 –


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    IM NAMEN DES VOLKES



    In dem Verfahren
    zu der verfassungsrechtlichen Prüfung,



    ob § 166 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 02. März 1974 (BGBl. I S. 469) mit Artikel 103 Abs. 2 GG unvereinbar und nichtig ist


    Antragstellerin:

    Frau Dr. iur Irina Christ MdB,

    97078 Würzburg-Versbach


    u n d Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung


    h i e r : Anhörungsrüge, hilfsweise Gegenvorstellung


    hat das Oberste Gericht – Dritter Senat –

    unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter


    Vizepräsident Neuheimer,


    Geissler



    am 18. September 2022 einstimmig beschlossen:



    Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung gegen die Entscheidung des Dritten Senats vom 13. September 2022, mit der der Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt wurde, werden verworfen.



    Gründe:


    I.


    1. Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Popularklage der in Würzburg wohnhaften Rügeführerin, die zugleich Mitglied des Deutschen Bundestages ist, wendet sich gegen § 166 des Strafgesetzbuches (StGB). Die Rügeführerin rügt dabei einen Verstoß der angegriffenen Norm gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG.


    Die Rügeführerin wendet sich mit der entscheidungsgegenständlichen Anhörungsrüge, hilfsweise einer Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Dritten Senats des Obersten Gerichts vom 13. September 2022 (Az. 3 BvT 3/22). Mit dem angegriffenen Beschluss hat der dritte Senat u. a. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Außervollzugsetzung des § 166 StGB abgelehnt. Der Antrag sei ausweislich der Entscheidungsgründe abzulehnen gewesen, weil der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache verstoße und unter Berücksichtigung des anzulegenden besonders strengen Maßstabes, auch der entstehende schwere Nachteil bei Nichterlass der einstweiligen Anordnung nicht hinreichend qualifiziert dargelegt worden sei.



    2. Die Anhörungsrüge sei zulässig und begründet.


    a) Das Oberste Gericht sei Garant für die Wahrung der Justizgrundrechte und eines rechtsstaatlichen Verfahrens – auch in letztinstanzlichen verfassungsrechtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 144, 20 <132> Rn. 403). Vor diesem Hintergrund habe das Gericht die Statthaftigkeit einer Anhörungsrüge erst kürzlich bejaht (vgl. OG, Anhörungsrügebeschluss im Parteiverbotsverfahren Bundesrat ./. FFD vom 25. Mai 2022 – 3 BvB 1/21). Für eine Abweichung von dieser Rechtsprechung bestünde indes kein Anlass, auch weil das Oberstes-Gericht-Gesetz eine Anhörungsrüge nicht grundsätzlich ausschließe.


    b) Das Gericht verkenne in dem angegriffenen Beschluss, dass es sich bei dem Versehen einer Handlungsweise mit einem sozialethischen Unwerturteil nicht um eine „allgemeine Behauptung“ handle, sondern um ein in der ständigen Rechtsprechung anerkanntes Rechtsinstitut (vgl. u. a. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 05. Juli 2019 - 2 BvR 167/18, Rn. 35). Das Gericht verkenne die Vielschichtigkeit des Begriffes mit der Titulierung desselben als "allgemeine Behauptung". Das Gericht setze sich in dem angegriffenen Beschluss mit keinem Wort mit dem Einhergehen eines sozialethischen Unwerturteils auseinander. Es begründe auch nicht, warum ein Verweis hierauf nicht hinreichend substantiiert sein solle. Das Gericht hätte damit den Kern des Vortrages der Rügeführerin gänzlich ignoriert und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.



    II.


    Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung sind als unzulässig zu verwerfen.


    Die Anhörungsrüge ist unter analoger Anwendung des § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO immer dann statthafter Rechtsbehelf, wenn eine Entscheidung angegriffen wird, gegen die ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht mehr gegeben ist (vgl. OGE 3, 48 <50>). Gegen einen durch Beschluss abgelehnten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Oberste Gericht ist der Widerspruch nach § 18 Abs. 3 OGG jedoch zulässig. Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Anhörungsrüge sind somit nicht gegeben. Gleiches gilt für die hilfsweise eingelegte Gegenvorstellung, deren Zulässigkeit ebenso nur dann gegeben ist, wenn gegen eine Entscheidung keine weiteren Rechtsmittel eingelegt werden können.


    Die Entscheidung ist unanfechtbar.


    Neuheimer | Geissler

    OBERSTES GERICHT

    – 3 BvT 3/22 –


    742-bverfgf-png


    IM NAMEN DES VOLKES



    In dem Verfahren
    zu der verfassungsrechtlichen Prüfung,



    ob § 166 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 02. März 1974 (BGBl. I S. 469) mit Artikel 103 Absatz 2 GG unvereinbar und nichtig ist


    Antragstellerin:

    Frau Dr. iur Irina Christ MdB,

    97078 Würzburg-Versbach


    h i e r : Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung u n d Richterablehnungsgesuch


    hat das Oberste Gericht – Dritter Senat –

    unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter


    Vizepräsident Neuheimer,


    Geissler



    am 13. September 2022 einstimmig beschlossen:



    1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.


    2. Das Ablehnungsgesuch gegen die Richterin Siebert wird als unzulässig verworfen.



    Gründe:


    Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und einem Richterablehnungsgesuch verbundene Popularklage der in Würzburg wohnhaften Antragstellerin, die zugleich Mitglied des Deutschen Bundestages ist, wendet sich gegen § 166 des Strafgesetzbuches (StGB). Die Antragstellerin rügt dabei einen Verstoß der angegriffenen Norm gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG.


    Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt die Antragstellerin, im Wege der vorläufigen Regelung anzuordnen, dass § 166 StGB bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt wird. Das Richterablehnungsgesuch richtete sich gegen die Richterin Siebert.


    I.


    1. Der Wortlaut der Norm, gegen die sich die Popularklage wendet, lautet wie folgt:


    㤠166 StGB РBeschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen


    (1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    (2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.“



    2. Die Antragstellerin hält die Klage mit ihrem Schriftsatz vom 21. August 2022 für zulässig und begründet.


    a) Art. 103 Abs. 2 GG gewährleiste, dass nur eine Tat bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Dies verpflichte den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so genau zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände für den Normadressaten schon aus dem Gesetz selbst zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln und konkretisieren lassen (vgl. BVerfGE 73, 206 <234>; 75, 329 <340>; 78, 374 <381 f.>; 105, 135).


    Es müsse einzig und allein vom Handeln der Bürgerinnen und Bürger - und nicht etwa von den Strafgerichten - abhängen, ob eine Tat strafrechtlich zu verfolgen sei. Art. 103 Abs. 2 GG sorge dafür, dass allein der Gesetzgeber abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheiden könne (BVerfGE 75, 329 <341>; 78, 374 <382>; 95, 96 <131>; 105, 135). Dieser sei deshalb von Verfassungs wegen verpflichtet, die Grenzen der Strafbarkeit selber zu bestimmen.



    b) Unter Anwendung dieser Maßstäbe verstoße § 166 StGB gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG.


    aa) Schon der Term "beschimpfen" werde den Anforderungen des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebotes nicht gerecht, da nicht ersichtlich sei, wann ein Beschimpfen eine hinreichende Qualität aufweise, um den Tatbestand der angegriffenen Norm zu erfüllen. Dies hinge im Einzelfall von der Bewertung des Gerichts ab. Es würde den Bürgerinnen und Bürgern somit unmöglich gemacht, ihre Äußerungen so auszurichten, dass eine Strafverfolgung unterbleibt.


    bb) Auch die Formulierung "öffentliche[r] Frieden" sei zu vage, da es von der Interpretation des Begriffes abhänge, ob der Tatbestand des § 166 StGB im Einzelfall erfüllt sei und der Begriff des "öffentliche[n] Friedens" keiner eindeutigen Definition zugänglich sei.


    cc) Die angegriffene Norm sei daher verfassungswidrig und für nichtig zu erklären. Eine bloße Unvereinbarkeitserklärung komme nicht in Betracht, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben seien, da die Nachteile, die durch das Außerkrafttreten der Norm entstünden, nicht eindeutig gegenüber den Nachteilen eines befristeten Weitergeltens der angegriffenen Norm überwögen.



    c) Auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei begründet, da die durchzuführende Folgenabwägung zu Lasten der angegriffenen Norm ausfiele.


    aa) Die einstweilige Anordnung diene zur Abwehr schwerer Nachteile, da bei Nichterlass derselben die Möglichkeit bestünde, dass weitere Personen aufgrund einer verfassungswidrigen Norm verurteilt würden.


    bb) Die Nachteile, die entstünden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, sich der Antrag in der Hauptsache aber als unbegründet erwiese, unterlägen hierbei, da zwar der staatliche Verfolgungsanspruch gegenüber strafrechtlich relevantem Verhalten temporär entfiele, dieser aber nach der Verkündung des Urteils in der Hauptsache wiederhergestellt würde und eine Verjährung aufgrund der Verfahrensdauer nicht zu erwarten sei.



    d) Das Ablehnungsgesuch sei begründet, da zwischen Richterin Siebert und Frau Dr. Kerstin Siegmann gem. Doppelaccountregister Personenidentität bestünde. Letztere habe in der Bundestagsdebatte zur Abschaffung des § 166 StGB (vgl. BT-Drs. XII/030) den festen und unerschütterlichen Wunsch zur Beibehaltung der besagten Norm geäußert. Sie sei daher hinsichtlich des vorliegenden Verfahrens nicht unvoreingenommen.



    3. Richterin Siebert hat sich unmittelbar nach Eingang der Klageschrift für befangen erklärt.




    II.


    Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg.


    1. a) Durch eine einstweilige Anordnung darf die Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden (vgl. BVerfGE 34, 160 <162>; 46, 160 <163 f.>; 67, 149 <151>; 147, 39 <46 f. Rn. 11>; 152, 63 <65 Rn. 5>; stRspr), denn sie soll lediglich einen Zustand vorläufig regeln, nicht aber die Hauptsache präjudizieren (vgl. BVerfGE 8, 42 <46>; 15, 219 <221>; 147, 39 <47 Rn. 11>; 152, 63 <66 Rn. 5>). Unzulässig ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung daher regelmäßig dann, wenn es der Antragstellerin um eine eilige Entscheidung über die im Hauptsacheverfahren angegriffene Maßnahme und nicht nur um eine vorläufige Regelung geht (vgl. BVerfGE 147, 39 <47 Rn. 11>; 152, 63 <66 Rn. 5>). Eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache ist anzunehmen, wenn der beantragte Inhalt der einstweiligen Anordnung und das Rechtsschutzziel in der Hauptsache, wenn nicht deckungsgleich, so doch zumindest vergleichbar sind, wenn also die stattgebende einstweilige Anordnung mit dem Zeitpunkt ihres Erlasses einen Zustand in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht zu verwirklichen erlaubt, der erst durch die zeitlich spätere Entscheidung in der Hauptsache hergestellt werden soll (vgl. BVerfGE 147, 39 <47 Rn. 12>; 152, 63 <66 Rn. 6>).


    Die Vorwegnahme der Hauptsache steht indes der Zulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausnahmsweise dann nicht entgegen, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich zu spät käme und dem Antragsteller in anderer Weise ausreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte (vgl. BVerfGE 34, 160 <163>; 67, 149 <151>; 108, 34 <40>; 130, 367 <369>; 147, 39 <47 Rn. 11>; 152, 63 <66 Rn. 5>; stRspr).


    b) aa) Nach § 18 Abs. 1 OGG kann das Oberste Gericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Klage wäre von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 7, 367 <371>; 68, 233 <235>; 71, 158 <161>; 79, 379 <383>; 91, 140 <144>; 103, 41 <42>; stRspr).


    bb) Wenn die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt wird, ist bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegen, ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Das Oberste Gericht darf von seiner Befugnis, ein Gesetz außer Kraft zu setzen, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, ist doch der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen ein Gesetz stets ein erheblicher Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Die Gründe, die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen, müssen daher im Vergleich zu Anordnungen, die weniger schwer in die Interessen der Allgemeinheit eingreifen, bei Gesetzen ganz besonderes Gewicht haben (vgl. BVerfGE 46, 337 <340>; 85, 167 <171>; 104, 23 <27 f.>; 104, 51 <55 f.>; 117, 126 <135>; 122, 342 <361 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 26. August 2015 - 2 BvF 1/15 -, juris, Rn. 12; Beschluss des Ersten Senats vom 6. Oktober 2015 - 1 BvR 1571/15 u.a. -, juris, Rn. 13; stRspr). Zudem rechtfertigen schwere Nachteile oder ein anderer wichtiger Grund für sich eine einstweilige Anordnung noch nicht. Ihr Erlass muss zur Abwehr der Nachteile auch unter Berücksichtigung der erforderlichen Zurückhaltung des Senats dringend geboten sein.



    2. Nach diesen Maßstäben ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.


    Der Antrag im Hauptsacheverfahren ist zwar nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet, aber auch nicht offensichtlich begründet. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist somit offen. Jedoch verstößt der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache (a). Dazu wird, unter Berücksichtigung des anzulegenden besonders strengen Maßstabes, auch der entstehende schwere Nachteil bei Nichterlass der einstweiligen Anordnung nicht hinreichend qualifiziert dargelegt (b).


    a) Die Antragstellerin begehrt durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerade eine möglichst eilige Entscheidung über die im Hauptsacheverfahren zu entscheidende Maßnahme. Der Inhalt der einstweiligen Anordnung und des Antrages in der Hauptsache sind zwar nicht deckungsgleich, aber in rechtlicher Hinsicht äquivalent. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch nicht dennoch ausnahmsweise zulässig, da die Antragstellerin selbst gar kein subjektives Rechtsschutzinteresse geltend macht, sondern im Wege der Popularklage eine objektive Prüfung der angegriffenen Norm begehrt.


    b) Auch genügt die allgemeine Behauptung, dass einem unbestimmten Personenkreis mutmaßlich ein Nachteil bei Nichterlass der einstweiligen Anordnung entstünde, den hohen Begründungsanforderungen, die an eine einstweilige Anordnung zu stellen sind, die auf die Außervollzugsetzung einer Norm zielt, nicht. Schwere, der Allgemeinheit zu Lasten gehende Nachteile durch das fortgelten der Norm bis zum Urteil in der Hauptsache werden durch die Antragstellerin nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Insbesondere trägt die Antragstellerin auch nicht vor, dass die geschilderten Nachteile für den unbestimmten Personenkreis so unzumutbar wären, dass eine Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm und damit ein erheblicher Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers durch das Oberste Gericht gerechtfertigt wäre.



    III.


    Mit der Selbstablehnung der Richterin Siebert nach § 11 Abs. 1, 3 OGG hat sich das Richterablehnungsgesuch gegen die Richterin erledigt.



    Neuheimer | Geissler

    L e i t s ä t z e


    zum Beschluss des 4. Senats vom 8. April 2022


    – 4 BvT 2/22 –


    (Wahlbetrug)



    1. Ein temporärer Entzug des Wahlrechts ist als Sim-Off-Sanktion einzustufen und kann durch das Oberste Gericht nicht aufgrund § 108c StGB in Verbindung mit § 13 BWahlG ausgesprochen werden. Dies fällt insoweit in den Zuständigkeitsbereich der Moderation oder Administration.


    2. Dem Obersten Gericht kommt bei Wahlbetrug oder wahlbetrugsähnlichen Delikten lediglich eine feststellende, jedoch keine sanktionierende Funktion zu.




    OBERSTES GERICHT

    – 4 BvT 2/22 –


    742-bverfgf-png


    IM NAMEN DES VOLKES



    In der Strafsache



    g e g e n


    Herrn F. (...)



    w e g e n


    Wahlbetrug



    hat das Oberste Gericht – Vierter Senat –

    unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter


    Präsident Geissler,


    Vizepräsident von Gierke,


    Neuheimer



    am 8. April 2022 einstimmig beschlossen:



    1. Die Anträge werden abgelehnt.


    2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten.




    G r ü n d e :



    I.


    1. Am 16. Januar 2022 hat die Bundeswahlleitung in einer öffentlichen Bekanntmachung unter Berufung auf § 10 Abs. 9 vDeutsches Gesetzbuch (vDGB) darüber informiert, dass der Angeschuldigte bei der 10. Bundestagswahl seine Zweitstimme ungültig abgegeben hätte und dessen Stimme als ungültig gewertet würde.




    2. Am 17. Januar 2022 erhob die Bundeswahlleitung beim Obersten Gericht Anklage gegen den Angeschuldigten.



    a) Mit dem Schriftsatz vom 17. Januar begehrt die Bundeswahlleitung

    1. den Angeschuldigten aufgrund von § 107a StGB zu verurteilen,

    2. dem Angeschuldigten per Richterspruch im Sinne des § 13 BWahlG die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aufgrund von § 107a StGB in Verbindung mit § 45 StGB und § 108c StGB temporär zu entziehen,

    3. dem Angeschuldigten per Richterspruch im Sinne des § 13 BWahlG die Fähigkeit, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen beziehungsweise abzustimmen, aufgrund von § 107a StGB in Verbindung mit § 45 StGB und § 108c StGB temporär zu entziehen, und
    4. den Angeschuldigten dazu zu verurteilen, die Kosten des Verfahrens zu tragen.



    b) Zu den Gründen führt die Bundeswahlleitung im Wesentlichen aus:


    aa) Eine Eintragung in das Wahlregister zur Bundestagswahl habe gem. § 12 Abs. 8 Satz 2 vDGB zwei Wochen vor Beginn der Bundestagswahl zu erfolgen. Der Angeschuldigte habe sich innerhalb dieses Zeitraumes vor der 10. Bundestagswahl nicht ordnungsgemäß in das Wahlregister eingetragen, sondern erst nachdem die Frist zum Eintragen in das Wahlregister schon abgelaufen sei. Der Angeschuldigte habe sich - in vollem Bewusstsein - nach Ende der Frist in das Wahlregister eingetragen, sodass ihm die Stimmabgabe bei der Bundestagswahl technisch ermöglicht wurde. Diese Möglichkeit habe er auch genutzt. Dem Angeschuldigten sei die Unrechtmäßigkeit der Stimmabgabe aufgrund der Umgehung der Regelung bezüglich des Wahlregisters dazu auch bekannt gewesen.


    bb) Der Angeschuldigte sei dementsprechend aufgrund von § 107a StGB zu verurteilen. Weiter sei ihm per richterliche Entscheidung das aktive und passive Wahlrecht temporär zu entziehen. Diese Möglichkeit eröffne schon § 13 BWahlG. Der Wahlrechtsentzug sei auch geboten, da Wiederholungsgefahr bestünde und eine Nichtsanktionierung aufgrund der Schwere des Deliktes, das grundsätzlich geeignet sei, die Gewährleistung demokratischer Prinzipien und den Erhalt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu gefährden.


    Die Eröffnung eines Sanktionierungsverfahrens nach § 42 OGG sei nicht in Erwägung zu ziehen, da der Angeschuldigte administrative Rechte innerhalb der Simulation innehabe und eine Sanktionierung somit umgangen werden könnte. Der Wahlrechtsentzug sei entsprechend vorliegend eine geeignete Möglichkeit zur Sanktionierung der widerrechtlichen Stimmabgabe.


    cc) Die Bundeswahlleitung begehre ausdrücklich eine Verurteilung des Angeschuldigten nach den Vorschriften des Strafrechts. § 35 Abs. 1 Satz 3 OGG sei vorliegend nicht anzuwenden, da § 10 Abs. 9 vDGB die Bundeswahlleitung zur Einlegung einer "Beschwerde" am Obersten Gericht verpflichte. Es ermangle an einer Konkretisierung des Verfahrensablaufes dieser "Beschwerde", weshalb die Erhebung einer Strafanklage im Falle des Wahlbetruges durch die Bundeswahlleitung als zulässig zu erachten sei, um den Vorschriften aus dem vDeutschen Gesetzbuch gerecht werden zu können. Die Vorschriften der Strafprozessordnung würden insofern durch das vDeutsche Gesetzbuch verdrängt.




    3. Der Angeschuldigte äußerte sich nicht zum Sachverhalt und dem ihm zugestellten Schriftsatz.




    II.


    Die Anträge sind unzulässig.



    1. Es fehlt dem Obersten Gericht schon an der Zuständigkeit für die Sanktionierung von Wahlbetrug oder wahlbetrugsähnlichen Vergehen.


    a) Nach § 20 Abs. 1 vDGB übernimmt das Oberste Gericht die Aufgaben der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Dies schließt die Strafgerichtsbarkeit unstrittig ein. § 35 Abs. 1 Satz 3 OGG konkretisiert dies dahingehend, dass die Zuständigkeit des Obersten Gerichts auf Privatklagen nach dem Strafgesetzbuch beschränkt wird. Dies ist aus praktischen Erwägungen nicht zu beanstanden; mangels simulatorischer Ausprägung einer Staatsanwaltschaft könnten Delikte, die nicht im Wege der Privatklage verfolgt werden können, grundsätzlich ohnehin nicht Teil eines Verfahrens nach dem Strafgesetzbuch am Obersten Gericht werden. § 20 Abs. 1 und 2 vDGB sprechen dem Obersten Gericht gleichwohl einen umfassenden Rechtsprechungsauftrag zu, weshalb es grundsätzlich auch möglich erscheint, dass sich in besonderen Einzelfallkonstellationen auch strafrechtliche Anträge abseits einer Privatklage als zulässig herausstellen können, um diesem umfassenden Rechtsprechungsauftrag Rechnung zu tragen.



    b) § 10 Abs. 9 Satz 1 vDGB sieht im Falle eines Wahlbetruges oder ähnlicher Vergehen vor, dass die Bundeswahlleitung, nebst einer öffentlichen Information, auch eine Beschwerde zum Obersten Gericht erhebt. Es ermangelt dieser Vorschrift jedoch an einer geeigneten Konkretisierung durch das vDeutsche Gesetzbuch selbst oder durch das Gesetz über das Oberste Gericht. Entsprechend ist diese Norm auslegungsbedürftig. Im Ergebnis dieser Auslegung kommt dem Obersten Gericht lediglich eine feststellende (bb), nicht jedoch eine sanktionierende Funktion (aa) zu.


    aa) Für wahlbetrugsähnliche Delikte besteht eine konkurrierende Zuständigkeit zwischen Moderation/Administration und Oberstem Gericht. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ModAdminG fällt die Sim-Off-Sanktionierung von Wahlbetrug in den Zuständigkeitsbereich der Administration. Mithin ist eine Doppelzuständigkeit für sanktionierende Verfahren ausgeschlossen. Dies ergibt sich schon aus § 20 Abs. 2 OGG sowie dem allgemeinen Verbot der Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG), welches auch auf simulationsinterne Sanktionen entsprechend anzuwenden ist. Das Oberste Gericht fungiert demnach als Auffanginstanz für sanktionierende Sim-Off-Verfahren, soweit es der Moderation oder Administration an der Zuständigkeit hierfür ermangelt. Die Zuständigkeit für Wahlbetrug und wahlbetrugsähnliche Vergehen ist hierfür jedoch abschließend geregelt. Entsprechend kann dem Obersten Gericht in Fällen des Wahlbetruges keine sanktionierende Funktion zukommen.


    bb) Demnach bleibt dem Obersten Gericht für Wahlbetrug oder wahlbetrugsähnliche Vergehen lediglich eine feststellende Funktion, etwa infolge einer Regelbeschwerde nach § 20 Abs. 2 vDGB, § 38 Nr. 1, §§ 39 ff. OGG. § 10 Abs. 9 Satz 1 vDGB ermöglicht es der Bundeswahlleitung zwar eine Beschwerde beim Obersten Gericht einzulegen. Diese Beschwerde kann sich gleichwohl nur auf die Feststellung einer Regelverletzung beschränken. Eine Sanktionierung muss nicht zwingend Gegenstand einer solchen Beschwerde sein; mithin kann sie dies vorliegend aus den vorstehenden Gründen gar nicht. Die Kompetenz des Obersten Gerichts beschränkt sich in Fällen des Wahlbetruges entsprechend lediglich auf die Möglichkeit der Feststellung, ob ein regelwidriges Verhalten vorgelegen hat.



    2. Weiter fehlt es auch an einer geeigneten Rechtsgrundlage für den beantragten Wahlrechtsentzug.


    § 108c StGB eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit der Aberkennung des aktiven und passiven Wahlrechts unter bestimmten, besonderen Voraussetzungen. Die sich aus den einfachrechtlichen Normen ergebenden Rechtsfolgen sind vom Obersten Gericht jedoch auch stets am vDeutschen Gesetzbuch und dem Gesetz über die Moderation und Administration zu messen. Die Versagung des Wahlrechts greift schließlich in die Rechte der Mitspieler aus § 2 Abs. 1 vDGB ein. Dieser spricht es jeder natürlichen Person zu, einen wahlberechtigten Account zu besitzen. Dieses Recht wird vorbehaltlos gewährt. Die sich aus § 108c StGB ergebende Rechtsfolge berührt entsprechend die Rechte der Mitspieler aus dem vDeutschen Gesetzbuch. Nach dem Grundsatz des Vorranges des vDeutschen Gesetzbuches vor den einfachrechtlichen Gesetzen (§ 1 Abs. 3 vDGB) muss eine sich aus einem gerichtlichem Urteil ergebende Rechtsfolge jedenfalls mit dem vDeutschen Gesetzbuch in Einklang stehen. Der Eingriff in ein im vDeutschen Gesetzbuch verbürgtes Recht darf ergo nur erfolgen, wenn dieses (oder das ModAdminG) das Gericht dazu ermächtigt. Dies ist im Falle eines Wahlrechtsentzuges aufgrund von § 108c StGB nicht der Fall. Die Wahlberechtigung wird durch das vDeutsche Gesetzbuch abschließend geregelt. Die einfachrechtliche Gesetzeslage hat diesbezüglich, zumindest in grundsätzlichen Fragen, unberücksichtigt zu bleiben.




    3. Nach diesen Maßgaben waren die Anträge als unzulässig abzuweisen.


    a) Das Oberste Gericht ist für ein Verfahren, das auf die Sim-Off-Sanktionierung eines Mitspielers aufgrund von Wahlbetrug gerichtet ist, nicht zuständig. Die Zuständigkeit für ein solches Verfahren regelt § 8 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ModAdminG abschließend. Dass der Angeschuldigte selbst Teil des Organs ist, das für die Sanktionierung von Wahlbetrugsvergehen zuständig ist, ändert daran nichts. Weiter kann auch eine mögliche Zuständigkeit der Moderation nicht ausgeschlossen werden, der der Angeschuldigte jedenfalls nicht angehört. Die vorliegend beantragten Rechtsfolge - ein temporärer Entzug des Wahlrechts - ist mithin zweifelsohne als Sim-Off-Sanktionierung einzustufen (siehe 2.).


    Nach alledem ist auch festzustellen, dass die Bundeswahlleitung in einem Verfahren nach § 107c StGB nicht ausnahmsweise anstelle der Staatsanwaltschaft Anklage erheben kann, da es an einem geeigneten Rechtfertigungsgrund für eine solche Ausnahme fehlt.



    b) Schließlich kann das Oberste Gericht auch die beantragte Rechtsfolge, namentlich einen temporären Wahlrechtsentzug, zumindest nicht aufgrund § 108c StGB, § 13 BWahlG aussprechen, da dies nicht in Einklang mit dem in § 2 Abs. 1 vDGB verbürgten und vorbehaltlos gewährtem Wahlrecht zu bringen wäre.


    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 StPO.



    Die Entscheidung ist unanfechtbar.




    Geissler | von Gierke | Neuheimer

    OBERSTES GERICHT

    – 4 BvT 1/22 –



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    IM NAMEN DES VOLKES


    In dem Rechtsstreit





    der Internationalen Linken,
    vertreten durch den Parteivorsitzenden Ernesto B. Dutschke


    - Prozessbevollmächtigte: Dr. Viktoria Christ-Mazur und Dr. Nadine Schlupp -


    g e g e n


    Herrn Friedrich Augstein



    hat das Oberste Gericht – Vierter Senat –

    unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter



    Präsident Geissler,


    Vizepräsident von Gierke,


    Neuheimer



    aufgrund der mündlichen Verhandlungen vom 4. Februar bis zum 21. März 2022 durch


    Urteil

    für Recht erkannt:



    1. Die Klage wird abgewiesen.


    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.



    G r ü n d e :


    I.


    1. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung und Beseitigung diverser Äußerungen in Anspruch. Anlässlich einer auf eine Pressekonferenz des damaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Fürst äußerte sich der Beklagte wie folgt über die Klägerin:


    "Eine Partei, die Unternehmen einer Ideologie willen enteignen will und damit das Eigentumsgrundrecht fundamental infrage stellt oder Ermittlungen politisch beeinflussen will, indem er Beweismittel löschen lässt, steht nicht auf dem Boden der Verfassung, in jedem Fall aber am linken Rand des politischen Spektrums."



    2. Am 16. Januar 2021 erhob die Klägerin Klage und beantragte, den Beklagten zu verurteilen, vorgenannte Äußerungen zu unterlassen und bereits getätigte Äußerungen zu beseitigen. Sie macht geltend, vorgenannte Äußerungen seien unwahre, ehrverletzende Tatsachenbehauptungen



    3. Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2021 ist der Beklagte diesem Vortrag entgegengetreten. Er behauptet, bei den streitbefangenen Äußerungen handele es sich um Werturteile, die keinen Unterlassungsanspruch begründen. Seine Aussagen hinsichtlich der behaupteten Verfassungswidrigkeit könnten durch ein gerichtliches Beweisverfahren nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. Gleiches gelte für den Vorwurf der "politischen Einflussnahme", welche sich nicht objektiv feststellen lasse.



    4. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.



    II.


    Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch zu.



    1. Ein solcher ergibt sich von vorneherein nicht aus §§ 1004, 823 II BGB, §§ 186 f. StGB, denn bei den streitgegenständlichen Äußerungen handelt es sich um Werturteile.


    a) Werturteile sind Äußerungen, die von Elementen der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt sind und dem (forensischen) Wahrheitsbeweis nicht zugänglich sind. Bei Äußerungen, die sowohl wertende als auch behauptende Elemente enthält, ist auf den Schwerpunkt abzustellen. Hiernach ist es insbesondere unschädlich, wenn aus einer behaupteten Tatsache Schlussfolgerungen gezogen werden, die Tatsachenbehauptung die Kundgabe der Meinung mithin unterstützt. Bei der Frage, welche Bestandteile eines größeren Beitrags isoliert betrachtet werden dürfen, kommt es darauf an, ob die abgetrennten Bestandteile für sich gesehen sinnvoll verständlich und dadurch auch nicht in ihrem Sinngehalt entstellt werden.



    b) Soweit der Beklagte meint, die Klägerin stehe nicht auf dem Boden der Verfassung, steht die normativ-wertende Beurteilung der Klägerin im Vordergrund, die sich auf konkrete Pläne gründet, nämlich die Haltung der Klägerin zu Privateigentum und den Vorgängen um die behördliche Aufarbeitung des G7-Treffen in Hamburg. Indem sich der Kläger auf die Verfassungsordnung sowie hilfsweise das politische Spektrum ("linken Rand"), nimmt er eine Einordnung der Klägerin in das Wertesystem des Grundgesetz vor, dessen Normen auslegungsfähig und -bedürftig sind. Ein Wahrheitsbeweis mit den Mitteln des Sachverständigen, der Inaugenscheinnahme oder des Zeugenbeweises ist hier von vorneherein nicht möglich, weil es entscheidend um die Überzeugungskraft eines Auslegungsergebnisses geht.


    Der Äußerung des Beklagten lässt sich dagegen, anders als die Klägerin meint, nicht entnehmen, sie verfolge verfassungsfeindliche Absichten. Bei der Auslegung einer Äußerung ist in einem ersten Schritt der Wortlaut und das Verständnis eines durchschnittlich verständigen Empfängers zugrunde zu legen. Es ist jedoch nicht am buchstäblichen Worte festzuhalten; vielmehr muss der Kontext der Äußerung und der Sinngehalt, der sich ihr entnehmen lässt, ermittelt werden. Weder hat der Beklagte die Klägerin ausdrücklich als verfassungsfeindlich bezeichnet, noch ist der Aussage eine solche Unterstellung zu entnehmen. Der Beklagte hat sich ganz konkret auf zwei Positionen der Klägerin bezogen, diese für sich verfassungsrechtlich eingeordnet und daraus eine eigene Beurteilung der Klägerin entwickelt. Ein verständiger Empfänger ist zudem befähigt, zwischen dem "Boden" der Verfassung und der Verfassungsfeindlichkeit zu unterscheiden. Letztere fordert insbesondere eine auflehnende, aktiv-kämpferische Haltung gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Ein - unterstellter - Widerspruch von Position und Grundgesetzordnung begründet keine Verfassungsfeindlichkeit. Hierfür wäre neben der aktivistischen Haltung eine Ablehnung der tragenden Prinzipien nötig. Schließlich hat der Beklagte die Äußerung dergestalt formuliert, dass er sich nicht abschließend festlegt. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, dass er die Beklagte jedenfalls am linken Rand des politischen Spektrums einordnet. Das dürfte mit dem Selbstverständnis der Klägerin übereinstimmen.



    c) Soweit der Beklagte der Klägerin vorwirft, Ermittlungen politisch beeinflussen zu wollen, kann letztlich dahingestellt werden, ob dies eine eigens zu beurteilende Äußerung ist oder sie vielmehr in den größeren Kontext zu rücken ist, denn diese Äußerung beinhaltet einen wahren Tatsachenkern. Der Begriff der Ermittlungen beschränkt sich nicht auf strafrechtliche Verfahren und wird unabhängig davon gebraucht, ob der Anlass der Ermittlung von der Rechtsordnung gebilligt wird oder nicht. Die Klägerin wollte nach eigener Aussage Daten, die anlässlich des G7-Gipfels - aus ihrer Sicht - rechtswidrig gesammelt wurde, löschen lassen und hierzu bestehende Weisungsrechte in den Ministerien ausüben. Hierin liegt freilich eine - auch - politische Einflussnahme. Ob diese Einflussnahme zur Behebung rechtswidriger Zustände geboten ist, bedarf hier keiner Entscheidung.




    2. Auch aus §§ 1004, 823 I BGB kann die Klägerin kein Unterlassungsanspruch ableiten, denn sie ist nach § 1004 II BGB zur Duldung verpflichtet.


    Die Klägerin ist als Partei eine Einrichtung des Verfassungslebens und mit der Wahrnehmung politischer Aufgaben betraut. Parteien organisieren den Prozess der Willensbildung nach im Wesentlichen homogenen ideologischen Gruppierungen. Die Auseinandersetzung verschiedener Weltanschauung ist der Partei im politischen Wettkampf immanent. Die Konfrontation mit einer abweichenden, auch überspitzten oder gar polemischen Meinung, kann die Klägerin Dritten nicht untersagen. Äußerungen gegen Parteien wiegen auch deswegen wenig schwer, weil juristischen Personen kein Persönlichkeitsrecht zusteht und demgemäß auch nicht in ihrem sozialen Achtungsanspruch verletzt werden können.


    Der Kläger hat sich dabei in der streitgegenständlichen Diskussion, entgegen der Ansicht der Klägerin, offensichtlich als Parteipolitiker und nicht als Amtsträger geäußert. Das Sachlichkeitsgebot findet damit keine Anwendung.



    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.



    4. Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.




    Geissler | von Gierke | Neuheimer

    L e i t s ä t z e


    zum Urteil des 4. Senats vom 21. März 2022


    – 4 BvT 4/21 –



    Soweit es bei einer Straftat eines Organs bzw. der Leitungsperson eines Organs um ein Privatklagedelikt geht, ist die Privatklage vor dem Obersten Gericht statthaft, auch wenn sich diese gegen die juristische Person selbst richtet. In diesem Falle richten sich die Möglichkeiten zur Sanktionierung nach § 30 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.





    OBERSTES GERICHT

    – 4 BvT 4/21 –


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    In dem Privatklageverfahren



    des Freiheitlichen Forums Deutschlands,

    vertreten durch Herrn Harald Friedrich Rache

    - Klägerin -


    g e g e n


    Berliner Allgemeine SE,

    vertreten durch Madeleine von Brauchitsch

    - Beklagte -


    - Prozessbevollmächtigte:
    Dr. Viktoria Christ-Mazur
    Dr. Nadine Schlupp



    w e g e n


    Beleidigung


    hat das Oberste Gericht - Vierter Senat - unter Mitwirkung der Richter



    Präsident Geissler,


    Vizepräsident von Gierke,


    Neuheimer



    aufgrund der mündlichen Verhandlungen vom 6. bis zum 30. Januar 2021 durch


    Urteil

    für Recht erkannt:



    1. Die Privatklage wird abgewiesen.


    2. Die Privatklägerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Privatbeklagten.



    G r ü n d e :


    I.


    1. Die Privatklägerin begehrt die Verurteilung der Privatbeklagten wegen einer von diesen am 15. Dezember veröffentlichten Grafik. Die streitgegenständliche Grafik zeigt Adolf Hitler und ist mit der Aufschrift "Weil der da oben gerade nicht kann. Wildungen und Rache. Deutschland jetzt in den Abgrund stürzen" versehen. Eine weitere Aufschrift zeigt das Parteikürzel der Privatklägerin, das mit dem Untertitel "Die Braunen." versehen ist.




    2. Die Privatklägerin hält die Klage für zulässig und begründet.


    a) In ihrem Schriftsatz vom 21. Dezember 2021 führt sie im Wesentlichen aus, dass der Vergleich ihrer selbst mit dem früheren Diktator Adolf Hitler von dem Begriff der Satire nicht gedeckt sein könne. Es handle sich viel mehr um eine schwere Beleidigung. Die Privatbeklagte sei daher gemäß § 185 StGB zu verurteilen.


    b) In der mündlichen Verhandlung konkretisiert die Privatklägerin ihre Ansichten bzgl. Zulässigkeit (aa) und Begründetheit (bb).


    aa) Juristische Personen seien zwar nicht deliktsfähig. Dies gelte jedoch nicht für ihre Organe und den Vorstand der Privatbeklagten. Die Organe juristischer Personen würden für diese haften und seien entsprechend zur Rechenschaft zu ziehen.


    bb) Sie ist der Meinung, die streitgegenständliche Grafik habe die legalen Grenzen der Satire überschritten. Der Vergleich mit Adolf Hitler sei eine Entwürdigung der Privatklägerin und ihrer Funktionsträger und rücke etwa ein Sechstel der Bevölkerung in die Nähe der Verbrechen der Nationalsozialisten.



    3. Die Privatbeklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.


    a) Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2021 trägt die Privatbeklagte vor, dass die Privatklage unzulässig (aa) und jedenfalls unbegründet (bb) sei.


    aa) Der Privatklage sei kein erfolgloses Sühneverfahren nach § 380 Abs. 1 StPO vorangegangen. Dies sei jedoch Voraussetzung für die Zulässigkeit der Privatklage. Auch eine außerprozessuale Verweigerungshaltung, wie von der Privatklägerin beschrieben, habe nicht vorgelegen. Es habe mithin gar kein Versuch stattgefunden, eine außergerichtliche Einigung herbeizuführen. Auch im Übrigen entspreche die Klage nicht den formalen Anforderungen des § 381 Satz 2 i.V.m. § 200 StPO. Zeit und Ort der zur Last gelegten tat seien nicht angeführt worden. Dies sei jedoch zwingend notwendig. Die Klage sei auch, gemessen an den Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 OGG, unzureichend begründet.


    bb) Die Privatbeklagte führe schon nicht aus, inwieweit das In-Verbindung-Bringen der Privatklägerin mit Rechtsextremisten und Nationalsozialisten im konkreten Fall unangemessen sei. Es gebe hinreichende Belege für rechtsradikales Gedankengut innerhalb der Privatklägerin, weshalb die Privatbeklagte genügend Anlass gehabt habe, um dies in Form eines Plakates satirischer Natur zu kritisieren. Ein Fall von Schmähkritik sei nicht gegeben, da Anhaltspunkte für rechte Gesinnung der Privatklägerin gegeben seien. Die streitgegenständliche Grafik sei zwar überspitzt und provokativ gewählt, jedoch sei es gerade Zweck von Satire, Missstände öffentlich relevanter Natur zu kritisieren. Die Veröffentlichung sei demnach von der Pressefreiheit nach Art. 5 GG gedeckt.



    b) In der mündlichen Verhandlung konkretisiert die Privatbeklagte ihren Standpunkt.


    Sie legt hierzu näher da, dass tatsächliche Anhaltspunkte für eine rechtsextreme Gesinnung innerhalb der Privatklägerin bestünden und die kritische Auseinandersetzung mit dieser Thematik, auch in Form von Satire, von der Pressefreiheit gedeckt sein müsse. Letzten Endes habe die Darstellung übertreibenden Charakter und könne deshalb nicht im Sinne einer Tatsachenbehauptung ernstgenommen werden - dies sei für den durchschnittlichen Betrachter auch erkennbar.


    Eine vergleichsweise Lösung ohne Urteil lehnt die Privatbeklagte ab.



    II.


    Die zulässige (1.) Privatklage ist unbegründet (2.).



    1. Die Privatklage ist statthaft.


    Zwar können juristische Personen wegen ihrer prinzipiellen Handlungs- und Schuldunfähigkeit nicht bestraft werden. § 30 Abs. 1 OWiG eröffnet jedoch die Möglichkeit, juristischen Personen eine Sanktion aufzuerlegen, wenn ein Organ oder eine sonstige Leitungsperson eine Straftat begeht und dadurch die Pflichten des Verbandes verletzt.


    a) Gem. § 46 Abs. 1 OWiG sind auf das Bußgeldverfahren die Vorschriften über die Strafprozessordnung sinngemäß anzuwenden. Damit beanspruchen die §§ 374 ff. StPO in der vorliegenden Konstellation Geltung.



    b) Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten grundsätzlich der jeweiligen Bußgeldbehörde obliegt, deren Entscheidung erst im Wege des Einspruchs gerichtlicher Überprüfung unterzogen werden kann, wohingegen private Dritte grundsätzlich keinen Anspruch auf bußgeldbehördliches Einschreiten haben. Ebenfalls fehlt im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten an einem dem Klageerzwingungsverfahren nachgebildeten Rechtsinstitut.


    Soweit es bei der Straftat des Organs bzw. der Leitungsperson um ein Privatklagedelikt geht, ist die Klage gleichwohl statthaft. Hierfür spricht die Gleichstellungsfunktion des § 30 Abs. 1 OWiG (aa) sowie der dem Obersten Gericht zufallende umfassende Rechtsprechungsauftrag innerhalb der Simulation (bb).


    aa) Zum Einen entspricht gerade die Statthaftigkeit von Privatklagen gegenüber juristischen Personen der Gleichstellungsfunktion des § 30 Abs. 1 OWiG. Eine juristische Person kann gerade wegen ihrer strukturellen Defizite nicht besser behandelt werden als eine natürliche Person. Dieser allgemeine Rechtsgedanke wird zum anderen dadurch untermauert, dass es in der Simulation Jedermann freisteht, eine juristische Person zu simulieren, ohne auch nur geringste Anforderungen im Hinblick auf Registrierung, Führung oder Benennung verantwortlicher Personen erfüllen zu müssen (§ 2 Abs. 3 vDGB). Das Oberste Gericht dient nicht nur der Simulation von Rechtspolitik, sondern füllt ebenfalls eine Reservefunktion aus. Streitigkeiten zwischen Mitspielern, die noch nicht die Schwelle erreichen, dass sie eine Befassung der Moderation erforderlich machen, können und müssen (bb) einer Lösung durch das Oberste Gericht zugeführt werden. Diese Aufgabe könnte es schlechterdings nicht erfüllen, wenn sich Mitspieler unter Berufung auf eine vermeintlich existierende juristische Person der Klage entziehen könnten.


    bb) Ferner zu beachten ist, dass es derzeit an der Simulation von Verwaltungsbehörden fehlt. Reale Gesetze, die bestimmte Einrichtungen voraussetzen, können nicht im gleichen Sinne angewendet werden. Vielmehr ist das Oberste Gericht dazu berufen, eine sachgerechte Lösung zu finden. Das Gesetz über das Oberste Gericht erteilt diesem, in Verbindung mit § 20 Abs. 1 vDGB, einen umfassenden Rechtsprechungsauftrag, unter anderem auch für das Strafrecht. Begrifflich erfasst Strafrecht ebenso wie Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG auch das Ordnungswidrigkeitenrecht.



    c) Entgegen der Ansicht der Privatbeklagten ist die Klage auch nicht schon aus formellen Mängeln abzuweisen.


    aa) Um den Begründungserfordernissen des § 14 Abs. 1 Satz 2 OGG zu genügen, ist keine umfassende Begrünung erforderlich, sondern lediglich ein Mindestmaß an Konkretisierung (vgl. OGE 2, 150 <153>). Diesen Anforderungen wird die Klage gerecht. Der Streitgegenstand und die Sachlage wurden vorliegend hinreichend präzise dargelegt und präzisiert, sodass das Oberste Gericht in die Lage versetzt wurde, die Sache spruchreif zu machen. Höhere Anforderungen können nicht gestellt werden.


    bb) Der Zulässigkeit der Privatklage steht auch ein nicht erfolgtes Sühneverfahren nicht entgegen. Der Simulation ermangelt es an einer geeigneten Vergleichsbehörde, die für ein solches Sühneverfahren zuständig wäre. Entsprechend entfällt diese Voraussetzung für die Statthaftigkeit einer Privatklage. An ihre Stelle tritt auch nicht die Pflicht zur Durchführung eines Versuches, eine außergerichtliche Einigung zu finden.




    2. Die Klage ist unbegründet. Gem. § 30 Abs. 1 OWiG kann gegen eine juristische Person eine Geldbuße festgesetzt werden, wenn eine Person als Organ oder sonstige mit der Leitung betraute Person eine Straftat begeht und dadurch Pflichten des Verbandes verletzt. Eine Strafbarkeit wegen Beleidigung vermag das Oberste Gericht vorliegend jedoch nicht festzustellen.


    a) Die Grafik beinhaltet eine Herabwürdigung der Privatklägerin. Sie bringt diese durch die Inbezugnahme Adolf Hitlers in direkten Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Verbrechensherrschaft, die nach heutiger Zeitanschauung missbilligens- und verachtenswert ist. Jeder Vergleich beinhaltet implizit damit auch eine Missachtung des Betroffenen (vgl. insoweit OLG Hamm, NJW 82, 659, 660 zur Bezeichnung Franz Josef Strauß´ als Kriegstreiber und Faschist). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Grafik für jedermann ersichtliche Elemente der Überzeichnung in sich trägt.



    aa) Bei satirischen Darstellung ist für die Frage der Beleidigung darauf abzuheben, ob der in ihr enthaltene Tatsachenkern oder zumindest die Form der Äußerung den Betroffenen herabzusetzen geeignet ist. Dies hängt damit zusammen, dass sich Satire in aller Regel erkennbar überzeichnender Elemente bedient, die von einem objektiven Dritten als solche identifiziert werden. Damit findet in der Regel eine Ehrverletzung aber nicht statt, weil das Mittel der Übertreibung eine hinreichende Distanz des Täters zu seiner vermeintlichen Aussagen dokumentiert.



    bb) Im vorliegenden Fall ist der satirische Charakter der Grafik erkennbar und wird auch nicht durch die Aussagen der Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Hauptverhandlung, wonach die Grafik sogar im Sinne einer teils tatsachengleichen Behauptung verstanden werden könne, die sich im Ergebnis als richtig darstelle, entkräftet. Bezugspunkt ist das Verständnis eines objektiven Dritten. Nicht entscheidend ist, was der Täter oder andere Prozessbevollmächtigte ausführen. Dies betrifft allenfalls die Frage eines Beleidigungsvorsatzes.


    (1) Bei der Grafik handelt es sich um ein sogenanntes "Meme". Anhand dieser Form ist erkennbar, dass die Grafik nicht als vollkommen ernster Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung aufgefasst werden kann. "Memes" sind in der Regel humoristischer und aufheiternder Natur, können jedoch auch satirischen oder gesellschaftskritischen Charakter haben. Es handelt sich meist um aus dem ursprünglichen Kontext gerissene Film- oder Videoausschnitte oder - wie vorliegend - Fotografieren, die mit einer textuellen Bildunterschrift versehen werden.


    (2) Überzeichnung ist allerdings kein Selbstzweck. Betonte man den überzeichnenden Charakter, würde dies dazu führen, dass der umso härtere und geschmackloser vorgehende Täter gegenüber demjenigen privilegiert würde, der den satirischen Charakter der Äußerung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt.


    (3) An diesen Maßstäben gemessen ergibt sich die Herabsetzung der Privatklägerin vorliegend aus der konkret gewählten Form der Aussage, nämlich dem bildlichen Vergleich mit Adolf Hitler.




    b) Gem. § 193 StGB stellen herabwürdigende Äußerungen, die in Wahrnehmung berechtigter Interessen getätigt werden, nur insofern eine Beleidigung dar, als der ehrverletzende Charakter selbiger aus dessen Form oder den jeweiligen Umständen hervorgeht.


    aa) Ob berechtigte Interessen wahrgenommen werden, ist im Wege einer umfassenden Abwägung der beiderseitig geschützten Interessen zu ermitteln. Hierbei spielen die jeweils betroffenen Grundrechte, an die das Gericht gem. Art. 1 Abs. 3 GG unmittelbar gebunden ist, eine wichtige Rolle. Kollidieren zwei grundrechtlich geschützte Interessen, sind diese im Wege der praktischen Konkordanz in einen möglichst schonenden Ausgleich zu bringen, in dem beide Interessen möglichst vollumfänglich verwirklicht werden können.



    bb) (1) Vorliegend betroffen sind seitens der Privatbeklagten das Grundrecht der Meinungsäußerungs- (a) und der Kunstfreiheit (b).


    (a) Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Grundrechtlich geschützt sind damit insbesondere Werturteile, also Äußerungen, die durch ein Element der Stellungnahme gekennzeichnet sind. Dies gilt ungeachtet des womöglich ehrschmälernden Gehalts einer Äußerung. Dass eine Aussage polemisch oder verletzend formuliert ist, entzieht sie nicht dem Schutzbereich des Grundrechts (vgl. BVerfGE 54, 129 <138 f.>; 61, 1 <7 f.>; 93, 266 <289 f.>; stRspr). Nach Art. 5 Abs. 2 GG findet das Grundrecht der Meinungsfreiheit seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Dazu gehört auch § 185 StGB (vgl. BVerfGE 93, 266 <290 ff.>). Das bei der Abwägung anzusetzende Gewicht der Meinungsfreiheit ist dabei umso höher, je mehr die Äußerung darauf zielt, einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten, und umso geringer, je mehr es hiervon unabhängig lediglich um die emotionalisierende Verbreitung von Stimmungen gegen einzelne Personen geht (vgl. BVerfGE 7, 198 <212>; 93, 266 <294>).


    (b) Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantiert die Freiheit der Betätigung im Kunstbereich umfassend, geschützt sind Werk- und Wirkbereich. Sinn und Aufgabe dieses Grundrechts ist es dabei vor allem, die freie Entwicklung des künstlerischen Schaffensprozesses ohne Eingriffe durch die öffentliche Gewalt zu garantieren (vgl. BVerfGE 30, 173 <190>). Dabei wird der durch die Kunstfreiheit gewährte Schutz nicht dadurch beseitigt, dass es sich um ein künstlerisch vorgebrachtes politisches Anliegen handelt (vgl. BVerfGE 67, 213 <227 f.>). Die Kunstfreiheit ist dabei zwar vorbehaltlos, aber nicht schrankenlos gewährleistet. Die Schranken ergeben sich aus den Grundrechten anderer Rechtsträger (z.B. dem Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG: BVerfGE 30, 173 <193>; 67, 213 <228>).


    (2) Seitens der Privatklägerin ist die von Art. 21 Abs. 1 GG geschützte Betätigungsfreiheit betroffen, die im Sinne eines Verbandsrechts auch einen Schutzanspruch gegen die öffentliche Gewalt vor unzulässigen Dritten zu vermitteln vermag. Dass sich ein solcher Anspruch gewöhnlich nur aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht ergibt, das seinerseits Ausfluss der Menschenwürde und daher wesensgemäß nicht auf eine juristische Person anwendbar ist (Art. 19 Abs. 3 GG), steht dem nicht entgegen. Vielmehr knüpft das Gericht an eine gefestigte Rechtsprechung an: Wenn Äußerungen über Religionsgemeinschaften in den Gewährleistungsgehalt von Art. 4 GG fallen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.06.2002, 1 BvR 670/91), kann nichts anderes für politische Parteien gelten. Dies beruht auf der Erwägung, dass es zur effektiven Wahrnehmung der Parteienfunktion notwendig ist, die Darstellung der Partei in der Öffentlichkeit zu steuern und ein adäquates, wirklichkeitsgetreues Bild von ihr zu vermitteln. Unzutreffende Tatsachenbehauptungen oder Schmähungen hindern die Parteien jedoch daran, Mitglieder zu werben und zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen. Wie auch das Persönlichkeitsrecht vermittelt aber auch Art. 21 Abs. 1 GG kein Recht, öffentlich so wahrgenommen zu werden, wie es den eigenen Wünschen entspricht (vgl. BVerfG, Beschl. des Ersten Senats v. 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 -, Rn. 107).



    cc) Die hiernach durchzuführende Abwägung fällt zulasten der Klägerin aus.


    (1) Die streitgegenständliche Grafik wurde erkennbar überspitzt gewählt und vermittelt einem objektiven Dritten nicht den Eindruck einer implizit untergeschobenen Tatsachenbehauptung. Dies ergibt sich schon dadurch, dass die Privatbeklagte ein sog. Meme als Mittel zur Meinungsäußerung wählt. Memes sind im Regelfall humoristische und aufheiternde Beiträge zur öffentlichen Meinungsbildung, die sich jedoch teils auch gesellschaftskritischen, oder einzelnen Personen gegenüber kritischen Charakter haben können. Sie dienen jedoch zur Meinungsäußerung und -Bildung, nicht aber zu Informationszwecken.


    (2) Zu beachten ist indes, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen schützt, sondern gerade Kritik auch pointiert, polemisch und überspitzt erfolgen darf; insoweit liegt die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen nicht schon da, wo eine polemische Zuspitzung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich ist (vgl. OG 2, 68 <75>, BVerfGE 82, 272 <283 f.>; 85, 1 <16>). Der Kritiker darf seine Meinung grundsätzlich auch dann äußern, wenn sie andere für „falsch“ oder für „ungerecht“ halten (BGH, Urteil v. 05.12.2006 - VI ZR 45/05, Rn. 18). Das Recht, seine Meinung frei zu äußern, besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob die Äußerung richtig oder falsch ist (BVerfG, Beschl. v. 22.06.1982 - 1 BvR 1376/79, Rn. 13).


    (3) So liegt es hier. Entgegen der Ausführungen der Privatklägerin ist die Veröffentlichung der streitgegenständliche Grafik von der Kunst- und Meinungsfreiheit gedeckt (bb) - mithin handelt es sich auch nicht um Schmähkritik (aa).


    (aa) Zwar wird die Privatbeklagte und zwei ihrer Mitglieder unstrittig in die Nähe der Nationalsozialisten und Adolf Hitler gerückt, gleichwohl erfolgt, entgegen der Meinung der Privatklägerin, keine "Gleichsetzung" mit denselben. Die Privatbeklagte greift mit ihrer Veröffentlichung die öffentlich bereits oftmals diskutierten politischen Positionen der Privatbeklagten auf. Die Kritik lässt sich auch hinreichend auf objektive Anknüpfungstatsachen zurückführen (OLG Saarbrücken, Urteil v. 04.06.2014 - 5 3725 U 81/13, Rn. 60), weshalb ein Fall von Schmähkritik nicht gegeben ist.


    (bb) Insbesondere im politischen Meinungskampf ist auch deutlich überzogene Kritik an einer Partei, ihrem politischen Handeln oder ihren Zielen noch von der Meinungsfreiheit gedeckt, soweit die Kritik sich insgesamt auf hinreichend objektive Tatsachen stützen kann und nicht ausschließlich der Herabwürdigung dient. Durch die Tatsache, dass sich die Privatklägerin als politische Partei dem politischen Meinungskampf aussetzt, muss sie auch überzogene Kritik an ihren politischen Ideen und Handlungen hinnehmen, auch wenn sie selbst die Kritik als falsch, ungerecht oder gar herabwürdigend ansieht. Entscheidend ist, wie ein objektiver Dritter die beanstandete Meinungsäußerung bewertet. Die hier streitgegenständliche Grafik stellt daher zwar eine die Privatklägerin herabsetzende Meinungsäußerung dar, die sie aber im Ergebnis hinzunehmen hat.




    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 471 Abs. 2 StPO.



    III.


    Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.




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