XIII/012: Beschlussantrag „Jede kWh zählt!“

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    Vizepräsident des Deutschen Bundestages

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    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    ich eröffne hiermit die Debatte über den Beschlussantrag "Jede kWh zählt!" auf Drs. XIII/012, eingebracht von der Fraktion der Allianz unter dem Abgeordneten Dennis Willenburg . Die Debatte dauert 72 Stunden.


    Ich bitte die antragstellende Fraktion um die Antragsbegründung.




  • Sehr geehrte Damen und Herren,


    Liebe Bundesregierung und besonders liebe Katja Barley,



    Die derzeitige Lage spitzt sich dramatisch zu. Die Preise für Strom schießen in die Höhe. Die Bürger sparen an allen Ecken und Enden. Die Geldmittel schwinden und die Angst steigt.


    Liebe Koalitionäre, Sie haben eine halbe Legislaturperiode verschlafen. Sie haben die Bürger für Wochen im Stich gelassen. Doch die Not einer guten Politik ist so groß wie noch nie.


    Deutschland steht vor einem Blackout, kursiert nicht selten durch die Medien. Zwar gilt dies als unwahrscheinlich, aber lokale Stromausfälle, die einen Blackout verhindern sollen, sind zu erwarten. Denken sie nochmal darüber nach, liebe Kollegen.



    Wir alle kennen Stromausfälle, da eine Leitung kaputt oder sonstiges mit ihr passiert ist. Jetzt aber haben wir es mit einem Stromausfall zu tun, der das komplette Chaos verhindern soll. Ich propagiere hier nicht das schlimmste Szenario, sondern ein Szenario, von dem wir ausgehen müssen. Und sie als Bundesregierung haben keine Antwort darauf. Aus der Kohle- und Kernenergie raus bedeutet eine Verschärfung der Energiekrise: Die Bürger zahlen noch mehr, werden frieren müssen, um über den Winter zu kommen und das Handy laden wird zur teuren Angelegenheit. Wir katapultieren uns in vergangene Zeiten zurück.



    Im Winter kann es „zu einer äußerst angespannten Lage im Stromnetz kommen“. Wie kann es dann sein, dass die Bundesregierung nicht alle Maßnahmen trifft um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.



    Mit rollenden Augen und der Aussage, dass Kernkraftwerke nur einen marginalen Teil übernehmen, reagieren Sie (Blick zur Bundesregierung). Jedoch ist die neue Situation angespannt, so dass gilt: Jede kWh zählt! Und das heißt auch unseren verbliebenen Kernkraftwerken voll mit einzubeziehen. Wir können die hohen Strompreise und die angespannte Lage im Stromnetz nicht rechtfertigen, wenn wir nicht alles tun.



    Wir brauchen die Kernkraftwerke jetzt sofort und müssen alles dafür tun damit sie laufen können. Sie sind sicher und effizient.


    Wenn sie diesen Schritt nicht gehen wollen, dann kann ich nur hoffen, dass unglaublich viel Sonne im Winter scheint und der Wind unheimlich stark ist.



    Vielen Dank

  • Meine Damen und Herren Abgeordnete,

    werte Kolleg:innen,


    ich freue mich über den Antrag der Allianz, da er ein wichtiges Thema anspricht. Weniger freue ich mich jedoch über die Horrorszenarien, die Sie hier an die Wand skizzieren. Deutschland steht keineswegs vor einem Blackout. Deutschland hat eines der sichersten Stromversorgungssysteme der Welt. Auch die deutschen Stromausfallzeiten sind im internationalen Vergleich sehr gering, sie betragen gerade mal 15! Minuten pro Jahr. Die Bundesregierung legt absolut größten Wert darauf, dass dies auch unter den Bedingungen des gleichzeitigen Ausstiegs aus Kernenergie und Kohle so bleibt. Unser Anspruch ist klar, ein Staat muss seinen Bürgern das zentrale Versprechen von Sicherheit jederzeit gewährleisten können. Und dafür unternehmen wir alles, was möglich und sinnvoll ist.


    Herr Kollege Willenburg, mir ist bewusst, dass Ihre Partei die Atomkraftwerke am liebsten gar nicht abschalten will, weder heute noch morgen oder übermorgen. Und auch ohne mit den Augen zu rollen kann ich Ihnen sagen, wir brauchen die Atomkraftwerke nicht. Es ist zynisch, wie Sie die aktuelle Krise am Energiemarkt für die Wiederauferstehung der Atomlobby missbrauchen. Das gehört sich nicht und es zeigt, Sie haben keinerlei Vertrauen in unsere industriellen Stärken. Fachleute sind überwiegend zuversichtlich, dass das Stromnetz in Deutschland auch im Winter einer möglicherweise höheren Belastung standhalten wird. Und auch diese Fachleute gehen trotz der Abschaltung der letzten deutschen Kernkraftwerke zum Jahresende nicht von großen Engpässen beim Strom aus, auch weil Steinkohlekraftwerke aus der Reserve geholt würden. Dazu ist auch eine breitangelegte Analyse des Bundeswirtschaftsministeriums gekommen.


    Zitat:


    Zitat


    Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft haben die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber eine Sonderanalyse für den Winter 2022 / 2023 durchgeführt. Diese Berechnungen basieren auf aktualisierten Annahmen nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Sie wurden von März bis Mai 2022 durchgeführt. Abgeschätzt wurden mögliche Auswirkungen einer angespannten Lage auf den Energiemärkten auf den Stromsektor in Deutschland und Europa. Es wurde beispielsweise konkret untersucht, wie viel Gasverbrauch zur Stromerzeugung sich marktseitig bzw. durch die Marktrückkehr von Reservekraftwerken in Deutschland und in Europa einsparen ließe. Auf Basis der getroffenen Annahmen kommt die Sonderanalyse zu dem Ergebnis, dass ein sicherer Betrieb des Elektrizitätsversorgungsnetzes im Winter 2022/23 gewährleistet ist.


    Hören Sie also bitte auf den Menschen in unserem Land Angst zu machen, nur um daraus politisches Kapital schlagen zu können. Stattdessen sollten Sie unser Land ermutigen, die Energiekrise mit nachhaltigen Lösungsansätzen zu bewältigen. Ihre Aussage zu den Erneuerbareren Energie offenbart aber leider auch da eine eklatante Verweigerungshaltung gegenüber der Technologie der Zukunft, wobei Zukunft das falsche Wort ist, diese Energieversorgung ist die Energieversorgung der Gegenwart und der Zukunft. Ihr Ausbau muss schneller stattfinden. Es gibt jedoch politische Gruppierungen in diesem Land, die jedes Windrad höchstpersönlich bekämpfen. Um dann am Ende ein Loblieb auf die Atomenergie zu singen. Damit zeigen Sie Ihre Treue zur Energieversorgung der Vergangenheit. Für die Zukunft ist man mit solchen politischen Ansätzen jedoch nicht gemacht. Wenn Sie hier nicht umdenken, Herr Kollehe Willenburg, wird diese Zukunft ohne Sie stattfinden, denn die Entwicklung lässt sich nicht aufhalten, egal wie sehr Sie sich an die Vergangenheit klammern.


    Und wir sollten auch mal bei den Fakten bleiben. Ja, fraglos: Durch den russischen Angriffskrieg befinden wir uns in einer völlig anderen energiepolitischen Situation als noch vor ein paar Monaten. Unser Land und unser denken wird gerade vielerorts auf den Kopf gestellt. Deutschland muss die Abhängigkeit von russischen fossilen Energieträgern so schnell wie möglich beenden. Und das machen wir auch mit einem außerordentlichen Tempo. Jedoch ist auch festzustellen, die Atomkraft ist einfach kein adäquater Ersatz dafür. Erdgas wird zum größten Teil zur Wärmerzeugung genutzt und kann damit nicht ohne weiteres durch Atomstrom ersetzt werden. Insgesamt könnte lediglich etwa ein Prozent des russischen Gases durch den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke eingespart werden. Stattdessen werden wir mit wirkungsvollen Energiesparmaßnahmen und den massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien darauf reagieren müssen.


    Sie sollten diesen Weg unterstützen und nicht Dingen hinterhertrauern, die bald schon Geschichte sind und die unsere moderne Gesellschaft überwunden hat.


    Herzlichen Dank für Aufmerksamkeit.


  • Im Antrag lautet es:


    Diese Energiekrise wird durch den schleppenden Ausbau erneuerbarer Energien, eine vermehrte Abhängigkeit vom russischem Gas und dem gleichzeitigen Ausstieg aus Kohle- und Atomenergie verstärkt.

    Keinesfalls bin ich ein Gegner von erneuerbaren Energien. Ganz im Gegenteil in der jetztigen Krise müssen wir diese erneubaren Energien weiter rasant ausbauen.


    Falls sie es noch nicht gesehen haben: Wir wollen die AKWs bis 2024 laufen lassen und dann ist Ende. Sie reden von 1% sind. Stimmen sie denn nicht der Aussage zu, dass jede kWh zählt?

    Den Bürger erklären Sie, dass sie alles dafür tun, dass die Preise nicht durch die Decke gehen,... aber Sie tun nicht alles!


  • Nochmal Herr Kollege Willenburg, es gibt keine Energiekrise, die unsere Stromversorgung gefährdet. Ein Blackout, wie Sie ihn hier beschreiben, der droht uns nicht uns demzufolge ist auch die ganze Grundlage, auf die Ihr Antrag baut, schlichtweg nicht gegeben. Atomkraftwerke sind teuer, sie sind gefährlich, die produzieren verstrahlten Müll und so weiter. Das alles sind Faktoren und Gründe gegen diese Energiegewinnung, die ja ganz plötzlich nicht ihre Gültig verloren haben. Das Prozent, welches wir dadurch "gewinnen" würden, können wir auch anders kompensieren. Da ist es nicht notwendig, noch länger auf eine Risikotechnologie zu setzen. Allein der Streckbetrieb der Kohlekraftwerke kompensiert das bereits.


    Im übrigen, unser Nachbarland Frankreich, welches ja gerne als Musterbeispiel für Stromversorgung durch die Atomtechnologie herangezogen wird, hat aktuell gravierende Probleme mit seinen Meilern. Viele mussten abgeschaltet werden. Deshalb ist Frankreich aktuell auf Importe aus dem Ausland angewiesen und im Sinne der europäischen Solidarität haben wir mit Frankreich vereinbart, mehr Strom nach Frankreich zu exportieren. Gleiches gilt für die Schweiz, die wir aktuell auch mit Stromexporten versorgen. Wir sind also nicht in einer Situation, in der wir um unsere Versorgungssicherheit im Strom bangen müssen.

  • Ihr Argumente sind total ideologisch verblendet. Sie argumentieren dauerhaft, dass wir den Wegfall der Atomkraftwerke kompensieren können. Die Strompreise sind schon durch die Decke gegangen und steigen noch weiter drastisch an. Die Bundesregierung muss alles dafür tun, dass Strom bezahlbar bleibt. Wenn sie ja so tolle Kompensationsmöglichkeiten haben, dann benutzten Sie diese Möglichkeiten und lassen sie zusätzlich die AKWs bis 2024 laufen. Erst dann können sie den Bürger erklären, dass sie jede Möglichkeit ausschöpfen.



  • Die Strompreise gehen unter anderem deshalb durch die Decke, weil Frankreich seine Atomkraftwerke aktuell nicht nutzen kann und sie abgeschaltet werden mussten. Das bringt den Strommarkt durcheinander, führt zu Preissteigerungen und dann wollen Sie ausgerechnet auf die Technologie setzen, die dafür u.a. verantwortlich ist? Das ist nicht gerade das, was ich eine verantwortungsvolle Politik nennen würde.

  • Frankreichs Probleme haben die Situation verschärft, jedoch wäre die Preisentwicklung die Gleiche. Und das Sie Frankreichs maroden, altmodischen AKWs mit den Deutschen vergleichen ist doch absurd. Wir möchten die Laufzeit von sicheren, deutschen AKWs bis 2024 verlängern. Frankreich setzt auf über 40 Jahre alten Reaktoren, die aber auch nur für 40 Jahre ausgelegt waren. Demnach ist ihr Aussage, dass es nicht verantwortungsvoll sei, obsulet.

  • Frankreichs Probleme haben die Situation verschärft, jedoch wäre die Preisentwicklung die Gleiche. Und das Sie Frankreichs maroden, altmodischen AKWs mit den Deutschen vergleichen ist doch absurd. Wir möchten die Laufzeit von sicheren, deutschen AKWs bis 2024 verlängern. Frankreich setzt auf über 40 Jahre alten Reaktoren, die aber auch nur für 40 Jahre ausgelegt waren. Demnach ist ihr Aussage, dass es nicht verantwortungsvoll sei, obsulet.

    Es ist verantwortungslos, weil Sie die Nebenwirkungen wie immer völlig ausblenden, als würden die keine Rolle spielen. Aber sie spielen eine Rolle und sie sind es nicht wert den Ausstieg rückgängig zu machen. Zumal ich dargestellt habe, das es schlichtweg einfach nicht notwendig sein wird. Aber diese Fakten blenden Sie ja leider völlig aus.

  • tritt an das Rednerpult


    Herr Präsident,

    meine Damen und Herren,


    was spricht gegen eine temporäre Laufzeitverlängerung? Ist es die Gefahr - nein, unsere Atomkraftwerke sind bestens gewartet, hochmodern und mit bester Sicherheitstechnik ausgestattet. Es gab zwei Supergaus: Einer ausgelöst durch eine Naturkatastrophe, die so nicht in Deutschland geschehen wird und die andere, die mit moderner westlicher Technologie und dem heutigen Wissen ziemlich unrealistisch ist.

    Ist es der Müll? Nein, denn ob wir das bisschen Atommüll mehr oder weniger haben, wird keinen Unterschied machen - es gibt keine Lagerstätte, in der wir es verbuddeln müssen. Vielleicht wäre es dahingehend gar sinnvoller, den Müll dauerhaft an Tage zu lassen, denn da denken wir auch daran.


    Mir fällt kein Grund ein, der gegen eine Verlängerung spricht - ganz im Gegenteil, die drei Atomkraftwerke geben uns zwei gleichermaßen gute Optionen:

    Entweder wir erhöhen so die Versorgungssicherheit, oder aber wir können durch die Atomkraftwerke ein paar Kohlekraftwerke abschalten. Was sind denn unser großen Probleme? Ist es nicht auch der Klimaschutz? Haben denn die Parteien Links der Mitte dieses Thema vergessen? Kohlekraftwerke anschalten und zeitgleich C02-saubere Kraftwerke abschalten? Da verstehe ich gerade die Fraktion der Grünen nicht.

    Ich glaube hier geht es um einen Art Heiligen Gral - die Abschaltung der Atomkraftwerke, die sich im nachhinein als Klima- wie Energiepolitisch katastrophal zeigt, ist dieser Gral für einige Parteien. Das muss und kann man nicht verstehen, wie hier der Pragmatismus ignoriert wird.


    Neue Atomkraftwerke zu bauen macht keinen Sinn - da sind wir uns alle einig. Aber wieso sollen wir in dieser Krise denn stabile Versorger beenden? Ein wenig mehr können und sollten wir die Atomkraft noch nutzen!

    Ich stimme diesem Antrag zu.

    Vielen Dank.

  • ruft zurück:


    Weniger Bevormunden, mehr Möglichkeiten schaffen.


    Und wenn man ihrer Argumentation folgt, kann man auch ganz platt sagen: Wir lassen die Kohlekraftwerke, AKWs aus und wir bauen keine neuen Windräder, denn ihr Bürger müsst einfach sparen, dann passt alles.

    Weniger bevormunden, mehr Möglichkeiten schaffen. Na, das werden wir ja bei der Debatte zur Entkriminalisierung von Cannabis sehen, wie ernst es Ihnen damit ist.

  • Herr Präsident, werte Anwesende,


    es ist gut, dass die Allianz-Fraktion dieses wichtige Thema zur Sprache gebracht hat und dass dieses hohe Haus über dieses Thema leidenschaftlich debattiert. Ein gutes Zeichen dafür, dass es in Zukunft weitere lebhafte Aussprachen geben wird, und ein gutes Signal für unsere gelebte parlamentarische Demokratie. Nun, lassen Sie mich sagen: wir haben dieses Thema in den Regierungsfraktionen ausgiebig erörtert und sind zu der Schlussfolgerung gelangt, dass eine Laufzeitverlängerung nicht angezeigt ist, möglicherweise sogar schädlich wäre. Es gibt Einiges, das ich aufarbeiten möchte, hierzu gleich im Einzelnen. Doch zunächst eine Vorbemerkung:


    Ihr Argumente sind total ideologisch verblendet.


    Herr Willenburg, ich finde es ja wirklich interessant, wie oft Konservative progressiven Kräften vorwerfen, ideologisch getrieben zu agieren und zu argumentieren. Was soll das sein? Richtig, der Vorwurf ideologischer Verblendung ist nichts weiter als ein billiger Lieblingskampfbegriff der politisch Konservativen und vor allem Ihrer Partei, mit dem versucht wird, die gegnerische Ansicht zu delegitimieren, wenn bemerkt wird, dass die eigene Argumentation wie ein Kartenhaus jämmerlichst zusammenbricht. Wenn das die sachorientierte Realpolitik ist, die Sie und Ihre Partei betreiben wollen, dann danke für nichts.


    Und wenn wir schon bei ideologiefreier und sachorientierter Debatte sind, dann wäre es doch mal Zeit, alle, und zwar wirklich alle (!) Fakten auf den Tisch zu knallen. Und das, denke ich, sollten wir mal machen. Denn, Herr Willenburg, Sie preisen Ihren Atomstrom als gäbe es kein Morgen, doch vergessen dabei die nackten Zahlen. Diese auf dem Tisch habend, käme man zu dem Schluss, dass sie eine Laufzeitverlängerung gegenwärtig nicht lohnt. Denn die Kostenersparnis würde für das Jahr 2023 gerade einmal vier (!) Prozent bei voller Auslastung betragen, wie das Ifo-Wirtschaftsinstitut errechnet hat. Für 2024 wären es sogar nur noch 1,3 Prozent Preisersparnis. Überdies - hier muss ich Sie korrigieren, Herr Leybrock – wird auch durch Kernkraftwerke Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre emittiert – zwar weniger als bei Kohlekraftwerken, aber Emissionen finden immer noch statt. Das könnte man durch erneuerbare Energien deutlich klimaneutraler erreichen.


    Der, wie aufgezeigt, geringe Nutzen einer Laufzeitverlängerung steht in keinem, in keinem Verhältnis zu dem Aufwand, den man leisten müsste, um die Atomkraftwerke in Betrieb zu halten: denn unsere Reaktoren sind nicht so gut in Schuss, wie das hier von Allianz und FORUM – Womöglich ideologisch verblendet? Man weiß es nicht. - dargestellt wird: Erst an diesem Montag ist bekanntgeworden, dass ein Leck auf Grund eines verschlissenen Druckventils im Kühlkreislauf (!), der eine Kernschmelze verhindern soll, des AKW Isar 2 reparaturbedürftig ist. Das müsste im Falle eines Weiterbetriebes – Preußen Elektra zu Folge – noch im Oktober repariert werden. Oder das Kraftwerk Emsland, nicht besser. 2015 musste es – wieder auf Grund einer Leckage - abgeschaltet werden. 2017 wieder eine Leckage, 2019 gab es Risse in Rohrleitungen. Und dann noch Neckarwestheim: Seit Längerem (!) sind Risse in den Dampferzeugern bekannt, die zu keinem Zeitpunkt behoben wurden. Sollte eines der Rohre abreißen, brechen oder bersten, käme es zu einem Kühlmittelverlust, der dazu geeignet ist, eine Kernschmelze (!) herbeizuführen. Sagen Sie mal, wen wollen Sie hier eigentlich verarschen? Die Atomkraftwerke sind vieles, aber sicher nicht gut gewartet und auf dem besten Stand.


    Und dann wären da noch sommerliche Dürren. Atomkraftwerke beziehen ihr Kühlwasser in der Regel über Flüsse. Schon im jetzt zurückliegenden Sommer war der Pegelstand zahlreicher Flüsse äußerst niedrig. Wie soll im Sommer 2023 und im Sommer 2024, Herr Willenburg, die Kühlwasserversorgung auf klimaschonende Weise sichergestellt werden? Hoffen, dass es nicht so heiß wird? Fahren, was dann wiederum mit Blick auf Kohlenstoffdioxid-Emissionen in die Atmosphäre problematisch wäre? Klären Sie uns doch mal bitte auf.


    Dazu kommen noch enorme finanziell-wirtschaftliche wie rechtliche Probleme. Verträge müssten geändert werden; überdies wollen die Betreiber im Falle eines Weiterbetriebes nicht mehr die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen, die für das Erteilen der Betriebsgenehmigung – die wiederum erneut zu verlängern wäre – notwendig wäre, sicherstellen, sondern die Verantwortung an den Bund abgeben. Das würde wiederum erfordern, dass der Bund die Haftpflichtversicherung sicherstellen müsste. Ein Super-GAU würde 430 Milliarden Euro – also etwa einen Bundeshaushalt (!) - kosten. Ja, Strom kommt originär nicht aus der Steckdose – aber genauso wenig kommt Geld originär aus dem Portemonnaie. Scheinbar ist das noch nicht bei allen angekommen.


    Summa summarum: Eine Laufzeitverlängerung und das Betreiben einer Hochrisikotechnologie lohnt sich nicht, wäre risikobehaftet und wäre überdies mit zahlreichen finanziellen Belastungen verbunden. Das müsste eigentlich jede Person, die sich - genauso wie die Atomexpertin Manuela Kotting-Uhl - mit dem Thema auseinandergesetzt hat, erkennen. Deswegen ist der Antrag nicht einlassungsfähig und sollte abgeschmettert werden. Besten Dank.

  • Herr Präsident,


    ich beantrage hiermit Debattenverlängerung. Besten Dank!

    Auf Antrag der Kollegin Dr. Christ wird die Debatte um weitere 72 Stunden, also bis zum 27.09.2022, 17:18 verlängert.