3 BvT 3/22 - Verwerfung einer unzulässigen Anhörungsrüge bzw. Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Dritten Senats vom 13. September 2022

  • OBERSTES GERICHT

    – 3 BvT 3/22 –


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    IM NAMEN DES VOLKES



    In dem Verfahren
    zu der verfassungsrechtlichen Prüfung,



    ob § 166 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 02. März 1974 (BGBl. I S. 469) mit Artikel 103 Abs. 2 GG unvereinbar und nichtig ist


    Antragstellerin:

    Frau Dr. iur Irina Christ MdB,

    97078 Würzburg-Versbach


    u n d Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung


    h i e r : Anhörungsrüge, hilfsweise Gegenvorstellung


    hat das Oberste Gericht – Dritter Senat –

    unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter


    Vizepräsident Neuheimer,


    Geissler



    am 18. September 2022 einstimmig beschlossen:



    Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung gegen die Entscheidung des Dritten Senats vom 13. September 2022, mit der der Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt wurde, werden verworfen.



    Gründe:


    I.


    1. Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Popularklage der in Würzburg wohnhaften Rügeführerin, die zugleich Mitglied des Deutschen Bundestages ist, wendet sich gegen § 166 des Strafgesetzbuches (StGB). Die Rügeführerin rügt dabei einen Verstoß der angegriffenen Norm gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG.


    Die Rügeführerin wendet sich mit der entscheidungsgegenständlichen Anhörungsrüge, hilfsweise einer Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Dritten Senats des Obersten Gerichts vom 13. September 2022 (Az. 3 BvT 3/22). Mit dem angegriffenen Beschluss hat der dritte Senat u. a. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Außervollzugsetzung des § 166 StGB abgelehnt. Der Antrag sei ausweislich der Entscheidungsgründe abzulehnen gewesen, weil der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache verstoße und unter Berücksichtigung des anzulegenden besonders strengen Maßstabes, auch der entstehende schwere Nachteil bei Nichterlass der einstweiligen Anordnung nicht hinreichend qualifiziert dargelegt worden sei.



    2. Die Anhörungsrüge sei zulässig und begründet.


    a) Das Oberste Gericht sei Garant für die Wahrung der Justizgrundrechte und eines rechtsstaatlichen Verfahrens – auch in letztinstanzlichen verfassungsrechtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 144, 20 <132> Rn. 403). Vor diesem Hintergrund habe das Gericht die Statthaftigkeit einer Anhörungsrüge erst kürzlich bejaht (vgl. OG, Anhörungsrügebeschluss im Parteiverbotsverfahren Bundesrat ./. FFD vom 25. Mai 2022 – 3 BvB 1/21). Für eine Abweichung von dieser Rechtsprechung bestünde indes kein Anlass, auch weil das Oberstes-Gericht-Gesetz eine Anhörungsrüge nicht grundsätzlich ausschließe.


    b) Das Gericht verkenne in dem angegriffenen Beschluss, dass es sich bei dem Versehen einer Handlungsweise mit einem sozialethischen Unwerturteil nicht um eine „allgemeine Behauptung“ handle, sondern um ein in der ständigen Rechtsprechung anerkanntes Rechtsinstitut (vgl. u. a. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 05. Juli 2019 - 2 BvR 167/18, Rn. 35). Das Gericht verkenne die Vielschichtigkeit des Begriffes mit der Titulierung desselben als "allgemeine Behauptung". Das Gericht setze sich in dem angegriffenen Beschluss mit keinem Wort mit dem Einhergehen eines sozialethischen Unwerturteils auseinander. Es begründe auch nicht, warum ein Verweis hierauf nicht hinreichend substantiiert sein solle. Das Gericht hätte damit den Kern des Vortrages der Rügeführerin gänzlich ignoriert und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.



    II.


    Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung sind als unzulässig zu verwerfen.


    Die Anhörungsrüge ist unter analoger Anwendung des § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO immer dann statthafter Rechtsbehelf, wenn eine Entscheidung angegriffen wird, gegen die ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht mehr gegeben ist (vgl. OGE 3, 48 <50>). Gegen einen durch Beschluss abgelehnten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Oberste Gericht ist der Widerspruch nach § 18 Abs. 3 OGG jedoch zulässig. Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Anhörungsrüge sind somit nicht gegeben. Gleiches gilt für die hilfsweise eingelegte Gegenvorstellung, deren Zulässigkeit ebenso nur dann gegeben ist, wenn gegen eine Entscheidung keine weiteren Rechtsmittel eingelegt werden können.


    Die Entscheidung ist unanfechtbar.


    Neuheimer | Geissler


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    Prof. Dr. Robert Geissler

    - Vizepräsident des Obersten Gerichts -