OG B 3/22 - Teilweise erfolgreiche Regelbeschwerde in Sachen Rehm ./. Friedländer


  • Leitsätze


    zum Beschluss der Zweiten Kammer des Obersten Gerichtes vom 12. September 2022


    - OG B 3/22 -


    (Gleichzeitige Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und im Bundesrat)



    1. Eine gleichzeitige Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und im Bundesrat verstößt gegen § 5 II vDGB, soweit dieser rechtswidrige Zustand nicht umgehend beseitigt wird.


    2. Maßgeblich für die Beendigung einer Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und im Bundesrat ist nicht die Zugehörigkeit zur Benutzergruppe, sondern das ausdrückliche - den SimOn-Vorschriften entsprechende - Niederlegen der Mitgliedschaft.


    3. Die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen - losgelöst von der Rüge des Verstoßes subjektiven oder objektiven Rechts - kann vor der SimOff-Kammer des Obersten Gerichts nicht bewirkt werden.



    OBERSTES GERICHT



    – OG B 3/22 –


    Im Namen der Spielerschaft



    In dem Verfahren

    über

    den Antrag festzustellen,


    1. dass der Beschwerdegegner dadurch gegen § 5 II vDGB verstoßen hat, dass er es unterlassen hat, sich zwischen der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und im Bundesrat zu entscheiden und dadurch gleichzeitig eine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und im Bundesrat innehatte,


    2. welcher Zeitraum geeignet ist, in dem eine Entscheidung zwischen der Wahrnehmung einer Mitgliedschaft im Bundesrat und eines Mandates im Deutschen Bundestag zu treffen ist;


    Beschwerdeführer: Herr Moritz Rehm


    Beschwerdegegner: Herr Jan Friedländer;


    hat das Oberste Gericht - zweite Kammer - unter Mitwirkung der Richterin und der Richter


    Kratzer,


    Brandstätter,


    Christ,



    ohne mündliche Verhandlung am 12. September 2022 beschlossen:



    1. Die Regelbeschwerde wird nach Maßgabe der Gründe zur Entscheidung angenommen und im Übrigen verworfen.


    2. Der Beschwerdegegner hat durch die gleichzeitige Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und im Bundesrat gegen § 5 II vDGB verstoßen.



    Gründe:


    A.


    Der Beschwerdeführer hat das Oberste Gericht am 26. August 2022 mit dem Ziel angerufen, festzustellen, dass der Beschwerdegegner dadurch gegen § 5 II vDGB verstoßen hat, dass er es unterlassen hat, sich zwischen der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und im Bundesrat zu entscheiden und dadurch gleichzeitig eine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und im Bundesrat innehatte. Ferner ersucht der Beschwerdeführer das Oberste Gericht, im Wege der Rechtsauslegung einen geeigneten Zeitraum festzulegen, innerhalb dessen eine Entscheidung zwischen der Wahrnehmung einer Mitgliedschaft im Bundesrat und eines Mandates im Deutschen Bundestag zu treffen ist.



    I.


    1. Der Beschwerdegegner wurde am 23. Mai 2022 zum Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen gewählt und war fortan Mitglied des Bundesrates. Die Mitgliedschaft seinerseits fällt in dem Zeitraum des Auftretens als Kanzler- und Bundestagskandidat des Beschwerdegegners für die Sozialdemokratische Partei. Die Wahl zum dreizehnten deutschen Bundestage, bei der der Beschwerdegegner als Kanzlerkandidat auftrat, wurde am 14. August 2022 beendet. Dabei wurde der Beschwerdegegner als Mitglied des Bundesrates in den Deutschen Bundestag gewählt.


    2. Der Beschwerdegegner habe sich - nach eigenen Angaben - am 25. August 2022 dazu entschlossen, aus der Benutzergruppe für Mitglieder des Bundesrates auszutreten, wohingegen dies nach Aussagen des Beschwerdeführers am 26. August 2022 noch nicht der Fall gewesen sei. Dabei hat er es elf beziehungsweise zwölf Tage lang unterlassen, sich zwischen der Ausübung seiner Mitgliedschaft im Bundesrat und der Ausübung eines am 14. August 2022 gewonnenen Mandates im Deutschen Bundestag zu entscheiden.



    II.


    1. Der Beschwerdeführer hält seine Regelbeschwerde für begründet und macht im Wesentlichen die Verletzung objektiven Rechtes in Gestalt des § 5 II vDGB geltend. Obwohl der Beschwerdegegner die Möglichkeit gehabt habe - schließlich sei er in dem Zeitraum nach der Wahl des dreizehnten Deutschen Bundestages durchgehend aktiv gewesen -, sich für die Mitgliedschaft im Bundesrat oder für die Ausübung seines Mandates im Deutschen Bundestag zu entscheiden, habe er keine Anstalten unternommen, den nach § 5 II vDGB rechtswidrigen Zustand gleichzeitiger Mitgliedschaft eines Accounts im Bundesrat und im Deutschen Bundestag einer Beendigung zuzuführen.


    2. Zwar sei den Mitspielerinnen und Mitspielern zuzugeben, dass eine Übergangsfrist zur Entscheidungsfindung zwischen den Mitgliedschaften in Bundesrat und Deutschem Bundestag notwendig ist, jedoch sei insbesondere die seit der Wahl des dreizehnten Deutschen Bundestages andauernde Zeit des Fortbestands des rechtswidrigen Zustandes jedenfalls unter keinem Gesichtspunkt mehr zu rechtfertigen.



    III.


    Der Beschwerdegegner erkennt den behaupteten Regelverstoß an und führt insbesondere aus, er sei bereits am 25. August 2022 aus der einschlägigen Benutzergruppe der Mitglieder des Bundesrates ausgetreten. Das Unterlassen sei fahrlässiger Natur; er habe sich seit der einschlägigen Wahl zum dreizehnten Deutschen Bundestage als ausschließliches Mitglied des Deutschen Bundestages betrachtet und in dem Zeitraum ab der Wahl zum deutschen Bundestage nicht mehr als Mitglied des Bundesrates für das Land Nordrhein-Westfalen agiert.



    B.


    Die Regelbeschwerde ist teilweise zulässig.


    I.


    Soweit der objektivrechtliche Verstoß gegen § 5 II vDGB gerügt wird (Antrag zu 1.), ist die Regelbeschwerde zulässig. Der Beschwerdeführer ist gemäß § 18 I Satz 1 ModAdminG antragsberechtigt. Überdies wurde das Fristerfordernis aus § 18 I Satz 2 ModAdminG gewahrt sowie der Streitgegenstand, der Antragsgegner und die Norm, deren Verletzung behauptet wird, angegeben. Mithin ist das notwendige objektive Klarstellungsinteresse des Beschwerdeführers gegeben, womit der Beschwerdeführer beschwerdebefugt ist (vgl. OGE 3, 30 <36>). Ein solches objektives Klarstellungsinteresse liegt schon dann vor, wenn eine antragstellende Person von der Unvereinbarkeit der angegriffenen Handlung mit höherrangigem Recht überzeugt ist (vgl. OGE 1, 59 <63>; 2, 3 <6>; 2, 133 <137>; 3, 30 <36>).



    II.


    Die Regelbeschwerde ist jedoch unzulässig, soweit der Antrag zu 2. losgelöst von Verletzungen subjektiven oder objektiven Rechts im Range einer Spielregel, eine Auslegung von Normen im Range einer Spielregel (vorliegend aus dem vDeutschen Gesetzbuch oder dem Gesetz über die Moderation und Administration in der vBundesrepublik) begehrt wird. Nach § 18 I Satz 1 ModAdminG ist die Regelbeschwerde nur statthaft, soweit die Verletzung subjektiven oder objektiven Rechts im Raume steht. Für die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen ist keine Verfahrensart vor der SimOff-Kammer des Obersten Gerichts statthaft; eine solche kann im Regelbeschwerdeverfahren daher grundsätzlich nicht erwirkt werden. Damit ist die Regelbeschwerde hinsichtlich des Antrages zu 2. nicht zur Entscheidung anzunehmen.



    C.


    Die Regelbeschwerde ist, soweit zur Entscheidung angenommen, auch begründet.


    I.


    1. Durch § 5 II vDGB wird eine Unvereinbarkeit einer gleichzeitigen Mitgliedschaft in Bundesrat und Deutschem Bundestag kodifiziert und in den Rang einer Spielregel erhoben. Dies hat einerseits den Zweck, Ämteranhäufung zu vermeiden, andererseits aber insbesondere den Zweck, die Gewaltenteilung SimOn ausdrücklich zu stärken und auch für eine möglichst realistische Simulation des realen politischen Geschehens in der Bundesrepublik zu sorgen. Insoweit ist § 5 II vDGB Derivat des Simulationsprinzips (vgl. hierzu grundlegend OGE 3, 30 <36 f.>) und eine konkretisierende Ausprägung des § 1 I, II vDGB.


    2. Nach dem Wortlaut des § 5 II vDGB ist eine gleichzeitige Mitgliedschaft in Bundesrat und Deutschen Bundestag stets rechtswidriger Natur. Jedoch ist den betreffenden Personen - wie in der Simulation üblich - eine Übergangsfrist zuzugestehen. Mangels verankerter Fristsetzung muss die betreffende Person den Zustand gleichzeitiger Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und im Bundesrat jedenfalls umgehend beseitigen. Die konkrete zeitliche Grenze ist aufgrund der jeweiligen Umstände des zu betrachtenden Einzelfalles zu bestimmen.


    3. Vor dem Hintergrund des Simulationsprinzips können die Benutzergruppen nicht dafür maßgeblich sein, welche Ämter eine Person bekleidet. Schließlich ist dem Spielregelgesetzgeber daran gelegen gewesen, eine größtmögliche Vielzahl an SimOn-Normen in die Gesamtheit aller Normen aufzunehmen. Das ergibt sich implizit schon aus der Festlegung des Geltungsbereiches die vorliegende Simulationsplattform aus § 1 I, II vDGB. Daraus folgt, dass die Spielregeln, soweit nicht ausdrücklich zuwiderlaufende Regelungen getroffen wurden, grundsätzlich so auszulegen sind, dass politische Vorgänge in der vBundesrepublik - soweit möglich - realistisch simuliert werden (vgl. OGE 3, 30 <36>), was allerdings in manchen Fallkonstellationen in einem Spannungsfeld zu dem Auftrag des Obersten Gerichts, staatliches Recht im Einklang mit den in der Simulation gegeben Befindlichkeiten anzuwenden (vgl. OGE 3, 11 <15>; 3, 30 <37f.>; OG, Urteil des Dritten Senats der Ersten Kammer vom 11. Juli 2022 - 3 BvT 2/22; m. w. N.; stRspr.), steht. Jedoch ist es in Geschäftsordnungen in der Simulation - unter anderem der des Bundesrates (vgl. § 1 I GO-BR) - geregelt, dass das Ausscheiden aus einem Entscheidungsgremium gesondert bekanntgegeben wird. Demgemäß und auch vor dem Hintergrund der Praxis in der Simulation ist es den einzelnen Mitspielerinnen und Mitspielern zuzumuten, das Präsidium im dafür vorgesehenen Thread über das Ausscheiden eines Mitglieds gesondert zu unterrichten. Für eine Einschränkung dessen besteht indes keinerlei Anlass.



    II.


    Nach diesen Maßstäben ist die Regelbeschwerde, soweit zur Entscheidung angenommen, auch begründet.


    1. Der Beschwerdegegner hat aufgrund der Feststellung des Ergebnisses der Wahl des dreizehnten Deutschen Bundestages seine Mitgliedschaft im dreizehnten Deutschen Bundestages nach § 10 VII Nr. 5 vDGB in Verbindung mit § 45 I Satz 1 BWahlG und § 13a VIII vDGB erworben, jedoch keine Ablehnung seiner Wahl nach § 45 I Satz 2 BWahlG oder das Niederlegen seines Mandates nach § 1 I GO-BR bekanntgegeben. Damit war dieser zeitgleich Mitglied des Bundesrates und des Deutschen Bundesrates, was nach § 5 II vDGB regelwidrig ist.


    2. Dieser rechtswidrige Zustand hielt nicht bis zum Austritt aus der einschlägigen Benutzergruppe am 25. oder 26. August 2022 - auf den genauen Zeitpunkt kommt es mithin nicht an - an, wie der Beschwerdegegner annimmt, sondern bis zum 3. September 2022, dem Tag, an dem Anastasya Liebermann in ihrer Funktion als neu gewählte Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen und als Nachfolger des Beschwerdegegners dem Bundesratspräsidium nach § 1 I GO-BR die Neubesetzung der Bundesratsdelegation des Landes Nordrhein-Westfalen mitteilte. Jedenfalls wurde der rechtswidrige Zustand am 03. September 2022 beseitigt.


    3. Der rechtswidrige Zustand wurde entsprechend offensichtlich nicht innerhalb der dem Beschwerdegegner zuzugestehenden Übergangsfrist beseitigt. Eine rechtzeitige Beseitigung wäre dann erfolgt, wenn der Beschwerdegegner umgehend nach erlangter Kenntnis von der erfolgreichen Wahl in den Deutschen Bundestag bekanntgegeben hätte, welches Mandat er niederlegt. Dies ist vorliegend nicht erfolgt, was den Verstoß gegen § 5 II vDGB begründet.



    D.


    1. Richter Friedländer war an der Entscheidungsfindung auf Grund von Befangenheit nicht beteiligt.


    2. Die Entscheidung ist einstimmig ergangen und ist unanfechtbar.



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