Bundesrat
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
wir kommen zur Debatte über folgenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung, zu dem wir als Bundesrat die Möglichkeit der Stellungnahme haben:
Alles anzeigenBundesrepublik Deutschland
Der Bundeskanzler
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Tom Schneider
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
Entwurf eines Gesetzes zur Beschäftigungssicherung infolge der COVID-19-Pandemie (Cov-Beschäftigungssicherungsgesetz – CovBeschSiG) mit Begründung und Vorblatt.
Federführend sind das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Familie sowie das Bundesministerium für Wirtschaft, Verkehr, Infrastruktur und Innovation. Es handelt sich hierbei somit um einen gemeinsamen Antrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Familie sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Infrastruktur und Innovation gemäß § 13 Absatz 3 Nr. 1a Satz 2 vDGB.
Mit freundlichen Grüßen
Theodor Leybrock
Bundeskanzler
ZitatAlles anzeigenB u n d e s r a t
Drs. BR/XXX
GESETZENTWURF
der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Beschäftigungssicherung infolge der COVID-19-Pandemie (Cov-Beschäftigungssicherungsgesetz – CovBeschSiG)
A. Problem und Ziel
Die COVID-19-Pandemie hat zu einem historischen Einbruch der Wirtschaftsleistung in Deutschland geführt. Eine der Folgen war ein hoher Anstieg der Arbeitslosigkeit: Von März bis August 2020 sind bundesweit rund 620 000 Personen arbeitslos geworden, damit ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland auf rund 2,95 Millionen gestiegen. Mit den zeitlich befristeten Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld ist es gelungen, die Schockwirkung der COVID-19-Pandemie abzufedern und die Auswirkungen auf die Beschäftigung zu verringern. Im europäischen Vergleich ist Deutschland daher bisher vergleichsweise gut durch die COVID-19-Pandemie gekommen. Ohne die Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld wäre der Anstieg der Arbeitslosigkeit erheblich höher ausgefallen. Nachdem die Kurzarbeit im April 2020 eine Höchstmarke mit sechs Millionen Beschäftigten in Kurzarbeit erreicht hat, nimmt der Arbeitsausfall langsam wieder ab. Doch der Anteil an Beschäftigten in Kurzarbeit ist immer noch deutlich höher als auf dem Höhepunkt der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009. Von einer Entspannung der Situation kann derzeit noch nicht ausgegangen werden.
Nach Einschätzung der Bundesregierung wird es noch bis in das Jahr 2022 dauern, ehe das Niveau vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie wieder erreicht wird. Die eingeführten Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld würden jedoch bereits zum 31. Dezember 2020 auslaufen. Die Beschäftigung bedarf aber auch über den Jahreswechsel 2020/2021 hinaus
schützender Maßnahmen. Denn die wirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten sind mit erheblicher Unsicherheit behaftet, da weder der Verlauf der COVID-19-Pandemie im Winterhalbjahr 2020/2021 vorhergesagt werden kann noch der Zeitpunkt, ab dem ein Impfstoff eingesetzt werden kann.Die akute pandemiebedingte Krise findet zugleich vor dem Hintergrund einer Transformation der Arbeitswelt statt, die vor allem ausgelöst wird durch Anstrengungen zum Klimaschutz, insbesondere Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung, und durch Digitalisierung. Diese Transformation verändert die Anforderungen an Qualifikationen und Kompetenzen der Beschäftigten. Der strukturelle Wandel erfordert, Zeiten der Kurzarbeit in den betroffenen Unternehmen verstärkt für die Qualifizierung der Beschäftigten zu nutzen.
B. Lösung
Mit den Anschlussregelungen für das Kurzarbeitergeld ab Januar 2021 soll für die Unternehmen und Beschäftigten, die von der COVID-19-Pandemie und ihren Folgen betroffen sind, eine beschäftigungssichernde Brücke in das Jahr 2022 gebaut und ihnen Planungssicherheit gegeben werden. Gleichzeitig sollen die Sonderregelungen wegen der enormen finanziellen Auswirkungen gestuft auslaufen. Die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld sowie die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und die Erleichterungen für den Bezug des Kurzarbeitergeldes werden durch Änderung der entsprechenden Verordnungen im Wesentlichen bis Ende des Jahres 2021 verlängert. Mit diesem Gesetzentwurf werden folgende Sonderregelungen bis Ende des Jahres 2021 verlängert:
1. Die Regelung zur Erhöhung des Kurzarbeitergeldes (auf 70/77 Prozent ab dem vierten Monat und auf 80/87 Prozent ab dem siebten Monat) wird bis zum 31. Dezember 2021 verlängert für alle Beschäftigten, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist.
2. Die bestehenden befristeten Hinzuverdienstregelungen werden insoweit bis 31. Dezember 2021 verlängert, als Entgelt aus einer geringfügig entlohnten Beschäftigung, die während der Kurzarbeit aufgenommen wurde, anrechnungsfrei bleibt. Zudem wird der Anreiz, Zeiten des Arbeitsausfalls für berufliche Weiterbildung zu nutzen, dadurch weiter gestärkt, dass die für diese Fälle geregelte hälftige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr daran geknüpft wird, dass die Qualifizierung mindestens 50 Prozent der Zeit des Arbeitsausfalls betragen muss.
C. Alternativen
Keine.
D. Kosten
D.1 Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die Regelungen des Gesetzentwurfs führen im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Jahr 2021 zu Mehrausgaben in Höhe von schätzungsweise rund 350 Millionen Euro und in den Jahren 2022 und 2023 zu Mehrausgaben in Höhe von rund 10 Millionen Euro je Jahr.Finanzielle Effekte für den Haushalt der BA
Mehreinnahmen/Minderausgaben (–) / Mehrausgaben/Mindereinnahmen (+) in Millionen EUR
2020 2021 2022 2023 2024 Finanzielle Auswirkungen auf den Haushalt der BA 0 350 10 10 0
D.2 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und VerwaltungDer Erfüllungsaufwand für die Bürgerinnen und Bürger reduziert sich durch die Regelungen dieses Gesetzentwurfs im Saldo einmalig um knapp 100 000 Stunden.
Die Regelungen des Gesetzentwurfs führen im Saldo zu zusätzlichem einmaligen Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 320 000 Euro. Gleichzeitig reduziert sich Erfüllungsaufwand durch die Vereinfachung von Hinzuverdienstregelungen beim Kurzarbeitergeld in geringfügiger Höhe. Auf Bürokratiekosten entfallen davon 320 000 Euro.
Die Regelungen des Gesetzentwurfs führen in der Verwaltung zu einem einmaligen Erfüllungsaufwand von rund 7,3 Millionen Euro.
Anlage 1
Begründung
Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt sind von historischem Ausmaß. Die weitere Entwicklung der COVID-19-Pandemie ist nicht abzusehen. In diesem Geschehen verstärken sich zudem die Folgen des pandemiebedingten wirtschaftlichen Einbruchs mit längerfristigen Transformationsprozessen (zum Beispiel Digitalisierung und Klimanachhaltigkeit). Dadurch sind der Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme erheblich unter Druck geraten.
Die Arbeitslosigkeit ist im Juli 2020 um 45 000 Personen auf circa 2,95 Millionen gestiegen. Seit März 2020 wuchs die Arbeitslosigkeit insgesamt um rund 620 000 Personen. Ohne die Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld wäre der Anstieg der Arbeitslosigkeit vermutlich um ein Vielfaches höher ausgefallen. Im April erreichte die Kurzarbeit eine historische Höchstmarke: sechs Millionen Beschäftigte erhielten Kurzarbeitergeld. Mittlerweile ist erkennbar, dass die Anzahl der Betriebe in Kurzarbeit, die von Kurzarbeit betroffenen Beschäftigten und vor allem der Umfang des Arbeitsausfalls langsam zurückgehen. Es gibt bereits erste Anzeichen einer Erholung. Die Zahl der geringfügig Beschäftigten steigt wieder. Die Frühindikatoren IAB-Arbeitsmarktbarometer des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) und der Stellenindex der BA stabilisieren sich. Von einer Entspannung der Lage kann aber aktuell noch nicht ausgegangen werden.
Die Entwicklungen in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten sind angesichts dessen, dass weder der Verlauf der Pandemie im Winterhalbjahr 2020/2021 vorhergesagt werden kann noch der Zeitpunkt der Zulassung eines Impfstoffes bekannt ist, mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Nach Einschätzung der Bundesregierung wird es bis in das Jahr 2022 dauern, bis das Vorkrisenniveau wieder erreicht wird. Da die krisenbedingt eingeführten Sonderregelungen zum 31. Dezember 2020 auslaufen, die Beschäftigung jedoch auch über den Jahreswechsel 2020/2021 hinaus schützender Maßnahmen bedarf, sollen Anschlussregelungen ab Januar 2021 für die von der COVID-19-Pandemie und deren Folgewirkungen betroffenen Unternehmen und Beschäftigten eine beschäftigungssichernde Brücke bis zum Jahr 2022 bauen.
Diese Regelungen sollen einerseits die enorme Kostenwirkung für die BA berücksichtigen. Andererseits sollen die Sonderregelungen nicht abrupt Ende des Jahres 2020 enden, sondern gestuft auslaufen, um die bisherigen Erfolge bei der Vermeidung von Arbeitslosigkeit nicht zu gefährden. Die Regelungen sehen daher eine Verlängerung der Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld bis Ende des Jahres 2021 vor, der mit einem gestuften Ausstieg aus den Sonderregelungen kombiniert wird. Die Umsetzung erfolgt durch diesen Gesetzentwurf und im Verordnungswege. Der strukturelle Wandel erfordert es zudem, Zeiten des Arbeitsausfalls verstärkt für die Qualifizierung der Beschäftigten zu nutzen, um die Herausforderungen der Digitalisierung und der Klimanachhaltigkeit, insbesondere der Dekarbonisierung, erfolgreich zu bewältigen.