Geschäftsordnung des Bundesrates

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    Geschäftsordnung des Bundesrates
    (GO BR)



    in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 2022.



    I. Allgemeine Bestimmungen



    § 1
    Mitglieder


    (1) Die Regierungschefs der Länder teilen dem Präsidenten des Bundesrates die Namen der Mitglieder des Bundesrates, den Zeitpunkt ihrer Bestellung als Mitglieder des Bundesrates und der Landesregierungen und den Zeitpunkt des Erlöschens ihrer Mitgliedschaft mit.

    (2) Ist der Regierungschef zurückgetreten, so übernimmt dessen Stellvertreter die Aufgaben aus Absatz 1.

    (3) Das Präsidium führt eine öffentliche Mitgliederliste und hat die Aufgabe diese aktuell zu halten.



    § 2

    Inkompatibilität


    Die Mitglieder des Bundesrates dürfen nicht gleichzeitig dem Bundestag angehören. Wird ein Mitglied des Bundesrates in den Bundestag gewählt, so muss es dem Präsidenten des Bundesrates in angemessener Frist mitteilen, welches der beiden Ämter es niederlegt.




    II. Organe und Einrichtungen des Bundesrates



    § 3
    Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten


    (1) Der Bundesrat wählt ohne Aussprache für zehn Wochen aus seinen Mitgliedern einen Präsidenten und zwei Vizepräsidenten.

    (2) Endet das Amt des Präsidenten oder eines Vizepräsidenten vorzeitig, so soll unverzüglich eine Nachwahl stattfinden.

    (3) Auf Eintrag von einem Land kann ein konstruktives Misstrauensvotum gegen ein Präsidiumsmitglied beantragt werden. Es erfolgt keine Aussprache. Der vorgeschlagene Kandidat ersetzt das jeweilige Präsidiumsmitglied, wenn er die Mehrheit der Stimmen des Bundesrates erhält.

    (4) Auf Antrag von mindestens einem viertel der Mitglieder des Bundesrates ist ein einfaches Misstrauensvotum gegen eines der Präsidiumsmitglieder möglich. Es erfolgt keine Aussprache.

    (5) Während des laufenden Misstrauensvotums ruht die Amtstätigkeit des betreffenden Präsidiumsmitglied. Dieses darf die Abstimmung über das Misstrauensvotums nicht einleiten und nicht leiten.




    § 4

    Stellung des Präsidenten


    (1) Der Präsident vertritt die Bundesrepublik Deutschland in allen Angelegenheiten des Bundesrates. Er ist oberste Dienstbehörde für die Beamten des Bundesrates.

    (2) Der Präsident übt das Hausrecht für die der Verwaltung des Bundesrates unterstehenden Gebäude, Gebäudeteile und Grundstücke aus.

    (3) Der Präsident gewährleistet den reibungslosen und Ablauf der Sitzungen des Bundesrates.

    (4) Dem Präsidenten und in seiner Abwesenheit den Stellvertretenden Präsident*innen, wird die Aufgabe anvertraut die Geschäftsordnung auf Rechtschreibfehler zu überprüfen und diese gegebenenfalls zu korrigieren. Dabei darf der Wortlaut nicht verändert werden.

    (5) Dem Präsidium ist die Bearbeitung der eigenen Anträge verboten. Davon ausgenommen sind Anträge die von einer anderen Person aber aus der gleichen Landesgruppe gestellt wurden.

    (6) Eine weitere Ausnahme zu (5) besteht darin das, sollte kein weiteres Präsidiumsmitglied den Antrag innerhalb von 3 Tagen nach Antragsstellung bearbeiten können, der Antragssteller die Debatte eröffnet. Die Sitzungsleitung muss in dem Fall schnellstmöglich wieder abgegeben werden.



    § 5
    Stellung der Vizepräsidenten


    (1) Die Vizepräsidenten vertreten den Präsidenten im Falle seiner Verhinderung, bei Vereinbarung mit dem Präsidenten oder bei vorzeitiger Beendigung seines Amtes nach Maßgabe ihrer Reihenfolge. Der Präsident ist offensichtlich verhindert, wenn er in den vergangenen 24 Stunden der Erledigung der anstehenden Aufgaben nicht nachkommt. Ein Fall der Verhinderung liegt weiter vor, solange der Präsident des Bundesrates nach Artikel 57 des Grundgesetzes die Befugnisse des Bundespräsidenten wahrnimmt.

    (2) Die Vizepräsidenten beraten und unterstützen den Präsidenten bei der Erledigung seiner Aufgaben.



    § 6
    Ausschüsse


    (1) Der Bundesrat kann für besondere Angelegenheiten Ausschüsse bilden. Diese können Beschlussempfehlungen abgeben.

    (2) Die Länder haben das Recht, in jedem Ausschuss durch ein Mitglied des Bundesrates, ein anderes Mitglied oder einen Beauftragten ihrer Regierung vertreten zu sein.

    (3) Die Regierungen der Länder teilen dem Präsidenten den Zeitpunkt der Bestellung und Abberufung der Ausschussmitglieder schriftlich mit. Diese Mitteilungen werden den Ausschüssen bekannt gegeben.

    (4) Absatz 3 Satz 1 gilt auch für die Entsendung der Mitglieder des Vermittlungsausschusses. Der Präsident teilt die Namen der Mitglieder und der Stellvertreter dem Vorsitzenden des Vermittlungsausschusses mit.

    (5) Ausschüsse werden aufgelöst, wenn

    1. sie ihre Aufgaben erfüllt haben,
    2. der Ausschuss dies beschließt oder
    3. dieser seit 7 Tagen inaktiv ist.

    Die Auflösung des Ausschusses ist dem Präsidenten mitzuteilen. Im Falle des Satz 1 Nr. 3 entscheidet der Präsident über die Auflösung des Ausschusses.



    § 7

    Wahl der Vorsitzenden der Ausschüsse


    (1) Der Bundesrat wählt die Vorsitzenden der Ausschüsse aus deren Mitgliedern.

    (2) Ist eine Nachwahl erforderlich, so soll diese unverzüglich stattfinden.




    III. Die Sitzungen des Bundesrates



    § 8
    Öffentlichkeit


    Der Bundesrat verhandelt öffentlich.



    § 9
    Teilnahme an den Verhandlungen


    An Verhandlungen des Bundesrates nehmen dessen Mitglieder teil. Teilnahmeberechtigt sind auch die Mitglieder der Bundesregierung.



    § 10
    Fragerecht


    (1) Jedes Mitglied des Bundesrates kann in der Sitzung zu den Gegenständen der Debatten mündliche Fragen an die Bundesregierung oder ihre Mitglieder richten. Die Bundesregierung ist verpflichtet mündliche Fragen während laufender Debattenzeit zu beantworten.

    (2) Jedes Mitglied des Bundesrates kann schriftliche Anfragen an die Bundesregierung oder einzelne Mitglieder der Bundesregierung stellen. Diese sind durch innerhalb von drei Tagen zu beantworten. Im Einvernehmen mit dem Fragesteller kann die Frist um weitere drei Tage verlängert werden.

    (3) Nachfragen sind innerhalb von 48 Stunden nach Beantwortung der schriftlichen Anfrage zulässig.



    § 11
    Leitung der Sitzung



    (1) Der Präsident leitet die Sitzungen des Bundesrates.

    (2) Sind Präsident und Vizepräsidenten gleichzeitig verhindert, so übernimmt der dem Dienstalter nach älteste Regierungschef die Leitung der Sitzung. Der Präsident und die Vizepräsidenten sind offensichtlich verhindert, wenn sie für 48 Stunden ihren Aufgaben nicht nachkommen. Das Dienstalter bemisst sich an der insgesamten Dauer der Amtszeit als Regierungschef.



    § 12
    Beteiligung des Präsidenten an den Verhandlungen


    Beabsichtigt der Präsident, sich als Redner an den Verhandlungen zu beteiligen, so gibt er für diese Zeit die Leitung der Sitzung ab.



    § 13
    Herbeizitierung der Bundesregierung


    (1) Jedes Mitglied des Bundesrates hat das Recht während laufender Debatte die Anwesenheit eines Mitgliedes der Bundesregierung zu beantragen.

    (2) Das Präsidium ist verpflichtet das Mitglied der Bundesregierung herbeizuzitieren.




    IV. Beratungsgegenstände



    § 14
    Anträge aus dem Bundestag


    (1) Anträge der Bundesregierung, die dem Bundesrat zur Stellungnahme übersendet wurden oder vom Bundestag verabschiedete Gesetze sind innerhalb von drei Tagen zur Debatte zu stellen.

    (2) Anträge der Bundesregierung, die dem Bundesrat zur Stellungnahme übersendet wurden, hat der Präsident nach Ende der Debatte oder Beschluss der Stellungnahme mitsamt der Stellungnahme an den Bundestag zu übermitteln.



    § 15
    Anträge des Bundesrates


    (1) Jedes Land hat das Recht, im Bundesrat Anträge zu stellen. Sie sind innerhalb von drei Tagen zur Debatte zu stellen. Änderungsanträge und Gegenanträge sind während laufender Debattenzeit zu stellen.

    (2) Das Präsidium kann Richtlinien zum Aufbau und Layout eines Antrages erstellen und ist ermächtigt, diese zu verändern, wenn dabei der ursprüngliche Wortlaut des Antragsinhalts nicht verändert wird.

    (3) Änderungsanträge sind als solche zu kennzeichnen. Über Änderungsanträge wird ohne vorherige Aussprache abgestimmt. Der Änderungsantrag wird unabhängig vom Ergebnis der Abstimmung übernommen, wenn der Antragsteller zustimmt.

    (4) Gegenanträge sind als solche zu kennzeichnen. Für Gegenanträge gelten die Bestimmungen zu Anträgen entsprechend.

    (5) Anträge nach Absatz 1 können an einen dafür zu gründenden Ausschuss überwiesen werden. Die Entscheidung hierüber trifft der Bundesrat auf Antrag durch Abstimmung.

    (6) Bei Annahme eines Gesetzentwurfes durch den Bundesrat hat der Präsident diesen der Bundesregierung zuzuleiten.



    § 16
    Anzahl der Stimmen


    Die Anzahl der Stimmen ergibt sich aus § 17 Abs. 1 vDGB.



    § 17

    Debatten


    (1) Jeder Abstimmung geht eine Debatte voraus, sofern diese Geschäftsordnung nichts anderes besagt.

    (2) Debatten dauern drei Tage, sofern diese Geschäftsordnung oder das Grundgesetz keine anderen Fristen vorsieht. Liegt zu einem Antrag ein Gegenantrag vor, so wird die Debatte über den Antrag so lange verlängert, bis beide Anträge zeitgleich zur Abstimmung gestellt werden können. Debatten sind für die Dauer der Abstimmung über einen Änderungsantrag zum Debattengegenstand oder über die Überweisung des Antrages an einen Ausschuss zu unterbrechen.

    (3) Die Debatte über einen Antrag der Bundesregierung, welcher dem Bundesrat gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes bereits zur Stellungnahme vorgelegt wurde, kann nach frühestens 24 Stunden vom Präsidenten beendet werden, wenn kein Land Redebedarf anmeldet und offensichtlich kein Redebedarf besteht. Es besteht offensichtlich kein Redebedarf, wenn kein Land sich innerhalb der Frist aus Satz 1 zum Debattengegenstand äußert. Satz 1 gilt entsprechend für Gesetzentwürfe des Bundesrates, die vom Bundestag beschlossen wurden.

    (4) Auf Antrag eines Landes wird die Debatte einmalig um weitere drei Tage verlängert. Der Präsident kann die Debatte eigenmächtig verlängern, wenn

    1. die Bundesregierung eine mündliche Frage gemäß § 10 Absatz 1 nicht während laufender Debattenzeit beantwortet hat oder
    2. ein gemäß § 23 Absatz 2 herbeizitiertes Mitglied der Bundesregierung nicht während laufender Debattenzeit erschienen ist.

    (5) Der Bundesrat kann einstimmig die sofortige Beendung der Debatte beschließen.


    § 18
    Abstimmungen und Wahlen


    (1) Abgestimmt wird durch Handaufheben. Auf Verlangen eines Landes wird durch Aufruf der Länder abgestimmt. Die Länder werden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen.

    (2) Abstimmungen dauern 72 Stunden oder bis zur Abgabe aller Stimmen.

    (2.1) Nach 48 Stunden werden die Vertreter der noch fehlenden Stimmen namentlich erinnert.

    (2.2) Nach 72 Stunden werden die Vertreter der noch fehlenden Stimmen postalisch erinnert.

    (2.3) Erfolgt innerhalb von 24 Stunden nach postalischer Erinnerung keinerlei Reaktion auf selbige, so spricht das Bundesratspräsidium eine Rüge aus und setzt das jeweilige Präsidium des Landesparlamentes der betreffenden Landesregierung hiervon in Kenntnis.

    (3) Für Wahlen gelten die Bestimmungen zu Abstimmungen entsprechend.




    V. Abstimmungen



    § 19
    Abstimmungsregeln


    (1) Im Gesetzgebungsverfahren nach den Artikeln 76 bis 78 des Grundgesetzes sind die Abstimmungsfragen so zu fassen, dass sich aus der Abstimmung zweifelsfrei ergibt, ob der Bundesrat mit der Mehrheit seiner Stimmen beschlossen hat,

    1. eine Gesetzesvorlage beim Bundestag einzubringen (Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes),
    2. zu einer Gesetzesvorlage der Bundesregierung Stellung zu nehmen und welchen Inhalt diese Stellungnahme hat (Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes),
    3. einem vom Bundestag beschlossenen Gesetz zuzustimmen (Artikel 78 des Grundgesetzes),
    4. wegen eines vom Bundestag beschlossenen Gesetzes die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen (Artikel 77 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes),
    5. gegen ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz Einspruch einzulegen oder ihn zurückzunehmen (Artikel 77 Absatz 3 Satz 1 und Artikel 78 des Grundgesetzes).

    Auch in allen anderen Fällen, in denen eine Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist, muss die Abstimmung eindeutig ergeben, ob der Bundesrat mit der Mehrheit seiner Stimmen die Zustimmung erteilt. Mit der Abstimmung über die Erteilung der Zustimmung wird über Anträge, die Zustimmung zu verweigern, mitentschieden.

    (2) Sind zu demselben Gegenstand mehrere Anträge gestellt, so werden diese zeitgleich zur Abstimmung gestellt.

    (3) Hat ein Antrag bereits vor Ende der Abstimmungszeit die notwendige Mehrheit erreicht oder verfehlt, so kann das Abstimmungsergebnis vor Ende der Abstimmung durch den Präsidenten festgestellt werden.



    § 20
    Verfahren bei Beschlüssen nach Artikel 77 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes


    Im Verfahren nach Artikel 77 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes stellt der Präsident fest, ob eine Mehrheit für die Anrufung des Vermittlungsausschusses vorhanden ist; er hat abstimmen zu lassen, wenn ein Land es verlangt.



    § 21
    Wirksamwerden der Beschlüsse


    Die Beschlüsse des Bundesrates werden mit Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch den Präsidenten wirksam. Über Gegenstände, deren Behandlung abgeschlossen ist, darf nicht erneut beraten und abgestimmt werden, wenn ein Land widerspricht.




    VI. Schlussbestimmungen



    § 22

    Auslegung der Geschäftsordnung


    (1) Während einer Sitzung entscheidet der Präsident über die Auslegung der Geschäftsordnung für diese Sitzung.

    (2) Im Übrigen entscheidet auf Verlangen des Präsidenten oder eines Landes der Bundesrat.



    § 23
    Abweichung von der Geschäftsordnung


    Will der Bundesrat im einzelnen Fall von der Geschäftsordnung abweichen, so bedarf es eines einstimmigen Beschlusses.



    § 24
    Inkrafttreten


    Diese Geschäftsordnung tritt mit ihrer Beschlussfassung in Kraft.