Dr. Theresa Klinkert, WK 136 - Höxter – Gütersloh III – Lippe II

  • "Frau Klinkert, Sie sind Fraktionsvorsitzende der Fraktion der Sozialdemokratie im Bundestag. Welche Position bezieht Ihre Fraktion bezüglich der Legalisierung (!) aller Drogen? Welche persönliche Ansicht vertreten Sie hier?"


    ich danke Ihnen herzlich für Ihre Fragen, die ich gern beantworte. Ich möchte jedoch zu Beginn darauf verweisen, dass ich keine Fachpolitikerin für die angesprochenen Bereiche bin und daher nicht allzu sehr ins Detail gehen kann.


    Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei im Deutschen Bundestag spricht sich klar gegen eine Legalisierung aller Drogen aus. Ein solcher Schritt wäre gesundheitspolitisch nicht zu verantworten. Parallel unterstützt die Fraktion die bereits beschlossene Legalisierung der leichten Droge Cannabis. Unsere derzeitige Forderung im Wahlprogramm bezieht sich nicht auf die Legalisierung aller Drogen, sondern auf die Entkriminalisierung ihres Konsums, wie Sie durch das Ausrufezeichen bereits korrekt hervorheben. So wollen wir eine bessere Therapierung der Krankheit Drogensucht ermöglichen und Hemmungen der Betroffenen, solche Angebote wahrzunehmen, abbauen. Ich persönlich schließe mich der Haltung der Fraktion an und habe meine Position hinsichtlich der Legalisierung von Cannabis bereits einmal überdacht. Während ich ihr zunächst skeptisch gegenüberstand, vertrete ich durch gute Argumente meiner Kolleginnen und Kollegen nun einen anderen Standpunkt.

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    "Wie werden Sie dafür sorgen, dass der Mittelstand, der aktuell durch eine horrende Abgaben-, Regulierungs- und Steuerbelastung bedroht wird, in Zukunft und vor allem nach Corona wieder mehr Luft zum Atmen bekommen wird?“


    Den deutschen Mittelstand schätze ich als elementaren Bestandteil unseres Wirtschaftsmodells, der eine besondere Würdigung verdient. Während die Bedeutung von großen Unternehmen in Hinblick auf Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft langsam sinkt, steigt die des Mittelstands. Aus meiner Sicht ist eine gerechtere Verteilung der Steuerlast notwendig. Die sogenannte "kalte Progression" muss abgemildert werden, indem die einzelnen Steuerstufen stärker differenziert werden. Den Spitzensteuersatz erreichen bereits Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab einem Jahreseinkommen von 55.961 Euro brutto jährlich. Diese Menschen sind weit davon entfernt, reich oder gar superreich zu sein. Der Spitzensteuersatz muss daher erhöht werden, wodurch er erst später erreicht wird. Die Mehreinnahmen können beispielsweise zu einer moderaten Senkung der Steuerlast des Mittelstands genutzt werden. Hier muss allerdings noch ein Konzept durch fachlich versierte Kolleginnen und Kollegen erarbeitet werden. Ein weiterer Aspekt ist die Entbürokratisierung verschiedener Abläufe, um beispielsweise Unternehmensgründungen attraktiver zu gestalten.

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    „Wie werden Sie das Rentensystem langfristig (>30 Jahre) stützen, sodass es dem demographischen Wandel standhält?“


    Auch hinsichtlich der langfristigen Sicherung der Renten steht ein belastbares Modell noch aus - hier müssen wir nachliefern. Ich persönlich denke jedoch, dass private Vorsorgemodelle nicht den Erfolg erbringen, den sie haben sollten. Eine Alternative könnten Rentenfonds sein. Diese lehne ich persönlich jedoch aufgrund ihrer unabwägbaren Risiken ab. Stattdessen ist hier der Staat gefordert: Mit höheren Zuschüssen kann ein gleichbleibendes Rentenniveau auch ohne ein späteres Renteneintrittsalter erreicht werden.

    Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte.


    Mit freundlichen Grüßen

    Theresa Klinkert




  • "Frau Klinkert, Sie sind die dienstälteste Abgeordnete im Deutschen Bundestage und Ihre Expertise in der Bildungspolitik wird von Ihren Kollegen (zumindest der linken Fraktionen) sehr geschätzt. Als damalige Bildungsministerin in NRW waren Sie jedoch mitverantwortlich für den Skandal um die gescheiterte Bildungsreform. Weshalb sind Sie noch in der Politik und nicht schon längst zurückgetreten? Sie sind mittlerweise Fraktionsvorsitzende im Bundestag. Wird man in der SDP für grobe politische Fehler mit höheren Ämtern belohnt? Wie wollen Sie sich gegenüber den Schülern und Eltern NRWs für das Bildungsdesaster verantworten? Wann beenden Sie Ihr Dasein in der Politik?"


    Der Versuch der Reformierung des Bildungssystems war vor allem ein Schritt in Richtung eines besseren, gerechteren und humaneren Bildungssystems. Dass er nicht erfolgreich war, ist sehr ärgerlich, hat jedoch nichts mit bildungspolitischen Fragen zu tun. Stattdessen war es das Verhalten der Sozialdemokratischen und der Grünen Partei, das schlussendlich zum Scheitern des Projekts führte. Ich halte weiterhin an der Ansicht fest, dass die Reform in der aktuellen Form (oder, falls nötig, mit gewissen Korrekturen) verabschiedet werden sollte. Gleichzeitig schäme ich mich für das Verhalten des SDP-Landesverbands in den damaligen Verhandlungen mit den Grünen.


    Das Scheitern der Bildungsreform ist keineswegs final und hat auch definitiv zu keiner Verschlechterung der aktuellen Bildungssituation geführt. Fehler sind definitiv passiert, ich halte sie allerdings nicht für besonders gravierend hinsichtlich der Auswirkung auf die Bürgerinnen und Bürger. Sollte diese Sequenz zu einem Vertrauensverlust in die Politik beigetragen haben, tut mir das sehr leid. Für die Eltern und ihre Kinder hat sich jedoch keine besondere Belastung ergeben. Einen Rücktritt allein aufgrund dieses Zwischenfalls lehne ich daher ab. Wie Sie sicherlich wissen, besteht das Leben aus Erfolgen und Rückschlägen. Ich denke, dass ich vor allem wegen meiner politischen Ansichten und meiner politischen Fähigkeiten in mein Amt als Fraktionsvorsitzende gewählt wurde. Politische Niederlagen finden sich in der Biografie jeder Politikerin und jedes Politikers.